Auf meiner Pu Erh-Reise mache ich heute Halt bei einem Klassiker unter den Pu Erhs, einem Tee aus dem renommierten Hause Menghai Tea Factory 孟海茶厂. Wie der letzte stammt auch dieser Pu Erh von einer der zahlreichen Probenaktionen von Chenshi Chinatee, die ich jetzt nach und nach verkosten darf. Vor einiger Zeit wurden im Teetalk-Forum Anfängern wie mir zwei weitere Pu Erh aus diesem Hause nahegelegt, weil diese “einfach nur schmeckten” und man nicht viel verkehrt machen könne. Auch dieser Pu Erh scheint in dieses Schema zu passen, denn Chris schreibt dazu:
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Longsheng Yiwu 2006
Der nächste Pu Erh auf meiner privaten Teereise ist einer aus dem Sortiment von Chenshi Chinatee. Chris ist der etwas andere Teehändler, der aufgrund seines Sinologie-Studiums und seiner chinesischen Frau gute Beziehungen zu Chinas Teewelt pflegt und immer wieder Schätze aus Fernost mitbringt. Auf Teetalk kennt man vor allem seine Sample-Aktionen, mit denen er die Mitglieder glücklich macht. Fünf waren es an der Zahl, ich habe jedes Mal mitgemacht, nur probiert habe ich die Pu Erhs selten, da mir die Zeit dazu fehlte.
Meine neue Pu Erh-Tasse, die von der Größe perfekt zum Mini-Gaiwan passt |
Ich mag die raue und grobkörnige Oberfläche besonders gern |
Heute schafft es aber der Longsheng aus Yiwu in die Tasse. Das Besondere an diesem Tee ist, dass er wunderschöne intakte Blätter hat und diese auch noch von ausgewachsenen Bäumen stammen sollen.
Die Blätter lassen sich zum Glück leicht aus dem Bing lösen |
Blatt
Man sieht viele schöne intakte Blätter und mag sie gar nicht voneinander trennen. Es sieht einfach zu schön aus, wie sie da ineinander verschlungen ein komplexes Ganzes ergeben. Dennoch muss ich da durch und schaffe es, einige Blätter ohne viel Bruch zu lösen.
Geruch
Der Longsheng hat einen sehr schweren und süßlichen Duft, der sich deutlich von den anderen zuvor verkosteten Pu Erh abhebt. Ist das darauf zurückzuführen, dass die Blätter von alten Bäumen sind? Liegt es an dem etwas höheren Alter? Oder doch die Lagerung? Zu viele Fragen und keine Antworten. Jedenfalls riechen sie auch etwas nach getrockneten Früchten (Pfirsich?) und etwas Leder. Im warmen Gaiwan nimmt der Pfirsich zu. Es ist auch etwas Tabak dabei, aber sehr dezent, was mir gefällt. Nach dem ersten Waschen riechen die Blätter etwas krautiger.
Geschmack
Der erste Schluck beruhigt mich ungemein. Kein Tabak, kein Rauch, es kann also losgehen. Zum ersten Mal merke ich so etwas wie Menthol. Im Rachen bildet sich eine angenehme Kühle. Dazu ist der Aufguss leicht süß.
Der zweite Aufguss hat mehr Körper und auch mehr Menthol. Danach wird es etwas krautiger mit Anklängen von Pfeffer. Das ist tatsächlich genießbar. Gefällt mir gut bis hier.
Der kühlende Effekt im Rachen ist wirklich interessant. Fast spannender als der Tee, obwohl sich das jetzt etwas fies anhört. Auch beim fünften komme ich nicht aus dem Staunen heraus. Liegt das an den alten Bäumen, dass dieser Menthol-Effekt so stark ist?
Der sechste Aufguss ist schön süß und hat wieder mehr Körper. Das kommt daher, dass ich ihn etwas länger ziehen lassen habe. Der Pfirsich kommt jetzt auch im Geschmack gut durch. Es geht weiter, der Longsheng ist dabei recht stabil im Geschmacksprofil. Einige Ausreißer gibt es aber doch. Beim zehnten notiere ich Stachelbeeren. Lecker! Danach wird es wieder krautiger (11.) und es kommt erstmals Sauerampfer mit etwas Leder (12.) durch. Danach ist aber Schluss.
Fazit
Ich habe schon komplexere Pu Erh getrunken, aber noch keinen, der eine solche kühlende Wirkung im Mundraum hatte, Viel habe ich darüber gelesen, aber noch nie selbst erlebt! Auch im Geschmack habe ich nichts gefunden, was mich stört. Im Gegenteil, ich fand den Tee von Beginn an sehr angenehm. Etwas erstaunt bin ich von dem Preis, das hört sich nach einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis an. Wer sich für den Longsheng interessiert, findet ihn hier. Das ist also Pu Erh Nr. 3, der mir richtig gut gefällt. Mal sehen, was als Nächstes in die Tasse kommt.
Pu Erh (Jingmai Laoshu 2004) mit einer Prise Salz
Frau S. wollte sich an diesem Experiment beteiligen, also habe ich ihr zuliebe einen Pu Erh ausgewählt, der schon etwas älter ist: Jingmai Laoshu 2004. Diesen Tee haben wir uns mit ein paar Mitgliedern aus dem Forum (teetalk.de) bei chenshi-chinatee.de gekauft und geteilt. Hier gibt es auch die Erfahrungen der anderen zum Nachlesen.
Das Blatt:
Die Blätter sind schon sehr dunkel und es gibt viele helle und teilweise goldene Tips |
Dieses Stück war teilweise ziemlich hart und ich musste sehr vorsichtig sein um die Blätter mit möglichst wenig Bruch herauszulösen. Ca. 4,5g sahen dann so aus:
Im vorgewärmten Gaiwan (eine chinesische Deckeltasse) steigen sehr harmonische Aromen auf, die an Tabak und Heu erinnern. Auch eine fruchtige Säure ist vernehmbar, die dem Tee eine leichte Frische verleiht. Nach dem ersten Waschen kommen andere Noten dazu: Es riecht etwas nach Medizin und Campher(?). Es riecht auch etwas nach Rauch und Honig, für Frau S. ist es vor allem der Rauch, den sie riecht und sie insgesamt an ihre Haare erinnert, die nach einem Abend mit rauchenden Freunden trotz Waschen ungefähr so riechen… Ok, ich sehe schon. Ihre Begeisterung hält sich in Grenzen.
Eine Tasse für mich und eine für Frau S. Die rechte Tasse ist aus Seladon |
Der erste Aufguss ist recht mild, erfrischend und belebt sofort den Mund. Die rauchige Note erinnert mich an geräucherten Schinken. Frau S. ist wenig begeistert und denkt an ausgerauchte Pfeifenasche, sie lässt mich jetzt mit dem Tee allein…
Dafür kann ich jetzt einen Becher für einen normalen Aufguss und einen Becher für einen gesalzenen Aufguss verwenden. Die Menge des Salzes beträgt nicht viel, vielleicht 10-15 feine Salzkörner. Dieser Aufguss ist etwas stärker geworden und verursacht eine trockene Kehle. Da war ich wohl nicht vorsichtig genug mit der Ziehzeit. Er schmeckt etwas kräuterig, hat viel mehr Wucht und Spitzen im Geschmack. Der mit Salz schmeckt runder und weicher, nimmt dem Tee seine Adstringenz, aber drängt auch die kräuterige Note etwas zurück. Trotzdem ein interessanter Effekt, der den Tee nicht negativ verändert. Trotzdem ist dieser Aufguss insgesamt zu heftig geraten. Ab jetzt bin ich vorsichtiger und lasse den Tee nur noch um die 25 Sekunden ziehen.
Tee-Utensilien bunt gemischt |
Kommen wir zum dritten Aufguss: Die kürzere Ziehzeit hat gewirkt, zwar trinke ich den Tee jetzt alleine, aber so kann ich mehr vergleichen. Ohne Salz schmeckt der Tee jetzt mineralischer, der geräucherte Schinken ist zwar weg, aber dafür wird der Tee jetzt süßer. Daher drehe ich den Tee Frau S. nochmal an, die nur noch “verbranntes Holz” schmeckt… Habe ich erwähnt, dass ich einen 180ml Gaiwan benutze? Wie soll ich denn jetzt den ganzen Tee alleine trinken? Gut, dass ich bei Stéphane einen Mini-Gaiwan mit 60ml bestellt habe. Zurück zum Geschmack: Dieser bleibt sehr lange im Mund erhalten und es fühlt sich ein bisschen so an, als hätte er sich in den Geschmacksknospen festgesetzt. Zum Neutralisieren erstmal einen Schluck Mineralwasser.
Nach dem vierten Aufguss habe ich mir die nassen Teeblätter vorgenommen. Die teilweise unterschiedliche Färbung erinnert mich an das jetzige Herbstlaub. Der Duft kommt einem Darjeeling Second Flush nahe. Dazu noch ein bisschen Bienenwachs?
Im Geschmack zeigt sich der Tee jetzt deutlich milder und süßer. Ein Effekt des Schluckes Wasser? Der Kräutergeschmack ist viel präsenter. Mit Salz wird der Geschmack wieder etwas runder und betont die mineralische Note. Dafür verschwinden die Kräuter wieder.
Ab dem fünften Aufguss wird der Tee süffiger. Die nur noch leichte Herbe und der Kräuter-Geschmack lassen mich an kühlen sanpin-cha サンピン茶 denken, den ich mal auf Okinawa getrunken habe (Grüntee mit Jasminblüten-Aroma).
Nach dem siebten Aufguss war für mich Schluss. Der Tee war zwar noch nicht am Ende, aber ich hatte kein heißes Wasser mehr und war eh mehr als “sitt”, weil ich die meiste Zeit für zwei trinken musste.
Viele schöne Blätter, die unterschiedlich gefärbt sind |
Die Blätter sind so unterschiedlich gefärbt und erinnern an Herbstlaub in all seiner Farbenpracht. Passend zur Jahreszeit!
Fazit: Eine Prise Salz kann einem Tee unangenehme Ecken und Kanten nehmen, aber leider auch wesentliche Nuancen ausblenden. Es ist ein interessanter Effekt, den ich ab jetzt häufiger testen werde. Der Tee war interessant und ich bin gespannt, ob er sich noch etwas entwickelt. Er erinnerte mich sehr an einen jungen Pu Erh von 2011, den wir von chenshi-chinatee.de als Gratisprobe erhalten haben, nur dass er viel lieblicher und runder ausfällt. Die unterschiedliche Wahrnehmung von mir und Frau S. spiegelt im Übrigen genau das wider, was Gero in seinem Blog beschreibt: Bei Tee gibt es keine Objektivität.