Der letzte Eintrag ist schon etwas her, aber es gibt dafür auch gute Gründe. Erst am Donnerstag habe ich meine mündliche Prüfung bestanden. Wer jetzt denkt, dass ich hier jeden zweiten Tag einen Blog verfasse, den muss ich enttäuschen. Die nächsten Prüfungen stehen an. Die nächsten Wochen werden zwar etwas entspannter, aber gelernt werden muss trotzdem. Und ob ich abends noch ausreichend Energie für einen Blog haben werde, kann ich noch nicht mit Sicherheit sagen. Zumal ich mich ausgiebigen Tee-Zeremonien aus Zeitmangel nicht widmen kann. Aber für Frühstückstees habe ich immer Zeit, daher stelle ich zwei Schwarztees vor:Vor einiger Zeit habe ich die Möglichkeit bekommen, einige Tees aus dem Sortiment des englischen Traditionsunternehmens Whittard of Chelsea (anno 1886) zu probieren. Wer die europäische Geschichte im Blick hat, wird daraus schließen können, dass so ein Unternehmen auch schwierige Zeiten durchleben musste und schon einige Tiefen überwunden hat. Gegründet wurde es vom namensgebenden Sohn einer wohlhabenden Lederhändlerfamilie, der sich mit diesem Schritt von der Familientradition löste, um seiner eigenen Leidenschaft nachzugehen. In den folgenden Jahrzehnten schaffte er es, stets auf den Zeitgeist zu reagieren, und auch in wirtschaftsschwachen Zeiten erfolgreich Tee zu verkaufen.
Immer wieder bin ich fasziniert von englischen Mischungen oder auch “Blends”, die sogar in Form von Teebeuteln richtig gut schmecken können. Es ist eine Kunst für sich, Tees aus verschiedenen Regionen so zu kombinieren, dass sie am Ende ein harmonisches Gesamtbild ergeben und dieses Jahr zu Jahr aus sich verändernden Qualitäten neu zu komponieren. Besonders zum Frühstück weiß ich Blends besonders zu schätzen, da sie eine ausdrucksvolle Basis haben, die selbst bei Wurst und Käse präsent bleibt. Der “English Breakfast Tea” ist vermutlich die Mutter aller Frühstückstees, die mit der Königin Victoria (1819–1901) ihren wohl prominentesten Befürworter hatte, obwohl es auch Gerüchte gibt, die besagen, dass ein
englischer Teehändler diese Bezeichnung in Amerika für den Vertrieb verwandte.
Die Rezeptur des
“English Breakfast Tea” von Whittard of Chelsea wurde das letzte Mal vor 15 Jahren angepasst und besteht aus drei Komponenten: “Assam liefert die Stärke, Ceylon die Tiefe und Kenya die Farbe.” Die wenigen englischen Frühstückstees, die ich getrunken habe, gehen in eine ähnliche Richtung. Sie sind zwar kräftig, aber nur punktuell, besonders am vorderen Teil der Zunge. Das ist auch bei diesem Aufguss der Fall, der im Vergleich zum “German Breakfast Tea” – gemeint ist unsere Ostfriesenmischung – leichter und spritziger ausfällt. Eine Empfehlung an alle, denen Ostfriesenmischungen und “Irish Breakfast Teas” zu kräftig sind.
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Die Verpackung ist stilvoll designed und vermittelt einen hochwertigen Eindruck. |
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Links der “English Breakfast Tea” mit einem etwas gebrochenerem Blatt und rechts der Orange Pekoe mit etwas hellerem und größerem Blattgut. |
Für eine kleine Überraschung sorgte der Orange Pekoe aus Sri Lanka, im Tee-Jargon auch Ceylon genannt. Bekannt soll der Tee wegen seines Citrusaromas sein und ich gebe zu, dass ich solche Ceylon sehr zu schätzen weiß. Leider sind diese Tees recht schwierig zu bekommen. Die Hoffnung war dementsprechend groß, dass dieser Tee das einhalten würde, was er verspricht, doch beim Öffnen der Packung stelle ich fest, dass der einzigartige Ceylon aus dem Hamburger Wasserschloss offenbar einen nahen Verwandten hat. Beim Duft bin ich mir mit Frau S. nicht ganz einig. Ich bin der Meinung, dass der Blaubeerduft, der mich an Blaubeer-Muffins aus dem Uni-Café erinnert, eindeutig überwiegt. Frau S. hingegen tendiert eher zur Citrusfrucht ohne dabei die Blaubeere zu negieren. Der Tee ist allerdings kräftiger als sein Gegenpart aus dem Wasserschloss, was mir sehr entgegenkommt – bin ich doch ein Liebhaber kräftiger Tees. Da befinde ich mich mit Georg Orwell in guter Gesellschaft, der nach einer Übersetzung der Bloggerin Teekanne folgendes befand: “Alle wahren Teeliebhaber mögen ihren Tee nicht nur stark, sie mögen ihn mit jedem Jahr etwas stärker (…).”
Aber zurück zum Citrusduft: Kann es sein, dass sich meine Wahrnehmung verändert hat und ich deswegen den Citrusduft nicht mehr wahrnehme? Dann wäre es auch kein Wunder, dass ich so große Schwierigkeiten habe, entsprechende Ceylons zu finden. Andererseits ist die Blaubeernote, die ich und vor allem Frau S. zu schätzen weiß, auch eine Eigenschaft, die meines Erachtens bei Ceylontees sehr selten ist. Umso schöner ist es daher festzustellen, dass unser Fund im Wasserschloss kein Einzelfall ist und solche Tees auch andernorts vertrieben werden.
Fazit: Über die Entdeckung des Orange Pekoe bin ich sehr glücklich, weil ich befürchtete, dass der Ceylontee aus dem Wasserschloss eine Ausnahme darstellt und die Quelle eines Tages versiegen könnte. Da uns der Tee sehr ans Herz gewachsen ist, ist es beruhigend zu wissen, dass wir eine weitere Option in der Hinterhand haben. Der “English Breakfast” ist zwar auf seine Weise lecker, aber ich tendiere geschmacklich doch zu den “härteren” Assam-haltigen Ostfriesenmischungen und Irish-Breakfast-Teas. Wer sich für Blends interessiert, sollte mal einen Blick bei Whittard of Chelsea riskieren, denn sie haben noch einige traditionelle Mischungen in Petto, die sehr vielversprechend klingen: Z.B. Royal Blend, 1886 Blend, Irish Breakfast und Whittard Original.
Ich bedanke mich für die edle Spende!