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Bannachas Jingmai 2010 (Pu Erh)

Bannachas Jingmai 2010 (Pu Erh)

Vor einigen Wochen machte ich eine Bestellung bei einem französischen Pu Erh-Importeur namens William, der uns im Tee-Forum von Gero empfohlen wurde. Viele kennen vielleicht die romantische Vorstellung, dass Teehändler noch selbst in die Anbauländer fliegen um dort den Teeanbau zu inspizieren und eine Auswahl für ihre Kunden zu treffen. Dass die Realität häufig anders aussieht, soll heute nicht thematisiert werden, viel mehr möchte ich auf eben solch einen Teehändler hinweisen, der das tatsächlich neben seinem Studium tut und über seine Geschäftsreisen auch regelmäßig in seinem Blog berichtet. Bereits mit 16 hat er angefangen Tee zu trinken und kam eines Tages zu Pu Erh, ist dann für ein Jahr nach Yunnan gegangen um Land, Leute aber vor allem Tee kennenzulernen. Aus dieser Leidenschaft entstand eine Geschäftsidee und mit dem Tee, den er anbietet, möchte er seinen Beitrag dazu leisten, dass Menschen an Tee bzw. Pu Erh Gefallen finden. Seinen e-Shop (bannacha.com) findet ihr hier.Nein, ich bekomme kein Geld für die “Werbung”, aber wenn ich von etwas begeistert bin, dann informiere ich mich und gebe meine Begeisterung auch gerne weiter. Und es ist sicher kein Zufall, dass Gero ein ähnliches Lobeslied auf William gesungen hat. Auch das ist nicht abgesprochen. Ich habe den Eintrag schon am Freitag angefangen zu schreiben, bin aber leider erst jetzt dazu gekommen ihn fertigzustellen.
Kommen wir zum Tee. Ich gebe zu, dass ich ein Anfänger in Sachen Pu Erh bin und wäre Gero nicht gewesen, dann hätte ich mich an das Thema auch nicht so schnell herangewagt, weil meine ersten Erfahrungen sehr schlecht waren. Zum Glück probiere ich von Natur aus gerne neue Tees und bin bereit trotz schlechter Erfahrungen einen neuen Anlauf zu wagen. “Zum Glück” deswegen, weil es schon einige Pu Erh gab, die wirklich fantastisch schmeckten. Über jungen Pu Erh hört man häufig viel Schlechtes. Je nach Autor ist es quasi nur Ausgangsmaterial, welches erst noch reifen muss, wie z.B. Käse, ehe es genossen werden kann. Es gibt aber auch einen anderen Ansatz, den z.B. Stéphane vertritt: Ein lagerfähiger Pu Erh müsse schon von Anfang an gut im Geschmack sein und ein schlechter Pu Erh würde auch nach vielen Jahren nicht wirklich besser werden. Folglich assoziiert er Pu Erh mit Wein, weil sich nicht jeder Wein gleich gut für eine Lagerung eignet.Ich habe bisher wenige junge Pu Erh getrunken und nicht jeder davon hat mir wirklich gelegen, aber ich kann sagen, dass der Jingmai 2010 mir wirklich geschmeckt hat! Besonders hervorgehoben gehört an dieser Stelle der Preis! 15 Euro für 400g ist ein echtes Schnäppchen!
Einen Bericht zu einem anderen Jingmai aus einer älteren Ernte von 2004 findet ihr hier. Der Tee ist nach seiner Herkunft (Jingmai-Gebirge 景迈山) benannt und es handelt sich um einen Plantagen-Tee (im Gegensatz zu wild wachsenden Bäumen). Der Produzent ist die Guan Zi Zai tea company, welche den rohen Tee (maocha) in Jingmai einkauft und dann weiterverarbeitet. Das hört sich zwar weniger romantisch an, es handelt sich aber um ein Familienunternehmen, welches aus Überzeugung Plantagentee herstellt.Solche Plantagen sehen übrigens so aus.

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Die Fotos gehören William und somit auch das Copyright. Ich darf sie freundlicherweise verwenden.
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William hat einen Blog auf Englisch über diese Region verfasst und mit vielen hübschen Fotos geschmückt, die ihr euch hier und hier ansehen könnt.


Größere Kartenansicht

Die Jingmai-Teeplantagen liegen nordwestlich der bekannten Menghai-Region und etwas weiter im Westen befindet sich bereits Myanmar. Die Bevölkerung setzt sich aus der Dai-Ethnie zusammen. Neben den Tee-Plantagen gibt es auch eine Vielzahl an wildwachsenden Bäumen, von denen einige bereits über 1000 Jahre alt sein sollen. Sie gelten auch als Zeugen für die bereits 1300 jährige Teekultur.

William hat mir netterweise ein paar Fotos zur Verfügung gestellt, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Auf diesen Fotos sind die wilden Tee-Bäume besonders gut zu sehen.

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Kommen wir zur Beschreibung des Jingmai 2010:

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Der Brocken sieht fester aus als er ist

Beim abgebrochenen Stück fällt bereits auf, dass viele Ansätze von Blättern zu erkennen sind. Sie sind unterschiedlich gefärbt und überwiegend grün in verschiedenen Abstufungen. Würde der Tee noch ein paar Jahre anständig lagern, würden sich die Blätter immer dunkler färben (zum Vergleich könnt ihr hier die Verkostung eines 2004er Jingmai nachlesen, der allerdings etwas zu fest gepresst oder zu trocken gelagert wurde).Wegen der anständigen Pressung, sieht man den Blättern noch nicht an, in welchem Zustand sie sind: Werden sie gut erhalten sein oder doch eher zerstückelt? Wir werden sehen.
Der Geruch ist im trockenen Zustand nicht so stark, aber er erinnert etwas an eine Mischung aus Zitronengras, Schuhcreme und dezentem Rauch – in dieser Konzentration sehr angenehm. Auch wenn Schuhcreme dem einen oder anderen etwas negativ vorkommen könnte.

Die Beschreibung des Geschmacks ist natürlich sehr subjektiv und es kann gut sein, dass andere Tee-Trinker die Aromen mit etwas Anderem assoziieren. Ich gebe nur die Aromen wieder, die in unserer Runde explizit genannt wurden.
Der erste Aufguss war kaum in Worte zu fassen und sehr süß, aber auch frisch.

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Foto des zweiten Aufgusses

Die ersten Aufgüsse sind in der Tassenfarbe sehr hell und erinnern an Grüntee. Kein Wunder, schließlich sind die Blätter noch vergleichsweise jung. Ab dem zweiten Aufguss gesellt sich etwas Minze und die Säure eines Apfels dazu.
Der dritte Aufguss war wohl etwas zu lang gezogen, denn die Säure war ein bisschen zu stark für meinen Geschmack. Auch die Adstringenz hat zugenommen. Das wiederholte sich auch beim vierten Mal. Der Geschmack wurde herber, aber es kamen auch Spuren von rotem Pfeffer dazu. Der Tee bekam außerdem eine ölige Konsistenz, was ich wiederum sehr angenehm fand.

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Fünfter Aufguss

Ab dem fünften Aufguss wurde der Tee süßer und süffiger. Ab dem sechsten vernahm ich herb-fruchtige Säure wie ich sie von Pampelmusen kenne. Der Tee erwies viel Ausdauer und gab bis zum 12. Aufguss kaum nach. Beim zehnten Mal notierte ich noch einen kräuterigen Geschmack und beim zwölften deutliche Fruchtnoten.

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Der Blick in den Gaiwan verrät, dass viele intakte Blätter in unserem Stück enthalten waren, was wir auch schon anders erlebt haben. Häufig ist es andersherum: Kleine und zerhackte Blätter sind häufiger und intakte Blätter – wenn überhaupt – kommen nur vereinzelt vor. Darunter befanden sich solche prächtigen Exemplare:

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Fazit: Ein toller junger Pu Erh, den wir sehr genossen haben. Wie der wohl bei optimaler Lagerung in ein paar Jahren schmeckt?

Pu Erh (Jingmai Laoshu 2004) mit einer Prise Salz

Pu Erh (Jingmai Laoshu 2004) mit einer Prise Salz

Im letzten Blog habe ich geschrieben, dass man den Tee im China der Tang-Zeit (618-907) mit verschiedenen Zugaben kochte. Der Tee war ein zu Blöcken gepresster Tee, der vermutlich Ähnlichkeit mit Pu Erh hatte. Die Ähnlichkeit besteht darin, dass der Tee bei Lagerung nachfermentieren kann. Das gilt vor allem für die südlichen Regionen Chinas, die für ein sehr warmes aber feuchtes Klima bekannt sind und wo sich Pilze wohlfühlen. Allerdings ist nicht bekannt ob diese Nachfermentierung überhaupt willentlich praktiziert wurde. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass Tee relativ frisch konsumiert wurde. Diesen Tee kann man heutzutage natürlich nicht mehr trinken, aber nehmen wir mal an, dass dieser Tee mit Pu Erh Ähnlichkeit hat und halten uns an Lu Yu, der seinem Tee noch Salz verabreichte. Die Vorstellung, Salz in Getränke zu schütten, ist auf den ersten Blick nicht besonders appetitlich. In einigen Kulturkreisen ist das aber gar nicht so unüblich. Unsere französischen Freunde mögen zum Beispiel gerne salziges Mineralwasser. Für mich war das Grund genug um ein kleines Experiment zu wagen.

Frau S. wollte sich an diesem Experiment beteiligen, also habe ich ihr zuliebe einen Pu Erh ausgewählt, der schon etwas älter ist: Jingmai Laoshu 2004. Diesen Tee haben wir uns mit ein paar Mitgliedern aus dem Forum (teetalk.de) bei chenshi-chinatee.de gekauft und geteilt. Hier gibt es auch die Erfahrungen der anderen zum Nachlesen.

 Das Blatt: 

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Die Blätter sind schon sehr dunkel und es gibt viele helle und teilweise goldene Tips

Dieses Stück war teilweise ziemlich hart und ich musste sehr vorsichtig sein um die Blätter mit möglichst wenig Bruch herauszulösen. Ca. 4,5g sahen dann so aus:

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Im vorgewärmten Gaiwan (eine chinesische Deckeltasse) steigen sehr harmonische Aromen auf, die an Tabak und Heu erinnern. Auch eine fruchtige Säure ist vernehmbar, die dem Tee eine leichte Frische verleiht. Nach dem ersten Waschen kommen andere Noten dazu: Es riecht etwas nach Medizin und Campher(?). Es riecht auch etwas nach Rauch und Honig, für Frau S. ist es vor allem der Rauch, den sie riecht und sie insgesamt an ihre Haare erinnert, die nach einem Abend mit rauchenden Freunden trotz Waschen ungefähr so riechen… Ok, ich sehe schon. Ihre Begeisterung hält sich in Grenzen.

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Eine Tasse für mich und eine für Frau S. Die rechte Tasse ist aus Seladon



Der erste Aufguss  ist recht mild, erfrischend und belebt sofort den Mund. Die rauchige Note erinnert mich an geräucherten Schinken. Frau S. ist wenig begeistert und denkt an ausgerauchte Pfeifenasche, sie lässt mich jetzt mit dem Tee allein…

Dafür kann ich jetzt einen Becher für einen normalen Aufguss und einen Becher für einen gesalzenen Aufguss verwenden. Die Menge des Salzes beträgt nicht viel, vielleicht 10-15 feine Salzkörner. Dieser Aufguss ist etwas stärker geworden und verursacht eine trockene Kehle. Da war ich wohl nicht vorsichtig genug mit der Ziehzeit. Er schmeckt etwas kräuterig, hat viel mehr Wucht und Spitzen im Geschmack. Der mit Salz schmeckt runder und weicher, nimmt dem Tee seine Adstringenz, aber drängt auch die kräuterige Note etwas zurück. Trotzdem ein interessanter Effekt, der den Tee nicht negativ verändert. Trotzdem ist dieser Aufguss insgesamt zu heftig geraten. Ab jetzt bin ich vorsichtiger und lasse den Tee nur noch um die 25 Sekunden ziehen.

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Tee-Utensilien bunt gemischt


Kommen wir zum dritten Aufguss: Die kürzere Ziehzeit hat gewirkt, zwar trinke ich den Tee jetzt alleine, aber so kann ich mehr vergleichen. Ohne Salz schmeckt der Tee jetzt mineralischer, der geräucherte Schinken ist zwar weg, aber dafür wird der Tee jetzt süßer. Daher drehe ich den Tee Frau S. nochmal an, die nur noch “verbranntes Holz” schmeckt… Habe ich erwähnt, dass ich einen 180ml Gaiwan benutze? Wie soll ich denn jetzt den ganzen Tee alleine trinken? Gut, dass ich bei Stéphane einen Mini-Gaiwan mit 60ml bestellt habe. Zurück zum Geschmack: Dieser bleibt sehr lange im Mund erhalten und es fühlt sich ein bisschen so an, als hätte er sich in den Geschmacksknospen festgesetzt. Zum Neutralisieren erstmal einen Schluck Mineralwasser.


Nach dem vierten Aufguss habe ich mir die nassen Teeblätter vorgenommen. Die teilweise unterschiedliche Färbung erinnert mich an das jetzige Herbstlaub. Der Duft kommt einem Darjeeling Second Flush nahe. Dazu noch ein bisschen Bienenwachs?
Im Geschmack zeigt sich der Tee jetzt deutlich milder und süßer. Ein Effekt des Schluckes Wasser? Der Kräutergeschmack ist viel präsenter. Mit Salz wird der Geschmack wieder etwas runder und betont die mineralische Note. Dafür verschwinden die Kräuter wieder.

Ab dem fünften Aufguss wird der Tee süffiger. Die nur noch leichte Herbe und der Kräuter-Geschmack lassen mich an kühlen sanpin-cha サンピン茶 denken, den ich mal auf Okinawa getrunken habe (Grüntee mit Jasminblüten-Aroma).
Nach dem siebten Aufguss war für mich Schluss. Der Tee war zwar noch nicht am Ende, aber ich hatte kein heißes Wasser mehr und war eh mehr als “sitt”, weil ich die meiste Zeit für zwei trinken musste.


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Viele schöne Blätter, die unterschiedlich gefärbt sind

Die Blätter sind so unterschiedlich gefärbt und erinnern an Herbstlaub in all seiner Farbenpracht. Passend zur Jahreszeit!
Fazit: Eine Prise Salz kann einem Tee unangenehme Ecken und Kanten nehmen, aber leider auch wesentliche Nuancen ausblenden. Es ist ein interessanter Effekt, den ich ab jetzt häufiger testen werde. Der Tee war interessant und ich bin gespannt, ob er sich noch etwas entwickelt. Er erinnerte mich sehr an einen jungen Pu Erh von 2011, den wir von chenshi-chinatee.de als Gratisprobe erhalten haben, nur dass er viel lieblicher und runder ausfällt. Die unterschiedliche Wahrnehmung von mir und Frau S. spiegelt im Übrigen genau das wider, was Gero in seinem Blog beschreibt: Bei Tee gibt es keine Objektivität.