Nostalgie-Tee: Mingjian Oolong

Häufig hört man von aus der Mode gekommenen Tees, die es nicht mehr oder nur noch schwer zu kaufen gibt, weil sie nur noch in kleinen Mengen produziert werden. Manchmal hört man auch von Tees, die es gar nicht mehr gibt (z.B. Grusinien) oder die im Begriff sind, zu verschwinden (z.B. eine Sorte aus Kenya). Menschen, denen diese Tees ans Herz gewachsen sind, ohne es zu merken, verbinden mit diesen Tees gewisse Momente ihres Lebens. Diese Erinnerungen können lieb und teuer sein.
Mehr noch als materielle Dinge können Gerüche und Geschmäcker besonders gut mit Erinnerungen verknüpft werden, die uns ein Leben lang erhalten bleiben. Ich denke, dass gerade eine Erinnerung, die mit einem Geruch oder Geschmack verknüpft ist, besonders intensiv im Gedächtnis bleibt. Und wenn man einen bestimmten Duft in die Nase kriegt, dann kann es sein, dass diese Erinnerung durch die Verknüpfung wie von selbst aktiviert wird.
Ein paar Beispiele: Im Winter gibt es einen typischen Duft, der mich immer ans Ski-Fahren erinnert, weil ich diesen Duft im Ski-Urlaub jeden Tag wahrgenommen habe. Es gibt Tage im Winter, an denen ich herausgehe, diesen Duft rieche und sofort an die Ski-Reise denken muss. Lebensmittel, die einem sehr schmeckten, scheinen darüber hinaus besonders gut in Erinnerung zu bleiben. Mein Vater schwärmt noch heute vom frisch gebackenen Brot aus dem Steinofen, welches er in Polen bei seinem Onkel im Dorf gegessen hat. Er erzählte mir auch von einem Oolong namens Madras, an dessen Duft er sich noch so gut erinnert, als wäre es gestern gewesen. Wenn man diesen Tee in der Küche zubereitete, dann duftete die ganze, zugegebenermaßen nicht all zu große, Wohnung danach. Diesen Oolong gab es nur eine Zeit lang zu kaufen. Wie wäre es wohl, wenn er diesen Tee heute noch einmal trinken könnte? Würde er sich für einen Augenblick in die Vergangenheit zurückversetzt fühlen?
Ich war am Mittwoch mit Frau S. in einem japanischen Lokal, welches eine Mischung aus einer Kneipe und einem Restaurant ist. Es ist typisch japanisch eingerichtet, das Personal besteht gänzlich aus Japanern und es gibt authentisches japanisches Essen, wie man es auch in Japan kriegt. Damit meine ich nicht Sushi, sondern z.B. Hähnchen-Spieße, Kürbiskroketten, mit Sesam gewürzte Hähnchenflügel und mit Salz bestreuten, gegrillten Fisch. Dazu gab es japanischen Reiswein und das Zusammenspiel aus Atmosphäre, Duft und Geschmack versetzte uns für zwei Stunden nach Japan. Sensorische Eigenschaften von Lebensmitteln können, so die These, Erinnerungen und Gefühle “triggern”.Diese nostalgische Stimmung bzw. Erinnerung hat sicher jeder schon mal erlebt. Dies ist der Hintergund für den Tee, den ich vorstellen möchte bzw. wie er bereits vom Hamburger Teespeicher wie folgt vorgestellt wurde:

Früher war zwar nicht alles besser, aber ohne technische Hilfsmittel hergestellte Tees schmecken doch anders als die modernen Gegenstücke, die unter genormten Bedingungen wachsen und bei denen man zur Not mit Klimaanlagen in den auch sonst technisch stark unterstützten Herstellungsprozess eingreifen kann. Im Grunde war früher mehr Sorgfalt und Aufwand nötig. Auf genau diese alte Weise wurde unser Nostalgie-Oolong angebaut und verarbeitet. Wir selbst haben zwar vor 100 Jahren noch keinen Tee getrunken, aber der Teebauer, der noch seines Vaters Tee kennt, meinte, dass er so wie früher schmecke (Quelle).

Wenn es um Tee geht, dann sind wir immer abhängig von der gegenwärtigen Produktion. Es kann uns also auch eines Tages passieren, dass wir einen lieb gewonnenen Tee nicht mehr kaufen können, weil der Trend in eine andere Richtung geht oder die Produktion aus wirtschaftlichen oder ökologischen Gründen eingestellt wird. Wer weiß schon, was das Trend-Getränk von morgen ist und wie lange wir den Tee von heute wie selbstverständlich genießen können?
Ich habe auch einen “Nostalgie-Tee”. Als ich in Japan war, habe ich einen Grüntee gekauft ohne dabei auf die Packung zu achten. Den Tee habe ich umgefüllt in eine Holzdose, die diesen starken Duft lange Zeit speichern konnte. Die Verpackung ging sofort in den Müll. Es muss einer aus der Shincha-Ernte gewesen sein, mit einem dunklen und nadeligen Blatt. Das besondere an ihm war der besagte Duft, der sich auch im Geschmack widerspiegelte. Ich habe keine Ahnung, wie der Tee hieß und aus welcher Region er kam, weil ich ihn in Fukui gekauft habe, wo kein hochwertiger Tee hergestellt wird. Damals habe ich auch überhaupt nicht auf die Sorte geachtet. Drei Jahre später habe ich verschiedenste japanische Grüntees getrunken, doch diesen einen Tee leider nicht wiederfinden können. Werde ich den Tee je wieder trinken können?
So ähnlich muss es wohl dem oben zitierten Teebauern gegangen sein. Er hat aber das Glück, den Tee, den er so sehr schätzt, selbst produzieren zu können. Welch ein Glück!
Da ich diesen Tee zum ersten Mal probiere, entscheide ich mich für die Mini-Gaiwan, die ich von Stéphane erworben habe. Da man nur 60ml Tee pro Aufguss zubereiten kann, braucht man nur wenige Blätter. Das hat den Vorteil, dass man etwas experimentieren kann, ohne dabei zu viele Blätter zu verschwenden. Nachdem man den Tee kennengelernt hat, kann man die Dosierung beim nächsten Versuch anpassen.

CIMG9776
CIMG9775

Bei dem Tee vom Hamburger Teespeicher handelt es sich um einen Oolong, der im Nachhinein geröstet wurde. Man sieht das an den dunklen zusammengerollten Blättern, aus denen leichte Röstnoten, wie man sie von Hôjicha kennt, strömen. Die kleinen Kügelchen sind tatsächlich sehr klein. Das wird im Vergleich zu einem Tie Guan Yin sehr deutlich. Eventuell ist der Tee auch stärker oxidiert, aber es ist schwierig das endgültig festzustellen.

CIMG9770
Bei den Kügelchen und dem süßen Duft muss ich spontan an Karamell denken
CIMG9782
Links der geröstete Oolong und rechts ein Tie Guan Yin

Das trockene Blatt riecht sehr süß und erinnert zunächst an Karamell mit leichten Noten von Zimt und getrockneten Pflaumen. Dieser Duft wird im vorgewärmten Gaiwan noch intensiver. Der erste Aufguss ist ja eigentlich ein Spülgang, aber ich bin dazu übergegangen diesen ersten Aufguss länger ziehen zu lassen und ihn zu trinken. Vor dem ersten Nippen rieche ich aber immer zuerst das nasse Blatt, weil der Duft dann besonders intensiv ist. Frau S. denkt sofort an antike Hölzer, ich bleibe bei meinem ersten Eindruck, nur sind die Aromen viel intensiver.

Der erste Aufguss ist leider sowohl in der Farbe als auch im Geschmack noch sehr blass. Der Tee schmeckt etwas süß und malzig, kann mich so noch nicht begeistern. Aber es ist ja auch der eigentliche “Spülgang”.

Der zweite Aufguss schmeckt dafür umso besser. Im Vergleich zu vorher eine wahre Geschmacksexplosion. Der Tee ist süß und er bleibt es auch bis zuletzt. Das hat mich am meisten überrascht, weil ich die Süße bei vielen Tees zwar zwischendurch immer wieder mal geschmeckt habe, aber nie vom ersten bis zum letzten Aufguss. Im Geschmack war es eine Mischung aus Cocktail-Kirsche und Amaretto. Sehr lecker! Der Geruch war noch komplexer: Notiert habe ich eine Mischung aus Cocktail-Kirsche, Mon Chéri, dunkler Schokolade, Lebkuchen und Zimt.

CIMG9779
Ab dem zweiten Aufguss bekam der Tee eine tolle orange Farbe

Beim dritten Aufguss kam etwas Vanille und Mandel hinzu. Der Tee wirkte insgesamt runder. Ab dem Vierten trat die Röst-Note mehr in den Vordergrund und es bildete sich ein süßer Film auf der Zunge. Das kannte ich bisher auch nicht bzw. habe es noch nie auf diese Weise wahrgenommen. Der Tee gewann an Körper und schmeckte wieder etwas malziger.

Danach wurde der Tee dominanter und etwas kräftiger. Ab dem sechsten Aufguss kamen Noten von unreifen Bananen hinzu. Frau S. vernahm besonders getrocknete Datteln. Ab dem siebten schmeckten wir sogar gebrannte Mandeln, gepaart mit einer Likör-ähnlichen Süße und Karamell. Bis zum 13. Aufguss wechselten sich die Aromen von Aufguss zu Aufguss mehr oder weniger ab. Ein sehr vielseitiger Tee, der sogar mehr Aufgüsse vertragen hätte, aber uns fehlte zum Schluss die Zeit, um die immer längeren Ziehzeiten einhalten zu können.

CIMG9786
Die Blätter sind sehr dunkel. Ich frage mich, ob das eher durch die Oxidation oder Röstung kommt
CIMG9785
Die Blätter sind sehr krumpelig und die Falten lassen sich nicht glätten. Kommt das vielleicht auch durch die Röstung?

Fazit:
Insgesamt verbrachten wir mit dem Tee 1,5 Stunden und waren sehr zufrieden. Da uns so ein Tee zum ersten Mal begegnete, löste der Duft und Geschmack keine nennenswerten Erinnerungen aus. Aber es ist ja auch der Nostalgie-Tee eines anderen. Für Tee-Liebhaber, die auf der Suche nach klassischen Oolong sind, ist dieser Tee sicher einen Versuch wert. Für mich war das ein sehr schöner Tee, der ein gutes Beispiel dafür ist, weswegen ich nach über einem Jahr zu den gerösteten Oolong tendiere. Sie sind im Vergleich zu den grünen Tie Guan Yin im Geschmack komplexer und abwechslungsreicher. Schade nur, dass sie in Deutschland so selten sind. Ich bedanke mich für die Probe und für diese Erfahrung, Herr & Frau Schmidt! Wer sich für diesen Tee interessiert, findet ihn hier. Das Foto beim Hamburger Teespeicher wird übrigens bald aktualisiert, falls sich jemand fragt, weswegen mein Foto des Tees und das im Shop so unterschiedlich aussehen.

Die Lehren aus dem Assam-Entzug und ein Irish Breakfast Tea

Mitte Dezember habe ich wieder angefangen, Assam zu trinken, doch wegen Weihnachten und Neujahr komme ich erst jetzt dazu, darüber zu schreiben. Dieser Blog basiert auf einem früheren Eintrag, in dem ich beschrieben habe, wie ich mich wegen des täglichen Konsums an den Geschmack von Assamtees so weit gewöhnte, dass ich seine charakteristischen Geschmackseigenschaften eines Tages nicht mehr wahrnahm.
Für alle, die sich an den Geschmack eines Tees so gewöhnt haben wie ich, kann ich zumindest Entwarnung geben. Man kann nach mehrwöchiger (bei mir waren es 4-5 Wochen) Abstinenz seinen Lieblingstee wieder voll und ganz schmecken.
Trotzdem habe ich mir einige Gedanken zu diesem Thema gemacht und meine Auswahl an Frühstückstees hinterfragt. Vor dem Assam-Entzug habe ich fünf offene Tees gehabt, die einen deutlichen Assam-Anteil hatten. Selbst wenn man jeden Tag unterschiedliche Tees zum Frühstück trinkt (ich hatte dazu noch drei andere), ist die Wahrscheinlichkeit natürlich recht hoch, einen Tee zu trinken, der Assam enthält. Aus diesem Grund habe ich Tees gekauft, welche die Assam-Tees ersetzen sollen. Der erste Tee, der seinen Job wirklich gut am Morgen verrichtet, ist der Darjeeling SF Steinthal Broken Bio, der mich bei meinen Proben begeistern konnte. Ein weiterer vielversprechender Tee ist der Keemun Mao Feng Bio.
Um eine Gewöhnung zu vermeiden, gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder man trinkt seinen Lieblingstee nur eine kurze Zeit, verbraucht z.B. 100g in 4-5 Wochen und schwenkt dann auf einen anderen Tee um. Danach kann man unbesorgt wieder zu seinem Favoriten zurückkehren. Ich habe mich allerdings für die zweite Möglichkeit entschieden: Ich stelle eine Auswahl an 6 Tees zusammen, die ich gerne zum Frühstück abwechselnd trinke und kann meinen Favoriten mindestens einmal die Woche trinken, ohne Gefahr zu laufen, mich an den Tee zu gewöhnen. So weit die Theorie. Während Methode 1 erfolgreich geprobt wurde, muss sich Methode 2 noch bewähren.Ein Assam-haltiger Tee, den ich seit Japan sehr zu schätzen weiß, ist der Irish Breakfast Tea. Japan ist nicht gerade für seine tolle Schwarztee-Auswahl bekannt und als ich in einer kleinen Stadt namens Fukui studierte, gab es nur Lipton-Schwarztee im Supermarkt, den ich natürlich kaufte. Was blieb mir sonst übrig? Ich brauche nun mal meinen täglichen Schwarztee am Morgen. Ich muss wohl niemandem erklären, dass für einen passionierten Teetrinker Lipton-Tee allemal eine Notlösung darstellt. Zum Glück gibt es in japanischen Kaufhäusern eine Delikatessenabteilung, die sich meistens im Untergeschoss befindet und ausländische Artikel anbietet. Dort habe ich ab und zu einen English Breakfast Tea von Twinings gekauft, obwohl dieser über 10 Euro pro Packung gekostet hat. Kein gutes Preisleistungsverhältnis, aber was soll man machen? So habe ich das erste Mal die Firma Twinings kennengelernt, was wichtig für die Entdeckung des Irish Breakfast Teas war. Ausgerechnet in einem Kaffeeladen sollte ich beim Bezahlen auf diesen aufmerksam werden. Da ich immer gerne neue Sachen probiere, habe ich zugegriffen und wurde nicht enttäuscht. Dies war der mit Abstand beste Schwarztee, den ich in Japan getrunken habe. Als die Dose leer war, wollte ich Nachschub kaufen, doch diesen Tee gab es seitdem nicht mehr zu kaufen, selbst auf konkrete Nachfrage und die Bitte um Nachbestellung nicht. Als meine Schwester letztes Jahr nach Irland flog, fiel mir in letzter Minute ein, dass ich diesen Schwarztee doch so gerne mochte und bat sie, mir einen mitzubringen. Sie ist tatsächlich fündig geworden, allerdings hat sie einen Tee von einer anderen Firma gekauft, was aber nichts ausmacht, da der Tee sehr ähnlich schmeckt.
CIMG9707

 

Wie beschreibt man den Tee am einfachsten? Ich würde sagen, dass er sehr viel gemein mit unseren Ostfriesenmischungen hat, da er sehr kräftig, etwas malzig und aromatisch ausfällt. Besonders gefällt mir die anregende Adstringenz und Schwere, die in Verbindung mit etwas Zucker ein unheimlich leckeres Getränk zum Frühstück ergibt. Dadurch, dass der Tee so kräftig schmeckt, fühlt man sich schon während des Frühstücks angeregt.

Das Interessante an Irish Breakfast Teas ist, dass die Hauptbestandteile je nach Quelle variieren. Die einen schreiben Assam einen hohen Anteil zu, andere sprechen eher von Ceylon und/oder von afrikanischen Sorten. Da die Produzenten der Tees, die ich hier liegen habe, keine Angaben zu ihren Blends machen, kann ich zur Klärung dieser Frage nichts beisteuern.* Die Iren gelten ja heutzutage als starke Tee-Konsumenten, aber auch in Irland war der Tee – wie beim größeren Nachbarn England – einst (19. Jahrhundert) ein Getränk der Reichen und Privilegierten und das ärmere Bürgertum ahmte den Konsum in bescheidenerem Umfang und Qualität nach. Im 20. Jahrhundert war Tee bereits in der Bevölkerung etabliert, aber den Tee-Import wickelte man noch über England ab und richtete sich nach dem englischen Geschmack. Nach dem 2. Weltkrieg machte man sich unabhängig und wickelte den Tee nun selbständig ab. Das führte auch zu einem anderen Geschmacksprofil. Seit dieser Zeit änderten sich die Zusammensetzungen der Blends mit der Zeit, weil sie abhängig von den Importmöglichkeiten der Iren waren. Anfangs waren es hauptsächlich Assam-Mischungen, später kamen Ceylon und kenyanische Tees dazu. Divergieren deswegen die heutigen Angaben?
Wie auch immer, ein typisches Merkmal eines Irish Breakfast Teas ist seine Stärke. In Irland gibt es deswegen zwei Redewendungen, die dieses Merkmal humorvoll hervorheben:
1. Der Tee ist so stark, dass man einen Löffel aufrecht darin stehen lassen kann.
2. Der Tee soll so stark sein, dass eine Maus drüberlaufen kann.

Fazit: Für mich das perfekte Anforderungsprofil für einen Frühstückstee und eine würdige Bereicherung meiner Auswahl. Schade, dass dieser Tee in Deutschland so schwer zu besorgen ist, aber vielleicht ändert sich das ja noch.

*Twinings gibt eine Mischung aus Ceylon und afrikanischen Teesorten an.

Geburtstagstee für Frau S.: Ein grüner Oolong aus Japan

Eine der (zweifelhaften?) Freuden, die sich ergeben, wenn man mit einem Tee-Liebhaber zusammen lebt, ist, dass man zu besonderen Anlässen besondere Tees trinken darf. Wie andere Menschen kostbare Momente mit dem richtigen Wein oder Essen krönen, mache ich das gerne mit Tee. Daher durfte Frau S. heute einen Tee aussuchen und wer sie kennt, der weiß, dass ihre Wahl nicht auf Pu Erh gefallen ist. Nach reichlicher Überlegung fiel die Wahl auch aus pragmatischen Gründen auf einen Oolong. Der Tee musste den besonderen Anforderungen des Tages entsprechen und das bedeutet, dass bei zahlreichen Anrufen keine lange und konzentrierte Tee-Session möglich sein würde. Daher fiel die Wahl auf einen grünen Oolong. Da wir Tie Guan Yin schon sehr gut kennen und dieser Tee nichts Außergewöhnliches gewesen wäre, entschieden wir uns für einen ungewöhnlichen Japaner: Ein grüner Oolong aus der Präfektur Miyazaki (Gokase) mit dem Namen Meiryoku.

Tee-Anbaugebiete auf einer größeren Karte anzeigen
Diesen Tee habe ich vor einem Jahr von meiner lieben Schwester zum Geburtstag bekommen und erst jetzt probiert. Also mein Geburtstagstee zum Geburtstag meiner Liebsten. Passt, oder? Alle, die mir in der Vergangenheit Teeproben geschickt haben und sich wundern, warum ich sie noch nicht probiert habe, dürften jetzt verstehen, dass es bei mir durchaus länger dauern kann, einen besonderen Tee zu trinken.
Ein weiteres Geschenk durfte heute sein Debüt feiern. Es ist eine Shiboridashi 絞り出し, die ich zu Weihnachten bekommen habe. Eine Shiboridashi ähnelt einer chinesischen Deckeltasse (Gaiwan), aber sie ist viel flacher und breiter und eignet sich gut für Gyokuro. Diese Shiboridashi stammt von Petr Nováks, einem tschechischen Töpfer, der sich auf Tee-Keramik spezialisiert hat. Petr ist auch ein Tee-Liebhaber, schreibt einen eigenen Blog und stellt Keramiken her, die einigen bekannten japanischen Stilen nachempfunden sind. Wer sich für Tee-Keramik und Petrs Arbeiten interessiert, der darf sich auf einen meiner nächsten Blogs freuen, in dem ich ihn und einige seine Werke genauer vorstellen werde.

IMG_0586
Die gelben Flecken auf dem Gefäß sehen nach geschmolzener Holzasche aus

Die Shiboridashi ist außen sehr rau und trägt unterschiedliche Farben und Texturen, welche durch differierende Brennkonditionen entstanden. Der Ton ist grob, etwas sandig, und es ist ein Vergnügen das Gefäß in den Händen zu rotieren. Innen ist sie glasiert, daher kann man sie für verschiedene Tees benutzen ohne dabei befürchten zu müssen, dass der Geschmack vom Vorgänger in die Tasse gerät. Spontan muss ich bei dieser Keramik an Bizen-yaki (Bizen-Keramik 備前焼) denken, daher werde ich mal einen Blog schreiben, in dem ich beide nebeneinander stelle.

IMG_0589
Hier sieht man die unterschiedlichen Farben der Oberfläche
IMG_0587
Innen ist die Shiboridashi glasiert

Als Präsentationsschale durfte eine Muschel aus Kolberg (Polen) herhalten, die ich nach Weihnachten vor Ort kaufen konnte. In Japan gab es im 16. Jahrhundert die Gewohnheit, “gefundene” Objekte, die sich für Tee eigneten ausfindig zu machen und umzufunktionieren. So wurden z.B. koreanische Reisschalen zu Teeschalen. Im zunehmend standardisierten Teeweg wurde diese Kreativität schon bald geopfert, um sich am großen Vorbild Sen no Rikyûs (1522-1591) zu orientieren. Ein Teemeister, der sehr konsequent auf kreative Elemente gesetzt hat, war Furuta Oribe (1544-1615), der Riykûs Schüler war, sich aber später seinem eigenen Stil widmete und viele Anhänger hatte. Am japanischen Tee hat mich diese Kreativität schon immer fasziniert. Ich denke, dass diese Offenheit dazu führte, dass sich alternative Ästhetikvorstellungen etablieren konnten und nehme mir daran ein Vorbild. Wenn ich etwas finde, dass ich für Tee gebrauchen kann, unabhängig davon, ob es zu diesem Zweck gemacht wurde, dann kaufe ich es oder funktioniere etwas bereits Vorhandenes um.

Der Tee wirkt auf den ersten Blick unspektakulär. Anstelle eines satten Grüns wirken die Blätter wie ausgeblichen. Ich gebe zu, dass der rein optisch nicht zu überzeugen weiß. Die Form der Blätter ist so wie Oolong wohl mal war: Geschwungene, wellenmäßige Formen, die an einen Drachen erinnern.

Der Duft ist schon überraschend würzig und lässt mich spontan an eine Mischung aus Honig und Lebkuchen denken. Oder doch Honigkuchen? In der warmen Shiboridashi ändert sich der Duft in Richtung Schwarztee, vielleicht Assam.

IMG_0593
Links oben eine Raku-chawan, die ich zum kensui 建水 umfunktioniert habe. Unten links ein Seladon-Schälchen

Einen “Spülgang” spare ich mir, stattdessen lasse ich den Tee 30 Sekunden ziehen. Beim Eingießen in die kleinen Seladon-Schälchen steigt ein bekannter aber total unerwarteter Duft auf: Es riecht nach Tie Guan Yin! Das ist schon eine kleine Sensation, da der Tee von Anfang an ganz anders gerochen hat und ich das überhaupt nicht erwartet hätte. Aber in der Tasse habe ich den typischen Orchideen-artigen (zumindest wird er von allen so beschrieben, ich habe noch nie an einer duftenden Orchidee gerochen) Duft. Auch die nassen Blätter geben jetzt diesen Geruch ab. Sehr vielseitig, dieser Japaner.

IMG_0592
Der Aufguss ist eher gelb als grün

Der erste Aufguss schmeckte so wie es der Geruch schon angedeutet hat. Ein dezenter und blumiger Geschmack, geprägt von Süße mit dem Orchideen-Duft in der Nase. Ein Tee nach Frau S.’ Geschmack.

Beim zweiten Aufguss wird der Tee etwas gehaltvoller mit malzigen Noten und Spuren von Honig. Die Ähnlichkeit zu Tie Guan Yin dominiert aber nach wie vor.

Ab dem dritten Aufguss geht der Duft etwas zurück, im Geschmack bleibt der Tee mehr oder weniger konstant und überrascht mich besonders beim sechsten Mal. Da habe ich den Aufguss versehentlich vergessen, weil wir gerade durch ein Skype-Gespräch mit Japan unterbrochen wurden. Der Tee hat es uns verziehen und schmeckte sehr frisch und spritzig. Da müssen sich wohl einige Säuren mehr aus den Blättern gelöst haben.

Den Tee haben wir noch bis zum achten Aufguss weiter getrunken und waren sehr zufrieden. Nach dem achten Aufguss hätte man vielleicht noch zwei experimentelle hinterherschieben können, aber wir waren zufrieden und haben den Tee wieder Tee sein lassen.

IMG_0595

Die Blätter sehen im Shiboridashi schön saftig aus und haben sich voll entfaltet. Man sieht, dass die Blätter (wie bei Oolong üblich) ganz erhalten geblieben sind. Das spricht für handgepflückte, was in Japan eigentlich nicht üblich ist. An einigen Exemplaren kann man die mehr oder weniger fortgeschrittene Oxidation erkennen.

IMG_0598

 

Fazit: Ein Tee, der sich hinter chinesischen Originalen nicht verstecken muss, auch wenn er für hochwertige Tie Guan Yin keine Konkurrenz darstellt. Dafür geht der Geschmack dann doch in eine andere Richtung, obwohl Parallelen vorhanden sind. Wer grüne Oolong und Tie Guan Yin mag, der sollte einen Japaner ruhig mal probieren. Leider ist dieser Tee momentan nicht mehr erhältlich. Dafür gibt es andere grünliche Oolong, ebenfalls aus Miyazaki, die vielleicht ähnlich verarbeitet wurden. Versuch macht klug 🙂

Letzer Tee des Jahres: Darjeeling First Flush Risheehat

Lange habe ich hin und her überlegt, welchen Tee ich am letzten Tag des Jahres trinken soll, doch dann habe ich ganz pragmatisch entschieden. Hintergrund ist, dass ich diesen Tag bei meinen zukünftigen Schwiegereltern verbringe und ich Tee-Utensilien und Tee erst mitschleppen muss. Ursprünglich wollte ich einen Pu Erh von William trinken, aber dafür hätte ich neben den Utensilien noch einen Wasserkocher mitnehmen müssen. Die Vorstellung bei meinen zukünftigen Schwiegereltern einen in ihren Augen unnötig großen Aufwand nur für Tee zu veranstalten, der bei 15 Aufgüssen plus Spülen dann doch größer ausfällt, hat mich zum Darjeeling getrieben, den ich in einer kleinen Kyûsu (急須 Seitengriffkanne) zubereitet habe. Sie müssen meine “Nerdigkeit” ja nicht gleich in vollem Ausmaß erleben.

IMG_0541
Die zweckentfremdete kyûsu

Die Kyûsu ist Steinzeug aus gröberem Ton und fühlt sich wunderbar rau an, obwohl sie mit einer leichten transparenten Glasur überzogen ist. Gefunden habe ich dieses Stück zufällig in Imari, eine Stadt im Süden Japans, die vor allem für Porzellan bekannt ist. Da stand sie in einem Geschäft (etwas deplatziert) und auf meine Frage, wie viel sie denn kosten solle, kam die überraschende Antwort: 1000 Yen (ca. 10 Euro). Dafür, dass die Kyûsu handgetöpfert ist und schöne Spuren von diesem Prozess aufzeigt, ist das ein sehr niedriger Preis. Am Boden der Kanne befinden sich aber kleine Unregelmäßigkeiten, die wahrscheinlich der Grund für dieses Sonderangebot sind. Da das Sieb nur aus ein paar recht großen Löchern besteht, benutze ich diese Kanne nicht für japanische feine Sencha, sondern für etwas bessere Schwarztees, die keinen besonders dunklen Aufguss ergeben.
Gute Tees für die Kanne sind z.B. die First Flushs aus Darjeeling, in diesem Fall ein besonders junger (DJ 3, also dritte Pflückung der ersten Ernte des Jahres!) Risheehat, den ich als Probe im Hamburger Teespeicher gekauft habe.

IMG_0552
Sehr gut erhaltene ganze Blätter. Die Schale ist geborgt.

Dieser Tee besteht aus vielen intakten Blättern, die schon im trockenen Zustand verraten, dass sie sorgfältig verarbeitet wurden. Da kommt Vorfreude auf, die Blätter im nassen Zustand zu genießen.
Zum ersten Teegenuss gehören auch die richtigen Tassen, in denen die Farbe des Tees zur Geltung kommt. Eigentlich bevorzuge ich sonst für Tees, die ich schon kenne, Keramiken in verschiedenen Farbtönen. Zum Glück hat man Freunde, die einem etwas mitbringen. Diesen Sommer kam Yûsuke aus Japan und brachte neben einem japanischen Reiswein auch zwei Becher mit.

IMG_0536
Das Setting ist fertig

Diese Becher sind auch aus Steinzeug, tragen aber eine hübsche weiße Glasur, die zum Lippenrand hin den Tonkörper nicht mehr vollständig zu bedecken vermag. Ich weiß nicht, wofür sie ursprünglich gefertigt wurden, aber sie geben prima Becher für Tee ab.

IMG_0553

Der Bereich um den Fußring ist (typisch japanisch) unglasiert, zeigt einen rötlichen Scherben und die Signatur des für mich leider unbekannten Töpfers. Der grobe rötliche Ton weist auf einen hohen Eisengehalt hin. Es ist immer wieder eine Freude mit dem Finger über den Scherben zu streichen und seine Eigenheiten haptisch zu erfassen. Jeder Ton ist anders und verrät etwas über seine Herkunft und den Geschmack des Töpfers! Daher nennt man das Betrachten des Tons in Japan auch tsuchi no aji  土の味 – den Geschmack (auch Gefühl) des Tons. Vielen Dank, lieber Yûsuke, für diese schönen Becher!

IMG_0537
Schöne grobkörnige Tonerde, die noch die Spuren der Herstellung erkennen lässt

Kommen wir nun zum Tee, schließlich geht es ja um den letzten Tee des Jahres. Die Blätter riechen wie ein guter Darjeeling First Flush zu riechen hat: Blumig, süßlich wie Maiglöckchen, dazu noch etwas Minze und Kamille. Aufgegossen ist der Geruch der Blätter noch süßer und etwas herb.

IMG_0556
Auch die Untersetzer haben wir von Yûsuke. Sie passen sehr gut zu den Bechern.
IMG_0558

Die Farbe des Tees ist nach zwei Minuten dunkelgelb, was bei den überwiegend hellen Blättern kaum verwundert. Der Aufguss riecht in der Tasse überraschend schwach. Im Geschmack zeigt sich der Tee mild und erinnert zuerst wenig an Darjeeling First Flush. Besonders fällt die Süße auf. Weitere wahrnehmbare Aromen sind blumige Düfte und Zitronengrass. Im Mund ist der Tee sehr weich und mild. Frau S. gefällt der so sehr gut.  Mir ist er nach etwas mehr als zwei Minuten Ziehzeit etwas zu lasch. Ein weiterer Aufguss folgte mit 4 Minuten und siehe da: Schon im Becher zeigt sich ein intensiverer Duft. Das ist Darjeeling! Der riecht jetzt viel ätherischer und kräftiger. Im Geschmack ist die Süße fast genau so stark und er zeigt sich vollmundiger und aromatischer. Frau S. mag den Tee auch, aber im Hals ist er ihr ein bisschen zu kratzig.
Sehr interessant finde ich die Diskrepanz der ersten beiden Aufgüsse. “Schwarzen” Tee gießt man ja häufig nur einmal auf, ich aber tendiere bei den guten Qualitäten immer zu einem zweiten Aufguss und fahre in der Regel sehr gut damit. Bei diesem Tee müsste man eigentlich die erste Ziehzeit auf ca. 3 Minuten verlängern, aber ob dann noch genug Kraft für einen weiteren Tee in den Blättern übrig bleibt? Das wird das Jahr 2013 zeigen.

IMG_0567
Links ein paar trockene Blätter, rechts die nassen

Der erste Eindruck der Blätter täuschte nicht. Die jungen Blätter sind in einem äußerst guten Zustand und überwiegend grün, weil sie wenig Chlorophyll enthalten. Dieses Chlorophyll ist bei der Oxidation für die dunkle Färbung verantwortlich. Spätere Pflückungen müssten daher immer dunkler werden.* Ein schöner Tee für den Jahresausklang! Die zukünftigen Schwiegereltern sind sogleich auf den Duft aufmerksam und dadurch auf den Tee neugierig geworden. Daher bereite ich Ihnen heute den Tee noch einmal zu.
Fazit: Dieser Darjeeling ist nicht ganz so rustikal wie andere First Flushs und ist viel delikater und zarter. Dadurch kommen die feinen Aromen meiner Meinung nach besser zur Geltung und werden z.B. nicht von Adstringenz überlagert. Ein sehr schöner Tee mit einem meiner Meinung nach fairen Preis, wenn ich bedenke, was andere First Flushs sonst zu bieten haben. Andererseits ist es eher ein Tee für den besonderen Moment, da man sich für ihn die nötige Zeit nehmen sollte.

Allen Lesern ein frohes, neues, gesundes und gesegnetes Jahr 2013!

*Im Teetalk-Forum hat sich eine interessante Diskussion zu diesem Thema ergeben. Tatsächlich gibt es verschiedene Meinungen über die Ursache der grünen Blätter. Bis eine endgültige Klärung aussteht, wird an dieser Stelle nur auf den entsprechenden Thread verwiesen.

Nachtrag: Der Tee kam gut an. Der erste Aufguss schmeckt nach drei Minuten sehr viel intensiver. Der zweite Aufguss mit ca. 4,5 Minuten ist nicht mehr so kräftig wie bei der ersten Zubereitung, aber er hat ein Merkmal, welches ich beim ersten vermisst habe und den ich sonst in jedem Flugtee herausschmecke. Ich weiß nicht genau, wie ich diesen Geschmack oder das Aroma am besten beschreiben sollte, aber es hat etwas von ätherischen Ölen und Salatgurke(?). Auf jeden Fall ist dieser Aufguss noch immer lohnend, auch wenn er etwas kratziger im Rachen ausfällt.

Mein persönlicher Weihnachtstee: Lila Pu Erh (Mo Zhen)

Mein persönlicher Weihnachtstee: Lila Pu Erh (Mo Zhen)

Weihnachten ist für mich immer eine besondere Zeit. Ich weiß, dass viele Leute von Weihnachten und dem ganzen Kommerz drumherum schon lange genervt sind und bei den Weihnachtsliedern, die ständig im Radio laufen, die Augen rollen. Gut, der Kitsch wird häufig übertrieben und der eigentliche Sinn ist schon lange aus den Augen verloren. Daher ist meine Freude vielleicht etwas erklärungsbedürftig. Ich mag Weihnachten wegen der christlichen Botschaft, die sich im Wesentlichen auf Nächstenliebe konzentriert, also auf den Anderen und nicht auf einen selbst. Und die Nächstenliebe ist ja eine Eigenschaft, welche uns Christen auszeichnen sollte und woran ich mir gerne ein Beispiel zu dieser Zeit nehme, wenn ich meine Prioritäten, die ich mir so gesetzt habe, nochmal überdenke. Ich freue mich auf meine Familie und auf die Tradition den anderen etwas zu schenken. Schon früh habe ich gemerkt, dass es mir mehr Freude bereitet jemandem ein Geschenk zu schenken, über das er sich freut, als beschenkt zu werden.
Diese besondere Zeit nutze ich auch gerne für besondere Dinge, schließlich wird ja ein Geburtstag gefeiert. Da darf auch mal etwas Feines zubereitet werden. Dieses Jahr habe ich fast jeden Tag in der Bibliothek verbracht und hatte wenig Zeit meinen Hobbys nachzugehen, doch Samstag war endlich wieder so ein Tag. Weil Weihnachten zum Greifen nahe war, habe ich die Lust verspürt den Augenblick mit einem besonderen Tee zu feiern, den ich vor einigen Wochen von Frau Meyerhöfer-Wolf vom Teehaus Krefeld als Probe geschenkt bekommen habe.Der Tee ist deswegen etwas besonderes, weil er aus einer Variation der Teepflanze gewonnen wird, die sich in besonders heißen Sommern mit einem Stoff zu schützen weiß, der Anthozyan heißt und die Blätter färbt. Sie sind dann nicht mehr grün, sondern können lila, manchmal sogar rot werden. Für diese Färbung ist der Stoff Anthozyan verantwortlich, welches gleichzeitig zu den Phenolen gehört, die eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben und wichtige Geschmackstoffe sein können. Kurze Nebenbemerkung: Diese Variation soll mittlerweile sogar in Kenya angebaut werden. Der Name des Tees lautet Mo Zhen und er soll von über 300 Jahre alten Bäumen stammen.

Der Tee besteht ausschließlich aus feinen nadeligen Spitzen wie man es sonst von der Silbernadel (Yin Zhen, ein weißer Tee) kennt. Auch der Mo Zhen hat diesen weißen Flaum an einigen Blättern, welche für einen silbrigen Schein sorgen. Schaut man sich die Blätter an, sieht man die lila Färbung kaum oder nur mit etwas Fantasie. Das Grün überwiegt eindeutig, was daran liegt, dass die frischen Blätter überwiegend grün sind und diese Färbung uneinheitlich auftritt. Aber selbst auf diesem Foto kann man einige Blätter sehen, die leicht in diese Richtung tendieren.
Der Duft überrascht. Ich bin kein Pu Erh-Experte und habe bisher vielleicht etwas über 20 Sorten probiert, aber dieser Tee ist anders und gibt ein feines Aroma ab, welches mich an Blüten und Pollen erinnert. Auch daher kommt gleich die Assoziation zu Honig auf. Pu Erh ging für mich sonst immer in eine rustikalere Richtung wie Rauch, Pilze, Walderde, Leder und Holz.
CIMG9651
3g Tee auf 60ml kochendes Wasser
Vor einiger Zeit habe ich bei Stéphane eine Gaiwan (chinesische Deckeltasse) gekauft, die eine feine Seladon-Glasur trägt und sich durch einen sehr dezenten Blaustich auszeichnet. Das besondere ist nicht die Glasur, sondern die Größe: Der Inhalt beträgt nur 60ml! Stéphane hat mir mit seinem Blog diese “Mini-Gaiwan” schmackhaft gemacht, weil man durch die kleinere Größe weniger Tee verbraucht. Tee (und somit Geld) Sparen ist aber nicht der eigentliche Grund für den Kauf gewesen. Gerade bei Pu Erh und einigen Oolong-Sorten habe ich gemerkt, dass ein größeres Gefäß mit sagen wir 180ml (also das Dreifache) über die Aufgüsse so viel Tee ergibt, dass ich die Lust am Tee verliere, ehe der Tee ausgeschöpft ist. Mit dieser Gaiwan entgehe ich diesem Problem, weil ich nicht gezwungen werde, mehrere Liter in kurzer Zeit zu trinken.
CIMG9655

Im aufgewärmten Gaiwan werden die Aromen des Tees deutlicher. Neben dem Blüten- und Honigduft kommen leichte Röstnoten auf, die mich spontan an Long Jing erinnern. Eine interessante Mischung mit einer Würze wie bei Kemmsche-Keksen.
Nach einem kurzen Spülgang lasse ich die Blätter kurz ziehen und beobachte die Veränderung des Aromas. Die feinen Noten werden deftiger und krautiger. Bei Pu Erh kommt häufig Kampfer durch, bei diesem aber muss ich eine polnische Suppe denken, die aus Wiesen- und Sauerampfer hergestellt wird. Eine schöne Kindheitserinnerung. Der Honig gerät in den Hintergrund und besonders auffällig ist, dass keine Spuren von Rauch wahrnehmbar sind. Schön!

CIMG9660
Der erste Aufguss ergibt ein kräftiges Gelb-Orange

Der erste Aufguss lässt mich zuerst an Grüntee denken. 15 Sekunden Ziehzeit ergaben einen nicht allzu starken Geschmack, der leicht süß und wie ein chinesischer Tianmu erschien. Der Duft des nassen Blattes wurde komplexer mit Spuren von Vanille (ich) und Schokolade (Frau S.).

Der zweite Aufguss wurde stärker und vollmundiger. Ein bisschen Kampfer kommt jetzt aber doch durch und beim dritten Aufguss wurde er auch im Geschmack krautiger.

Beim vierten Aufguss konnte ich auch im Geschmack die Parallele zur Ampfersuppe schmecken. In Japan gibt es für den Ausdruck nostalgischer Momente ein Adjektiv, welches mir im Deutschen fehlt: Natsukashii! Wie gerne würde ich wieder diese Suppe essen!

Im fünften Aufguss ist die Süße besonders herausragend, die sich bis in den nächsten Aufguss zieht. Im siebten und achten Aufguss wurde sie wieder durch krautige Aromen abgelöst, die mich an Grünkohl denken ließen. In der Nase aber waren es die Kemmsche-Kekse. Interessante Mischung.

Ab dem neunten Aufguss ließen die oben beschriebenen Aromen nach und der Tee entwickelte sich wieder in Richtung Grüntee mit einer fruchtigen und spritzigen Säure. Auch diese Aromen ließen mit den Aufgüssen nach, aber es konnten insgesamt 13 Aufgüsse (knapp 800ml Tee) zubereitet werden.

CIMG9671
Bei einigen Blättern kann man leichte Färbungen erkennen, die lila erscheinen.

Die Teeblätter bestehen ausschließlich aus jungen Teeblättern und Knospen, die häufig in der bekannten “two leaves and a bud”-Konstellation vorkommen. Sie sind in einem sehr guten Zustand und an einigen kann man Verfärbungen erkennen, die mich eigentlich an Oxidationsspuren erinnern würden. Aber vor dem Hintergrund, dass die Blätter diese Farbe von Natur aus haben sollen, ist die Färbung wohl eher auf das Anthozyan zurückzuführen.

Fazit: Der Mo Zhen ist (zumindest für mich) kein typischer Pu Erh und eine Empfehlung für all jene, die ein dominantes Tabak- und Rauch-Aroma nicht mögen oder Pu Erh bevorzugen, die geschmacklich in Richtung Grüntee tendieren. Auch Einsteigern, die schlechte Erfahrungen mit Pu Erh gemacht haben, sei dieser Tee ans Herz gelegt. Doch wie kommt das eigene Aroma zustande? Ist es deswegen, weil besonders junge Blätter benutzt werden? Und wie hoch ist der geschmackliche Anteil, der auf die Merkmale der Tee-Variation zurückgeht? Da ich keine Vergleichswerte habe, muss ich die Fragen aufschieben. Ich danke dem Teehaus Krefeld für diese interessante Erfahrung und wünsche allen Lesern ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!

CIMG9668

Mecha 芽茶: Japanischer Blattknospentee

Was ist Mecha? In Japan versteht man darunter einen Tee, der aus Blattspitzen und/oder Knospenansätzen von Blättern, die auch für Sencha oder Gyokuro verwendet werden, hergestellt wird. Dabei handelt es sich, ähnlich wie bei Kukicha (Stängel) und Konacha (Bruch, Pulver), um ein Nebenprodukt, welches bei der Sencha- und Gyokuro-Herstellung anfällt. Trotz dieser “Zweitklassigkeit”, die sich auch im niedrigeren Preis widerspiegelt, steht der Tee zumindest theoretisch seinen Vorbildern in nichts nach, weil es sich bei dem Produkt ja immer noch um Blätter handelt. Ein charakteristisches Merkmal für Mecha sind rundliche Blätter, welche gleichzeitig ein Indikator für ein hochwertiges Produkt sind. Das liegt daran, dass die Blattspitzen und Knospen sehr saftig sind und einen hohen Wassergehalt aufweisen, weswegen sie sich später einrollen. Außerdem sollen gerade in diesen Blattteilen die typischen Inhaltsstoffe besonders gut verdichtet sein, weswegen alle Bestandteile wie Umami, Koffein aber auch Herbe nicht fehlen. Auf der anderen Seite ist dieser Blattgrad der Grund dafür, dass man die Blätter nicht zu heiß aufgießen darf, da sonst eine bittere Brühe daraus zu werden droht.Gekauft habe ich den Tee bei Chasen, ein auf Japan-Tee spezialisiertes Tee-Geschäft, welches vor allem dadurch auffällt, dass es auch weniger bekannte Produkte wie eben Mecha und sogar Aracha 荒茶 (unsortierter, “roher” Tee) anbietet. Bei meinem Mecha handelt es sich um ein Produkt aus Uji, welches aus der Gyokuro-Produktion stammte.Die Zubereitungsempfehlung des Verkäufers lautet wie folgt: Man nehme 65°C heißes, bzw. warmes Wasser und pro 100ml 2g Tee. Die Dosierung ist nicht besonders stark: Japanische Quellen empfehlen für Mecha häufig mehr als das Doppelte (z.B. 5g auf 100ml). Dafür geht der Kunde mit dieser Dosierung wenig Risiko und der Aufguss ist garantiert genießbar. Dieser Tee sieht ein bisschen aus wie ein Broken-Tee, aber bei genauerem Hinsehen sieht man, dass die Kanten des trockenen Blattguts abgerundet sind. Also ist das Anforderungsprofil, welches oben beschrieben wurde, schon mal erfüllt. Die Ziehzeit beträgt für die einzelnen Aufgüsse in Sekunden: 60/20/80/120.

CIMG9596
Auf dem Foto schlecht zu erkennen: die runden und eingerollten Blätter

Das trockene Blatt riecht im vorgewärmten Gaiwan ähnlich wie ein Gyokuro nach getrockneten Algen, wie man sie gerne in Asien, speziell in Japan und Korea, isst.

CIMG9567

Der erste Aufguss ist ausgesprochen süß. Diese Süße ist nicht so gemüsig, wie ich sie von verschiedenen Sencha kenne, sondern einerseits markanter, andererseits sticht sie möglicherweise gerade deswegen hervor, weil der Aufguss keine besondere Tiefe erreicht. Vielleicht kommt das aber noch.

CIMG9568
1. Aufguss: noch sehr hell

Der zweite Aufguss ist tatsächlich körperreicher geworden und ergibt eine schöne Mischung aus Süße und Umami. Mein Favorit. So mag ich Umami gern, nicht zu aufdringlich und nicht so ölig, sondern tatsächlich und im wahrsten Sinne des Wortes Wohlgeschmack!

Der dritte Aufguss ist stärker. Dabei kommt die Herbe recht spät, sie hätte ich eigentlich früher erwartet. Umami und Süße sind weg, dafür muss ich mehr an Sencha denken – keine schlechte Assoziation!

CIMG9571
3. Aufguss

Der vierte Aufguss ist wieder etwas milder. Die Süße kommt wieder, auch wenn sie nicht an den ersten Aufguss heran reicht. Mir erscheint er eher wie eine verwässerte Version des ersten, aber wir haben ja auch schon den vierten Aufguss erreicht. Sogar der fünfte ergab noch einen lohnenswerten Geschmack!

CIMG9570
4. Aufguss

Das nasse Blatt lässt mich eigentlich weniger an heile Blattknospen, wie man sie von jungen Tees kennt, denken. Eigentlich sieht es eher nach gebrochenen Blättern typischer Broken-Tees aus. Blattspitzen erkennt man viele, aber wie muss ich mir eine Battknospe vorstellen? Was ich unter Blattknospen verstehe, ist eigentlich ein Blatt welches im Begriff ist zu wachsen. Das müsste doch eigentlich zu erkennen sein, oder?

CIMG9574
Die Zubereitung in einem Gaiwan ist etwas umständlich, da man die vielen kleinen Blätter beim Ausgießen nicht aufhalten kann

Fazit: Hält man sich an die empfohlene Zubereitungsweise des Verkäufers, macht man definitiv nichts verkehrt. Da ich mich aber mittlerweile an eine sehr viel höhere Dosierung gewöhnt habe, erschienen die Aufgüsse etwas zu lasch, obwohl der zweite wirklich spitze war. Aus diesem Grund werde ich das nächste Mal die Dosierung von 2 auf 2,5g pro 100ml erhöhen und schauen, was der Tee dann hergibt.

Frühstückstees: Auf Assam-Entzug!

Frühstückstees: Auf Assam-Entzug!

Vor einiger Zeit habe ich eine sehr interessante Beobachtung gemacht. Wenn man einen Tee täglich trinkt, dann kann es vorkommen, dass man sich so sehr an den Geschmack gewöhnt, dass man seinen charakteristischen Geschmack immer weniger wahrnimmt.
Das passierte mir vermutlich in Vergangenheit schon häufiger, aber ich muss mir dafür wohl immer andere Erklärungen zurechtgelegt haben. Seit ich bewusst Tee trinke, ist der Frühstückstee eine Art Konstante in meinem Leben. Einen trinke ich zum Frühstück, den zweiten meist danach. Beim letzteren bin ich flexibler, aber der erste sollte für mich folgende Eigenschaften erfüllen:

  1. Er muss kräftig im Geschmack sein und sich gegen ein deftiges Frühstück durchsetzen können.
  2. Im Optimalfall ist er schön malzig.
  3. Zucker zerstört den Geschmack nicht, sondern bereichert ihn.

Wer sich etwas mit Tee auskennt wird jetzt spätestens erkannt haben, dass Assam-Tees genau diese Eigenschaften erfüllen. Derzeit ist es so, dass ich fünf Tees auf meinem Regal stehen habe, die entweder reine Assam- oder Assam-haltige Tees sind. Zu den letzteren gehört z.B. der Hamburger Veermaster von TeeGschwendner, eine Ostfriesenmischung und noch ein Irish-Breakfast, den mir meine liebe Schwester aus Irland mitgebracht hat.
All diese Tees habe ich jetzt in die Abstellkammer verbannt. Der Grund dafür ist, dass ich vor allem den malzigen Geschmack nicht mehr wahrnehme. Nachdem ich mich mit Henning vom Hamburger Teespeicher ausgetauscht habe, hat sich mein Verdacht von oben bestätigt: Man kann sich tatsächlich  bei regelmäßigem Konsum von einer Sorte an den Geschmack so sehr gewöhnen, dass man den wesentlichen Geschmack immer weniger schmeckt.
Aus diesem Grund habe ich mich für 30 Tage auf Assam-Entzug gesetzt. Diese Zeit sollte eigentlich reichen um mich wieder so weit zu entwöhnen, dass ich nach dieser Zeit den Tee wieder richtig schmecken kann.
Aber was soll ich nun stattdessen trinken? Kaffee? Ja, ich weiß, schlechter Scherz. Ich habe hier noch einen chinesischen Yunnan, der auch dafür bekannt ist schön malzig zu sein. Dann habe ich noch einen Ceylon, der zwar schön spritzig und fruchtig, aber leider nicht stark genug ist. Und den Earl Grey zähle ich als Tee jetzt mal nicht dazu, obwohl der sich zum Frühstück gar nicht übel macht.
Aus diesem Grund habe ich mit Henning vom Teespeicher telefoniert und er hat für mich eine kleine Auswahl an “Ersatztees” zusammengestellt, die zumindest die erste und dritte Anforderung erfüllen sollen. Dazu habe ich mich noch etwas umgesehen.

Tag 1: Der Yunnan Golden Downy Pekoe von TeeGschwendner ist nicht schlecht. Er hat genug Eigengeschmack, um auch während des Essens zu begeistern. Aber das malzige Aroma habe ich stärker in Erinnerung. Sollte ich den Tee vielleicht auch in die Vorratskammer sperren?

CIMG9578
Yunnan Golden Downy Pekoe: schöne gekräuselte Blätter!

Der zweite Tee war ein Darjeeling First Flush aus Soom. Den habe ich gar nicht erst versucht mit Zucker zu trinken und das sollte man auch nicht. Meine Skepsis hat sich aber leider bestätigt, der Tee ist kein guter Frühstückstee. Vielleicht ist es auch einfach meine Gewohnheit, dass ich solche feinen Tees einfach in ganz anderen Situationen trinke.

Tag 2: Heute habe ich eine Packung PG Tips angebrochen, die ich mir mal gekauft habe, weil der Tee im teetalk-Forum von einem User so gelobt wurde. Fazit – ohne Details nennen zu können: Nicht kräftig genug, aber der milde Geschmack ist schön ausgewogen aromatisch und verteilt sich im ganzen Mund, so dass  man schon mitkriegt, dass man einen Tee trinkt.

Der Gewinner des Tages ist aber eine Empfehlung vom Teespeicher: Ein Second Flush Darjeeling Broken! Broken ist ja eher nicht so üblich und ich war zunächst skeptisch, als mir Henning davon erzählte. Aber ich muss ja zugeben, dass durch das gebrochene Blatt der Aufguss schön kräftig und würzig ist. Dazu gesellen sich die typischen Darjeeling SF Aromen, die eine gute dunkelrote Tasse ergeben und sich überraschenderweise mit Zucker vertragen. Während ich das schreibe, steigen die nussigen Darjeeling-Aromen in meine Nase. Das ist eine tolle Ergänzung zu meinen sonstigen Tees, daher kommt der auf meine Want-List.

CIMG9583
Darjeeling Secon Flush Broken

Tag 3: Zum Frühstück gab es den Azorentee in Orange Pekoe-Qualität. Dieser Tee ist einfach toll und eigentlich viel zu schade um ihn zum Frühstück zu trinken. Vor allem, weil ich davon nur so wenig habe. Der Tee schmeckt wie eine Mischung aus Ceylon (Würze), Assam/Yunnan (Süße im Duft) und diesem Sanxia Hongcha. Der hat nämlich einen ganz besonderen Duft, den ich leider nicht beschreiben kann, weil ich diesen Duft noch nie gerochen habe und in den ich mich sofort verliebt habe. Schön, dass es auch andere Tees wie diesen Azorentee gibt, die diesen Duft und dieses Aroma immerhin ansatzweise haben. Daher gilt mein Dank Jan, der mir diesen Tee selbstlos überlassen hat.

CIMG9576
Tee von den Azoren

Der zweite Tee ist ein vietnamesischer Brokentee Vietnam FBOP Lion Son Black Bio. Die Betreiber beschreiben den Tee als leicht und mild. So schmeckt er wahrscheinlich auch, wenn man sich an ihre Zubereitungsempfehlung hält. Ich tendiere ja gerade bei den Frühstückstees zu einer fast doppelt so hohen Dosierung. Ok, ich übertreibe etwas, aber wenn man den Tee höher dosiert, dann wird er schön schwer und würzig – eine ideale Voraussetzung um gegen Zucker anzukommen. Die Säure, die sich dabei entfaltet erinnert ein bisschen an Zitronen. Gar nicht schlecht!

Vietnam
Vietnam Lion Son Black Bio: mit goldenen Tips!

Tag 4: Angefangen habe ich mit einem Ceylon Nuwara Eliya Mahagastotte. Dieser ergibt eine sehr helle Tasse und einen feinen, fruchtigen Geschmack. Die Beschreibung des Teespeichers kommt dem, was ich schmecke sehr nahe, aber leider können sich diese Aromen nicht gegen anständig geräucherte Wurst und würzigen Käse durchsetzen. Also eher ein Tee für die zweite Runde.

Der zweite Becher ist gefüllt mit einem Aufguss eines Darjeeling First Flush Broken, ebenfalls vom Teespeicher. Noch ungewöhnlicher als der Darjeeling SF Broken, den ich vorher beschrieben habe. Obwohl der Geschmack durch das gebrochene Blatt markant ist, werde ich mit dem Tee zum Frühstück nicht richtig warm. Vielleicht liegt es daran, dass ich mit solchen Darjeelings ganz andere Teezeiten verbinde. Ich würde auch nie einen Sencha oder Pu Erh zum Frühstück trinken. Wie befürchtet tat dem Tee der Zucker nicht gut. Schade, aber ein Versuch war es wert!

CIMG9582
Darjeeling First Flush Broken

Tag 5: Wie bei Tag 4, habe ich den Tag mit einem Ceylon, dieses Mal ein Uva BOP 1 Greenfield, begonnen. Er war schon kräftiger als der letzte, aber wahrscheinlich hätte ich ihn eher als zweiten Tee nach dem Frühstück trinken sollen. So war er leider auch nicht kräftig genug und während des Essens konnte ich mich nicht so gut auf die Nuancen konzentrieren.

Greenfield Ceylon
Ceylon Uva BOP 1 Greenfield

Der zweite Tee ist ein Earl Grey. Dazu gibt es recht wenig zu sagen. Es ist einer dieser neueren Gattung mit Bergamotte-Stückchen darin und er schmeckt schön kräftig und passt sehr gut zum Frühstück. Das nächste Mal mache ich es also umgekehrt. Vielleicht bilde ich mir das nur ein, aber vielleicht machen die Stückchen den Tee ein bisschen “saurer”, also frischer und zitroniger.

Earl Grey
Earl Grey mit Bergamotte-Stückchen

Tag 6: Die Überraschung des Tages ist ein Tee aus China, den ich ebenfalls vom Hamburger Teespeicher habe. Es handelt sich um einen Keemun. Dieser Tee ist sehr aromatisch und blumig, auch ein bisschen wie der oben beschriebene Azorentee. Wobei mich der Duft auch etwas an Honig erinnert. Auch mit Zucker ein wahrer Genuss.

Der andere Tee hat etwas enttäuscht und ist untergegangen: Der neue Sunderpani von TG (die 200g Tüte) kam mir so zart vor, dass die Zugabe von Zucker ihn niedergestreckt haben muss. Dieser Versuch schlug fehl und wird zu einer anderen Tageszeit ohne Zucker wiederholt.

CIMG9585
Spirit of Sunderpani

Tag 7: Langsam gehen mir die Proben aus. Daher habe ich heute nur einen neuen Tee probiert: Nuwara Eliya Lovers Leap (Ceylon) vom Wasserschlösschen. Dieser Tee gehört zu meinen Favoriten unter den Ceylon-Tees. Keiner lässt mich so sehr an Blaubeeren denken und beschäftigt auch gleichzeitig den Mund mit seiner Würze. Toll!

CIMG9577
Ceylon Nuwara Eliya Lovers Leap

Tag 8: Heute war neben einem PG-Tip, der mir misslungen sein muss, weil er irgendwie sauer schmeckte, noch ein anderer Yunnan-Tee (Yunnan Golden Bio) von TG in der Tasse, der schön würzig, stark und etwas rauchig war.

CIMG9579
Yunnan Golden Bio

Tag 9: Kommen wir zum letzten Tee dieser Versuchsreihe. Es ist ein afrikanischer Schwarztee aus Kenya (Special Tinderet), der nach Auskunft von Henning Schmidt nicht mehr lange verfügbar sein wird, weil die Plantage dicht gemacht wurde. Sehr schade, weil ich diesen Tee, von dem ich mir noch etwas sichern konnte, sehr gerne mag. Dieser Tee hat auch eine Malznote, die sich aber anders als bei Assam entfaltet. Der Tee fällt jedoch viel milder aus, was dem Geschmack keinen Abbruch tut. Eigentlich eine Kategorie für sich.

CIMG9597
Kenya Special Tinderet: siehe das schöne, dünne und drahtige Blatt!

Zeit für ein Fazit:
Yunnan-Tees kommen vielleicht auch wegen ihrer geographischen Nähe einem Assam sehr nahe und eignen sich sehr gut als Ersatz, obwohl ich befürchte, dass die Malzigkeit wegen meiner Gewöhnung an Assam-Tees auf der Strecke bleibt.
Ebenfalls aus China und mehr als nur ein Ersatz: Der Keemun Mao Feng eignet sich für die besondere Tasse zum Frühstück. In die gleiche Kategorie, aber schwieriger zu beschaffen, fällt der Azorentee Orange Pekoe, der sogar dem Geschmack nahe kommt. In die nähere Auswahl kommt immerhin der Vietnam Lion Son Bio, der besser passt als so manche Ceylon.
Eine völlig neue Welt erschloss sich mir durch den Darjeeling Secon Flush Broken, der eine gute Ergänzung meiner jetzigen Sammlung darstellt und für die nötige Abwechslung sorgt.
Und den Ceylon Lovers Leap kann ich jedem Touristen ans Herz legen, der sich in die Speicherstadt verirrt. Dieser Tee bildet fast eine eigene Kategorie und ist für mich eine fast so große Ausnahme wie der Kenya Special Tinderet.

Und was gibts bei euch zum Frühstück?

Ein besonderer Shincha geht zu Ende...

Ein besonderer Shincha geht zu Ende…

Vor ein paar Monaten hat uns unsere liebe Freundin Misato aus Kyôto einen besonderen Shincha geschickt, den wir sehr genossen haben. Weil er so ungewöhnlich ist, sind wir sehr sparsam damit umgegangen und heute erfolgte der letzte Aufguss.
Was macht den Tee so besonders? Zunächst wurde er nach 88 Nächten eines traditionellen japanischen Kalenders (Lunisolarkalender) gepflückt und dieser Tag leitet den offiziellen Frühlingsanfang ein. Es handel sich außerdem um die erste Pflückung – hatsuzumi 初摘み. Auf die heutige Zählweise übertragen, entspricht das i.d.R. dem zweiten Mai. Bei einem Schaltjahr hingegen würde es dem ersten Mai entsprechen und es kann sogar vorkommen, dass dieser Zeitpunkt erst auf den dritten Mai fällt.
Die japanischen First Flushs, die an diesem Tag geerntet wurden, werden aus diesem Grund hachijû-hachiya no shincha 八十八夜の新茶 (Shincha der 88. Nacht) genannt und sollen dem Volksglauben nach besonders gesund sein und ein langes Leben verleihen. In vielen Anbaugebieten kann man zu dieser Zeit beim Pflücken helfen und es wird ein richtiges Event aus diesem Tag gemacht.
Doch damit nicht genug. Dieser Tee stammt außerdem aus einem traditionsreichen Geschäft: Ocha no kanbayashi お茶のかんばやし, welches direkt in Uji verortet ist. Und das schon seit über 400 Jahren, wenn man der Unternehmensgeschichte auf der Homepage Glauben schenken will.
Es begann natürlich alles mit den buddhistischen Mönchen, die den Tee in Japan kultivierten. Einer davon war der bekannte Mönch Myôe 明恵, der im 13. Jahrhundert Tee in Toganoo (heute Teil der Stadt Uji) anbaute und besonders gute Ergebnisse erzielte. Dieser Tee wurde dann in Tee-Wettkämpfen zum “Eich-Tee” und aufgrund seiner Qualität “honcha 本茶” – also “wahrer Tee” genannt. Bei diesen Wettkämpfen ging es darum diesen Tee von anderen Teesorten zu unterscheiden. Es ist nicht schwer vorstellbar, dass dieser Tee als bester seiner Art die Aufmerksamkeit der militärischen Machthaber, die ihren Sitz in Kyôto hatten, auf sich zog. Die Ashikaga-Shôgune und besonders Ashikaga Yoshimasa (1358-1408) bemühten sich um die Kontrolle dieses Gebiets. Letzterer begründete die “sieben berühmten Teegärten Ujis 宇治七明園” und fortan standen die Gärten unter besonderem Schutz. Gleichzeitig wurden zwei Tee-Direktoren ernannt, von denen einer Kanbayashi Kamon war, auf den sich das jetzige Geschäft beruft. Das Geschäft wurde aber erst später gegründet. Einer von Kanbayashis späten Nachfahren, soll sich dann in der Momoyama-Zeit (1573-1615) an der Stelle, wo das heutige Geschäft steht, niedergelassen und eine wichtige Rolle im Tee-Geschäft und der Stadt-Verwaltung eingenommen haben. Heute wirbt man damit, dass die Blätter für die Tees, die man verkauft, selbst ausgewählt werden. Das geschieht deshalb, weil die Blätter bei zu viel Sonnenlicht einen Schutzmechanismus in Gang setzen, der sie bitter werden lässt. Die strenge Auslese soll die Tees von Kanbayashi besonders wohlschmeckend und aromatisch machen.Zum Tee:
Das Blatt ist schön dunkelgrün und duftet bereits verführerisch nach getrockneten Algen und Spinat. Der Duft verrät außerdem, dass diese Blätter nach Umami schmecken werden:

CIMG9540

 

Kommen wir zur Zubereitung. Meine Einstellung ist, dass man für jeden Tee eine angepasste Zubereitung braucht um ihn voll zur Geltung kommen zu lassen. Standardmethoden sind als Vergleichswert sicher nicht verkehrt, aber ich lasse mich immer zuerst auf die Zubereitungsempfehlung des Herstellers ein. Wenn mir der Geschmack dann nicht zusagt, kann ich immer noch experimentieren. In diesem Fall hat der Hersteller eine sehr eigenwillige Empfehlung herausgegeben: Pro 90ml 70°C heißes Wasser und 2,5g Tee. Erster Aufguss 20 Sek., zweiten Aufguss sofort abgießen. So habe ich das auch gehandhabt und bin nicht enttäuscht worden. Allerdings habe ich für meine letzten 5g eine Gaiwan statt einer Seitengriffkanne benutzt, daher bitte nicht wundern.

CIMG9558
Aufgussfarbe in einem Glaskännchen: leicht trüb und dezent grün

Der erste Aufguss ergab eine sehr gelungene Mischung aus Umami und Süße, wobei letztere besonders hervorzuheben ist. Sie erinnert mich ein bisschen an die eher zarte Süße von Esspapier. Umami war für mich wohldosiert. Ich mag ja Umami gar nicht in so hohen Konzentrationen, aber hier ist das Verhältnis genau richtig und gibt dem Aufguss einen leichten Geschmack von Garnelen, der sich besonders an den Seiten der Zunge zeigt und lange erhalten bleibt. Da kriegt man ja glatt die Lust darauf in die Blätter zu beißen! Leider ist die Umami-Konzentration für Frau S. bereits zu hoch.

CIMG9562
Total unjapanisch: Gaiwan, Glaspitcher und kleine Seladontässchen

Der zweite Aufguss ist viel vollmundiger und die Umami-Konzentration macht den Aufguss zu einem angenehmen Garnelen-Tee. Dazu kommen eine leichte Spinatnote, getrocknete Algen und Spuren von echter Gemüsebrühe. Mir liegt der Geschmack sehr, Frau S. hingegen wegen des Umami-Geschmacks noch nicht so ganz. Ob ich wohl ihren Aufguss trinken darf? Nein, sie trinkt ihn doch lieber selbst – wegen der letzten Gelegenheit.

CIMG9563
Der dritte Aufguss im Gaiwan. Die hellgrünen Blätter kommen besonders gut zur Geltung.

Der dritte Aufguss durfte länger ziehen und ist deswegen auch herber. Der Umami-Geschmack hat sich verabschiedet – sehr zur Freude von Frau S., die den Tee jetzt auch richtig lecker findet. Ich fand die ersten beiden zwar besser, mag aber die für Sencha typische Herbe. Auch der Spinat- und dezente Algen-Geschmack ist noch etwas geblieben und macht sich beim Atmen in der Nase bemerkbar.

Zwischendurch das Blatt gerochen: Wie Blumen auf einer grünen Wiese.

Der vierte Aufguss schmeckt nach längerer Ziehzeit fast wie der letzte. Jetzt hat aber auch der herbe Geschmack nachgelassen und der Tee macht wohl auch keinen weiteren Aufguss mehr mit.

CIMG9566

Das nasse Blatt riecht jetzt wie eine frisch gemähte Wiese und leuchtet fast strahlend grün.

Das war es nun, lieber Shincha. Hoffentlich bis nächstes Jahr! Und einen großen, herzlichen Dank an Misato!

Bannachas Jingmai 2010 (Pu Erh)

Bannachas Jingmai 2010 (Pu Erh)

Vor einigen Wochen machte ich eine Bestellung bei einem französischen Pu Erh-Importeur namens William, der uns im Tee-Forum von Gero empfohlen wurde. Viele kennen vielleicht die romantische Vorstellung, dass Teehändler noch selbst in die Anbauländer fliegen um dort den Teeanbau zu inspizieren und eine Auswahl für ihre Kunden zu treffen. Dass die Realität häufig anders aussieht, soll heute nicht thematisiert werden, viel mehr möchte ich auf eben solch einen Teehändler hinweisen, der das tatsächlich neben seinem Studium tut und über seine Geschäftsreisen auch regelmäßig in seinem Blog berichtet. Bereits mit 16 hat er angefangen Tee zu trinken und kam eines Tages zu Pu Erh, ist dann für ein Jahr nach Yunnan gegangen um Land, Leute aber vor allem Tee kennenzulernen. Aus dieser Leidenschaft entstand eine Geschäftsidee und mit dem Tee, den er anbietet, möchte er seinen Beitrag dazu leisten, dass Menschen an Tee bzw. Pu Erh Gefallen finden. Seinen e-Shop (bannacha.com) findet ihr hier.Nein, ich bekomme kein Geld für die “Werbung”, aber wenn ich von etwas begeistert bin, dann informiere ich mich und gebe meine Begeisterung auch gerne weiter. Und es ist sicher kein Zufall, dass Gero ein ähnliches Lobeslied auf William gesungen hat. Auch das ist nicht abgesprochen. Ich habe den Eintrag schon am Freitag angefangen zu schreiben, bin aber leider erst jetzt dazu gekommen ihn fertigzustellen.
Kommen wir zum Tee. Ich gebe zu, dass ich ein Anfänger in Sachen Pu Erh bin und wäre Gero nicht gewesen, dann hätte ich mich an das Thema auch nicht so schnell herangewagt, weil meine ersten Erfahrungen sehr schlecht waren. Zum Glück probiere ich von Natur aus gerne neue Tees und bin bereit trotz schlechter Erfahrungen einen neuen Anlauf zu wagen. “Zum Glück” deswegen, weil es schon einige Pu Erh gab, die wirklich fantastisch schmeckten. Über jungen Pu Erh hört man häufig viel Schlechtes. Je nach Autor ist es quasi nur Ausgangsmaterial, welches erst noch reifen muss, wie z.B. Käse, ehe es genossen werden kann. Es gibt aber auch einen anderen Ansatz, den z.B. Stéphane vertritt: Ein lagerfähiger Pu Erh müsse schon von Anfang an gut im Geschmack sein und ein schlechter Pu Erh würde auch nach vielen Jahren nicht wirklich besser werden. Folglich assoziiert er Pu Erh mit Wein, weil sich nicht jeder Wein gleich gut für eine Lagerung eignet.Ich habe bisher wenige junge Pu Erh getrunken und nicht jeder davon hat mir wirklich gelegen, aber ich kann sagen, dass der Jingmai 2010 mir wirklich geschmeckt hat! Besonders hervorgehoben gehört an dieser Stelle der Preis! 15 Euro für 400g ist ein echtes Schnäppchen!
Einen Bericht zu einem anderen Jingmai aus einer älteren Ernte von 2004 findet ihr hier. Der Tee ist nach seiner Herkunft (Jingmai-Gebirge 景迈山) benannt und es handelt sich um einen Plantagen-Tee (im Gegensatz zu wild wachsenden Bäumen). Der Produzent ist die Guan Zi Zai tea company, welche den rohen Tee (maocha) in Jingmai einkauft und dann weiterverarbeitet. Das hört sich zwar weniger romantisch an, es handelt sich aber um ein Familienunternehmen, welches aus Überzeugung Plantagentee herstellt.Solche Plantagen sehen übrigens so aus.

natural-tea-gardens
Die Fotos gehören William und somit auch das Copyright. Ich darf sie freundlicherweise verwenden.
plantation

William hat einen Blog auf Englisch über diese Region verfasst und mit vielen hübschen Fotos geschmückt, die ihr euch hier und hier ansehen könnt.


Größere Kartenansicht

Die Jingmai-Teeplantagen liegen nordwestlich der bekannten Menghai-Region und etwas weiter im Westen befindet sich bereits Myanmar. Die Bevölkerung setzt sich aus der Dai-Ethnie zusammen. Neben den Tee-Plantagen gibt es auch eine Vielzahl an wildwachsenden Bäumen, von denen einige bereits über 1000 Jahre alt sein sollen. Sie gelten auch als Zeugen für die bereits 1300 jährige Teekultur.

William hat mir netterweise ein paar Fotos zur Verfügung gestellt, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Auf diesen Fotos sind die wilden Tee-Bäume besonders gut zu sehen.

E6-99-AF-E8-BF-88-E5-B1-B1-143
E6-99-AF-E8-BF-88-E5-B1-B1-159
E6-99-AF-E8-BF-88-E5-B1-B1-173

Kommen wir zur Beschreibung des Jingmai 2010:

CIMG9511
Der Brocken sieht fester aus als er ist

Beim abgebrochenen Stück fällt bereits auf, dass viele Ansätze von Blättern zu erkennen sind. Sie sind unterschiedlich gefärbt und überwiegend grün in verschiedenen Abstufungen. Würde der Tee noch ein paar Jahre anständig lagern, würden sich die Blätter immer dunkler färben (zum Vergleich könnt ihr hier die Verkostung eines 2004er Jingmai nachlesen, der allerdings etwas zu fest gepresst oder zu trocken gelagert wurde).Wegen der anständigen Pressung, sieht man den Blättern noch nicht an, in welchem Zustand sie sind: Werden sie gut erhalten sein oder doch eher zerstückelt? Wir werden sehen.
Der Geruch ist im trockenen Zustand nicht so stark, aber er erinnert etwas an eine Mischung aus Zitronengras, Schuhcreme und dezentem Rauch – in dieser Konzentration sehr angenehm. Auch wenn Schuhcreme dem einen oder anderen etwas negativ vorkommen könnte.

Die Beschreibung des Geschmacks ist natürlich sehr subjektiv und es kann gut sein, dass andere Tee-Trinker die Aromen mit etwas Anderem assoziieren. Ich gebe nur die Aromen wieder, die in unserer Runde explizit genannt wurden.
Der erste Aufguss war kaum in Worte zu fassen und sehr süß, aber auch frisch.

CIMG9512
Foto des zweiten Aufgusses

Die ersten Aufgüsse sind in der Tassenfarbe sehr hell und erinnern an Grüntee. Kein Wunder, schließlich sind die Blätter noch vergleichsweise jung. Ab dem zweiten Aufguss gesellt sich etwas Minze und die Säure eines Apfels dazu.
Der dritte Aufguss war wohl etwas zu lang gezogen, denn die Säure war ein bisschen zu stark für meinen Geschmack. Auch die Adstringenz hat zugenommen. Das wiederholte sich auch beim vierten Mal. Der Geschmack wurde herber, aber es kamen auch Spuren von rotem Pfeffer dazu. Der Tee bekam außerdem eine ölige Konsistenz, was ich wiederum sehr angenehm fand.

CIMG9513
Fünfter Aufguss

Ab dem fünften Aufguss wurde der Tee süßer und süffiger. Ab dem sechsten vernahm ich herb-fruchtige Säure wie ich sie von Pampelmusen kenne. Der Tee erwies viel Ausdauer und gab bis zum 12. Aufguss kaum nach. Beim zehnten Mal notierte ich noch einen kräuterigen Geschmack und beim zwölften deutliche Fruchtnoten.

CIMG9515

Der Blick in den Gaiwan verrät, dass viele intakte Blätter in unserem Stück enthalten waren, was wir auch schon anders erlebt haben. Häufig ist es andersherum: Kleine und zerhackte Blätter sind häufiger und intakte Blätter – wenn überhaupt – kommen nur vereinzelt vor. Darunter befanden sich solche prächtigen Exemplare:

CIMG9518

Fazit: Ein toller junger Pu Erh, den wir sehr genossen haben. Wie der wohl bei optimaler Lagerung in ein paar Jahren schmeckt?

Ming Qian Long Jing Löwenklasse (Exklusiv)

Ming Qian Long Jing Löwenklasse (Exklusiv)

Wenn man sich mit mehreren Leuten zusammentut und Tee trinkt, dann kann man sich auch mal Tees leisten, die sonst nie infrage kämen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man von den Bewertungen und Meinungen anderer lernen und diese mit seinen eigenen Erfahrungen vergleichen kann.
Bei diesem Tee waren wir uns aber alle mehr oder weniger einig. Es ist ein sehr guter Long Jing, den Markus (unser “Teemeister”) etwas höher als üblich (2g pro 100ml) dosierte und länger ziehen ließ.Den Tee haben wir als Probe bei “die Kunst des Tees” gekauft. Eine genaue Artikelbeschreibung mit Hinweisen zur Herstellung findet ihr hier. Diese Teesorte gilt als die beliebteste Chinas, heißt übersetzt Drachenbrunnen und wird traditionell in der Stadt Hangzhou hergestellt, obwohl er auch außerhalb dieser Stadt produziert, dann aber nicht mehr als authentisch angesehen wird. Wir hatten das Glück einen authentischen Tee bekommen zu haben, mehr noch: Dieser Tee stammt vom Löwengipfel unweit des Dorfes Long Jing, welcher als besonders gutes Anbaugebiet gilt und dem Tee das Prädikat Löwenklasse verleiht.Es muss ein Teil der chinesischen Kultur sein, dass berühmte Tees irgendwann zu Objekten von Legendenbildungen werden. Zum Long Jing gibt es gleich mehrere, von denen ich nur eine vorstelle:

Als der Kaiser Qianlong (1735-1796) den Westsee auf einem seiner berühmten Urlaubsausflüge besuchte, ging er zu einem Tempel. Dieser Tempel lag am Fuße des Löwengipfels und und die Mönche bauten selbst Tee an. Daher wurde dem Kaiser bei seinem Besuch eine Tasse mit diesem Tee gereicht, von dessen Geschmack er so begeistert war, dass er den 18 Teebüschen einen kaiserlichen Status verlieh. Diese Büsche existieren noch heute und deren Blätter erzielen bei Auktionen einen höheren Gramm-Preis als Gold.

800px-West_Lake
Der chinesische Westsee. Quelle: Nat Krause, Wikipedia

Wer sich für die anderen interessiert, kann sie hier auf Englisch nachlesen.

Die Blätter dieses Tees sind sehr hell, heller als sonst. Im trockenen Zustand riechen sie in der Präsentierschale leicht geröstet und erinnern mich an japanische Sencha. Im vorgewärmten Gaiwan wird diese Assoziation noch konkreter: So riecht doch Shincha (die erste Pflückung eines japanischen Sencha)! Dazu gesellen sich aber blumige und süßliche Noten, die einen auf den Geschmack neugierig machten.

Foto-12.10.12-17-46-47-1-
Was man bei der schlechten Qualität des Fotos nicht erkennt: Die Blätter sind leuchtend grün!

Der erste Aufguss ist eine angenehme Überraschung. Die Assoziation mit hochwertigem japanischen Grüntee schlägt sich auch im Geschmack nieder. Ein wesentliches Merkmal solcher Grüntees ist nämlich der Umami-Geschmack, der für mich wie eine Mischung aus Süße und Gemüse schmeckt. Dass dieser in einem chinesischen Long Jing enthalten ist, war nicht nur für mich überraschend. Weitere Geschmacksnoten, die genannt wurden: Algen, Spinat und chinesische Kastanie. Bei letzterer weiß ich leider nicht wie sie schmeckt, aber bei den erstgenannten konnte ich durchaus zustimmen.

Foto-12.10.12-17-54-01-1-

Der zweite Aufguss war insgesamt vollmundiger mit den bereits erwähnten Geschmacksnoten, aber Umami war leider wieder weg. Dabei hat der Geschmack so gut gepasst! Im Abgang kam dann die Frische von Berg-Pfirsichen. Damit meine ich weniger den konkreten Geschmack, sondern vielmehr die Aromen die man beim Kauen in der Nase hat. Von dem Long Jing machten wir noch einen dritten Aufguss, der noch viel süßer ausfiel. Man hätte sicherlich noch einen weiteren Aufguss machen können, aber da wir noch andere Tees auf unserem Programm stehen hatten, mussten wir den Tee leider vorzeitig aufgeben.

Foto-12.10.12-18-10-29-1-
Schöne junge Knospen!

Fazit: Ein sehr gelungener Tee, der auch eine höhere Dosierung verträgt, dabei nicht bitter wird und Parallelen zu hochwertigen japanischen Tees aufweist.