Es ist Zeit, danke zu sagen: Tee aus Myanmar

Es ist Zeit, danke zu sagen: Tee aus Myanmar

Einen schönen dritten Advent! Heute geht es weiter mit dem zweiten Teil der Reihe “Es ist Zeit, danke zu sagen”. Wer sich den ersten Teil durchlesen möchte, klicke bitte hier. Dort geht es um einen Darjeeling Phuguri Golden Tips, der eine echte Rarität ist.

Erlaubt mir einen kurzen Rückblick, bevor ich direkt ins Thema einsteige. Als Student habe ich recht früh angefangen, in der Bibliothek (Teilbereich Japanologie) zu arbeiten. Später, als ich anfing meine Magisterarbeit zu schreiben, war ich regelmäßig sechs Tage die Woche dort. Irgendwann fühlte ich mich da fast mehr zuhause als in der eigenen Wohnung, in der es damals aufgrund der Nachbarn sehr unruhig war. Wenn man so häufig und lange in der Bibliothek ist, dann lernt man viele Leute kennen. Einer davon ist J.D., der Thaiistik studierte, um sich gleich danach an die Promotion zu wagen. Mit ihm habe ich viele fruchtbare Gespräche über meine Arbeit geführt, außerdem haben wir uns auch über Tee ausgetauscht.
Da J.D. zu Forschungszwecken häufiger nach Thailand flog, brachte er mir Tee von dort mit. Hier habe ich mal über einen Tee von ihm geschrieben. In der Zwischenzeit war er wieder unterwegs und es verschlug ihn nach Myanmar. Gleich mehrere Packungen hat er für mich erstanden, heute soll es um zwei Tees davon gehen.
Myanmar ist kein besonders prominentes Teeland. Trotzdem gibt es eine recht lange Teekultur, die einer Legende nach mindestens bis ins 12. Jahrhundert zurückgehen soll. Neben Grünem Tee wird vermehrt Schwarzer Tee angebaut. Francois-Xavier Delmas, der Gründer von Palais du Thés, ist ein Globetrotter, der gerne Anbaugebiete bereist. Er war auch schon in Myanmar, hat dort wohl aber noch nichts Interessantes gefunden. Er hat auch einen eigenen Blog, in dem er kurze Berichte schreibt. Demnach soll Namshan das Hauptanbaugebiet sein.
Auffällig ist die regionale Nähe zu Yunnan, “der Wiege des Tees”. Heute ist man sich einig, dass der Tee in China entdeckt wurde. Tatsächlich ist die Entdeckung der Teepflanze gut dokumentiert. Einträge, die zweifelsfrei belegen, dass wirklich Blätter von der Camellia Sinensis als Medizin verwendet wurden, stammen aus dem 4. Jahrhundert. Doch die Sträucher bzw. Bäume wachsen und wuchsen natürlich über die Grenzen Chinas hinaus. Auch in Assam und Myanmar gibt es bei ethnischen Gruppen eine Teekultur, die deutlich von der chinesischen abweicht. So werden frische Blätter bis heute nicht nur als Medizin, sondern auch als Lebensmittel, etwa als Zutat für Salate verwendet. Einige Ethnien tragen immer Samen mit sich, wenn sie in eine neue Gegend ziehen. Es ist gut möglich, dass diese undokumentierten Bräuche sogar älter sind als die chinesische Teekultur (mehr dazu gibt es bei Laura Kelley).Nara Green
Der Nara Green ist ein Grüner Tee aus dem Norden Myanmars, dem Kachin-Staat. Interessanterweise finden sich viele Informationen auf Englisch zu diesem Tee und dessen Anbaugebiet. Jährlich werden 10t in 1200m Höhe hergestellt und man verzichtet sogar auf Pestizide. Die Verarbeitungsmethode erinnert an japanische Sencha, er wird nämlich gedämpft und anschließend gerollt. Mit “health claims” geht man in Myanmar offensichtlich entspannter um. So steht unter “healthy benefits”, dass der Tee unter anderem vor Krebs schütze.

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Nara Green – Grüner Tee aus Myanmar

Zubereitung
2g auf 100ml, ca. 80°C, kurze Ziehzeiten: 60/10/30/40

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Blatt
Die Blätter sind etwas gekräuselt und erinnern optisch sehr an Tamaryokucha, der ja auch rund und nicht zu Nadeln gerollt wird. Das Grün wirkt stellenweise etwas blass. Positiv ist, dass die Blätter gut von Stängeln und Holz getrennt wurden.

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Nara Green sieht Tamaryokucha ähnlich


Aroma
Die trockenen Blätter riechen süßlich-würzig, deswegen kommt Frau P. zunächst auf Schokolade. Ich muss aber auch ein bisschen an polnische Gurkensuppe denken. Vielleicht wegen der Säure?
Warm riecht es verblüffenderweise etwas schwächer. Direkt nach dem ersten Aufguss kommen Kräuter (Thymian?) hervor.

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Geschmack
Der erste Aufguss erinnert mich an meine ersten Erfahrungen mit Grünem Tee. So schmeckt doch auch der Gunpowder. Er wirkt etwas trocken. Zusammen mit der Säure wirkt er ein bisschen wie ein trockener Weißwein.

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Jetzt dominieren wieder die Kräuter. Ein ungewohnter und doch vertrauter Geschmack. Vielleicht Spuren von Salbei. Später entwickeln sich Parallelen zu Tamaryokucha und Pu Erh. Im vierten Aufguss zeigt er sich fruchtiger und süßer, baut aber auch etwas ab.

Mother’s Love
Leider gibt es zum Mother’s Love keine weiteren Informationen. Zumindest nicht auf Englisch. Auf der Rückseite sind nur ein paar englische Sätze zur gesundheitlichen Wirkung gedruckt, die in die selbe Richtung gehen, wie beim zuvor genannten Nara Green (bei dem Namen muss ich immer an Soylent Green denken, hehe).

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Zubereitung
Zubereitet wird der Tee wie der Soylent ääh Nara Green.

Blatt
Dieser Tee wurde offenbar ganz anders verarbeitet. Wir sehen große lange, nadelige Blätter, gut intakt. Häufig wurden die Stiele dran gelassen, weswegen die Blätter noch länger wirken. Solche Verarbeitungsarten habe ich schon einige Male gesehen, ein wilder Tee, den ich mal von Markus bekommen habe, hat gewisse Ähnlichkeit, doch am meisten erinnert er an klassischen Maocha, den ich von Tea Urchin probieren durfte.

Aroma
Die Blätter reichen von süß und würzig. Beim Mother’s Love geht die Würze allerdings eher ins Krautige. Das mag ich bei Pu Erh i.d.R. nicht so gerne. Hier ist es aber so dezent, dass es harmoniert und nicht negativ auffällt.
In der warmen shiboridashi dann die Überraschung: es duftet nach getrockneten Aprikosen und süßem Pfeifentabak. Diese Beschreibung habe ich schon oft von anderen Teefreunden gelesen, wenn sie Pu Erh beschrieben haben. Dies habe ich selten nachempfinden können, zu häufig wurden diese Aromen von Rauch, Sauerampfer oder Tabak überdeckt. Hier ist das anders!

Geschmack
Der Tee ist unkompliziert, süffig und süß. Eine ganz leichte krautige Note ist dabei, aber in dieser Konzentration nicht unangenehm. Schon beim zweiten Aufguss kehrt die Aprikose zurück, hält sich aber im Hintergrund. Erinnerungen an Maocha und den wilden Tee von damals kommen auf.

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Danach wird der Mother’s Green würziger, ganz leichte Röstnoten kommen durch wie bei einem Huangshan Maofeng? Die Süße nimmt zu, er bleibt süffig, wir haben unseren Spaß.

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Im weiteren Verlauf ändert sich die Süße, sie ist erst im Nachhall zu schmecken, kommt erst, nachdem man den Tee schon geschluckt hat. Auch die Würze wird vielschichtiger und ich denke an Muskat.

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Fazit
Das sind zwei sehr interessante Tees aus Myanmar, von denen ich viel lernen konnte. Myanmar gehört zu den ärmeren Ländern des asiatischen Raumes und ich war ein bisschen skeptisch gegenüber diesen Tees. Sie gehören zwar nicht zu den besten Tees, die ich je getrunken habe, aber vor allem der Mother’s Love schmeckt viel besser als so mancher Pu Erh, den ich probiert habe. Vielen Dank J.D. für diese Tees und für die Gelegenheit etwas über Myanmar und seine ethnischen Gruppen zu lernen.

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