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Rakuyô Kabusecha von Marukyû Koyamaen

Rakuyô Kabusecha von Marukyû Koyamaen

Marukyû-Koyamaen gehört mit Sicherheit zu den japanischen Tee-Unternehmen mit der höchsten Reputation. Das liegt nicht unbedingt an der Länge der Tradition, schließlich gibt es besonders in Kyôto noch andere Unternehmen mit einer ähnlich langen Geschichte, aber was mich immer begeistert hat, ist, dass gerade Marukyû-Koyamaen seit langer Zeit prominente Teeschulen mit Matcha beliefert, die ihrem Geschmacksprofil entsprechen. Dies zeigt, dass die Qualität von den jeweiligen iemoto als “gut genug” befunden wird. Solche Kooperationen zwischen Herstellern und Teeschulen haben in Japan lange Tradition. So haben schon die Raku-Töpfer für die Urasenke vor mehreren hundert Jahren Serienanfertigungen bestimmter schwarzer Matcha-Teeschalen hergestellt. Aber ich schweife ab…
Heute geht es zwar nicht um Matcha, dafür aber um einen bis zu sieben Tage beschatteten Kabusecha, der ja ebenfalls zu den feineren Grüntees Japans gehört. Marukyû-Koyamaen stellt nämlich nicht nur Matcha her, sondern auch diverse Blatttees, von denen es bis zu 10 Qualitätsstufen gibt. Die Kategorie Kabusecha umfasst drei Qualitäten, von denen ich die mittlere probieren darf: Rakuyô (洛陽*).*Rakuyô ist ein alternativer Name für Kyôto.

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Das traditionelle Design der Dose ist sehr ansprechend


Geschichte
Aller Anfang ist schwer: Zwischen 1688-1704 hat ein Mann namens Kyûjiro Koyama in Ôgura (Uji) angefangen Tee anzubauen. 300 Jahre später gilt er als der Begründer eines der bekanntesten Tee-Hersteller, welcher in diversen Kategorien mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. Als die Urasenke als einzige japanische Teeschule in Freiburg eine internationale Zweigstelle eröffnete, musste die Versorgung mit Matcha gewährleistet werden. Es entstand das Geschäft “Grüner Tee von Marukyû-Koyamaen“, welches in Zürich und Stuttgart ansässig ist und deren Betreiber selbst Seminare der Urasenke in Freiburg besucht haben. Hier kann jeder Europäer in den Genuss diverser Spezialitäten kommen.

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Frisch eingetroffen: Ein Teeboot von Miroslava Randová und Seladon-Becher von Petr Novák

Verpackung
Der Tee kommt in einer ansprechenden Dose, dem Päckchen liegen noch Informationen zu Marukyû-Koyamaen und Zubereitungstipps bei. Auch die Beigaben machen einen hochwertigen Eindruck, man bekommt das Gefühl, etwas Besonderes erhalten zu haben. Der Tee befindet sich in der versiegelten Dose, deren Metalldeckel man erst abziehen muss. Darin ist eine Plastiktüte mit dem Kabusecha.

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Unter dem Dosendeckel befindet sich ein japanisches Faltpapier mit Zubereitungsempfehlungen
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So bleibt der Tee garantiert frisch

Blatt
Ein kurzer Blick genügt und man sieht sofort, dass diese Blätter eine kräftige dunkle Farbe haben. Rein optisch könnte man ihn auch mit einem guten Sencha verwechseln, denn auch diese können beschattet dunkler ausfallen. Hier und da lassen sich hellgrüne Fasern finden, die vermutlich aus Stängeln und Blattrippen bestehen.

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Schöne dunkelgrüne Farbe der beschatteten Blätter

Duft
Schnuppert man an der Tüte, dann kommt einem ein leichter, grasiger Duft entgegen. Im Hintergrund ist ein schwerer Duft, der erahnen lässt, in welche Richtung es gehen wird. In der warmen Shiboridashi wandeln sich die Aromen, es duftet nach gebackenem Brot (mit Kürbiskernen?) und gerösteten Algen.

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Zubereitung
5g auf 100ml, ca. 75°C heißes Wasser, Ziehzeiten in Sekunden: 60/10/20/40/80/120

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Geschmack
Der erste Schluck ist eine komplexe Zusammensetzung verschiedener gut ausbalancierter Aromen. Anfangs schmeckt er etwas wuchtig und hat eine bittersüße Note, die mir durchaus gefällt. Wenn ich etwas inne halte, setzt sich die Süße durch und ich genieße einen langen Nachgeschmack. Der Umami-Geschmack ist für mich von der Intensität her genau richtig und fügt sich harmonisch in die Süße ein. Der Tee schmeckt immer noch leicht grasig und schön frisch, wie man es von Sencha gewöhnt ist. Was mir auch auffällt, ist der herrlich süße Duft der jetzt leeren Tasse!

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Auch der zweite Aufguss ist richtig klasse. Zwar ist er nicht so intensiv wie der erste, aber auch jetzt kommt eine vollmundige Süße gepaart mit Umami gut zum Ausdruck. Das Mundgefühl erinnert mich etwas an trockenen Rotwein, womit ich nicht die adstringierende Wirkung meine, sondern das samtige Gefühl. Trotzdem hat der Rakuyô genug Biss und Tiefe mit einem Schuss Nadelbaum-Aroma (was ich vermutlich exklusiv so schmecke).

Ab dem dritten Aufguss wird der Tee deutlich süffiger und milder. Er verliert (natürlich) an Komplexität, ist aber einfach nur lecker. Überraschend ist die hohe Ausdauer, denn er macht bis zum sechsten Aufguss mit, behält einen vollmundigen Geschmack und wird dabei immer süßer, so dass wir bei der letzten Tasse denken, dass jemand versehentlich Zucker hineingetan haben könnte.

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Fazit
Bei diesem Kabusecha handelt es sich definitiv um einen Qualitätstee, den ich mir gerne häufiger aufbrühen werde. Für mich stimmt einfach alles! Wenn man bedenkt, dass man diesen Tee für 17 Euro (100g!) erwerben kann, dann ist das meiner bescheidenen Meinung nach ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Grüner Tee Koyamaen.

Nächster Versuch mit Keiko-Tees: Soshun

Nächster Versuch mit Keiko-Tees: Soshun

Lange Zeit war es hier still, fast einen Monat lang gab es keinen neuen Blog. Diese kleine Durststrecke passierte nicht ganz unfreiwillig, denn aus Frau S. ist Frau P. geworden und so ein schönes Ereignis hält einen dann doch mal vom Schreiben ab. Tee wird plötzlich sekundär – Recht so!Aber da es hier um Tee geht, kehren wir zu diesem Thema zurück und widmen uns einem Tee, den ich noch vor der Hochzeit getrunken habe. Der letzte Blog beschäftigte sich noch mit Keiko-Tees und daran würde ich gerne anknüpfen. Dieses Mal soll aber ein Halbschattentee (jap.: kabusecha 被せ茶, Abgedeckter Tee) des Unternehmens im Vordergrund stehen, denn schließlich sind es auch diese Tees, auf die sie sich spezialisieren. Eine Beschreibung der Herstellungsweise findet ihr auf der Seite von Keiko. Key beschreibt in seinem Blog die Eigenheit eines kabusecha wie folgt:

kabuse, genauer kabusecha, ist ein künstlich beschatteter tee. es werden etwa eine woche vor der ernte sehr feinmaschige netze über die pflanzen gezogen, die rund 50% des sonnenlichts wegfiltern. durch den teilweisen lichtentzug bilden sich weniger bitterstoffe/katechine, dafür mehr aminosäuren/theanin. halbschattentees sind milder als vergleichbare senchas.

Der Soshun (nach Keiko als “zeitiger Frühling” übersetzt), der bereits im April in Kagoshima gepflückt wurde, soll sich durch einen samtigen Geschmack, eine intensive Süße und einen sogenannten “wiederkehrenden Geschmack” auszeichnen. Spontan denke (nicht nur) ich an die wiederkehrende Süße des Pu Erh, die sich am Gaumen manifestiert. Bei diesem Tee wirkt sich das allerdings etwas anders aus.

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Optik und Aroma
Meine kleine Probe enthielt leider überwiegend gebrochene Blätter, bei einem Kauf einer ganzen Packung dürfte dies anders aussehen. Das Blatt ist dunkelgrün und optisch von einem Gyokuro kaum zu unterscheiden – ich könnte es nicht. Im warmen Gaiwan steigt eine intensive Süße auf. Die Aromen sind die gleichen wie bei japanischem Süßgebäck, das mit Algen zubereitet wird. Eine sehr harmonische Kombination, die auch ein bisschen an Waffeln erinnert.

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Geschmack
Der erste Aufguss kommt mit 70°C und 90 Sekunden Ziehzeit (3g auf 60ml) wunderbar zurecht. Anders als der zuletzt beschriebene Benifuuki. Der Soshun bringt einen sehr edlen und runden Umami-Geschmack hervor, den ich mir gerne auf der Zunge zergehen lasse. Der Geschmack ist langanhaltend, fühlt sich tatsächlich samtig an und wandelt sich in Richtung Fleisch. Diese Assoziation mag nicht jeder teilen, ich finde aber, dass saftiges Fleisch oder auch Suppenfleisch abseits der hinzugefügten Gewürze über genau diesen Geschmack verfügt. Lecker!

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Nach 90 Sekunden erstaunlich klar und hell!

Der zweite Aufguss gibt den verbleibenden Umami-Geschmack preis, ist jetzt endlich süß und komplex. Das Samtige weicht etwas dem Öligen und im ersten Moment denke ich an Spinat und frische Gemüsebrühe, das Empfinden ist sehr “dicht”. Die hohe Konzentration der Geschmacksstoffe macht dies wohl möglich. Darüber hinaus passiert etwas mit dem langanhaltenden Geschmack wie schon beim ersten Aufguss: ist das der wiederkehrende Geschmack, von dem Keiko schreibt? Erst im Nachklang kommt wieder das Fleisch gepaart mit einer feinen Süße.

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Der dritte Aufguss ist schön trüb geraten

Ab dem dritten Aufguss normalisieren sich die Aufgüsse und sind nicht mehr so intensiv wie die vorherigen. Ich notiere dafür gegrillte grüne Mini-Paprika. Und ab dem fünften bilde ich mir sogar einen pikanten Geschmack ein. Geht das überhaupt? Bis zum siebten Aufguss mache ich weiter und bin verblüfft, dass der Tee einen sehr langen Nachgeschmack bietet.

Fazit
Der Soshun gehört sicherlich nicht zu den Schnäppchen unter den japanischen Tees des deutschen Tee-Markts. Blende ich den Preis aus (über 20 Euro für 50g), dann muss ich gestehen, dass mir dieser Tee eine Menge Spaß gemacht hat. Die Intensität und der mysteriöse wiederkehrende Geschmack, den ich für mich in Richtung Fleisch gedeutet habe, sorgten für einen Aha-Effekt. Das Sortiment von Keiko ist mit Halbschattentees prall gefüllt. Ob sich da noch mehr solcher Schätze verbergen?