Morimoto Shincha 2013

Morimoto Shincha 2013

Seit geraumer Zeit kursiert unter Sencha-Freunden der Name Morimoto – das ist der Name einer Familie, die auf Kyûshû in der Präfektur Miyazaki Tee anbaut. Das Foto des Ehepaares Shigeru und Haruyo Morimoto ziert die Rückseite der silbernen Verpackung und vermittelt so den Eindruck eines vertrauten und persönlichen Produkts, ganz im Gegensatz zu den sonst sehr anonym und fremd wirkenden Tee-Produkten aus unseren Regalen.

Die Morimotos bauen auf ihren Feldern verschiedene Tee-Kultivare an. Yutaka Midori und Saki Midori heißen sie, und sorgen laut Informationstext für eine runde Ausgewogenheit, einen blumigen Duft und im richtigen Mischverhältnis ergebe sich “ein frischer, leichter, blumig-duftender Tee mit angenehmer Süße”. Bisher habe ich allerdings gelesen, dass der Einsatz verschiedener Kultivare nicht zwingend geschmackliche, sondern vielmehr praktische Gründe hat – die Familie Morimoto wird es im Zweifel sicher besser wissen. Dadurch, dass Japan verschiedene Klimazonen hat, gedeihen bestimmte Sorten in kühleren bzw. heißeren Gebieten besser als andere. Weitere Gründe für abweichende Kultivare sind Resistenzen gegen gewisse Pilze, Krankheiten und Insekten. Einer der Hauptgründe auf dem heutigen Shincha-Markt ist das schnellere Wachstum bestimmter Kultivare. Es leuchtet sicher jedem ein, dass bei der immer größer werdenden Shincha-Nachfrage jener Bauer im Vorteil ist, der am frühesten in der Lage ist, guten Tee zu verkaufen. Die hier eingesetzten Kultivare gehören zu den schnell wachsenden Sorten. Die Familie Morimoto kann also ihr Produkt früh auf dem Markt platzieren.
Eine weitere Besonderheit dieses Tees ist, dass er von der Familie selbst hergestellt wird. Das ist in Japan eigentlich unüblich, denn normalerweise verkaufen die Teebauern ihren Rohtee (Aracha) an große Unternehmen, die den Tee in verschiedene Kategorien selektieren und anschließend mit anderen Partien blenden, um einen bestimmten Geschmack zu erzielen.
Meiner Meinung nach spiegelt sich die Philosophie der Morimotos auch im Geschmack wider. Der Tee hat für mich sympathische Ecken und Kanten, schmeckt mir insgesamt gut. Jeder kann sich denken, dass es schwieriger ist, aus einer Ernte ein gutes Endprodukt herzustellen, denn man hat wenig bis gar keine Möglichkeiten, den Geschmack durch Zugabe von anderen Ernten in die ein oder andere Richtung zu optimieren. Daher ist ein Vergleich mit einem Blend eigentlich etwas unfair. Aber wie soll man sonst einen Shincha beurteilen?

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Aussehen
Die Blätter sind überwiegend dunkelgrün, die hellgrünen Partikel sind jedoch Stiele. Wenn Tee-Unternehmen den Aracha weiterverarbeiten, dann werden die Stiele von den guten Blättern durch eine Maschine getrennt, die mittels Sensor die helleren Partikel aussortiert. Es scheint, als wäre dieser Schritt hier ausgelassen worden.

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Duft
Öffnet man die Packung, kommt einem ein frischer Duft entgegen. Natürlich riecht der Tee vorwiegend nach Sencha, doch hinter dieser Fassade ist noch etwas Anderes: Minze gepaart mit Schokolade, also After Eight? Ich bin ja gespannt, was Frau P. dazu sagt und reiche ihr die Tüte: “Zahnarzt…” Ich schreibe das deswegen, weil es Menschen da draußen gibt, die mehr Wert auf Frau P.’s Meinung legen als auf meine und das ist auch in Ordnung so. In der warmen kyûsu sieht es hingegen ganz anders aus. Der Duft verliert seine Frische, aber zeigt eine kräftige Süße und riecht jetzt nach Spinat.

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Geschmack
Trotz der recht hohen Dosierung (9g auf 270ml) schmeckt der erste Aufguss überraschend schwach, für Frau P. nichtssagend. Keine Spur von der feinen Herbe, aber wenn ich mich auf den Tee konzentriere, dann ist da eine Kohlrabi-Note, eine leichte Süße, vielleicht auch etwas Umami. Ansonsten keine besonderen Auffälligkeiten und für einen ersten Aufguss fast schon etwas langweilig.

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Hier sieht man ein schönes und klares Grün

Beim zweiten Aufguss ändert sich das Geschmacksbild, was man beim Anblick der Tassenfarbe schon erahnt. Man sieht jetzt ein sattes und trübes Grün. Als hätte sich der Tee all seinen Geschmack für den zweiten Gang aufbewahrt, so zeigt er eine schöne Süße und milde Herbe. Auf der Zunge ist er leicht cremig und erinnert etwas an Matcha. In der Nase habe ich den Duft von frischen Tomatensträuchern. Wirklich lecker, das findet auch Frau P.

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Die trübe Tassenfarbe erinnert stark an Fukamushi Sencha

Beim dritten Durchgang baut er dann leider etwas zu stark ab. Er ist natürlich weiterhin genießbar, aber vielleicht bin ich schon durch meine (zu) hohen Dosierungen etwas verdorben, um den sanften Geschmack noch schätzen zu können.

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Der dritte Aufguss wiederum fällt recht klar aus
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Optisch stimmt hier alles!

Fazit
Es fehlt mir hier und da etwas, der Tee ist mir nicht rund genug. Das erklärt sich fast von selbst, schließlich konnte mich nur einer von drei Aufgüssen wirklich überzeugen. Ich weiß jedoch, dass der Tee der Morimotos viele Fans da draußen hat, die sich den Shincha auch etwas kosten lassen. Vielleicht bin ich also einfach nicht der richtige Typ für diesen Tee. Oder es liegt daran, dass ich von Blends ein runderes bzw. “vollständigeres” Geschmacksprofil gewohnt bin.

Dazu gab es übrigens noch ein kleines omiyage aus Japan, welches uns meine Schwester mit ihrem Freund mitgebracht hat. Es handelt sich um eine Mochi-Spezialität aus Kyôto. Sie hat natürlich genau die richtige Packung für ihren Bruder herausgesucht, denn die eine Sorte der yatsuhashi ist mit Matcha gemischt, die andere mit Gyokuro aus Uji. Aber wenn ich ehrlich bin, dann hat nur die Matcha-Sorte wirklich nach Grüntee geschmeckt, aber lecker waren beide! Vielen Dank, liebe Schwester!

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Unglaublich lecker!