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Besuch des Berliner Teesalons

Letzte Woche bekam ich einen unerwarteten Anruf eines Freundes. Er wollte in Berlin ein Auto kaufen und brauchte einen Mitfahrer. Bereitwillig, jede Möglichkeit zu nutzen, um den Prüfungsvorbereitungen zu entgehen, ließ ich mich darauf ein. Einen Hintergedanken hatte ich aber dabei. War in Berlin nicht der romantische Teeladen mit Verkostungsangebot vor Ort, ausgestattet mit nostalgischen Möbeln und spezialisiert auf erlesene Teesorten? Darüber hat doch schon der Teefreund Krabbenhüter berichtet und konnte den Laden uneingeschränkt weiterempfehlen.
Meine Zustimmung erfolgte also unter der Bedingung, den Berliner Teesalon aufzusuchen und mir vor Ort einen kleinen Obolus aussuchen zu dürfen.
Wegen des Schneewetters waren die Bedingungen auf den Autobahnen suboptimal und wir sind erst eine halbe Stunde vor Schließung angekommen. Für einen gemütlichen Plausch unter Teefreunden blieb also wenig Zeit, nicht einmal Fotos habe ich gemacht – viel zu sehr waren wir damit beschäftigt, die Atmosphäre aufzusaugen, Teeutensilien zu bestaunen und schließlich auch Tee zu kaufen.
Man hatte durchweg das Gefühl, dass das Geschäft mit viel Liebe betrieben wird. Im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass im Teesalon der typische Geruch fehlte, der durch das Angebot aromatisierter Tees entsteht. Oder habe ich das falsch in Erinnerung?
Der Laden geht in die Tiefe und es werden auch ausländische Tee-Raritäten angeboten, beispielsweise Tee aus Irland der Marke Barry’s. Überhaupt hatten wir den Eindruck, dass Teekultur groß geschrieben wird. Bunte Teedosen und Danoon-Becher waren rar, wenn überhaupt vorhanden. Hier und da standen Utensilien und Keramiken von mir teilweise bekannten Töpfern. Die Teewelt ist manchmal kleiner als man denkt. Auch aus Fernost standen so manche Schätze in den antiken Regalen. Wer auf der Suche nach kunstvoll verzierten Yixing-Kannen ist, der dürfte hier fündig werden.
Ich stellte uns anfangs vor, dass wir aus Hamburg extra nach Berlin gekommen seien, um den Teesalon zu besuchen. Das war natürlich leicht geflunkert. Mein Kumpel trinkt zwar Tee durch meinen Einfluss, ist aber weit entfernt davon ein “Nerd” zu sein. Das merkte man an seiner Frage: “Habt ihr noch einen so richtig guten Tee? Vielleicht einen Earl Grey?” Wir (die Verkäuferin und ich) mussten beide lachen – das war mir sympathisch. Nicht, weil ich Earl Grey für ein absolutes “no go” halte, sondern weil selbst ein wirklich anständiger Earl Grey bleibt was er ist: Ein aromatisierter Tee, der durchaus lecker schmeckt und seine Fans hat (mich eingeschlossen), aber nicht in einer Reihe mit handwerklich hochwertig verarbeiteten Oolong stehen kann. Und so fiel die Wahl auf drei verschiedene Oolong aus Taiwan: Einen Hong Shui aus dem Frühling 2012, einen Dong Ding mit einem Oxidationsgrad von 30-40% und einen zehn Jahre gelagerten Hochland-Oolong, der wohl einige Male nachgeröstet wurde und mich vor allem beim Ausschank überzeugt hat. Verkostungsberichte folgen allerdings erst in Zukunft.
Dass wir noch die Gelegenheit bekamen, den Teesalon in seiner jetzigen Form zu besuchen, ist eine glückliche Fügung. Dieses Jahr soll wohl noch ein Umzug innerhalb Berlins folgen. Es ist also Eile geboten, wenn man den Salon erleben möchte.
Gekauft haben wir verschiedene kleine Kostbarkeiten. Sehr entgegen kam uns dabei, dass die nette Frau eine chinesische Deckeltasse (Gaiwan) dazu nutzte, um unsere Aufmerksamkeit auf ein paar besondere Oolong zu ziehen und uns von ihnen probieren ließ. Ein geschmacklicher Eindruck ist das überzeugendste Argument für einen Kauf und ein sehr kundenfreundliches Entgegenkommen. Wie ein Tee letztlich schmecken wird, kann man durch den Geruch alleine nur schwerlich erahnen, zumindest ich kann das nicht. Umso bedauerlicher ist es, wenn die Feststellung erst in den vier eigenen Wänden eintritt und der Tee einem geschmacklich nicht zusagt. Diese Art von Service habe ich sehr genossen und kann jedem Berliner bzw. Touristen einen Besuch empfehlen.