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Einführung in die Hagi-Keramik (Hagi-yaki)

Einführung in die Hagi-Keramik (Hagi-yaki)

Hagi-Keramik bzw. Hagi-yaki (萩焼)gehört neben Raku- und Karatsu-yaki zu den drei populärsten Keramiken Japans. Der Ursprung von Hagi-Keramik liegt in koreanischen Reisschalen, die bereits im frühen 16. Jahrhundert von Teemeistern als Teeschalen (kôrai chawan 高麗茶碗) eingesetzt wurden. Durch die immer populärer gewordene Wabi-Ästhetik (Ästhetik des Schlichten und Unvollkommenen) stieg die Nachfrage rasant an.

Der Imjin-Krieg

Als Japan unter dem Regenten Toyotomi Hideyoshi im Jahre 1592 Korea angriff, wurde der Imjin-Krieg ausgelöst, der bis 1598 andauerte und zu den dunklen Kapiteln der japanischen Geschichte zählt. Als sich die japanischen Truppen zurückzogen, wurden Kunstschätze mitgenommen und Töpfer verschleppt, die für Ihre Arbeiten geschätzt wurden. Die koreanischen Töpfer, die in der Lage waren die kôrai chawan zu brennen, hatten Glück im Unglück.

Hagi-yaki Ido Chawan
Hagi-yaki Ido Chawan

In Korea galten die Reisschalen als einfaches Bauerngeschirr, entsprechend niedrig war ihr Status. In Japan genossen sie aufgrund der viel höheren Wertschätzung für dieses Geschirr einen guten Ruf und wurden von den daimyô selbst gefördert. Dies war die Geburtsstunde zahlreicher Keramikstile, zu denen auch Hagi-yaki gehört.

Hagiyaki chawan
Hagiyaki chawan
Wie alles begann

I Chak-kwang (李 勺光, jap. Lesung: Ri Shakkô) und I Kyung (李 敬, jap. Lesung: Ri Kei) sowie I Chak-kwangs Sohn Yamamura Shinbei Mitsumasa (山村 新兵衛 光正) gelten als die Begründer der Hagi-Keramik. Mit der Hilfe des Fürsten Môri Terumoto (毛利輝元) erbauten sie in der Nähe von Hagi den ersten Ofen, den Matsumoto-goyôgama. Môri Terumoto war selbst ein begeisterter Teepraktizierender, der unter Sen no Rikyû lernte und gute Verbindungen zu Furuta Oribe unterhielt. Er ließ die Brüder kôrai chawan herstellen, die als Ido, mishima, hakeme und kohiki klassifiziert werden.

Hakeme-Mishima-Chawan
Hakeme-Mishima-Chawan
Die Öfen in Hagi

Weitere Öfen wurden in der Nähe von Hagi erbaut. Im heutigen Nagato, westlich von Hagi, entstand der Fukagawa-goyôgama. In Hagi selbst wurde der Matsumoto-gama im Jahre 1666 erbaut. Gebrannt wurden ausschließlich Teekeramiken, die Stile änderten sich aber mit der Zeit, da der Einfluss der Oribe-Keramik aus Mino und Seto so groß wurde, dass man Dekore und Formen wie z.B. die kutsugata chawan (沓形茶碗)zeitweise in Hagi übernahm. Erst ab dem 18. Jahrhundert widmete man sich wieder den schlichten Stilen, für die heute Hagi-Keramik geschätzt wird.

Oribe-yaki kutsugata
Oribe-yaki kutsugata
Die Tonsorten

Für Hagi-Keramik wird heute je nach Bedarf eine Tonmischung angesetzt, die sich aus bis zu vier Bestandteilen zusammensetzen kann. Der 1717 entdeckte daidô-tsuchi ist hellgrau und bildet mengenmäßig den größten Anteil. Der gairome-nendô (蛙目粘土) enthält viele Quarzpartikel, deren Anteil durch Aufbereitung verringert werden kann. Weitere Nuancen können erzielt werden durch den gelblichen kaolinhaltigen mitake-Ton (金峯土)und den rötlich-braunen eisenhaltigen mishima-Ton(三島土). Häufig findet man sehr groben Ton bei Hagi-Teeschalen, dieser kommt durch den Einsatz eines feinen Sandes zustande.

Das ist kein Bug, das ist ein Feature

Eine Eigenart von Hagi-Keramik ist der grobe Ton, der wegen des Kaolins eine weiche und warme Haptik aufweist. Da er noch nicht voll verdichtet ist, gibt es viele Risse (kan’nyû 貫入) im Ton und in der Glasur. Dadurch kann Flüssigkeit in den Tonkörper gelangen und manchmal aus dem Teebecher oder der Chawan wieder austreten. Gelegentlich kann es sogar tropfen.

Dieser Zustand ist aber nicht von Dauer, denn mit jedem Tee, der aus einem Becher oder einer Chawan getrunken wird, setzen sich nach und nach Partikel des Tees in den Rissen ab, wodurch das Gefäß abgedichtet wird. Mit der Zeit verändert sich durch die Ablagerungen sogar das Erscheinungsbild des Gefäßes, welches sieben Stadien durchlaufen kann, in Japan nennt man diese “hagi no nanabake(萩の七化)” – “Die sieben Wandlungen der Hagi(-Keramik)”. Dabei können sich die Farben ändern und es entsteht ein zunehmendes Craquelé-Muster.

Der Fußring

Der Fußring bzw. kôdai (高台)ist deshalb so wichtig, weil er Aufschluss über den verwendeten Ton gibt. Der Ton ist eine Art Signatur, Kenner können in einigen Fällen bereits an der Beschaffenheit des Tons die Handschrift des Töpfers identifizieren. Die Gestaltung des kôdai ist keineswegs banal, oft lässt sich an seiner Gestaltung die Kunstfertigkeit des Keramikers erkennen.

In Hagi hat sich die Tradition eingeschlichen, den kôdai anzuschneiden. Der getrennte Fußring nennt sich wari-kôdai(割高台), Einkerbungen werden kiri-kôdai (切り高台)genannt.

Hagi-yaki kiri-kôdai
Hagi-yaki kiri-kôdai

Weshalb wurde der Fußring überhaupt geschlitzt? Auf diese Frage gibt es auch in japanischen Quellen keine eindeutige Antwort. Eine gängige Erklärung ist, dass Hagi-Keramik aus fürstlichem Ofen der einfachen Bevölkerung nicht zugänglich gewesen sei. In dem man sie “beschädigte” habe man der einfachen Bevölkerung erlaubt, die Ausschussware zu benutzen.

Auch wenn diese Erklärung einleuchtend klingt, es gibt Hinweise, die dieser weit verbreiteten Meinung widersprechen. Denn bereits vor Entstehung der Hagi-Keramik wurden die Fußringe geschlitzt. Und selbst die Auftragsarbeiten für Angehörige des Adels weisen dieses Merkmal auf und man kann nicht davon ausgehen, dass sie sich mit Ausschussware begnügten.

Hagi-yaki yunomi mishima-Ton
Hagi-yaki yunomi mishima-Ton

Die schlüssigste Erklärung ist eine ganz pragmatische. Dadurch, dass Hagi-yaki wasserdurchlässig ist, kann es passieren, dass der Becher oder die Chawan durch den Luftdruck festgesaugt wird. Ein geschlitzter Fußring wirkt dem entgegen.

Die Glasuren

Eigentlich gibt es nur zwei Glasurvarianten, die allerdings in Kombination mit dem Ton und der Brennatmosphäre verschieden ausfallen können. Die erste Glasur ist eine transparente Asche-Feldspat-Glasur (dobai-yû 土灰釉) mit einem variablen Holzascheanteil von 30-70%. In Verbindung mit einer Tonmischung aus daidô-tsuchi und mitake kann sich die Glasur in verschiedenen Nuancen von Gelb über Rosa, Orange bis Hellblau färben.

Hagi-yaki yunomi
Hagi-yaki yunomi

Diesen typischen Farbton (Gelb, Rosa, Orange) nennt man auch biwa-iro (Farbe der Japanischen Wollmispel). Wird der eisenhaltige mishima-Ton hinzugefügt, dann erzielt man Farben zwischen Grau und Rosa.

Hagi-yaki Chawan
Hagi-yaki Chawan

Die andere für Hagi typische Glasur entsteht, wenn zusätzlich Strohasche zu der oben genannten Glasur hinzugefügt wird. Dann entsteht eine weiße Glasur, die je nach Dicke wie Zuckerguss wirkt. Diese Glasur wird weiße Hagi-Glasur genannt (shiro hagi-gusuri 白萩薬).

Glasureffekte

Während des Brandes reagiert der Ton mit der aschehaltigen Feldspatglasur und kann ein natürliches Dekor auf der Innen- und Außenseite in Form von rosa Punkten erzeugen, die in Japan je nach Ausprägung auch als „Pflaumenblüten“ oder „Herbstlaub“ geschätzt werden.

Hagi-yaki Teebecher mit "Pflaumenblüten-Dekor"
Hagi-yaki Teebecher mit “Pflaumenblüten-Dekor”

Als kairagi (梅花皮)bezeichnet man einen Glasureffekt, der bei Ido-Chawan häufig vorkommt und an den Rücken einer in Asien vorkommenden Rochenart erinnert.

Der Brand

Wie Hagi-yaki gebrannt wird, lässt sich zwar nicht verallgemeinern, in der Literatur wird ein noborigama (aufsteigender Mehrkammerofen) genannt, in dem die Keramiken je nach Ofengröße 14-40 Stunden gebrannt werden. Dabei werden je nach Kammer Temperaturen zwischen 1180 bis 1340°C erreicht. Als Brennmaterial wird Holz verwendet.

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