Wenn ich mit Menschen aus meinem Umfeld über das spreche, was ich beruflich mache, dann werde ich nicht selten als Exot wahrgenommen. Japanischer Grüntee bzw. Matcha ist und bleibt wohl bis auf Weiteres eine erklärungsbedürftige Randerscheinung, auch wenn die Zahl der Liebhaber zu steigen scheint. Dennoch ist Tee ein Produkt, mit dem jeder etwas anfangen kann, denn Anknüpfungspunkte gibt es für jeden Menschen. Daher bringt man mir ein gewisses Verständnis für meine Tätigkeit entgegen.
Wenn ich dann aber von meiner privaten Liebhaberei erzähle, dass ich Teekeramik sammle und verkaufe, dann muss ich sehr weit ausholen. Es scheint, in unserer Gesellschaft wenig Vergleichbares zu geben. Darüber hinaus fällt es vielen schwer, zu begreifen, wozu man diese Teekeramik überhaupt benötigt. Da ich immer wieder zu denselben Erklärungen greife, habe ich mich dazu entschlossen, diese hier mit dir zu teilen.
Sie sind von einem Menschen für uns gemacht
In der heutigen Zeit sind wir häufig umgeben von industrieller Massenware. Und das meine ich gar nicht so negativ, wie es klingen mag, denn die industrielle Herstellung hat nunmal den Vorteil, dass wir uns alle Dinge leisten können, die wir zum Leben benötigen. Gerade aus diesem Grund stechen die Dinge heraus, die noch von Menschen per Hand hergestellt werden. Sie sind keine “seelenlosen Objekte”, die man schon morgen bei Bedarf nachkaufen kann, wenn etwas zu Bruch geht. Jedes Stück wurde von den Händen eines Töpfers geformt, manchmal sogar sehr zeitaufwendig. Ich finde den Gedanken sehr schön, dass sich irgendwo irgendwann ein Mensch die Zeit genommen hat, für mich oder für dich ein Utensil herzustellen. Diese persönliche Bindung schätzt übrigens der Keramiker ebenso sehr wie wir. Ist es nicht schön, dass wir in dieser Zeit Menschen darin fördern können, sich einem Handwerk bzw. einer Handwerkskunst zu widmen?
Es sind Unikate
Der Ofenbrand mag unter sich ähnelnden Bedingungen durchgeführt werden, die Formen können auf den ersten Blick gleich aussehen und dennoch fällt jedes Objekt individuell aus. Einige bleiben während des Brandes sogar auf der Strecke und landen auf dem Keramikfriedhof des Töpfers. Was in unsere Hände fällt, hat die natürliche Auslese überstanden und ist einzigartig. Jedes Stück gibt es nur ein einziges Mal. Selbst wenn der Töpfer ein identisches schaffen wollte, es wird anders sein.
Teekeramik ist für den Gebrauch bestimmt
Obwohl einige Utensilien wie kleine Kunstwerke aussehen, sollten sie nicht wie solche in einer Glasvitrine versteckt werden. In Japan betont man, dass die Schönheit einer Teeschale erst durch ihren Gebrauch zum Vorschein kommt. So ist es auch zu erklären, dass einige Museen Japans an bestimmten Tagen Teezeremonien abhalten, bei denen historische Stücke zum Einsatz kommen. Jedes Stück verhält sich beim Gebrauch anders. Haptik, Trinkgefühl, Praktikabilität, Farbeffekte, die sich im Zusammenspiel mit dem Tee ergeben – alle diese Punkte kommen erst zur Geltung, wenn man ein Utensil auch wirklich benutzt.
Sie unterstreicht die Besonderheit eines Tees
Es liegt in der Natur der Sache, dass wir Menschen besondere Anlässe mit besonderen Gaben feiern. Sei es der Sekt zum Geburtstag, das Bier nach Feierabend oder die Gans zu Weihnachten – wir lieben es, Festlichkeiten angemessen zu würdigen. Dabei lassen wir es uns auch nicht nehmen, für das passende “Drumherum” zu sorgen. Es dürfen dann auch das gute Geschirr oder die passenden Gläser sein, um die Besonderheit eines Moments zu unterstreichen. So ähnlich ist es doch auch mit Tee. Wenn ich mir einen guten Tee leiste, den ich mir für einen besonderen Moment oder eine Auszeit gönne, dann schaffe ich mir durch das passende “Drumherum” das richtige Ambiente. Das mag Kerzenschein, schöne Musik, aber ebenso ein schönes Trinkgefäß oder eine Kanne sein. All diese Dinge helfen uns, uns auf einen Moment zu fokussieren und ihn in allen Facetten zu erleben (mehr dazu findest du hier).
Geschichte und Traditionen
Egal ob wir uns europäische oder ausländische Teekeramik angucken, fast alle heutigen Keramiken gehen auf bestimmte Stile zurück, die bereits Jahrhunderte alt sein können. Während einige Weiterentwicklungen sind und sozusagen als “entfernte Verwandte” bezeichnet werden könnten, orientieren sich andere stärker an historischen Vorbildern. Dies macht Teekeramik zu einem breiten Feld, in dem man sich über fremde Kulturen und Bräuche weiterbilden kann. Dabei lässt sich nicht nur immer wieder Erstaunliches entdecken und lernen, man bekommt auch ein Gefühl dafür, dass sich schon Menschen vor hunderten von Jahren mit ähnlichen Dingen wie wir beschäftigt haben. Dadurch bekommen bestimmte Stile einen zeitlosen Charakter.