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Rakuyô Kabusecha von Marukyû Koyamaen

Rakuyô Kabusecha von Marukyû Koyamaen

Marukyû-Koyamaen gehört mit Sicherheit zu den japanischen Tee-Unternehmen mit der höchsten Reputation. Das liegt nicht unbedingt an der Länge der Tradition, schließlich gibt es besonders in Kyôto noch andere Unternehmen mit einer ähnlich langen Geschichte, aber was mich immer begeistert hat, ist, dass gerade Marukyû-Koyamaen seit langer Zeit prominente Teeschulen mit Matcha beliefert, die ihrem Geschmacksprofil entsprechen. Dies zeigt, dass die Qualität von den jeweiligen iemoto als “gut genug” befunden wird. Solche Kooperationen zwischen Herstellern und Teeschulen haben in Japan lange Tradition. So haben schon die Raku-Töpfer für die Urasenke vor mehreren hundert Jahren Serienanfertigungen bestimmter schwarzer Matcha-Teeschalen hergestellt. Aber ich schweife ab…
Heute geht es zwar nicht um Matcha, dafür aber um einen bis zu sieben Tage beschatteten Kabusecha, der ja ebenfalls zu den feineren Grüntees Japans gehört. Marukyû-Koyamaen stellt nämlich nicht nur Matcha her, sondern auch diverse Blatttees, von denen es bis zu 10 Qualitätsstufen gibt. Die Kategorie Kabusecha umfasst drei Qualitäten, von denen ich die mittlere probieren darf: Rakuyô (洛陽*).*Rakuyô ist ein alternativer Name für Kyôto.

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Das traditionelle Design der Dose ist sehr ansprechend


Geschichte
Aller Anfang ist schwer: Zwischen 1688-1704 hat ein Mann namens Kyûjiro Koyama in Ôgura (Uji) angefangen Tee anzubauen. 300 Jahre später gilt er als der Begründer eines der bekanntesten Tee-Hersteller, welcher in diversen Kategorien mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. Als die Urasenke als einzige japanische Teeschule in Freiburg eine internationale Zweigstelle eröffnete, musste die Versorgung mit Matcha gewährleistet werden. Es entstand das Geschäft “Grüner Tee von Marukyû-Koyamaen“, welches in Zürich und Stuttgart ansässig ist und deren Betreiber selbst Seminare der Urasenke in Freiburg besucht haben. Hier kann jeder Europäer in den Genuss diverser Spezialitäten kommen.

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Frisch eingetroffen: Ein Teeboot von Miroslava Randová und Seladon-Becher von Petr Novák

Verpackung
Der Tee kommt in einer ansprechenden Dose, dem Päckchen liegen noch Informationen zu Marukyû-Koyamaen und Zubereitungstipps bei. Auch die Beigaben machen einen hochwertigen Eindruck, man bekommt das Gefühl, etwas Besonderes erhalten zu haben. Der Tee befindet sich in der versiegelten Dose, deren Metalldeckel man erst abziehen muss. Darin ist eine Plastiktüte mit dem Kabusecha.

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Unter dem Dosendeckel befindet sich ein japanisches Faltpapier mit Zubereitungsempfehlungen
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So bleibt der Tee garantiert frisch

Blatt
Ein kurzer Blick genügt und man sieht sofort, dass diese Blätter eine kräftige dunkle Farbe haben. Rein optisch könnte man ihn auch mit einem guten Sencha verwechseln, denn auch diese können beschattet dunkler ausfallen. Hier und da lassen sich hellgrüne Fasern finden, die vermutlich aus Stängeln und Blattrippen bestehen.

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Schöne dunkelgrüne Farbe der beschatteten Blätter

Duft
Schnuppert man an der Tüte, dann kommt einem ein leichter, grasiger Duft entgegen. Im Hintergrund ist ein schwerer Duft, der erahnen lässt, in welche Richtung es gehen wird. In der warmen Shiboridashi wandeln sich die Aromen, es duftet nach gebackenem Brot (mit Kürbiskernen?) und gerösteten Algen.

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Zubereitung
5g auf 100ml, ca. 75°C heißes Wasser, Ziehzeiten in Sekunden: 60/10/20/40/80/120

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Geschmack
Der erste Schluck ist eine komplexe Zusammensetzung verschiedener gut ausbalancierter Aromen. Anfangs schmeckt er etwas wuchtig und hat eine bittersüße Note, die mir durchaus gefällt. Wenn ich etwas inne halte, setzt sich die Süße durch und ich genieße einen langen Nachgeschmack. Der Umami-Geschmack ist für mich von der Intensität her genau richtig und fügt sich harmonisch in die Süße ein. Der Tee schmeckt immer noch leicht grasig und schön frisch, wie man es von Sencha gewöhnt ist. Was mir auch auffällt, ist der herrlich süße Duft der jetzt leeren Tasse!

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Auch der zweite Aufguss ist richtig klasse. Zwar ist er nicht so intensiv wie der erste, aber auch jetzt kommt eine vollmundige Süße gepaart mit Umami gut zum Ausdruck. Das Mundgefühl erinnert mich etwas an trockenen Rotwein, womit ich nicht die adstringierende Wirkung meine, sondern das samtige Gefühl. Trotzdem hat der Rakuyô genug Biss und Tiefe mit einem Schuss Nadelbaum-Aroma (was ich vermutlich exklusiv so schmecke).

Ab dem dritten Aufguss wird der Tee deutlich süffiger und milder. Er verliert (natürlich) an Komplexität, ist aber einfach nur lecker. Überraschend ist die hohe Ausdauer, denn er macht bis zum sechsten Aufguss mit, behält einen vollmundigen Geschmack und wird dabei immer süßer, so dass wir bei der letzten Tasse denken, dass jemand versehentlich Zucker hineingetan haben könnte.

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Fazit
Bei diesem Kabusecha handelt es sich definitiv um einen Qualitätstee, den ich mir gerne häufiger aufbrühen werde. Für mich stimmt einfach alles! Wenn man bedenkt, dass man diesen Tee für 17 Euro (100g!) erwerben kann, dann ist das meiner bescheidenen Meinung nach ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Grüner Tee Koyamaen.

Was einen Fukamushi Sencha so besonders macht

Was einen Fukamushi Sencha so besonders macht

Ich habe mich festgelegt. Endlich habe ich so etwas wie einen Favoriten unter den japanischen Tees. Es hat einige Zeit des bewussten Tee-Trinkens gebraucht, um zu dieser eigentlich recht einfachen Erkenntnis zu gelangen. Und zu Dank verpflichtet bin ich einer japanischen Freundin, die mir diesen Tee netterweise aus Japan mitgebracht hat. Ja, es hat sich bis Japan herumgesprochen, dass ich Tee-süchtig -begeistert bin und wenn Japaner zu uns zu Besuch kommen, dann bringen sie häufig ein Mitbringsel bzw. omiyage mit. Lucky me.

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Vielen Dank an Familie H. für den schönen Hagi-yaki Becher

Der mitgebrachte Tee ist ein Sencha aus Shizuoka, Japans berühmtester Anbauregion. Dort gibt es einen Ort namens Kakegawa (掛川), in dem seit dem 16. Jahrhundert Tee angebaut wird. Aus den Blättern des Yabukita-Kultivars, stellt das Unternehmen Harada (ハラダ製茶株式会社) eine Spezialität her, für die Shizuoka bekannt ist. Es ist ein Grüntee, der zwei bis drei Mal so lange, bis zu 120 Sekunden, mit heißem Wasserdampf behandelt wird und daher die Bezeichnung fukamushi (wörtlich: tiefgedämpft 深蒸し) trägt. Diese Methode hat in Shizuoka ihren Ursprung und ist aus der Not heraus geboren. Im Gegensatz zu den Pflanzen höher gelegener Plantagen, waren die Blätter der tiefer gelegenen dicker, vor allem aber bitterer. Dieser Geschmack wurde von der zahlenden Kundschaft nicht besonders geschätzt, daher erzielten die Blätter auch keinen hohen Marktpreis. Nach dem Krieg, um das Jahr 1955 herum, wurde es üblich, die Bedämpfungszeit zu erhöhen, weil man entdeckte, dass dadurch die Bitterkeit des Tees abnahm. In der Folgezeit wurde durch bessere Maschinen und die Optimierung der Herstellungsweise die Qualität dieses Tees deutlich erhöht, so dass heute ca. 70% der in Shizuoka hergestellten Tees nach diesem Verfahren hergestellt werden. Doch auch in anderen Präfekturen wie Mie oder Kagoshima bedient man sich dieses Verfahrens, um Tee herzustellen.

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Feine Nadeln gepaart mit Blattbruch
Das längere Dämpfen hat noch weitere Auswirkungen auf den Tee. Er gewinnt dadurch an Süße, allerdings auf Kosten der Frische. Es ist daher kein filigraner, sondern ein recht kerniger Tee mit einem starken Duft und vollmundigem Geschmack bzw. Mundgefühl. Die Bitterkeit ist nicht restlos verpufft, japanische Liebhaber sprechen von einer sanften Herbe (odayaka na shibumi おだやかな渋味), wobei diese Einschätzung sicherlich nicht von jedem geteilt wird. Es gibt Menschen, die es einfach nur als bitter empfinden. Durch das längere Dämpfen wird das Blatt strapaziert und ist viel brüchiger, weswegen der Tee nicht die beliebte Nadelform (harijô 針状) aufweist. Der hohe Anteil kleiner Partikel macht die Tasse trüb und dunkelgrün, besonders beim zweiten Aufguss wird das deutlich. Auch im Mundgefühl spiegelt sich das wieder, denn der Tee fühlt sich gehaltvoller, cremiger und dickflüssiger an. Entweder man liebt es (ich) oder man hasst es (Frau P.).
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Nur etwa 100ml kriege ich aus dieser kleinen Kanne, für mich allein ist es vollkommen ausreichend

Duft & Haptik

Dieser Tee hat noch etwas Besonderes an sich. Es handelt sich um einen Shincha, also um einen First Flush. Er hat einen sehr tiefen Duft, der mich immer an Nadelbäume an einem feuchten Abend erinnert. So einen ähnlichen Tee, den ich nur zu gern wieder trinken würde, hatte ich 2009 in Japan gekauft und in eine Kirschholzdose getan, die diesen Duft bis heute gespeichert hat. Ich denke, dass sich dieser Tee dort sehr wohlfühlen wird und kippe ihn dort rein. Der Duft weist aber noch etwas Alge und Esskastanien auf. Zwischen den Fingerspitzen fühlt sich der Tee leicht seidig an.
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Der erste Aufguss ist bei fukamushi immer überraschend klar

Geschmack
Abhängig von der Dosierung ergibt sich bei den Aufgüssen ein anderes Geschmacksbild. Der erste Aufguss ist bei einer leichten Dosierung und 45 Sekunden Ziehzeit sehr mild, im Abgang leicht algig, aber viel zu mild. Erst beim zweiten Aufguss hat er das schöne cremige Mundgefühl. Matcha- und Nadelbaum-Aromen steigen in die Nase, super! In der dritten Runde wird der Matcha-Geschmack intensiver, es wird auch leicht bitter, ich würde es Edelbitter nennen. Das cremige Mundgefühl nimmt zu, der Geschmack ist dichter, fast wie geschlagener Matcha.

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Erst der zweite Aufguss ergibt diese dunkle Färbung

Danach gab es noch eine harte Tour, also 5g auf 100ml. Für fukamushi ist das ordentlich, Frau P. würde mir diesen Tee sicher unwillkürlich ins Gesicht spucken, wenn ich es wagen würde, sie damit zu überraschen. “Edelbitter” ist er von Anfang an, ich spüre auch die Süße, die sich mit dem Nadelbaumduft wunderbar vereint. Ein sehr intensives Erlebnis, für das man einen gewissen Widerstand gegen Bitterkeit entwickelt haben muss, um es als angenehm empfinden zu können. Denn so geht es auch beim zweiten Aufguss weiter, der einen sehr dichten Matcha-Geschmack hervorkommen lässt und ich muss an Nougat denken, weil es sich ähnlich auf der Zunge anfühlt. Dazu kommen eine dezente Süße und die Nadelbaum-Aromen, die sehr lange nachhallen.

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Auch hier ist der hohe Blattburch-Anteil sehr gut zu sehen

Ich brauche eine kurze Pause, ehe ich mir einen weiteren Becher zubereite. Dieser ist vor allem am Gaumen sehr herb, so herb wie Herrenschokolade. Dieser unheimlich intensive Geschmack, den ich schon zuvor beschrieben habe, macht mich sprachlos. Und das ist auch gut so, denn ich habe eh schon zu viel geschrieben.

Eine kleine Probe aus Japan: Kamairi-cha

Eine kleine Probe aus Japan: Kamairi-cha

In meinem Umfeld bin ich mit meiner Tee-Passion ziemlich allein. Das bedeutet zwar nicht, dass niemand Tee trinkt, aber das tiefe Interesse dafür scheint zu fehlen. Ergo ist es schwer, sich mit den Leuten über Tee zu unterhalten, zumindest wenn man die Absicht hat, ein für beide Seiten fruchtbares Gespräch zu führen. Dank des Internets gibt es Foren zu diversen Themen, so natürlich auch zum Thema Tee. In diesen Foren melden sich täglich neue Mitglieder an, um sich über Tee auszutauschen. Eines Tages registrierte sich Seika im Forum, ein Teefreund aus Deutschland, der in Japan auf Kyûshû lebt. Seika schwärmte so sehr von einem fukamushi-Sencha (深蒸し煎茶) aus seiner Region, dass ich ihn bat, mir doch ein Päckchen davon zu schicken. Um diesen Tee geht es heute nicht, dafür möchte ich über die Probe schreiben, die diesem Päckchen beilag, 10g eines kamairi-sei-tamaryoku-cha (釜炒り製玉緑茶), ein in Kesseln bzw. Pfannen gerösteter gekrümmter Grüntee. Die typische Blattform in Form eines Kommas kommt zustande, weil der Tee nicht gerollt, vielmehr geknetet wird. Es ist also kein traditioneller Sencha, sondern ein Tee, der von seiner Machart eher an chinesische Grüntees erinnert, die häufig in Pfannen erhitzt werden, um den Oxidationsprozess zu stoppen.* Diese Verarbeitung verleiht ihm sein spezielles Aroma, welches kamaka (釜香) – Pfannenaroma – genannt wird. Alternativ spricht man auch von hika (火香) bzw. Röstaromen. Das ist übrigens kein Zufall, denn Kyûshû hat durch die geografische Nähe zu China schon früh intensiven Handel getrieben und somit viele Kulturformen aus diesem Land übernommen. Die Machart dieses Tees wurde bereits im 15. Jahrhundert eingeführt, wurde jedoch von dem ab der Edo-Zeit (1615-1868) eingeführten Dämpfverfahren, wie es bei Sencha angewendet wird, verdrängt. Kamairi-cha gilt daher als großer Bruder des Sencha und als regionale Spezialität Kyûshûs. Dort wird dieser Tee in den Präfekturen Saga, Miyazaki und Kumamoto hergestellt. Die Produktionsmenge ist im Vergleich zu Sencha relativ gering. Es wurden 2007 nur  3200 Tonnen hergestellt, bei Sencha waren es hingegen 65000 Tonnen! Der vorliegende Grüntee stammt aus Kumamoto und trägt den majestätischen Namen “Grüner König” (緑の王様) und wurde von Takanoen (高野園) hergestellt.*Es gibt aber auch eine Variante des tamaryoku-cha, die bedämpft wird und entsprechend mushi-sei tamaryoku-cha (蒸製玉緑茶) genannt wird.


Größere Kartenansicht

Um den Tee zu genießen, gehe ich zusammen mit Frau P. nach Planten un Blomen, nicht nur weil es dort einen japanischen Garten gibt, der Park bietet so viele schöne Möglichkeiten auszuspannen – man kann sich kaum entscheiden wo. Am Teehaus geht es allerdings nicht, denn dort sind zu viele Menschen. Außerdem haben wir einen Gaskocher dabei und unter diesem wird es bei ungünstigem Luftzug richtig heiß, was eventuell das Holz des kleinen Stegs oder das Gras der Wiese beschädigen könnte. Und das wäre dann nicht nur schade, sondern den anderen Gästen gegenüber auch ziemlich unhöflich. Aus diesem Grund gehen wir in eine Ecke des japanischen Gartens, der etwas abseits liegt. Dort kann man den Gaskocher auch auf den steinigen Boden stellen, wo er keinen Schaden anrichten kann. Außerdem sind wir von vielen Hecken und Bäumen umgeben, was uns vor dem Wind etwas schützt. Wir setzen uns auf eine Bank und machen es uns mit dem Tee gemütlich. Zu diesem Anlass darf ich auch gleich einen Newcomer in den Reihen der Tee-Utensilien begrüßen. Es ist eine kleine Mumyoi-kyûsu (無名異) aus dem Ton der Insel Sado (佐渡島). Dieser kyûsu werde ich eines Tages einen eigenen Beitrag widmen, heute soll es um den Tee gehen, sonst wird der Blog viel zu lang.

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Aussehen

Die Blätter dieses Tees haben ein etwas blasseres Grün als Sencha. Teilweise sieht es so aus, als ob es in Richtung Blau gehen würde. Die gekrümmten Blätter kann man sehr gut auf dem Foto erkennen und man kann auch einige Stile erblicken. Manchmal winden sie sich wie kleine Korkenzieherlocken.
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Den Unterschied zu den nadelartigen Sencha-Blättern sieht man hier sehr deutlich

Geruch

Ich entnehme die Blätter aus der kleinen Packung und schnuppere etwas daran. Der Duft ist leicht “pflanzlich” und lässt mich an Salatgurke denken. In der warmen kyûsu entfaltet sich ein süßer Geruch, den ich mit Algen in Zusammenhang bringe. Nicht die Nori-Blätter, die man auch für Sushi benutzt, sondern eine Art, die bei Süßigkeiten häufig Verwendung findet. Dazu gesellt sich eine Meeresbrise, ich war ja gerade erst am Meer und weiß noch genau, wie schön Meeresduft riecht. Im Hintergrund ist noch etwas Anderes, vielleicht Leder?
Zubereitungsempfehlung von Seika
Seika hat mir noch einen Brief zu beiden Tees in den Umschlag gelegt und empfiehlt eine Dosierung von 5g pro 100ml kochendem Wasser. Ich wäre ohne diese Empfehlung sicherlich zurückhaltender gewesen, vertraue aber seinem Urteil. Der zweite Aufguss soll sofort abgegossen werden. Danach fährt man wieder mit ca. 30 Sekunden fort und passt die Ziehzeit an den eigenen Geschmack an.
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Geschmack
Wer den Geschmack von Sencha kennt, wird überrascht sein, dass der kamairi-cha überhaupt nichts mit diesem zu tun hat. Folglich schmeckt der erste Gang auch nicht nach Umami, stattdessen ist er süß, zart herb, erinnert einerseits an Kräuter, aber welche? Und dann ist da noch der gemüsige Geschmack, dieser äußert sich aber auch anders als bei Sencha: die zuvor gerochene Gurke kommt gepaart mit ein wenig Zucchini zurück.

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Die Farbe des Tees tendiert mehr zu Gelb als zu Grün

Der Geschmack bleibt über die Aufgüsse relativ konstant. So notiere ich für den dritten Aufguss einen etwas stärkeren Gurkengeschmack. Der vierte hingegen hinterlässt ein cremiges Mundgefühl, wie es Jinxuan-Oolong tun. Dazu ist er etwas pikant im Rachenbereich. Der fünfte bringt wieder die Süße in den Vordergrund. Ich bin mir nicht sicher, aber ist das ein Hauch von Vanille mit Obstkompott, was ich da schmecke? Der letzte lässt mich an den Grundgeschmack der “modernen” und wenig oxidierten Oolong denken.

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Blattgut
Die aufgequollenen Blätter offenbaren, dass bei einigen Blättern der Oxidationsprozess bereits einsetzte. Auffällig ist auch, dass im Gegensatz zu Sencha viele Blätter intakt sind und einen fleischigeren Eindruck machen. Die Verarbeitungsmethode scheint die Blätter zu schonen.

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An einigen Stellen sieht man leicht braune Stellen – Spuren der Oxidation
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Fazit
Ich habe schon mal einen tamaryoku-cha probiert, ich bin aber der Meinung, dass der mehr an Sencha erinnerte als der jetzige. Woran das liegt, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht war der damalige auch bedämpft, wodurch die geschmackliche Parallele zustande kam? Der vorliegende Tee geht geschmacklich in die Richtung eines Frühlingsbancha, den ich mal getrunken habe. Der schmeckte nämlich auch sehr nach Salatgurke. Das Röstaroma habe ich leider nicht wahrgenommen, aber ich habe noch genug Blätter für einen zweiten Versuch. Vielleicht nützt es ja, wenn ich bewusst darauf achte? Oder steigt dabei das Risiko, sich selbst etwas einzubilden, was (für einen selbst) gar nicht vorhanden ist? Wie auch immer, herzlichen Dank für diesen schönen Tee, lieber Seika!

Tee auf Reisen: Silver Sprout Hecheng Extra Fine Bio

Tee auf Reisen: Silver Sprout Hecheng Extra Fine Bio

Einer der vielen Gründe, weswegen ich Frau P. geheiratet habe, ist, dass sie meine Teeleidenschaft teilt toleriert duldet. Das geht sogar so weit, dass sie die Ausflüge in die Natur mitmacht, um mit mir zusammen Tee zu trinken, obwohl sie zu Tee ein viel distanzierteres Verhältnis als ich unterhält. Vor einigen Wochen ging es nicht in die Natur, aber dafür an die polnische Ostsee und ein Teil des Gepäcks bildeten ausgewählte Teeproben und ein bisschen Teegeschirr.Letzteres hat Nachwuchs erhalten. Beim regelmäßigen Stöbern in Online-Shops ist mir eines Tages eine Gaiwan aufgefallen, die mich sofort ansprach: “Kauf mich, ich bin eine glückverheißende Gaiwan. Gefalle ich dir? Ich weiß, dass du mich willst!”. Anfangs zögerte ich, so schnell lasse ich mich nämlich nicht herumkriegen, aber diese Gaiwan blieb mir im Gedächtnis, weil sie so schöne Rundungen und Einkerbungen hat, die an einen Kürbis oder an eine Sonnenblume von oben erinnert. Außerdem hatte ich schon zwei kleine Tassen, die nach diesem Design gefertigt wurden, ein Zeichen? Es kam wie es kommen musste: in den Wochen darauf prüfte ich immer wieder mal, ob es diese oder ähnliche Gaiwan immer noch gibt. Eines Tages stellte ich entsetzt fest, dass sie bei einigen Händlern scheinbar aus dem Sortiment genommen wurde. Nur noch wenige Händler hatten davon ein Exemplar, aber nicht immer in der gewünschten Farbe – es gibt sie nämlich noch in weiß – oder zu einem angemessenen Preis. Ich fand noch einen letzten Shop auf Ebay, bei dem die Farbe und der Preis stimmten und erhielt von Frau P., die damals noch Frau S. hieß, das Einverständnis zuzuschlagen. Und dafür bin ich ihr sehr dankbar, denn mit dieser Gaiwan umzugehen, macht richtig Spaß. Es handelt sich dabei um Steinzeug mit einer Seladon-Glasur. Die Kanten des Deckels sind abgeschliffen, so dass der Scherben hervortritt – beim Aufsetzen des Deckels auf das offene Gefäß entsteht ein schönes Geräusch, welches viel tiefer ist als bei Porzellan, wie wenn Steinmühlen etwas Feines zermahlen würden. Sie ist auch viel schwerer als meine Porzellan-Gaiwan und hat bei kurzen Aufgüssen den Vorteil, dass sie die Temperatur des Wasser nicht so schnell annimmt. Zusammen mit den bereits vorhandenen Bechern ergibt sie ein schönes Set, welches ich bei unserer Reise eingeweiht habe.

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Der für diesen Anlass ausgewählte Tee ist vom Hamburger Teespeicher, den mir Frau P. als Teil eines Probenpakets geschenkt hat. Die Zubereitung erfolgte intuitiv, wir waren schließlich im Urlaub.

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Aussehen
Die drahtigen Blätter sind relativ hell. Statt eines satten Grüns geht der Farbton schon fast ins Blaue über. Es ist wenig Bruch in der Tüte und das Blattgut macht den Eindruck, dass mit Sorgfalt gearbeitet wurde.

Geruch
Im trockenen Zustand ist nur ein zarter Duft zu vernehmen. Leichte Süße, die an gewöhnliche Blüten erinnert. In der warmen Gaiwan ändert sich der Geruch und wird herzhafter. Erstaunlich finde ich, dass er an Sencha erinnert, zumindest rieche ich eine Spur Alge. Im nassen Zustand wiederum wandelt sich der Geruch ein weiteres Mal. Ist das Aprikose?

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Geschmack
Der erste Aufguss öffnet die Blätter nur langsam. Im Mund schmeckt er angenehm süß und enthält auch etwas Umami. Das ist die zweite Gemeinsamkeit zu einem Sencha. Dass auch chinesische Grüntees Umami enthalten können, habe ich bei einem hochwertigen Long Jing bereits festgestellt. Ist das ein Anzeichen dafür, dass auch bei diesem hochwertige Blätter verarbeitet wurden? Nach dem Schlucken bleibt ein angenehmer Nachgeschmack zurück, den ich mit Sonnenblumenkernen verbinde. Die habe ich als Kind des Öfteren gegessen, wenn ich in Polen die Sommerferien bei meinen Großeltern verbrachte.

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Der zweite Aufguss ist leider etwas zu kurz gezogen, um einen vollen Geschmack zu entfalten, schmeckt bei den warmen Temperaturen dennoch angenehm mild. Ein schöner Sommertee! Im Abgang verschwinden die Sonnenblumenkerne und machen Platz für Mandeln. Der nächste Gang darf wieder länger ziehen. Der Tee bedankt sich für die richtige Behandlung mit gestiegener Würze und vollerem Körper. Es steckte sogar noch etwas Umami in den Blättern.

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Das Grün der Blätter passt sehr gut zu der Farbe der Seladon-Glasur
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Die Blätter erinnern mich an feine Silbernadeln bzw. Yin Zhen
Fazit
Der Tee hat mir sehr gut geschmeckt und mich ob seines Umami-Geschmacks überrascht. Für mich ist das ein guter Kandidat für den Sommer, weil er nicht so schwer und komplex ist. Komplexe Tees neigen dazu, mich zu überfordern. Es gibt aber auch Situationen, in denen man den Tee “nur” nebenbei trinken möchte, den Wohlgeschmack einfach nur genießen mag.  Den Silver Sprout trinke ich gerne ein zweites Mal.
Nächster Versuch mit Keiko-Tees: Soshun

Nächster Versuch mit Keiko-Tees: Soshun

Lange Zeit war es hier still, fast einen Monat lang gab es keinen neuen Blog. Diese kleine Durststrecke passierte nicht ganz unfreiwillig, denn aus Frau S. ist Frau P. geworden und so ein schönes Ereignis hält einen dann doch mal vom Schreiben ab. Tee wird plötzlich sekundär – Recht so!Aber da es hier um Tee geht, kehren wir zu diesem Thema zurück und widmen uns einem Tee, den ich noch vor der Hochzeit getrunken habe. Der letzte Blog beschäftigte sich noch mit Keiko-Tees und daran würde ich gerne anknüpfen. Dieses Mal soll aber ein Halbschattentee (jap.: kabusecha 被せ茶, Abgedeckter Tee) des Unternehmens im Vordergrund stehen, denn schließlich sind es auch diese Tees, auf die sie sich spezialisieren. Eine Beschreibung der Herstellungsweise findet ihr auf der Seite von Keiko. Key beschreibt in seinem Blog die Eigenheit eines kabusecha wie folgt:

kabuse, genauer kabusecha, ist ein künstlich beschatteter tee. es werden etwa eine woche vor der ernte sehr feinmaschige netze über die pflanzen gezogen, die rund 50% des sonnenlichts wegfiltern. durch den teilweisen lichtentzug bilden sich weniger bitterstoffe/katechine, dafür mehr aminosäuren/theanin. halbschattentees sind milder als vergleichbare senchas.

Der Soshun (nach Keiko als “zeitiger Frühling” übersetzt), der bereits im April in Kagoshima gepflückt wurde, soll sich durch einen samtigen Geschmack, eine intensive Süße und einen sogenannten “wiederkehrenden Geschmack” auszeichnen. Spontan denke (nicht nur) ich an die wiederkehrende Süße des Pu Erh, die sich am Gaumen manifestiert. Bei diesem Tee wirkt sich das allerdings etwas anders aus.

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Optik und Aroma
Meine kleine Probe enthielt leider überwiegend gebrochene Blätter, bei einem Kauf einer ganzen Packung dürfte dies anders aussehen. Das Blatt ist dunkelgrün und optisch von einem Gyokuro kaum zu unterscheiden – ich könnte es nicht. Im warmen Gaiwan steigt eine intensive Süße auf. Die Aromen sind die gleichen wie bei japanischem Süßgebäck, das mit Algen zubereitet wird. Eine sehr harmonische Kombination, die auch ein bisschen an Waffeln erinnert.

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Geschmack
Der erste Aufguss kommt mit 70°C und 90 Sekunden Ziehzeit (3g auf 60ml) wunderbar zurecht. Anders als der zuletzt beschriebene Benifuuki. Der Soshun bringt einen sehr edlen und runden Umami-Geschmack hervor, den ich mir gerne auf der Zunge zergehen lasse. Der Geschmack ist langanhaltend, fühlt sich tatsächlich samtig an und wandelt sich in Richtung Fleisch. Diese Assoziation mag nicht jeder teilen, ich finde aber, dass saftiges Fleisch oder auch Suppenfleisch abseits der hinzugefügten Gewürze über genau diesen Geschmack verfügt. Lecker!

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Nach 90 Sekunden erstaunlich klar und hell!

Der zweite Aufguss gibt den verbleibenden Umami-Geschmack preis, ist jetzt endlich süß und komplex. Das Samtige weicht etwas dem Öligen und im ersten Moment denke ich an Spinat und frische Gemüsebrühe, das Empfinden ist sehr “dicht”. Die hohe Konzentration der Geschmacksstoffe macht dies wohl möglich. Darüber hinaus passiert etwas mit dem langanhaltenden Geschmack wie schon beim ersten Aufguss: ist das der wiederkehrende Geschmack, von dem Keiko schreibt? Erst im Nachklang kommt wieder das Fleisch gepaart mit einer feinen Süße.

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Der dritte Aufguss ist schön trüb geraten

Ab dem dritten Aufguss normalisieren sich die Aufgüsse und sind nicht mehr so intensiv wie die vorherigen. Ich notiere dafür gegrillte grüne Mini-Paprika. Und ab dem fünften bilde ich mir sogar einen pikanten Geschmack ein. Geht das überhaupt? Bis zum siebten Aufguss mache ich weiter und bin verblüfft, dass der Tee einen sehr langen Nachgeschmack bietet.

Fazit
Der Soshun gehört sicherlich nicht zu den Schnäppchen unter den japanischen Tees des deutschen Tee-Markts. Blende ich den Preis aus (über 20 Euro für 50g), dann muss ich gestehen, dass mir dieser Tee eine Menge Spaß gemacht hat. Die Intensität und der mysteriöse wiederkehrende Geschmack, den ich für mich in Richtung Fleisch gedeutet habe, sorgten für einen Aha-Effekt. Das Sortiment von Keiko ist mit Halbschattentees prall gefüllt. Ob sich da noch mehr solcher Schätze verbergen?

Erste Erfahrungen mit Keiko-Tees: Benifuuki

Erste Erfahrungen mit Keiko-Tees: Benifuuki

Mich erreichte eine feine Spende von drei kleinen Proben der Firma Keiko. Es handelt sich dabei um die Sorten Benifuuki, Tenko und Soshun. In diesem Blog geht es zunächst nur um den Benifuuki-Grüntee. Um es kurz zu machen: die 3g-Probe habe ich verschwendet, weil ich vorher zu faul war, mich mit diesem Tee genauer auseinanderzusetzen.* Stattdessen habe ich nämlich meine übliche Methode für höherwertige Sencha gewählt und den Tee damit versaut. 3g auf 60ml – eine bittere Erfahrung im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei fing alles so vielversprechend an…*Benifuuki ist ein japanischer Grüntee, der seit 1993 aus einer Kreuzung der Varietäten Camellia Sinensis und Assamica gewonnen wird. Dieser Tee ist teiloxidiert, also kein klassischer Grüntee. Er zeichnet sich darüber hinaus durch einen besonders hohen Anteil der für die Gesundheit so wichtigen Catechine aus. Diese sorgen allerdings für einen bitteren und sauren Geschmack.
Geruch:
Die Blätter riechen erstaunlich blumig und erinnern mich an meinen ersten Darjeeling von vor über 10 Jahren. Im vorgeheizten Mini-Gaiwan steigt ein süßer Duft auf, der stark an japanisches Gebäck erinnert, welches mit getrockneten Algen verfeinert wird. Im Hintergrund befindet sind ein dezenter grasiger Duft. An einen Sencha würde ich mit verbundenen Augen nicht denken. Ist es ja auch nicht.

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Die Blätter sind leicht gebogen bzw. gekreuselt und haben auch auf den zweiten Blick nicht viel mit Sencha gemein.

Zubereitung:
Die Dosierung ist mit 3g auf 60ml sehr hoch. Die Wassertemperatur liegt bei 70°C. Die Zeihzeit beträgt beim ersten Aufguss 90 Sekunden (!), alle weiteren werden sofort abgegossen.

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Geschmack:
Die Herbe bewegt sich im Rahmen des (für mich) Erträglichen, wobei ich schon zu den Leuten gehöre, die es gerne etwas herber mögen. Die Säure hat diese feine Grenze allerdings deutlich überschritten. Ich erinnere mich unwillkürlich an meinen Besuch bei den Schmidts in der Zentrale des Hamburger Teespeichers. Sie waren gerade dabei Assam-Tees zu verkosten und das geschah natürlich mit der für Teataster typischen Methode, der zufolge 2,86g Tee mit 150ml Wasser fünf Minuten gebrüht wird. Ich durfte mitschlürfen und fragte mich sogleich, wie es möglich ist, aus dieser die Reize überfordernden Brühe, irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen zu können. Ich mag Assam-Tees sehr gerne. Aber normal zubereitet. So waren die Proben einfach nur bitter, mal weniger bitter, dann wieder bitterer…

Warum ich das schreibe? Teataster können aus dieser Brühe tatsächlich ableiten, wie der Tee bei optimaler Zubereitung schmecken wird, können also die negativen Eigenschaften ausblenden und das Potenzial erkennen. Ich kann das nicht, glaubte ich zu diesem Zeitpunkt. Der Benifuuki zwingt mich allerdings dazu, mir diese Fähigkeit des Teatasters zu Herzen zu nehmen und so versuche ich die negativen Eigenschaften auszublenden.

Was ist also noch in der Tasse? Umami war leider nicht dabei, eigentlich schmeckt der Tee überhaupt nicht wie ein echter Japaner. Spontan muss ich an eine Teeprobe eines grünen Yunnan-Tees von Teegschwendner denken. Die Säure erinnert ein bisschen an Stachelbeeren, im Hintergrund ist etwas Alge zu schmecken. Die nassen Blätter riechen etwas nach Pilsener Bier.

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Zweiter Aufguss

Der zweite Aufguss ist dem ersten sehr ähnlich. Für einen kurzen Moment habe ich das Gefühl, etwas Vanille zu schmecken, doch sobald ich mich auf den Geschmack konzentriere, um ihn mir bewusst zu machen, hat er sich wieder verzogen. Alles nur Einbildung? Interessanterweise schmecke ich den zuvor gerochenen Bierduft, was mich ein wenig irritiert.

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Dritter Aufguss

Ich mache noch drei weitere Aufgüsse. Zunächst erscheint der Tee lieblicher, einen Aufguss später dann wieder kräftiger. Am Ende kommt eine fast erleichternde Süße hervor.

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Wenn man genau hinschaut, entdeckt man bräunlich gefärbte Stellen, welche die bereits eingesetzte Oxidation belegen

Fazit:
Wie soll ich zu dieser Erfahrung ein Fazit schreiben? Interessant wäre es zu wissen, ob sich die Geschmackseindrücke bei einer dem Tee würdigen Zubereitung bestätigen lassen würden. Ansonsten bleibt nur die Feststellung, dass man bei dieser Catechin-Bombe vorsichtig dosieren bzw. brühen sollte.

 

Matcha Green Tea Cream Frappuccino

Matcha Green Tea Cream Frappuccino

Ich dachte zuerst, ich gucke nicht richtig, als ich im Vorbeigehen im Augenwinkel etwas Grünes bei Starbucks sah. Haben sie endlich den Matcha Tea Latte ins Sortiment genommen, den ich in Japan sogar gerne getrunken habe? Nein. Aber der kalte Matcha Frappuccino hörte sich dennoch vielversprechend an. Noch dazu gab es ein zeitlich befristetes Probierangebot zwischen 18 und 20 Uhr, so dass man in dieser Zeit nur die Hälfte für das sonst etwas über 4 Euro teure Getränk zahlen musste. Matcha als neuer Geschmackstrend ist immer mehr im Kommen, sagt man sich in der Teebranche. In Japan fester Bestandteil der Alltagskultur z.B. in Form von  Baumkuchen, Kitkat, Eiscreme und Joghurt, scheint dieser Trend auch im Westen allmählich Fuß zu fassen. Nun hat also Starbucks den Schritt gewagt und obwohl ich mich für Milchgetränke nur wenig begeistern kann, habe ich mit Frau S. den Matcha Frappuccino probiert.

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Beworben wird das Getränk mittels Aufsteller und man kann das dort verwendete Foto auf der derzeitigen Starbucks-Seite einsehen. Man sieht ein sattes Grün, welches einen ebenfalls satten Matcha-Geschmack suggeriert. Ich schreibe das deswegen, weil bereits nach dem Abfüllen des Frappuccino die erste Ernüchterung eintrat – die Farbe des Getränks war sehr viel blasser, man kann es auch deutlicher sagen: es war zu wenig Matcha drin. Wenn ich das Getränk mit verbundenen Augen gekostet hätte, wäre ich auf Matcha nie gekommen. Der Geschmack war zwar da, aber so subtil, dass ich mich fragte, ob nicht der Wunsch Vater des Geschmackeindrucks war. Er war nämlich überlagert von einer dominanten Süße, die vor allem an Softeis erinnerte. Der Matcha selbst war nur noch mit Fantasie zu erkennen, schade!

Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, das Erlebte zu interpretieren. Vielleicht wird während des Aktionszeitraums, in dem man nur die Hälfte des Preises zahlt, auch nur die Hälfte der sonst verwendeten Matcha-Menge verwendet. Schließlich ist Matcha nicht gerade günstig. Oder der Starbucks-Laden bildet eine Ausnahme und man war bei der Zubereitung einfach etwas nachlässig. Möglicherweise möchte man die skeptischen Deutschen einfach nur behutsam an den neuen Geschmack heranbringen. Was auch immer der Grund sein mag, eingefleischte Matcha- und Grüntee-Trinker werden bei dieser Dosierung nicht auf ihre Kosten kommen. Oder hat jemand andere Erfahrungen gemacht?

Anhui Huangshan Maofeng Yun Wu

Anhui Huangshan Maofeng Yun Wu

Im letzten Blog habe ich ja berichtet, dass ich einen Ausflug ins Freie gemacht habe, um Tee zu trinken. Was ich verschwiegen habe, ist allerdings, dass ich noch einen weiteren Tee an diesem Tag zubereitet habe: Anhui Huangshan Maofeng Yun Wu Premium. Es ist ein Teil meines Geburtstagsgeschenks, denn Frau S. hat mir ein umfangreiches Paket mit exklusiven Teeproben geschenkt. Da ich aber seit Januar von (und für) Prüfung zu Prüfung lebe, mache ich mir selten die Mühe, Teeproben zu probieren. Der Grund dafür ist, dass man mit einer überschaubaren Menge vorsichtig umgehen muss. Wenn man den Tee falsch zubereitet, bleiben einem ja nur noch ein bis zwei Versuche, es besser zu machen. Und ob man den Tee dann noch (fair) beurteilen kann? Eine kleine Menge ist also auch immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Bei diesem Tee ging es aber gut. Meine Shiboridashi hat ein Volumen von nur 100ml, daher brauche ich keine Unmengen.
Größere Kartenansicht Der Name des Tees verrät sogleich seine Herkunft. Es sind die Gelben Berge (Huangshan 黄山) der Provinz Anhui – eine der bekanntesten Natursehenswürdigkeiten Chinas. Ihr Anblick soll so unglaublich sein, dass man sagt, man müsse nach den Gelben Bergen keine weiteren mehr gesehen haben. Die Bezeichnung Yun Wu (Wolken und Nebel 云雾) spielt wohl auf die in der Höhe übliche Wolkenbildung an und lässt vermuten, dass die Teefelder nicht selten vom Nebel eingehüllt sind.

HuangShan
Copyright: Arne Hückelheim

Wer mit dem Gedanken spielt, eine Reise dorthin zu unternehmen, sollte dafür beten, dass die Berge sich nicht hinter einem Nebelschleier verstecken. Das ist leider keine Seltenheit.

Legende
In China scheint jede prominente Teesorte eine oder mehrere Legenden hervorgebracht zu haben. So auch der Huangshan Maofeng, der seit Mitte der Ming-Dynastie (1368-1644) produziert wird. Ein junger Gelehrter soll sich in eine junge Frau verliebt haben und sie wurden ein Paar. Ein Großgrundbesitzer aus der Gegend hat die Frau beim Teepflücken gesehen und wollte sie für sich selbst haben. Weil er sehr wohlhabend und einflussreich war, konnte er die Eltern der jungen Frau dazu zwingen, dass sie ihre Tochter an ihn verheirateten. Aber einen Tag vor der Hochzeit, schlich sich die angehende Braut aus dem Haus und floh zu ihrem Geliebten. Bei seiner Behausung angekommen, musste sie feststellen, dass der Großgrundbesitzer den jungen Gelehrten ermorden ließ. So ging sie zu seinem Grab und weinte vor Trauer. Sie weinte so lange, bis sie schließlich selbst zum Regen wurde. Der Leichnam des jungen Gelehrten wurde hingegen zu einem Teebaum.

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Aussehen
Die Blätter sind länglich und sehen ein bisschen aus wie die berühmten Silbernadeln oder auch Yin Zhen, nur etwas schmaler und nicht ganz so dick. Diese Form wird von Chinesen auch Spatzenzunge genannt und mit etwas Fantasie verstehe ich diese Allegorie. Feine Silberhärchen umgeben die Blätter, es ist wenig Blattbruch in der Tüte, das soll auch so bleiben und veranlasst mich zu vorsichtiger Handhabung. Nach Angaben des Teespeichers wurden im April letzten Jahres nur die Knospe und das erste Blatt gepflückt. Auf den ersten Blick scheint es zu stimmen und es ist ein typisches Merkmal des Huangshan Maofeng.

Duft
Der Duft des Blattes erinnert mich sofort etwas an Yin Zhen. Diese Verbindung fällt mir aber erst im Nachhinein ein. Mit Frau S. rätselte ich über die Begrifflichkeiten und wir konnten uns auf süßen Heuboden einigen. Wer durfte schon mal auf einem Heuboden eines Bauernhofs schlafen? Wer damit angenehme Erinnerungen verbindet, sollte versuchen daran zu denken. Frau S. meint im positiven Sinne noch etwas vom Kuhstall zu riechen, aber diesen Eindruck kann ich nicht teilen. Während Frau S. noch an Tigerbalm denkt, stelle ich fest, dass Salbei in die Nase steigt! Salbei! Mmmmh!

Zubereitung
Den Tee habe ich ganz intuitiv zubereitet, habe weder besonders auf Wassertemperatur noch auf die exakte Blattmenge geachtet.

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Geschmack
Der erste Aufguss hat noch wenig Körper, weil er etwas zu kurz gezogen hat. Er schmeckt trotzdem dezent süß und der Salbei-Duft findet sich auch im Geschmack wieder. Der Heuboden steigt während des Trinkens in die Nase. Nicht schlecht für den Anfang, aber da muss noch mehr kommen. Übrigens: wem Assoziationen wie Kuhstall und Heuboden merkwürdig erscheinen, sollte sich mal Geros Blog durchlesen. Er ist zwar auf Englisch, enthält aber eine Stelle, die man gelesen haben muss!

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Im zweiten Aufguss sind viel mehr Säuren enthalten und der Körper hat auch zugenommen. Der Tee ist jetzt viel fruchtiger bei gleichbleibender Süße und ergibt eine angenehme Mischung aus Bergpfirsichen und Salbei. Die Bergpfirsiche stechen beim dritten Aufguss besonders hervor, da sämtliche andere Eigenschaften zurückgetreten sind.

Blatt
Die aufgebrühten Blätter bestätigen die vom Teespeicher beschriebene Pflückung. Man kann die Knospe und das dazugehörige Blatt sehr gut erkennen. Mit solchen Blättern kann ein Tee auch optisch vergnügen!

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Fazit
Ein junger und eher leichter Tee, bei dem man nicht viel falsch machen kann. Er lässt sich sehr einfach zubereiten und verzeiht auch eine nicht ganz so pingelige Zubereitungsweise. Mir hat der Salbeigeschmack besonders gut gefallen. Gleichzeitig war ich überrascht, dass solche Aromen bei einem Tee möglich sind.

Banko-Keramik Teil I: Die Geschichte

Banko-Keramik Teil II: Die Wirkung

Im ersten Teil habe ich bereits einen kurzen Überblick über die Geschichte dieser Keramik-Gattung gegeben. Dass eine Tonkanne einen Einfluss auf den Geschmack des Wassers und des Tees hat, ist heutzutage ein offenes Geheimnis. In China sind es vor allem die Yixing-Kannen, denen je nach Ton und Brenntemperatur verschiedene Wirkungen nachgesagt werden. Diese müssen nicht immer positiv sein, weil einige Tonarten entweder bestimmte Eigenschaften eines Tees abschwächen oder akzentuieren können. Auch in Japan gibt es Tonerden mit herausragenden Eigenschaften. Eine davon ist eisenhaltig und findet in Banko-yaki Verwendung. Dieser Blog setzt sich mit dem Einfluss der Tonerde auf den Geschmack eines mittelklassigen Sencha auseinander. Im zweiten Teil wird der Effekt anhand wissenschaftlicher Erklärungsansätze aus Japan ergänzt.

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In einem japanischen Supermarkt habe ich einen Uji-Sencha der Marke Uji no tsuyu (Der Tau Ujis 宇治の露) gekauft. Die Packung war nicht besonders teuer, daher hat mich umso mehr überrascht, dass die Dosierungsempfehlung sehr “selbstbewusst” ausfiel. Damit meine ich, dass ich solch eine hohe Dosierung bei einem Sencha dieser Preiskategorie nicht erwartet hätte: 90ml 70°C heißes Wasser auf 4g Tee. Also 1g auf gerade mal 22,5ml Wasser. Das erinnert schon fast an Gyokuro. Dazu noch eine Ziehzeit von 90 bis 120 Sekunden. Ich dachte mir: “Entweder ist der Tee so gut, dass er das ab kann, oder das geht kräftig in die Hose.” Zwar traf weder das eine noch das andere ein, aber das Ergebnis war wirklich suboptimal. Benutzt wurde eine glasierte Tokoname-kyûsu, daher war eine Interaktion mit dem Ton nicht möglich. Dieser Versuch sollte einen Referenzwert einbringen. Danach folgte einer mit der Banko-kyûsu.

Nochmal zum Tee:
Blatt: Der Tee besteht aus einem sehr hohen Anteil nadelförmiger Blätter, die ein sattes und mitteldunkles Grün bilden. Nicht so dunkel wie Schattentees, aber es geht in die Richtung. Ab und zu lassen sich auch hellere Blätter entdecken. Optisch wirkt der Tee sehr fein und gut sortiert.

Geruch:
Diesen Geruch kenne ich von den Sencha mittlerer Qualität. Es fehlt ein wenig die Tiefe und ich meine auch etwas Bitterkeit zu erschnuppern. Zumindest rieche ich etwas, was mich daran denken lässt.

Geschmack:
Deutliches gekochtes Gemüse wie bei einer Brühe oder wenn man in eine gekochte Knollensellerie beißt. Lecker und dazu Umami im hinteren Teil des Mundes. Diese (meiner Meinung nach zu hohe) Dosierung hat aber einen Nachteil: die Säure fällt unangenehm auf und führt dazu, dass es an den Seiten der Zunge etwas sauer wird. Die 90 Sekunden scheinen mir für diese Menge zu lang zu sein. Der sonst dominante Algengeschmack ist eher im Hintergrund. Also entweder runter mit der Blattmenge oder die Ziehzeit entsprechend anpassen.

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Blick in die Tokoname-kyûsu

Zweiter Aufguss:
Den zweiten habe ich sofort abgegossen. Auf diese Weise habe ich den Umami-Geschmack beschnitten. Komisch ist auch hier die unterschiedliche Wahrnehmung von mir und Frau S.: sie schmeckt immer noch deutlich Umami heraus und verzieht dabei ihr Gesicht. Eine feine Herbe, die eigentlich schon in Bitterkeit überschlägt, und die eben genannte Säure überdecken den sonst dicken und trüben Aufguss und seinen gehaltvollen gemüsigen, spinatigen Geschmack. Auch hier gilt der Spruch: weniger ist manchmal mehr.

Test mit der unglasierten Banko-kyûsu von Tachi Masaki:

1. Aufguss:
Sehr viel runder und harmonischer als der oben beschriebene Eindruck. Umami ist sehr deutlich vorhanden und die oben beschriebenen Eindrücke konnte ich bestätigen. Eine wichtige Erkenntnis: keine Spur von Überdosierung, keine übermäßige Säure und auch keine Bitterkeit. Frau S. verzog zwar auch dieses Mal ob der “Umami-Bombe” ihr Gesicht, aber dieser Effekt war durchaus “gewollt”, ist also eigentlich eine positive Eigenschaft des Tees, wenn man sie denn mag.

Auch beim zweiten Aufguss konnte keine Herbe und Säure heraus geschmeckt werden. Allerdings auch kein Umami. Dazu muss ich sagen, dass der erste Aufguss versehentlich ganze 2 Minuten gezogen hat. Vielleicht wurde da schon das Meiste gelöst?

Zwischenergebnisse und Formulierung einer ersten These:

Bei gleicher Dosierung und nahezu identischer Zubereitung stelle ich fest, dass die unglasierte Banko-kyûsu negative Eigenschaften wie Bitterkeit und Säure aufgehoben hat. Gegenüber der Tokoname-kyûsu hat sie den Vorteil, dass sie negative Ausschläge, die durch zu hohe Dosierung bzw. mangelhafte Qualität des Tees verursacht werden, ausgleichen kann.

Wissenschaftliche Erklärungsversuche:
Auch wenn der Einfluss auf den Geschmack immer relativ ist, so gibt es wissenschaftliche Ansätze genau diesen nachzuweisen. Der Teefreund Seika aus dem Teetalk-Forum hat eine sehr intensive Recherche durchgeführt und japanische Quellen ausgewertet, die sich mit diesem Thema befasst haben. Es handelt sich um eine Versuchsreihe des Industrie-Forschungsinstituts der Präfektur Mie (Mie-ken kôgyô kenkyûjo 三重県工業研究所), die er übersetzt und zusammengefasst hat. Die folgende Darstellung beruht zu großem Teil auf seiner Arbeit, wofür ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken möchte. Inwiefern die Ergebnisse überprüfbar sind und einer kritischen Herangehensweise standhalten, können wir nicht beurteilen, wollen euch die Ergebnisse aber nicht vorenthalten. Die Quellen können auf Nachfrage offengelegt werden, sind aber komplett auf Japanisch.

Erster Versuch:
In einem ersten Versuch wurden 13 Kannen aus unterschiedlichem Material getestet. Für den Versuch wurden Teebeutel mit 2g Sencha (ichibancha) der Sorte Yabukita aus der Präfektur Mie gefüllt. Die Teekannen wurden mit 85 Grad heißen Wasser vorgewärmt und die Teebeutel in den Teekannen mit 200ml kochendem destilliertem Wasser aufgegossen. Die Infusionszeit betrug 5 Minuten. 100ml des Extrakts wurde auf 0 Grad abgekühlt, und dann bei Zimmertemperatur mit einem Geschmackssensor untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass bei einigen Materialarten vor allem das in Grüntee enthaltene Catechin adsorbiert wurde, welches den Tee bitter macht, aber auch für zahlreiche positive gesundheitliche Wirkungen verantwortlich gemacht wird.

Interpretation der Ergebnisse:
Die größte Adsorption fand bei einer im Oxidationsbrand gebrannten kyûsu aus Steinzeug statt, die geringste bei einer Alluminum-Kanne. Auch bei anderen Steinzeug- und Steingut-Kannen konnte der Effekt in unterschiedlichem Maße nachgewiesen werden. Angenommen wird 1) eine chemische Adsorption des Catechins durch in der Oberfläche vorhandene Eisenpartikel und 2) eine physikalische Adsorption des Catechins mit der porösen Oberfläche der Teekannen. In diesem Zusammenhang scheint auch die Art des Brennverfahrens, Oxidationsbrand oder Reduktionsbrand, eine gewisse Rolle zu spielen.

Kurze Erklärung zu der von Tachi Masaki verwendeten Tonart:
Der natürliche Eisengehalt des Tons (nicht der künstlich hinzugefügte!), in diesem Fall 6-7%, reagiert unterschiedlich und je nach Brennatmosphäre. Beim Reduktionsbrand befindet sich wenig Sauerstoff im Ofen und dadurch wird der Sauerstoff im Tonkörper reduziert. Eisen und Mineralien sind dadurch aktiviert und können mit dem Wasser reagieren. Das gilt theoretisch für jeden Ton, aber die mineralische Zusammensetzung des Tons ist für den Effekt mit entscheidend, weswegen sich einige Tonarten mehr und andere weniger eignen (Quelle: Akira Hojo). Die interpretierten Ergebnisse aus dem ersten Versuch sind also zunächst auf Banko-Keramik anwendbar, wobei aus dem Versuch nicht hervorgeht, welcher Ton bei welcher Kanne zum Einsatz kam.

Zweiter Versuch:
Um die Ergebnisse aus obigem Experiment zu verifizieren wurde als nächstes ein Versuch mit fünf unterschiedlich gebrannten Steingut-Teekannen durchgeführt. Dabei wurde der Zusammenhang zwischen der Oberfläche der kyûsu und der im grünen Tee vorhanden Bestandteile, die für die Geschmacksbildung von Umami (Aminosäuren) und Herbe (Polyphenole, Catechine) verantwortlich sind, untersucht. Fünf Kannen kamen zum Einsatz, die alle aus rotem eisenhaltigen Ton gefertigt wurden, vier davon mit einem hohen Anteil. Die Herkunft des Tons ist auch hier nicht eindeutig bzw. nur eine Kanne wird als Banko bezeichnet. Die ersten vier Kannen unterscheiden sich hauptsächlich in der Brennatmosphäre, der sie ausgesetzt wurden.

Interpretation der Ergebnisse:
Während sich bei der Messung der Aminosäuren keine signifikanten Ergebnisse feststellen ließen, sind die Ergebnisse bezüglich der Bitterstoffe eindeutiger. Mit Hilfe des HLPC2 wurden Catechine anhand der CGCg untersucht, hier zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Im Weinsäureverfahren kam heraus, dass im Reduktionsverfahren gebrannte Kannen einen geringeren Tanninanteil aufweisen. Dies legt einen Zusammenhang mit dem Brennprozess nahe. Die Kanne mit dem zweitniedrigsten Wert war eine Banko-yaki mit einem Reduktionsbrand von 8% und konnte nur von einer Kanne, vermutlich ebenfalls Banko-yaki, mit einem Reduktionsbrand von 11% unterboten werden. Eine Kanne mit weniger Eisengehalt, die im Karbonisierungsbrand* hergestellt wurde, kam auf einen ähnlich niedrigen Wert wie die Banko-yaki aus acht prozentigem Reduktionsbrand.

* Bis zur Abkühlung findet keine Oxidation statt.

Erklärungsversuch des Versuchsleiters:
Als Erklärung wird angegeben, dass die Polyphenole (z.B. EGCg) im Gegensatz zu den Aminosäuren funktionelle Gruppen aufweisen und aufgrund unterschiedlicher atomarer Werte mit dem Eisen in der Kanne chemisch reagieren. Des weiteren geht man davon aus, dass eine physikalische Adsorption mit der porösen Oberflächenstruktur stattfindet. Aminosäuren, die keine funktionellen Gruppen und ein kleines molekulares Gewicht aufweisen, werden hingegen nicht signifikant beeinflusst.

Als zusammenfassendes Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Einfluss der physischen Adsorption größer als die der chemischen zu sein scheint. Was damit erklärt wird, das große Teilchen, wie die Polyphenole, durch Van-der-Waals-Kräfte selektiv mit der Oberfläche physisch adsorbieren. Auf Aminosäuren wie Glutamine, Arginin und Theanin hingegen haben weder das in der Oberfläche vorhandene freie Eisen noch die Struktur eine Auswirkung, da die Oberflächengröße und das Volumen der Teilchen zu klein sind.

In einem letzten Versuch wurde eine gesandstrahlte Banko-yaki mit einer gewöhnlichen Banko-yaki und einer Glaskanne verglichen. Die gesandstrahlte Banko-yaki konnte die Werte der gewöhnlichen noch weiter unterbieten, was zu folgender Annahme führt: Die Werte für die gesandstrahlte kyûsu scheinen ein Hinweis darauf zu sein, dass es einen Zusammenhang mit der Porösität der Oberfläche gibt. Angemerkt wird, dass der Effekt vermutlich größer ausgefallen wäre, wenn man den Tee direkt in der Kanne aufgegossen hätte.

Fazit:
Eine Tonkanne kann nachweislich den Geschmack in eine positive Richtung verändern. Wir haben gesehen, dass die Faktoren eisenhaltige Tonerde und Reduktionsbrand den bitteren oder säuerlichen Geschmack, der bei hoher Dosierung entstehen kann, einschränken können. Zwar werden gesandstrahlte kyûsu (noch?) nicht hergestellt, aber der Versuch zeigte, dass die daraus resultierende Porösität diese Wirkung verstärkt. Wer also möglichst viel Umami aus seinem Tee bei möglichst wenig Bitterkeit und Säure herausholen möchte, sollte es mit einer Banko-kyûsu versuchen.

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen...

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen…

Jeder Kunde steht eines Tages im Laden vor der Frage, ob er sich einen “teuren” Tee leistet. Die Grenze, ab wann etwas als teuer empfunden wird, ist rein subjektiv. Ich möchte daher einige Teepreise diskutieren und mit denen anderer Getränke in Bezug setzen.

In jedem Teegeschäft findet man lose Tees in einer Preisspanne von 3 bis 30 Euro pro 100g. 3 Euro sind bereits sehr günstig, 30 Euro erscheinen dagegen sehr teuer. In Supermärkten kriegt man sogar schon Ostfriesenmischungen für unter 2 Euro für 250g. Wer denkt, dass man mit Teebeuteln günstiger wegkommt, der liegt leider falsch. Wer sich einmal die Mühe macht den Gramm-Preis auszurechnen, wird feststellen, dass Teebeutel auf lange Sicht die teuerste Form des Teekonsums sind und ein schlechtes Preis-Leistungsverhältnis bezüglich des Geschmacks bieten. Dieses Thema wurde auch schon im Teetalk-Forum ausführlich behandelt und ist meiner Meinung nach sehr lesenswert.

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen...
Kommen wir zurück zu den losen Tees, die man in den Teegeschäften zu unterschiedlichen Preisen kaufen kann. Jeder wird mir zustimmen, dass 3 Euro für einen Schwarztee noch verhältnismäßig günstig sind. Diesen Schwarztee kann man i.d.R. einmal aufgießen und muss ihn dann entsorgen. Ich weiß von vielen Leuten, dass sie bestimmte Schwarztees auch zweimal aufgießen, aber da das deutlich seltener vorkommt als bei Grüntee-Trinkern, ziehe ich diese Möglichkeit pauschal nicht in Betracht, weil es auch von der Schwarztee-Sorte abhängig ist.

Aus 100g Schwarztee kriegt man je nach Dosierung eine ganze Menge Tee. Die meisten Dosierungsempfehlungen schreiben 8-12g Tee für einen Liter Wasser vor. Das sind 8-12 Liter Tee für 3 Euro, was einen Literpreis von ca. 30 Cent ergibt, wenn man sich für den Mittelwert entscheidet.Jetzt muss man fairerweise sagen, dass 3 Euro pro 100g bei Tee die unterste Messlatte sind. Es geht natürlich auch wertiger und ich bin der Meinung, dass man schon ab 4 bis 5 Euro pro 100g sehr schmackhaften Tee kaufen kann, was einem Literpreis von 40-50 Cent entsprechen würde. Für mich ist das noch immer preiswert.

Auch ein teurer Tee kann einen günstigen Literpreis ergeben, wenn man ihn mehrmals aufgießen kann. Zu solchen Tees gehören z.B. Grüntees oder Oolong. Diese Tees zeichnen sich dadurch aus, dass man sie bei einer Dosierung von 10-12g auf 1L mindestens zweimal aufgießen kann. Das führt dann zur doppelten Menge Tee. Grüntees gibt es zwar schon ab 4-5 Euro zu kaufen, aber da man mindestens das Doppelte an Tee aus ihnen bekommt, kann man auch das Doppelte für sie ausgeben und bleibt beim gleichen Literpreis wie beim zuvor genannten Rechenbeispiel mit Schwarztee. Kauft man also für 10 Euro einen Tee, dann bezahlt man für einen Liter Tee trotzdem nur 50 Cent. Und dann gibt es noch Personen, die einen Tee gar dreimal aufgießen, was den Preis weiter relativieren würde.

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen...

Die Obergrenze für Spitzentee liegt in der Regel bei 30 bis 40 Euro pro 100g. Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel. Nach der oben verwendeten Formel entspricht das ca. 3-4 Euro pro 1 Liter Tee. Im Vergleich zu den bereits vorgestellten Rechenbeispielen scheint das zunächst sehr teuer. Aber wenn man davon ausgeht, dass man solche Tees nicht täglich trinkt sondern zu einer besonderen Gelegenheit wie z.B. eine Flasche Wein, dann relativiert sich auch dieser Preis. Ein guter Wein kostet locker das Doppelte bei einem Volumen von 0,7l. Bestimmte Sorten wie Pu Erh und erlesene Oolong können zudem mittels chinesischer Gong-Fu-Cha-Methode hoch konzeriert (8g auf 100ml) mit kurzen Ziehzeiten zubereitet werden. Bei guter Qualität kann man bis zu 20 Aufgüsse erzielen und beobachten, wie sich der Geschmack von Aufguss zu Aufguss verändert. Das würde den Literpreis wiederum auf unter zwei Euro drücken.

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen...
Gongfucha mit Oolong

Dann gibt es noch den geschmacklichen Aspekt. Sicherlich kann man nicht pauschal sagen, dass ein 30 Euro Tee zehnmal besser schmeckt als ein 3 Euro Tee. Manchmal ist sogar eine spezielle Zubereitung nötig, um die Qualität und das Potenzial völlig auszuschöpfen. So empfiehlt sich für japanische Sencha häufig eine etwas höhere Dosierung. Dafür kann man den Tee aber auch vier bis fünfmal aufgießen. Diese Zubereitung habe ich auch bei einem japanischen Grüntee gewählt und hier beschrieben.

Am deutlichsten merke ich Qualitätsunterschiede bei Oolong. Diese machen sich in Duft und Geschmack bemerkbar und können darüber hinaus lange begeistern. Und diese Top-Tees haben selbst im Herkunftsland ihren Preis. Mit der oben erwähnten Gong-Fu-Cha-Methode zahlt der Tee jedoch etwas davon zurück.

Was lernen wir daraus und was kosten andere Getränke im Vergleich? Markensaft kostet pro Liter bereits ca. einen Euro. Eine Flasche gutes Mineralwasser wie San Pellegrino 89 Cent im Angebot. 1,5L Cola kosten ebenfalls ca. 1 Euro.

Wie sieht das bei Kaffee aus? 500g kosten im Angebot ca. 4 Euro. Für eine 0,2l Tasse brauche ich bei normaler Dosierung ca. 14g Kaffee, also für einen Liter 70g. 500g / 70g (pro Liter) = 7,1 L. 4 Euro / 7,1 Liter macht dann 56 Cent pro Liter Kaffee. Alle Klarheiten beseitigt? Und das ist die Dosierung, die Frau S. mag. Ich bevorzuge eher 20g auf 200ml.

Man sieht also, dass Tee im Vergleich sehr gut wegkommt. Ein guter Grüntee könnte sogar 20 Euro kosten und würde im Verhältnis genau so teuer sein wie eine Flasche Markensaft.

Fazit
Tee in einer Preiskategorie von bis zu 8 Euro pro 100g ist als fertiges Getränk günstiger als so manches andere Produkt. Wer bewusst Tee trinkt und nicht etwa eine Kanne zubereitet, aber nur die Hälfte davon trinkt, kann auch mehr ausgeben ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Tees aus der oberen Preiskategorie hingegen sind eher mit einem Getränk vergleichbar, welches in einem besonderen Augenblick genossen wird. Wenn man aber sorgsam damit umgeht, dann ist auch der Genuss dieser Tees lohnend und immer noch günstiger als hochwertiger Wein oder Champagner.