Weihnachten ist für mich immer eine besondere Zeit. Ich weiß, dass viele Leute von Weihnachten und dem ganzen Kommerz drumherum schon lange genervt sind und bei den Weihnachtsliedern, die ständig im Radio laufen, die Augen rollen. Gut, der Kitsch wird häufig übertrieben und der eigentliche Sinn ist schon lange aus den Augen verloren. Daher ist meine Freude vielleicht etwas erklärungsbedürftig. Ich mag Weihnachten wegen der christlichen Botschaft, die sich im Wesentlichen auf Nächstenliebe konzentriert, also auf den Anderen und nicht auf einen selbst. Und die Nächstenliebe ist ja eine Eigenschaft, welche uns Christen auszeichnen sollte und woran ich mir gerne ein Beispiel zu dieser Zeit nehme, wenn ich meine Prioritäten, die ich mir so gesetzt habe, nochmal überdenke. Ich freue mich auf meine Familie und auf die Tradition den anderen etwas zu schenken. Schon früh habe ich gemerkt, dass es mir mehr Freude bereitet jemandem ein Geschenk zu schenken, über das er sich freut, als beschenkt zu werden.
Diese besondere Zeit nutze ich auch gerne für besondere Dinge, schließlich wird ja ein Geburtstag gefeiert. Da darf auch mal etwas Feines zubereitet werden. Dieses Jahr habe ich fast jeden Tag in der Bibliothek verbracht und hatte wenig Zeit meinen Hobbys nachzugehen, doch Samstag war endlich wieder so ein Tag. Weil Weihnachten zum Greifen nahe war, habe ich die Lust verspürt den Augenblick mit einem besonderen Tee zu feiern, den ich vor einigen Wochen von Frau Meyerhöfer-Wolf vom
Teehaus Krefeld als Probe geschenkt bekommen habe.Der Tee ist deswegen etwas besonderes, weil er aus einer Variation der Teepflanze gewonnen wird, die sich in besonders heißen Sommern mit einem Stoff zu schützen weiß, der Anthozyan heißt und die Blätter färbt. Sie sind dann nicht mehr grün, sondern können lila, manchmal sogar rot werden. Für diese Färbung ist der Stoff Anthozyan verantwortlich, welches gleichzeitig zu den Phenolen gehört, die eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben und wichtige Geschmackstoffe sein können. Kurze Nebenbemerkung: Diese Variation soll mittlerweile sogar in Kenya angebaut werden. Der Name des Tees lautet Mo Zhen und er soll von über 300 Jahre alten Bäumen stammen.
Der Tee besteht ausschließlich aus feinen nadeligen Spitzen wie man es sonst von der Silbernadel (Yin Zhen, ein weißer Tee) kennt. Auch der Mo Zhen hat diesen weißen Flaum an einigen Blättern, welche für einen silbrigen Schein sorgen. Schaut man sich die Blätter an, sieht man die lila Färbung kaum oder nur mit etwas Fantasie. Das Grün überwiegt eindeutig, was daran liegt, dass die frischen Blätter überwiegend grün sind und diese Färbung uneinheitlich auftritt. Aber selbst auf diesem Foto kann man einige Blätter sehen, die leicht in diese Richtung tendieren.
Der Duft überrascht. Ich bin kein Pu Erh-Experte und habe bisher vielleicht etwas über 20 Sorten probiert, aber dieser Tee ist anders und gibt ein feines Aroma ab, welches mich an Blüten und Pollen erinnert. Auch daher kommt gleich die Assoziation zu Honig auf. Pu Erh ging für mich sonst immer in eine rustikalere Richtung wie Rauch, Pilze, Walderde, Leder und Holz.
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3g Tee auf 60ml kochendes Wasser |
Vor einiger Zeit habe ich bei
Stéphane eine Gaiwan (chinesische Deckeltasse) gekauft, die eine feine Seladon-Glasur trägt und sich durch einen sehr dezenten Blaustich auszeichnet. Das besondere ist nicht die Glasur, sondern die Größe: Der Inhalt beträgt nur 60ml! Stéphane hat mir mit seinem Blog diese “Mini-Gaiwan” schmackhaft gemacht, weil man durch die kleinere Größe weniger Tee verbraucht. Tee (und somit Geld) Sparen ist aber nicht der eigentliche Grund für den Kauf gewesen. Gerade bei Pu Erh und einigen Oolong-Sorten habe ich gemerkt, dass ein größeres Gefäß mit sagen wir 180ml (also das Dreifache) über die Aufgüsse so viel Tee ergibt, dass ich die Lust am Tee verliere, ehe der Tee ausgeschöpft ist. Mit dieser Gaiwan entgehe ich diesem Problem, weil ich nicht gezwungen werde, mehrere Liter in kurzer Zeit zu trinken.
Im aufgewärmten Gaiwan werden die Aromen des Tees deutlicher. Neben dem Blüten- und Honigduft kommen leichte Röstnoten auf, die mich spontan an Long Jing erinnern. Eine interessante Mischung mit einer Würze wie bei Kemmsche-Keksen.
Nach einem kurzen Spülgang lasse ich die Blätter kurz ziehen und beobachte die Veränderung des Aromas. Die feinen Noten werden deftiger und krautiger. Bei Pu Erh kommt häufig Kampfer durch, bei diesem aber muss ich eine polnische Suppe denken, die aus Wiesen- und Sauerampfer hergestellt wird. Eine schöne Kindheitserinnerung. Der Honig gerät in den Hintergrund und besonders auffällig ist, dass keine Spuren von Rauch wahrnehmbar sind. Schön!
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Der erste Aufguss ergibt ein kräftiges Gelb-Orange |
Der erste Aufguss lässt mich zuerst an Grüntee denken. 15 Sekunden Ziehzeit ergaben einen nicht allzu starken Geschmack, der leicht süß und wie ein chinesischer Tianmu erschien. Der Duft des nassen Blattes wurde komplexer mit Spuren von Vanille (ich) und Schokolade (Frau S.).
Der zweite Aufguss wurde stärker und vollmundiger. Ein bisschen Kampfer kommt jetzt aber doch durch und beim dritten Aufguss wurde er auch im Geschmack krautiger.
Beim vierten Aufguss konnte ich auch im Geschmack die Parallele zur Ampfersuppe schmecken. In Japan gibt es für den Ausdruck nostalgischer Momente ein Adjektiv, welches mir im Deutschen fehlt: Natsukashii! Wie gerne würde ich wieder diese Suppe essen!
Im fünften Aufguss ist die Süße besonders herausragend, die sich bis in den nächsten Aufguss zieht. Im siebten und achten Aufguss wurde sie wieder durch krautige Aromen abgelöst, die mich an Grünkohl denken ließen. In der Nase aber waren es die Kemmsche-Kekse. Interessante Mischung.
Ab dem neunten Aufguss ließen die oben beschriebenen Aromen nach und der Tee entwickelte sich wieder in Richtung Grüntee mit einer fruchtigen und spritzigen Säure. Auch diese Aromen ließen mit den Aufgüssen nach, aber es konnten insgesamt 13 Aufgüsse (knapp 800ml Tee) zubereitet werden.
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Bei einigen Blättern kann man leichte Färbungen erkennen, die lila erscheinen. |
Die Teeblätter bestehen ausschließlich aus jungen Teeblättern und Knospen, die häufig in der bekannten “two leaves and a bud”-Konstellation vorkommen. Sie sind in einem sehr guten Zustand und an einigen kann man Verfärbungen erkennen, die mich eigentlich an Oxidationsspuren erinnern würden. Aber vor dem Hintergrund, dass die Blätter diese Farbe von Natur aus haben sollen, ist die Färbung wohl eher auf das Anthozyan zurückzuführen.
Fazit: Der Mo Zhen ist (zumindest für mich) kein typischer Pu Erh und eine Empfehlung für all jene, die ein dominantes Tabak- und Rauch-Aroma nicht mögen oder Pu Erh bevorzugen, die geschmacklich in Richtung Grüntee tendieren. Auch Einsteigern, die schlechte Erfahrungen mit Pu Erh gemacht haben, sei dieser Tee ans Herz gelegt. Doch wie kommt das eigene Aroma zustande? Ist es deswegen, weil besonders junge Blätter benutzt werden? Und wie hoch ist der geschmackliche Anteil, der auf die Merkmale der Tee-Variation zurückgeht? Da ich keine Vergleichswerte habe, muss ich die Fragen aufschieben. Ich danke dem Teehaus Krefeld für diese interessante Erfahrung und wünsche allen Lesern ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!