Die Vorfreude auf Japan ist so groß, dass ich an kaum etwas Anderes mehr denken kann. Noch sieben Tage, dann geht es auf nach Kyôto. Wir werden uns Tee- und Keramikläden ansehen, nach Uji fahren und dort natürlich Uji-Sencha trinken. Dann geht es außerdem nach Osaka, Tokyo, Kanazawa, Fukui und Takayama. Am Ende der dreiwöchigen Reise fahre ich noch zu meiner Mutterfirma, um vor Ort weitergebildet zu werden. Besser gehts nicht, oder?
Um die Vorfreude gebührend zu feiern, habe ich mir aus dem Eisfach einen Uji-Sencha geholt, den ich mir irgendwann mal in Kyôto gekauft haben muss. Es handelt sich dabei um ein sehr schönes traditionelles Geschäft, welches den Tee noch in Keramikkrüge füllt und erst in der Herbstzeit nach einer gewissen Reifezeit verkauft. Auf diese Weise bleibe noch ein bisschen Restsauerstoff zurück und der Tee verliere dadurch an Schärfe, während Körper und Umami erhalten blieben.
Eigenen Angaben zufolge besteht das Geschäft an derselben Stelle schon seit 1803. Die Betreiber konzentrieren sich seit der Gründung auf eigene Blends, die ihrer Meinung nach den Geschmack von Uji-Tee am besten zum Ausdruck bringen.
Der vorliegende Grüntee ist ein Sencha gehobener Qualität, da er mit der Bezeichnung “Jô” klassifiziert wird. Ich habe ihn daher nach der entsprechenden Methode gebrüht.
Blatt
Die Blätter sind tiefgrün, allein an dieser Farbe merkt man sofort, dass es sich hierbei um erste Ernte handelt. Die Blattstruktur ist weitestgehend in Ordnung, es ist nur sehr wenig Blattbruch enthalten, weswegen ich auf eine kurze Bekämpfungszeit (asamushi) schließe.
Duft
Gleich nach dem Öffnen der vakuumierten Tüte bin ich etwas irritiert, denn vom Tee ist kaum etwas wahrzunehmen. Vielmehr habe ich das Gefühl, dass nur der Kunststoff der Innenbeschichtung zu vernehmen ist. Auch meine Frau stimmt mir hier zu.
Riecht man an den Blättern selbst, ist mehr zu erahnen. Einen Vorgeschmack auf das, was kommt, bekommt aber erst, wenn man die Blätter in die vorgewärmte Kanne tut und dann daran schnuppert. Denn dann zeigt sich ein Duft, den ich zuletzt beim Yamato-cha vernommen habe: Alge, Seetang, Jod – ein schweres maritimes Aroma, welches ich bisher nicht mit Uji-Tees in Verbindung brachte.
Geschmack
Der erste Aufguss ist sehr lecker! Typisch für kurz gedämpfte Tees ist, dass sie einen mit Geschmacksfülle nicht gleich erschlagen. Sanftes Umami und eine ansprechende Süße machen Lust auf einen zweiten Schluck. Der Abgang ist mittellang, im Mund hat der Aufguss eine ölige Textur (genau mein Fall). Die maritime Note ist nicht wiederzukennen, dafür kommt mir der Tee angenehm salzig vor. Leichte Parallelen zum Yamato-cha sind daher durchaus zu erkennen.
Der zweite Aufguss ist zwar nicht mehr so ölig, dafür ist er noch süßer und süffiger. Der Geschmack ist erstaunlich konstant. Selbst der dritte und vierte Aufguss liefern zwar keine neuen Erkenntnisse, bringen aber die maritime Note vom Anfang zurück ins Spiel und werden immer süffiger.
Fazit
Hôraidô macht Lust auf mehr und wie es der Zufall so will, wird mein Hotel ganz in der Nähe des Ladengeschäfts liegen, daher werde ich sicherlich kurz vorbeischauen und eine weitere Spezialität des Hauses probieren. Wer zufällig in Kyôto ist und diesem Teefachgeschäft einen Besuch abstatten möchte, dem sei diese Internetseite empfohlen. Gemessen am heutigen Stand der Technik ist die Internetpräsenz aus einer prähistorischen Zeit, aber sie liefert alle nötigen Informationen, um den Laden zu finden.
In eigener Sache: Da ich für drei Wochen in Japan sein werde, wird der Shop in der Zwischenzeit leider schließen müssen. Dafür wird es nach meiner Rückkehr viele neue Utensilien geben, über die du informiert wirst, wenn du dich für den Shop-News-Newsletter anmeldest.
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