Handgerollter Wettbewerbstee

Handgerollter Wettbewerbstee

Wettbewerbstees sind vielleicht die “nerdigsten” Teesorten, die man in Japan finden kann. Sie werden immer nur zu speziellen Anlässen, den sogenannten Wettbewerben hergestellt, bei denen es darum geht, in einer Kategorie die besten Tees auszuzeichnen. Dabei geben sich Teebauern und Hersteller natürlich besonders viel Mühe und diesen Unterschied schmeckt man.

Handgerollte Tees – in Japan eine Seltenheit

Es ist leider nicht leicht, an diese Tees zu kommen. In japanischen Onlineshops oder Verkaufsplattformen wie Rakuten tauchen immer wieder mal kleine und stark limitierte Mengen auf, die ein Vielfaches eines normalen Tees kosten. Es soll aber auch hierzulande Teehändler geben, die sich diese Liebhabertees leisten und ihren Stammkunden etwas davon zur Verfügung stellen.

Über das Teetalk-Forum habe ich vor langer Zeit von dem User Seika einige kleine Pröbchen erhalten. Eigentlich ist es eine Schande, dass ich sie noch nicht getrunken habe, da Grüntees innerhalb einer bestimmten Zeit genossen werden sollten und ich diese Tees bestimmt schon ein Jahr hier liegen habe.

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Der Tee des heutigen Tages ist ein handgerollter Sencha (手もみ煎茶 temomi-Sencha), der bei dem 22. Nationalen Wettbewerb den zweiten Platz erzielte. Es ist ein kleines Novum für mich, dass dieser Tee von Shimoda Mitsuko – einer Frau – hergestellt wurde. Da der Herstellungsprozess sehr mühsam ist und mehrere Stunden in Anspruch nimmt, sind handgerollte Tees sehr selten.

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Die Prozedur ist so aufwendig, dass es in Japan Vereine zur Bewahrung des Tee-Handrollens (茶手もみ保存会) gibt. Einen Vertreter durfte ich auf der letzten Coteca-Messe treffen, der dort die langwierige Herstellung demonstrierte. Dabei wird der Tee auf einem speziellen Tisch, der von unten beheizt wird, in mehreren Stufen gerollt. Diese Herstellungsmethode ist auch heute noch Vorbild der maschinellen Produktion. Die Rollprozesse werden dort mit verschiedenen Maschinen imitiert. Doch das Blatt übersteht diese Verarbeitung nicht unbeschadet. Die langen Nadeln bleiben nur erhalten, wenn Sie vorsichtig per Hand gerollt werden.

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Die Blätter

Die Farbe des trockenen Blattes ist schon fast olivgrün. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Farbe die Ausgangsfarbe dieses Tees ist, vielmehr spiegelt sie mein sträfliches Versäumnis wider. Die Farbe hat sich wohl leider negativ verändert. Es ist nur sehr wenig Blattbruch dabei und der Tee besteht aus sehr langen Nadeln – das ist ein Erkennungsmerkmal eines guten handgerollten Tees.

Das Aroma

Der Duft der trockenen Blätter ist aber nach wie vor intensiv. Es ist ein schwerer Duft, der aus einer feinen Balance von frischen Maracujas, Seealgen und Röstnoten besteht. In der aufgewärmten Shiboridashi von Andrzej Bero wird das Aroma maritimer. Jod und Salz dominieren.

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Vielen Dank an dieser Stelle an Paul für die schönen Holzutensilien

Zubereitung

Zubereitet wird der Sencha nach Gefühl. Die Menge reicht gerade mal für einen Versuch aus. Daher lasse ich die geschätzten 4 g ca. eine Minute ziehen, beim zweiten Durchgang gieße ich sofort ab. Der dritte Aufguss darf wieder etwas länger ziehen.

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Die Geschmackspalette

Da ich das Wasser gut abgekühlt habe, zeigt sich zuerst ein lieblicher sowie schwerer Geschmack, mit Anklängen von Umami, aber nicht zu aufdringlich. Neben blanchierten Mandeln findet sich auch das Maritime in Form von Salz und gerösteter Alge wieder.

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Dann, beim zweiten Aufguss, wird der Sencha viel würziger und kräftiger. Anstelle der Mandel und Umami machen die Röstnoten auf sich aufmerksam. Es schießen sofort Assoziationen mit Nori-Algen und Röstkastanien in den Kopf.

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Der dritte und letzte Aufguss ist eigentlich wie der erste nur etwas schwächer. Die nassen Blätter riechen schön süßlich und erinnern an frisch produzierten Tee zur Shincha-Zeit.

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Fazit

Ich bin ein Fan von diesen Wettkampftees. Sie sind wegen ihrer Preisklasse ohnehin nichts für jeden Tag, aber von Zeit zu Zeit gönne ich mir diesen Geschmack sehr gerne. Es ist wie wenn man sich einen Cognac der Klasse XO gönnt. Nichts für jeden Tag, aber man versteht danach viel besser, was in dieser Geschmackswelt eigentlich möglich ist. Daher bedanke ich mich bei Seika für diesen schönen Sencha und verneige mich vor der Handwerkskunst Shimoda Mitsukos.