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Nepal Special Sunderpani

Nepal Special Sunderpani

Es ist schon ein bisschen her, dass ich einen nepalesischen Tee aus der Edmon’s-Kollektion bei TeeGschwendner (TG) gekauft habe. Lange genug her, um so viel Zeit verstreichen zu lassen, dass dieser inzwischen leergekauft werden konnte. Das wundert mich nicht. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ich in einem Prospekt von TG eine kurze Beschreibung dieses Tees gelesen habe. Der Anblick des Blattes war Grund genug, um das Verlangen nach diesem Tee zu entzünden. Die Arbeit der Teebauern musste belohnt werden. Ich kaufte den Tee. Aber wie so oft bei besonderen Teesorten, landete er zunächst in einer Teedose statt in einem Kännchen. Ein besonderer Augenblick musste für dieses Getränk her und damit meine ich nicht einen Geburtstag, sondern einfach einen Moment der Ruhe, der Entspannung, ein Moment, in dem ich bereit bin, den Tee als Erfahrung zu erleben. Klingt esoterisch, ist es aber nicht. Es hat etwas mit dem Bewusstsein zu tun und mein Alltag sah bis vor Kurzem noch sehr hektisch und anstrengend aus – keine guten Umstände für intensive Tee-Erfahrungen.
Wie auch immer, der Tag ist gekommen und ich habe diesen nepalesischen Schatz endlich trinken können. Wer sich für den Anbau und die Herstellung der nepalesischen Tees interessiert, sollte unbedingt Geros Blog-Reihe zu diesem Thema lesen. Und wie es der Zufall so will, schreibt Gero genau über die Plantage, von der dieser Tee stammte. Das Interessante an diesem Schwarztee ist, dass er das Produkt einer Kooperative zwischen TG und den Produzenten ist. Das bedeutet, dass TG die Bewirtschaftung verbessert, indem sie die Bauern schulen, ihnen die Grundlagen des Bio-Anbaus vermitteln und die Effizienz der Kompostnutzung so weit steigern, dass sie damit eine Bio-Gas-Anlage betreiben können. In diesem Jahr wurde ein Hügel mit Jungpflanzen bepflanzt.

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Die Pflanzen der Assam-Hybride gedeihen an sonnenbeschienenen Hängen mit guter Drainage – gute Voraussetzungen also.

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Verarbeitet werden die gepflückten Blätter in der Fabrik des Gorkha Tea Estate nebenan. Auch davon hat Gero freundlicherweise ein Foto bereitgestellt.

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Auch auf die Gefahr hin, Geros Geduld überzustrapazieren, hat sich meine Hartnäckigkeit bezahlt gemacht. Er fragte bei Jonathan Gschwendner persönlich nach, was diesen Tee seiner Meinung nach auszeichne. Die Antwort ist zwar simpel, freut mich aber gerade deswegen, weil es meinen Eindruck bestätigt, dass dieser Tee etwas Besonderes ist: Neben der sehr gelungenen Verarbeitung spiele auch die optimale Pflückung eine Rolle. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es für alles einen richtigen Zeitpunkt gibt. Bei der Tee-Herstellung hat man es ja mit vielen (zeitlichen) Variablen zu tun und wenn man bei jedem Zwischenschritt den optimalen Zeitpunkt trifft, dann kann etwas Außergewöhnliches entstehen.

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Zubereitung
Ich bereite den Tee wie folgt zu: 2g auf 100ml kochendes Wasser, 30 Sekunden Ziehzeit. Der zweite Gang wird sofort abgegossen, danach wird wieder intuitiv etwas länger ziehen gelassen.

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Die Blätter sprechen für sich. Aber die Fotoqualität wird ihnen nicht gerecht

Blätter und Aroma
Die Blätter sind sehr groß, mit vielen Tips versehen. Diese sind auf dem Foto sehr gut zu sehen, sind sehr haarig und hell. Damit bilden sie einen guten Kontrast zu den älteren Blättern, die einen auffallend rötlichen Stich aufweisen. Teeliebhaber, die viel Wert auf möglichst unbeschadete Blätter legen, werden bei diesem Tee auf ihre Kosten kommen.
Der Duft der trockenen Blätter ist leicht brotig wie frischgebackene dunkle Brotkruste. Dazu gesellt sich ein blumiges Aroma, vielleicht Maiglöckchen? Nicht ganz, aber ich muss auch etwas an ätherische Duftöle denken. In der warmen Shiboridashi ändert sich der Duft: An Stelle der Brotkruste tritt nun dunkler Honig hervor und es liegt ein schwerer Duft in der Nase, vielleicht ein Hauch von Malzbonbons? Die nassen Blätter riechen wieder sehr intensiv und ich muss wieder an Maiglöckchen denken. Nicht übel!

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Auch die nassen Blätter sind etwas rötlich

Geschmack
Was ich im Mund schmecke, ist unheimlich schwer zu beschreiben. Der Aufguss ist zunächst süß. Aber was ist der Rest? Ich kenne diesen Geschmack so nicht und habe in meinem Leben nichts gegessen oder getrunken, was in diese Richtung schmeckte. Seltsamerweise bildet der Geschmack aber eine harmonische Einheit mit dem zuvor beschriebenen Geruch der Blätter. Ich notiere eine dezente Malzigkeit, ein mineralisches Mundgefühl, das Aroma von weißen Blütensträuchern wie sie gerade jetzt bzw. vor einigen Wochen blüh(t)en und etwas Waldhonig.

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Der zweite Aufguss erinnert nun an typische Second Flush aus Darjeeling, die ein schönes Muscatel-Aroma haben. Die Süße ist die von Mandarinen, dezent und unaufdringlich. Die Brotkruste lässt sich nicht nur riechen, sondern jetzt auch schmecken. In dieser Kombination für mich ungewohnt.

Der dritte Aufguss hat vor allem mehr Körper durch eine verlängerte Ziehzeit bekommen. Auch wenn die Süße nun aufgebraucht ist, muss ich unweigerlich an Fassbrause denken, die ja auch etwas in Richtung Brotkruste schmeckt, oder? Der jetzt sehr intensive Geschmack hat Parallelen zu Rotwein. Im vierten Aufguss geht es dann eher in Richtung Malzbier.

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Das Auge trinkt mit: die Blätter entfalten sich vollständig und geben ihre Schönheit preis

Fazit
Ich maße mir nicht an, diesen Tee gegenüber eines Darjeeling bewerten zu können. Für mich spielt dieser Sunderpani aufgrund seiner Besonderheit und Unvergleichlichkeit eh in einer anderen Liga. Liegt es an der Verarbeitung oder liegt es an den Blättern, dass dieser Tee so gut und doch so anders schmeckt? Es gibt ja Hinweise dafür, dass Nepal noch Schwarztees produziert wie sie in Darjeeling vor 20 Jahren hergestellt wurden. Gehört dieser dazu? Ich weiß es nicht, denn vor 20 Jahren habe ich noch keinen Tee getrunken. Da Darjeeling-Tees immer teurer werden und Nepal quasi an Darjeeling grenzt, bringen nepalesische Plantagen kostengünstigere Produkte von ähnlich guter Qualität hervor. Dieser Tee ist ein Beleg für diese These und es lohnt sich, sich mit Nepal in Zukunft näher auseinanderzusetzen, wenn man Darjeeling mag. Aber mir fällt eine Ähnlichkeit zu einem Tee auf, den ich letztens vom Hamburger Teespeicher erhalten habe. Und dieser Tee kommt ebenfalls aus Nepal. Dazu allerdings ein anderes Mal mehr…

Anhui Huangshan Maofeng Yun Wu

Anhui Huangshan Maofeng Yun Wu

Im letzten Blog habe ich ja berichtet, dass ich einen Ausflug ins Freie gemacht habe, um Tee zu trinken. Was ich verschwiegen habe, ist allerdings, dass ich noch einen weiteren Tee an diesem Tag zubereitet habe: Anhui Huangshan Maofeng Yun Wu Premium. Es ist ein Teil meines Geburtstagsgeschenks, denn Frau S. hat mir ein umfangreiches Paket mit exklusiven Teeproben geschenkt. Da ich aber seit Januar von (und für) Prüfung zu Prüfung lebe, mache ich mir selten die Mühe, Teeproben zu probieren. Der Grund dafür ist, dass man mit einer überschaubaren Menge vorsichtig umgehen muss. Wenn man den Tee falsch zubereitet, bleiben einem ja nur noch ein bis zwei Versuche, es besser zu machen. Und ob man den Tee dann noch (fair) beurteilen kann? Eine kleine Menge ist also auch immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Bei diesem Tee ging es aber gut. Meine Shiboridashi hat ein Volumen von nur 100ml, daher brauche ich keine Unmengen.
Größere Kartenansicht Der Name des Tees verrät sogleich seine Herkunft. Es sind die Gelben Berge (Huangshan 黄山) der Provinz Anhui – eine der bekanntesten Natursehenswürdigkeiten Chinas. Ihr Anblick soll so unglaublich sein, dass man sagt, man müsse nach den Gelben Bergen keine weiteren mehr gesehen haben. Die Bezeichnung Yun Wu (Wolken und Nebel 云雾) spielt wohl auf die in der Höhe übliche Wolkenbildung an und lässt vermuten, dass die Teefelder nicht selten vom Nebel eingehüllt sind.

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Copyright: Arne Hückelheim

Wer mit dem Gedanken spielt, eine Reise dorthin zu unternehmen, sollte dafür beten, dass die Berge sich nicht hinter einem Nebelschleier verstecken. Das ist leider keine Seltenheit.

Legende
In China scheint jede prominente Teesorte eine oder mehrere Legenden hervorgebracht zu haben. So auch der Huangshan Maofeng, der seit Mitte der Ming-Dynastie (1368-1644) produziert wird. Ein junger Gelehrter soll sich in eine junge Frau verliebt haben und sie wurden ein Paar. Ein Großgrundbesitzer aus der Gegend hat die Frau beim Teepflücken gesehen und wollte sie für sich selbst haben. Weil er sehr wohlhabend und einflussreich war, konnte er die Eltern der jungen Frau dazu zwingen, dass sie ihre Tochter an ihn verheirateten. Aber einen Tag vor der Hochzeit, schlich sich die angehende Braut aus dem Haus und floh zu ihrem Geliebten. Bei seiner Behausung angekommen, musste sie feststellen, dass der Großgrundbesitzer den jungen Gelehrten ermorden ließ. So ging sie zu seinem Grab und weinte vor Trauer. Sie weinte so lange, bis sie schließlich selbst zum Regen wurde. Der Leichnam des jungen Gelehrten wurde hingegen zu einem Teebaum.

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Aussehen
Die Blätter sind länglich und sehen ein bisschen aus wie die berühmten Silbernadeln oder auch Yin Zhen, nur etwas schmaler und nicht ganz so dick. Diese Form wird von Chinesen auch Spatzenzunge genannt und mit etwas Fantasie verstehe ich diese Allegorie. Feine Silberhärchen umgeben die Blätter, es ist wenig Blattbruch in der Tüte, das soll auch so bleiben und veranlasst mich zu vorsichtiger Handhabung. Nach Angaben des Teespeichers wurden im April letzten Jahres nur die Knospe und das erste Blatt gepflückt. Auf den ersten Blick scheint es zu stimmen und es ist ein typisches Merkmal des Huangshan Maofeng.

Duft
Der Duft des Blattes erinnert mich sofort etwas an Yin Zhen. Diese Verbindung fällt mir aber erst im Nachhinein ein. Mit Frau S. rätselte ich über die Begrifflichkeiten und wir konnten uns auf süßen Heuboden einigen. Wer durfte schon mal auf einem Heuboden eines Bauernhofs schlafen? Wer damit angenehme Erinnerungen verbindet, sollte versuchen daran zu denken. Frau S. meint im positiven Sinne noch etwas vom Kuhstall zu riechen, aber diesen Eindruck kann ich nicht teilen. Während Frau S. noch an Tigerbalm denkt, stelle ich fest, dass Salbei in die Nase steigt! Salbei! Mmmmh!

Zubereitung
Den Tee habe ich ganz intuitiv zubereitet, habe weder besonders auf Wassertemperatur noch auf die exakte Blattmenge geachtet.

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Geschmack
Der erste Aufguss hat noch wenig Körper, weil er etwas zu kurz gezogen hat. Er schmeckt trotzdem dezent süß und der Salbei-Duft findet sich auch im Geschmack wieder. Der Heuboden steigt während des Trinkens in die Nase. Nicht schlecht für den Anfang, aber da muss noch mehr kommen. Übrigens: wem Assoziationen wie Kuhstall und Heuboden merkwürdig erscheinen, sollte sich mal Geros Blog durchlesen. Er ist zwar auf Englisch, enthält aber eine Stelle, die man gelesen haben muss!

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Im zweiten Aufguss sind viel mehr Säuren enthalten und der Körper hat auch zugenommen. Der Tee ist jetzt viel fruchtiger bei gleichbleibender Süße und ergibt eine angenehme Mischung aus Bergpfirsichen und Salbei. Die Bergpfirsiche stechen beim dritten Aufguss besonders hervor, da sämtliche andere Eigenschaften zurückgetreten sind.

Blatt
Die aufgebrühten Blätter bestätigen die vom Teespeicher beschriebene Pflückung. Man kann die Knospe und das dazugehörige Blatt sehr gut erkennen. Mit solchen Blättern kann ein Tee auch optisch vergnügen!

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Fazit
Ein junger und eher leichter Tee, bei dem man nicht viel falsch machen kann. Er lässt sich sehr einfach zubereiten und verzeiht auch eine nicht ganz so pingelige Zubereitungsweise. Mir hat der Salbeigeschmack besonders gut gefallen. Gleichzeitig war ich überrascht, dass solche Aromen bei einem Tee möglich sind.