Was man bei der Ausbildung zum Tee-Sommelier lernen kann Teil II

Was man bei der Ausbildung zum Tee-Sommelier lernen kann Teil II

Heute möchte ich dir einen kurzen Überblick über die Inhalte des “Tee-Sommelier”-Kurses von TeeGschwendner geben. Wenn dies der erste Artikel ist, den du zu diesem Thema liest, interessiert dich vielleicht auch der vorangegangene, in dem ich den Sinn dieser Ausbildung diskutiere. Insgesamt gibt es vier Blöcke. Block I besteht aus drei Seminartagen, die jeweils durch eine Mittagspause geteilt werden, in der man bestens leiblich versorgt wird.

In Block I liegt der Fokus auf dem “echten” Tee, der aus der Camellia Sinensis hergestellt wird.

Ein Blick in die Teegeschichte
Wie alt ist die Teekultur? Wo fing alles an? Wie kam der Tee nach Europa? Welche Sorten wurden zuerst gehandelt? Wer brachte den Teeanbau nach Indien und wo wird Tee angebaut? All das sind Fragen, auf die gleich am ersten Tag Antworten gegeben werden. Die historischen Anekdoten werden durch Zahlenmaterial ergänzt. So können wir angehenden “Tee-Sommeliers” die Entwicklung des Handels und der steigenden Popularität sehr gut nachvollziehen. Es wird mehr erzählt als man sich merken kann. Gerade deswegen gibt es zu jedem Block eine Zusammenfassung, damit man sich alles nochmals in Ruhe durchlesen kann.

Zahlenspielereien: Produktions- und Verbrauchszahlen
Welches Land produziert den meisten Tee, wie viel verbraucht es, wie viel wird exportiert? Natürlich kann man sich denken, dass ein Land wie China oder Indien oben mitspielt, dennoch gibt es Überraschungen, gerade beim durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch.

Das Blatt einer Camellia Sinensis Assamica
Das Blatt einer Camellia Sinensis Assamica

Die Sortenkunde: welche Arten des Tees werden unterschieden?
Bei der Sortenkunde lernten wir neben den westlichen auch die in China üblichen Farb-Bezeichnungen. Hier werden auch die Herstellungsweise und die einzelnen Produktionsschritte erklärt. Da man von den Teilnehmern nicht erwarten kann, dass sie bereits einer Tee-Produktion beiwohnen konnten, ist es umso wertvoller, dass Erklärungen durch eigene Erfahrungen oder gar selbstgedrehtes Videomaterial ergänzt werden. An dieser Stelle merkt man, dass die Tea-Taster nicht nur Tees verkosten, sondern auch die Herstellung vor Ort studieren. Mich hat z.B. überrascht, dass ein Tea-Maker eine eigene “Handschrift” hat, die sich herausschmecken lässt. Ausgewählte Vertreter werden verkostet, damit man einen ersten Überblick über die Bandbreite bekommt.

Schwerpunkt Grüner Tee
Schwerpunkt Grüner Tee

Blattgradierungen – die feinen Unterschiede
Selbstverständlich erwartet man von einem Tee-Sommelier, dass er bei Rückfragen Buchstabenfolgen wie “TGFOP” aufschlüsseln kann. Daher werden die einzelnen Grade im Detail erklärt und Ihre Verwendung thematisiert. Natürlich gibt es auch einen praktischen Teil und man bekommt die Gradierungen anhand von repräsentativen Mustern gezeigt. Sehr aufschlussreich ist auch der Vergleich eines Blatt-Tees mit dem Inhalt eines Teebeutels.

Anbau und Kultivierung
In welchen Klimazonen und unter welchen Bedingungen kann eine Teepflanze wachsen? Welche Sorten gibt es, wie groß werden die Pflanzen und ihre Blätter? Die Antworten werden häufig mit stimmigen Allegorien verbunden, wie etwa der Weinherstellung. Man muss auch kein Weinexperte sein, um die Veranschaulichungen zu verstehen. Anschließend werden die Ernteperioden und Charakteristika ausgewählter Anbaugebiete vorgestellt. Spannend ist hier die Verkostung, weil es in die Tiefe geht. Es wird ein Querschnitt aus dem gesamten Sortiment vorgeführt, teilweise sogar durch Fremdmuster ergänzt.

Bio-Anbau vs. konventioneller Anbau
Konventioneller Tee dominiert nach wie vor den Weltmarkt, Bio-Tee nimmt aber stetig zu, ohne dabei qualitativ Einbußen hinnehmen zu müssen. Zwar sinkt die Qualität und Produktivität nach erfolgter Umstellung vorübergehend ab, aber die Teegärten beweisen, dass auch mit Bio-Anbau Spitzenqualitäten möglich sind. Dabei gibt es verschiedene Modelle, denn neben dem EU-Siegel, gibt es weitere Zertifizierer wie Demeter und Naturland. Außerdem wird in einigen Gärten auch der Biodynamische Anbau praktiziert, der einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. All das wurde auch noch praktisch anhand des Singampatti-Projekts erklärt.

Sensorik: Vorsicht vor dem Selbstbetrug!
Riechen und Schmecken kann ja eigentlich jeder. Man ist versucht, zu denken, dass es sich dabei um etwas so Alltägliches handelt, dass es kaum lohnt, darüber zu sprechen. Wenn man professionell verkostet, muss man allerdings auf einige Dinge achten, um das volle Geschmackspotenzial zu entfalten. Doch das ist noch nicht alles. Schwieriger ist es, mit der eigenen Psyche umzugehen. Dieser Teil hat mir besonders viel Spaß gemacht, weil er mich in dem bestätigte, was ich bereits ahnte. Wir alle sind geschmacklich sehr leicht manipulierbar. Unsere Erwartungshaltung, der Preis eines Produkts, unser Gemüt, Hunger und Durst – das alles sind Faktoren, die unsere Wertung beeinflussen. Es gibt sogar Studien wie diese und diese, die das belegen.

Wir entschieden uns für Schwarztee aus Darjeeling
Wir entschieden uns für Schwarztee aus Darjeeling

Verkosten wie ein echter Tea-Taster
Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir die Tees in der leckeren Alltagsvariante probiert. Und ich muss ehrlich sagen, dass es mir teilweise sehr schwer fiel bei 20-30 Tees die Unterschiede überhaupt noch wahrzunehmen. Aus diesem Grund haben wir dann in 2er Gruppen fünf selbst ausgesuchte Tees wie echte Tea-Taster probiert. Das bedeutet, dass man die Tees höher dosiert, mit kochendem Wasser übergießt und dann fünf Minuten ziehen lässt. In meiner Gruppe haben wir uns auf Darjeeling konzentriert und die Ergebnisse waren durchaus spannend, vor allem aber weitaus griffiger als bei der Massenverkostung zuvor.

Derselbe Assam unterschiedlich zubereitet
Der gleiche Assam unterschiedlich zubereitet

Die richtige Zubereitung
Die Frage nach der richtigen Zubereitung wird vermutlich nie endgültig geklärt werden. Denn ich bin mir sicher, dass es für jeden eine optimale Zubereitung gibt. Bei einer kleinen privaten Verkostung mit Freunden habe ich festgestellt, dass die Geschmäcker bei der Frage nach der Intensität zum Teil sehr weit auseinander liegen. Im Seminar ging es weniger um die individuelle Zubereitung, sondern um sogenannte Eckpfeiler. Ich möchte das anhand eines Beispiels verdeutlichen. Wie wichtig gutes Wasser für den Teegenuss ist, hast du sicherlich schon des Öfteren gelesen. Richtig verstehen tut man es erst, wenn man es auch demonstriert bekommt. Manchmal kann Leitungswasser einen negativen Beigeschmack hervorrufen, ohne dass man weiß, dass es am Wasser liegt und nicht am Tee. Darüber hinaus haben wir wieder in verschiedenen Gruppen einen Tee auf verschiedene Arten zubereitet. Dabei kamen Papierfilter, Tee-Eier und sonstiges Gerät zum Einsatz. Auch hier ist die Erfahrung sehr wertvoll, dass man alle Ergebnisse miteinander vergleichen kann. Denn natürlich wissen die meisten Teetrinker schon vorher, dass ein Tee-Ei kein so gutes Mittel für die Tee-Zubereitung ist. Bei einem Direktvergleich sieht man schon anhand der Aufgussfarbe warum.

Fazit
Ohne jetzt überheblich klingen zu wollen, kann ich durchaus behaupten, mit relativ viel Vorerfahrungen in das Seminar gegangen zu sein. Stellenweise kamen mir natürlich Dinge bekannt vor, weil ich sie schon mal gelesen habe oder weil sie bereits auf der Arbeit thematisiert wurden. Und trotzdem ist der Nutzen des Seminars sehr groß, weil anhand praktischer Beispiele selbst bekanntes Wissen dermaßen ergänzt wird, dass man anschließend wirklich aus eigener Erfahrung sprechen kann. Und die eigene Erfahrung ist zumindest meiner bescheidenen Meinung nach immer der Theorie vorzuziehen, was die Tiefe der Erkenntnis betrifft.

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