Mumyôi-yaki bzw. -Keramik (無名異焼) ist eine japanische Keramikgattung, die von Teeliebhabern wegen des außergewöhnlichen Tons geschätzt wird. Die besonderen Tonvorkommen befinden sich auf der Insel Sado, im Norden der Präfektur Niigata.
Die Insel Sado
Mumyôi-Keramik wird aus einem roten Ton hergestellt, der einen hohen Anteil an oxidertem Eisen aufweist. Solch ein Ton wurde ursprünglich in der traditionellen chinesischen Medizin dazu benutzt, um Blutungen zu stoppen oder Verdauungsbeschwerden zu lindern. Angeblich hat ein chinesischer Arzt beim aktualisieren des chin. Medizinbuchs gemerkt, dass dieser Ton noch keinen Eigennamen erhalten hatte. Er versuchte, sich einen Namen auszudenken, gab aber schließlich auf, indem er diese Tonart Mumyôi nannte, was so viel wie “unbekannt” heißt.
1. Geschichte
Bereits Ende des 18. Jahrhunderts wurde auf der Insel Gebrauchskeramik hergestellt. Obwohl der spezielle Ton der Insel Sado schon länger bekannt war, fing erst 1819 ein Mann namens Itô Kanbei (auch Itô Jinbei, 伊藤甚平, Lebensdaten unbekannt) an, aus dem Ton Raku-Keramik (楽焼) herzustellen. Seinem Beispiel folgten auch andere Töpfer und es entwickelten sich verschiedene Stile, bis schließlich Miura Jôzan (三浦常山, 1836-1903) zusammen mit Itô Sekisui I. (伊藤赤水, Lebensdaten unbekannt) die unglasierte Mumyôi-Keramik in ihrer heutigen Form begründete. Sie nahmen sich als Beispiel die chinesischen Yixing-Kannen und entwickelten dafür ein eigenes Brennverfahren.
2. Tonarten
Auf der Insel Sado gibt es zwar verschiedene Tonarten, traditionell werden aber zwei Typen benutzt: roter und gelber Ton, die ein Nebenprodukt des Gold- und Silberabbaus waren. Während der rote Ton ähnliche Eigenschaften aufweist wie der chinesische Yixing-Ton Zisha, ist der gelbe Nosaka-Ton viel elastischer und entspricht von den Eigenschaften her dem Yixing-Ton Zhuni. Der rote Ton ist leider nicht elastisch genug, um damit auf der Drehscheibe eine Kyûsu formen zu können, weswegen jeder Töpfer dem roten Ton etwas gelben Ton hinzufügt, um ihn besser formen zu können. Das Verhältnis kann dabei von Töpfer zu Töpfer variieren.
Eine weitere Besonderheit ist der besonders hohe Eisenanteil, dem ein großer Effekt auf den Geschmack des Wassers nachgesagt wird. Er beträgt beim Mumyôi-Ton 20%! Die Beschaffenheit des Tons führt dazu, dass der Töpfer den Tonkörper vor dem Brand bis zu drei Mal mit Stoff oder einem Stahlspatel poliert. Dadurch wird die Oberfläche verdichtet.
Darüber hinaus gibt es heutzutage auch Keramikwaren, die nur aus dem gelben Nosaka-Ton hergestellt werden. Streng genommen handelt es sich dann nicht mehr um Mumyôi-Keramik, da der namensgebende Ton keine Verwendung findet. Der Einfachheit halber wird die reine Nosaka-Variante trotzdem hier behandelt, schließlich ist jeder Mumyôi-Keramik etwas Nosaka-Ton beigemischt. Zudem scheint es die Kategorie Nosaka-Keramik im Japanischen gar nicht zu geben.
Natürliche Mumyôi-Tonvorkommen:
Natürliche Nosaka-Tonvorkommen
3. Brand
Das Brennverfahren entscheidet darüber, welche Farbe die gebrannten Stücke am Ende erhalten. Wird im Reduktionsbrand gebrannt, werden die Kannen schwarz, egal welches Ausgangsmaterial verwendet wurde. Allerdings weisen die Stücke aus rotem Ton einen metallischen Glanz auf.
Beim Oxidationsbrand hingegen werden die Stücke aus gelbem Ton orange, die aus rotem Ton werden dunkelrot. Je nach Ofentyp kann ein Brand bis zu fünf Tage dauern. Die Brenntemperatur beträgt ca. 1200°C, dabei schrumpfen die Tonkörper um bis zu 30%, was sie besonders hart werden lässt. Dies merkt man auch am hellen metallischen Geräusch, der entsteht, wenn man z.B. mit dem Fingernagel gegen den Körper stößt.
Eine besondere Technik ermöglicht außerdem den sogenannten yôhen-Effekt. Es bedeutet so viel wie “Verwandlung im Ofen” und spielt auf die wechselhafte Brennatmosphäre an. Dadurch können Keramiken entstehen, die schwarze und rote Flächen aufweisen.
4. Langzeiteffekt
Eine weitere Besonderheit dieser Keramikart ist die Reifung, die durch bloßen Gebrauch ensteht. Dabei erhält die Oberfläche einen leichten Glanz. Dies geschieht durch Aufnahme von bestimmten Partikeln des Tees. Wie lange dies dauert, kann ich an dieser Stelle noch nicht beurteilen, bei meinen Kannen habe ich bisher noch keine nennenswerten Veränderungen bemerkt. Frau P. hingegen meint, eine Veränderung festgestellt zu haben.
5. Namamigaki (生磨き)
Wie bereits geschrieben, werden die Keramiken aufwendig poliert. Namamigaki ist eine Technik, mittels der die Oberfläche so sanft wie Seide wird. Dabei wird mit Steinen oder Eisenstäben die Oberfläche verdichtet. Der Unterschied zwischen einer normalen Mumyôi-Kanne und einer Namamigaki ist beachtlich. Der Vergleich mit Seide ist keinesfalls zu hoch gegriffen und gibt die Haptik sehr gut wider. Der Aufwand ist jedoch ungleich größer, was man auch am Preisunterschied merkt. Wenn man bedenkt, dass selbst geübte Keramiker nur fünf Stücke am Tag auf diese Weise polieren können, dann relativiert sich der Aufpreis. Zumal dieser Vorgang mindestens ein weiteres Mal wiederholt werden muss.
Shimizu Ken demonstriert die Namamigaki-Technik
Mumyôi-Keramik soll dabei helfen können, den Geschmack des Tees zu intensivieren. Erfahrungsberichte im Internet fallen sehr unterschiedlich aus. Manchmal wird beklagt, dass der Ton das Aroma beschneide, auf der anderen Seite gebe er dem Tee mehr Körper und intensiviere den Nachgeschmack. Wichtig ist, dass man versucht, für eine Kanne immer das gleiche Wasser zu verwenden. Dadurch lagern sich Mineralien ab, die den Geschmack des Wassers intensivieren. Verstärkt wird der Effekt laut Akira Hojo, wenn man nur Tee einer bestimmten Region darin zubereitet, weil auch im Tee Mineralien enthalten sind (Quelle).