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Welchen Einfluss hat Keramik auf den Teegeschmack?

Welchen Einfluss hat Keramik auf den Teegeschmack?

Viele Teetrinker werden im Laufe der Zeit mit dem Thema konfrontiert, dass bestimmte Keramik sich positiv auf den Geschmack von Tee auswirken kann. Im Netz gibt es dazu bereits viele Informationen. Lange Zeit habe ich einen weiten Bogen um dieses Thema gemacht, weil ich mich als Verkäufer von Keramik unwohl fühle. Das liegt daran, dass ich als kritisch denkender Mensch solcherlei Informationen von Verkäufern grundsätzlich hinterfrage, da die Versuchung groß ist, eine positive Wirkung auf den Geschmack als verkaufsförderndes Argument zu verwenden. Und natürlich möchte ich auch von meinen Kunden und Lesern nicht als solcher wahrgenommen werden.

Dennoch werde ich häufig nach den Eigenschaften des Tons gefragt und ich kann das Bedürfnis nach einer Empfehlung sehr gut verstehen. Deswegen gebe ich in solchen Fällen eine persönliche Meinung ab. Wichtig ist mir bei diesem Thema, Transparenz zu zeigen. Ich persönlich trinke in meinem Alltag sehr häufig Tee aus Keramikbechern, ohne dass ich diese nach ihren Eigenschaften einsetze. Für mich ist sogar in viele Fällen der ästhetische Genuss wichtiger als die Kompatibilität mit einer Teesorte. Nur wenn ich Tee zeremoniell zubereite, fließt dieser Aspekt mit ein.

Welchen Einfluss hat Keramik auf den Teegeschmack?

Für diesen Artikel habe ich mir Hilfe von einem Außenstehenden geholt, dessen Meinung ich sehr schätze. Mein Arbeitskollege Gero, der leider aufgehört hat, seinen Teeblog mit Inhalten zu füttern, ist ein leidenschaftlicher Teetrinker mit Jahrzehnte langer Erfahrung. Seine Meinung wird auch im Tea-Taster Team so sehr geschätzt, dass wir ihn gerne bei spannenden Verkostungen nach seinem Urteil fragen. Daher habe ich Gero darum gebeten, eine Versuchsreihe durchzuführen.

Gero wählte jeweils einen Tee und bereitete ihn im neutralen Porzellan-Gaiwan zu. Das ist die Referenz. Im Vergleich dazu brühte er den Tee mit gleicher Einwaage, Wassertemperatur und Ziehzeit in zwei Utensilien aus Ton bzw. Keramik und verglich dann die drei parallelen Aufgüsse direkt miteinander.

Erste Runde: zweimal Tokoname vs. Porzellan

Tokoname – roter Oxidationsbrand

Welchen Einfluss hat Keramik auf den Teegeschmack?

Grüntee: Südkorea Seogwang

Ich merke eindeutig, dass das rote Kännchen dem Tee eine gewisse Cremigkeit verleiht, dafür aber die Geschmacksintensität insgesamt reduziert.

Oolong: Zealong Oolong

Erstaunlicherweise war hier das rote Kännchen mein Testsieger. Bei den Grüntees fand ich, dass die Rote etwas Cremigkeit in den Tee brachte. Beim Zealong Oolong stellt sich dieser Effekt so dar, dass der Tee dadurch fruchtiger wirkt.

Welchen Einfluss hat Keramik auf den Teegeschmack?

Shuixian Oolong

Beide Kännchen (rot und schwarz) liegen deutlich vor dem Gaiwan. Denn dieser Tee hat eine scharfe Säure / Adstringenz, die hinter den Röstnoten liegt und etwas unangenehm ist. Beim Porzellan Gaiwan kommt diese unangenehme Note sehr deutlich raus. Die schwarze Kyusu reduziert die Säure etwas, die rote sehr deutlich. In Aufguss 1 und 2 war der Tee aus dem roten Kännchen lecker süßlich und mild – mein Favorit. Aber bei Aufguss 3 hatte der Tee schon deutlich nachgelassen und schmeckte aus dem roten Kännchen zu blass, während das schwarze noch mehr Teegeschmack bescherte.

Pu Er (junger Sheng, Gushu, Jingmai, 2017)

Deutlich besser als Porzellan, weil der Tee in Ton geschmeidiger wirkt. Aus dem roten Kännchen schmeckt der Tee süßer/fruchtiger.

Tokoname – schwarzer Reduktionsbrand

Welchen Einfluss hat Keramik auf den Teegeschmack?

Grüntee: Südkorea Seogwang

Das schwarze Kännchen ist bei diesem Tee der klare Sieger in meinen Augen: die Bitterkeit (habe etwas zu heiß aufgegossen) ist abgemildert, aber der Rest des Geschmacksvolumens ist angenehm präsent. Im Vergleich ist mir der Tee im neutralen Porzellan zu harsch.

Oolong: Zealong Oolong

Das schwarze Kännchen hat einen schön abrundenden Effekt, aber überzeugt mich bei diesem Tee nicht so sehr wie das rote. Das neutrale Porzellan liegt deutlich abgeschlagen hinten.

Shuixian Oolong

Siehe die Beurteilung zum roten Kännchen.

Pu Er (junger Sheng, Gushu)

Deutlich besser als Porzellan, weil der Tee in Ton geschmeidiger wirkt. Aus dem Schwarzen wirkt der Tee spritziger, vitaler.

Zweite Runde: Bizen- und Echizen-Keramik vs. Porzellan

Bizen-Keramik – regionaler Naturton (Hochbrand)

Welchen Einfluss hat Keramik auf den Teegeschmack?

Grüntee: Japan Sencha Extra Fine, Nr. 705

Bei meiner Dosierung und etwas zu heißer Wassertemperatur war der Tee im Kontroll-Porzellan kratzig. In beiden Hōhin war die Kratzigkeit sehr reduziert: in Bizen einfach rund und geschmeidig, in Echizen war etwas mehr Herbe und Würze – aber so angenehm, dass mir der Tee am besten gefiel.

Oolong: Zealong Oolong

In der Bizen-Hōhin wirkt der Tee unheimlich dünn, da gefällt mir sogar Porzellan besser.

Welchen Einfluss hat Keramik auf den Teegeschmack?

Oolong: Shuixian

Dieser Tee neigt sowohl mit seiner deftigen Röstung als auch viel Adstringenz zu Kratzigkeit. Besonders kratzig ist der Tee in Porzellan – deutlich harmonischer in den Hōhin aus Keramik. Hier ist sogar mal die Bizen-Hōhin besser als die Echizen-Schildkröte: die Schildkröte lässt noch etwas metallische Säure im Tee, welche ich nicht bei Bizen merke.

Pu Er (junger Sheng, Gushu)

Das Ergebnis ist verblüffend: Porzellan ist der klare Sieger. In beiden Hōhin taucht ein metallischer Beigeschmack auf, den ich mir nicht erklären kann. Also würde ich Sheng Puer nicht für die Verwendung in diesen Keramiken empfehlen.

Echizen-Keramik – regionaler Naturton (Hochbrand)

Welchen Einfluss hat Keramik auf den Teegeschmack?

Grüntee: Japan Sencha Extra Fine, Nr. 705

Bei meiner Dosierung und etwas zu heißer Wassertemperatur war der Tee in Kontroll-Porzellan kratzig. In beiden Hōhin war die Kratzigkeitbsehr reduziert: in Bizen einfach rund und geschmeidig in Echizen war etwas mehr Herbe und Würze – aber so angenehm, dass mir der Tee am besten gefiel.

Oolong: Zealong Oolong

Klarer Sieger ist die Echizen-Keramik: es fühlt sich an, als hätte der Tee hier ein wenig mehr Body als in Porzellan. Auch bekomme ich den Eindruck, als wäre ein Spritzer Meerwasser in den Tee geraten: ein Hauch Salz und Umami – das tut dem Tee sehr gut.

Oolong: Shuixian

Dieser Tee neigt sowohl mit seiner deftigen Röstung als auch viel Adstringenz zu Kratzigkeit. Besonders kratzig ist der Tee in Porzellan – deutlich harmonischer in den Hōhin aus Keramik. Hier ist sogar mal die Bizen-Hōhin besser als die Echizen-Schildkröte: die Schildkröte lässt noch etwas metallische Säure im Tee, welche ich nicht bei Bizen merke.

Pu Er (junger Sheng, Gushu)

Das Ergebnis ist verblüffend: Porzellan ist der klare Sieger. In beiden Hōhin taucht ein metallischer Beigeschmack auf, den ich mir nicht erklären kann. Also würde ich Sheng Puer nicht für die Verwendung in diesen Keramiken empfehlen.

Ich bedanke mich bei Gero für seine Erkenntnisse und hoffe, dass diese Euch bei der Einordnung helfen.

Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô

Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô

Als ich vor Jahren noch mit dem Gedanken spielte, einen Keramik-Shop zu eröffnen, reizte mich daran am meisten der Gedanke, mit den Menschen in Kontakt zu kommen, die diese überhaupt herstellen. Dies ist im Übrigen das Erfüllendste an dieser “Arbeit”, die ich ja nur neben meinem eigentlichen Beruf ausübe, der mir ebenfalls viel Freude bereitet.

Keramiker sind auch nur Menschen

Im Laufe der Jahre habe ich viele Keramiker bei verschiedenen Gelegenheiten treffen dürfen und jede Begegnung war auf ihre Weise einzigartig, weil sie die gewöhnliche Kunden-Lieferanten-Beziehung durchbrach. Keramiker sind ja letztlich auch einfach nur Menschen, die es schön finden, wenn jemand ihre Arbeit schätzt. Vor dem Treffen mit Hokujô war ich aber schon ein bisschen aufgeregt. Denn Hokujô ist in Tokoname nicht irgendein Keramiker, es gibt Leute in Tokoname, die ihn als die Nr. 1 unter den Keramikern sehen.

Master of Traditional Crafts: Hokujô

Das liegt zuallererst daran, dass Hokujô Shimizu (auch Shimizu Genji), der 1945 in Tokoname geboren wurde, im Jahre 1994 den Titel “Master of Traditional Crafts” verliehen bekam. Diesen Titel bekommt man von der Association for the Promotion of Traditional Craft Industries, die es sich zum Ziel gemacht hat, traditionelles Kunsthandwerk zu fördern, damit es nicht in Vergessenheit gerät. Viele traditionelle Kunsthandwerker hatten und haben Schwierigkeiten, ihr Wissen an Nachfolger weiterzugeben und sind in einigen Fällen die einzigen, die über das nötige Wissen einer bestimmten Herstellungstechnik verfügen. Die Auszeichnung  ist nicht nur auf Keramik beschränkt, sondern erstreckt sich über alle Bereiche des Kunsthandwerks wie traditionelles Papier (washi), Messerschmieden und Textilien. Mit dieser Auszeichnung werden Meister, die sich an traditionelle Herstellungsweisen halten, honoriert und gleichzeitig werden diese Künste auch fleißig beworben, damit sie in Japan bekannt werden und somit erhalten bleiben.

Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô
Das Zertifikat

Die Familientradition

Hokujô ist ein sehr warmherziger Mann, der in eine Keramikerfamilie hineingeboren wurde. Bereits sein Großvater stellte in Tokoname Keramiken her und setzte mit der kleinen Manufaktur den Grundstein des späteren Erfolgs. Im Großen und Ganzen hat Hokujô die Herstellungstechniken seines Großvaters übernommen. Er verwendet seine Rezeptur, um die spezielle Tonmischung herzustellen, die er für seine Keramiken benötigt. Die eisenhaltigen Tonsorten werden in großen Behältern im Außenbereich vor Regen geschützt gelagert.

Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô
Der unverarbeitete Ton

Hokujô dreht seine Objekte auf einer Drehscheibe, die durch eine selbst entwickelte Antriebstechnik betrieben wird. Jedes Teil einer Kanne wie beispielsweise der Griff, der Körper und die Tülle werden nacheinander gefertigt. Dabei hat Hokujô alle Maße – auch die des Deckels – im Kopf und muss nur noch den Feinschliff ausüben, damit alle Teile am Ende  zusammenpassen. Im Monat schafft Hokujô gerade 100 Kannen, das macht etwas mehr als drei Kannen pro Tag.
Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô
Mit einer Vielzahl kleiner Hilfsmittel werden die Details ausgearbeitet.

Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô
Viele kleine “Hilfsmittelchen”

Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô

Während sein Großvater noch im noborigama brannte, hat Hokujô auf die Herstellung im Gasofen umgestellt. Das ermöglicht mehr Kontrolle über den Brennvorgang, durch den die Objekte um 20 % schrumpfen.

Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô
Mogake-Dekor

Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô
Ein Blick in den “Showroom”

Bekannt ist Hokujô für seine mit Algen umwickelten Keramiken, die ein natürliches Dekor auf dem Tonkörper hinterlassen. Diese Technik nennt man daher mogake – Bedeckung mit Algen.

Zu Besuch bei Keramikmeister Hokujô
Zu Besuch bei Meister Hokujô im Herbst 2017

Am Ende habe ich noch seinen Sohn kennenlernen dürfen, der sich als Fan der deutschen Nationalelf outete. Ob er die Manufaktur eines Tages von seinem Vater übernimmt, ist noch nicht entschieden. Aber noch haben wir ja jede Menge Zeit, uns an Hokujôs Werken zu erfreuen. Wenn du dich für Hokujôs Werke interessierst, freue ich mich, wenn du im Shop vorbeischaust.