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Preview: Gelber Tee Wuliang Golden Dragon

Preview: Gelber Tee Wuliang Golden Dragon

Über die Verarbeitung des Gelben Tees findet man viele widersprüchliche Informationen im Internet. Und weil es auch verschiedene Gelbe Tees gibt, die sich sowohl in Aussehen als auch in Geschmack und Duft unterscheiden, tendiere ich zu der Meinung, dass es tatsächlich mehrere Verarbeitungsarten gibt, mittels denen man einen Gelben Tee herstellen kann. Streng genommen sind es dann aber verschiedene Kategorien, wie es sie auch bei Grünem Tee gibt (Rösten vs. Dämpfen).

Eine Methode enthält, dass die Blätter (in dem Fall Knospen wie die Silbernadeln) ruhen gelassen werden, wodurch sie ein bisschen oxidieren. Aus diesem Grund verlieren sie ihr frisches Grün und werden gelb. Danach werden sie wie Weißer Tee sofort getrocknet.
Einer anderen Methode zufolge kommt die gelbe Farbe durch das schonende Rösten in Pfannen zustande. Das Rösten wird in China klassischerweise bei der Grünteeherstellung angewandt, um die Oxidationsenzyme zu deaktivieren. Nach welcher Methode dieser Tee verarbeitet wurde, weiß ich leider nicht, aber am Ende kann man vielleicht anhand der Blätter Rückschlüsse ziehen.
Diesen Tee habe ich von einem Tee-Enthusiasten erhalten, der gleichzeitig Tea-Taster einer großen deutschen Tee-Fachgeschäft-Kette ist. Wann und unter welchem Namen der Tee eingeführt wird, ist noch unklar und wird hier ergänzt, sobald es feststeht.
Update 07.12.2014: Der Tee ist unter dem Namen China Wuliang Golden Dragon bei TeeGschwendner zu haben.
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Aussehen
Das obige Foto macht deutlich, weswegen ich mich mit der Kategorie “Gelber Tee” so schwer tue. Würde man diese Blätter neben einen Yunnan Schwarztee oder diesen Golden Needle legen, müsste man, wenn man denn vom Aussehen der Blätter auf die Kategorie schließen wollte, gerade die letzteren als Gelbe bezeichnen, denn der vorliegende Tee sieht vom Blatt her eher aus wie ein tippy Schwarztee.
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Duft

Die Blätter haben eine feine Würze, riechen “dunkel” – etwas nach Schokolade mit hohem Kakao-Anteil. Frau P. und ich können uns nicht darauf einigen, was dominiert: Kuchenkruste oder Brotkruste, die vor dem Backen mit Butter bestrichen wurde. Da der Tee zusätzlich sehr süß duftet, tendiere ich zur Kuchenkruste, da ist aber i.d.R. auch Butter mit drin. Der Kniff, zuerst auf die Blätter auszuatmen, bevor man ihren Duft einatmet, wirkt bei diesem Tee besonders gut. Es kommt eine feine Erdbeermarmeladen-Note zum Vorschein, die einem sonst entgehen würde.
Im warmen Gaiwan wird die Brotkruste intensiver, zum Vorschein kommt für mich eine deutliche Honignote, Frau P. hingegen riecht deutlich Artischocken. Zu schade, dass ich zu selten Artischocken in meinem Leben gegessen habe, um mich jetzt an sie zu erinnern.

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Geschmack

Ich entscheide mich für eine intuitive Zubereitungsart im Gaiwan. Der Spender empfahl eine Temperatur von 90°C, daher halte ich mich an diese Vorgabe und lasse, weil ich anständig dosiert habe, nur 60 Sekunden ziehen. Es erschließt sich ein schöner und komplexer Geschmack. Frau P. schmeckt sehr deutlich Artischocken und Erdbeermarmelade, ich denke mehr an die Erdbeermarmelade, meine außerdem noch etwas Malz und Schwarztee-Geschmack wahrzunehmen.
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Danach wird der Tee süßer, neben Malz und Artischocken kommt Honig als weitere Komponente hinzu. Klasse! Danach begehe ich einen Fauxpas, lasse den Tee zu lange ziehen, er wird dadurch zu kräftig. Das war leider nichts, klarer Fall von Anwenderfehler.
Doch der Tee verzeiht es mir, zeigt sich im nächsten Aufguss sogleich von seiner süßen Seite. In einer Blindverkostung würde ich jetzt auf einen Yunnan-Schwarztee tippen, zu deutlich sind die typischen Honig-Aromen. Beim fünften Aufguss denkt Frau P. an Oolong. Mich überrascht die Würze und Kraft. Der letzte Aufguss hinterlässt einen ungewöhlichen Eindruck aus Gebäck und Pommes Frites. Das mag sich komisch anhören, schmeckt aber wirklich lecker.
Es gab noch einen dritten Genießer in dieser Runde. Er fragte sich während der gesamten Zeit, wovon wir beide eigentlich reden und konnte die Eindrücke überhaupt nicht nachvollziehen 😉
Rückschlüsse
Betrachtet man die aufgebrühten Blätter, fallen einem die braunen Oxidationsspuren gleich auf. Man kennt sie von Oolong und modernen “Schwarztees” wie Darjeeling. Ich lehne mich vermutlich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass dieser Tee eher nach der kurzen Oxidationsmethode hergestellt wurde.
Edit 14.04.2014: Der Rückschluss ist wohl falsch. Ich habe mich nochmals vergewissert und mir wurde bestätigt, dass es sich bei diesem Tee um einen Gelben der ersten Machart handelt. Die Verfärbungen und das dunkle Blatt sollen durch einen schonenden Backprozess entstanden sein. Man lernt also nie aus!
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Fazit
Dieser Gelbe Tee hat auf ganzer Linie überzeugt und ich bin froh, dass ich schon vor der offiziellen Aufnahme einen Blick auf diesen Tee werfen durfte. Extrapunkte erhält er für seine Komplexität in Geschmack und Duft. Wenn ich den dritten Aufguss nicht vermasselt hätte, dann wären locker sieben bis acht Aufgüsse möglich gewesen, was ich sehr ordentlich finde. Gerne wieder!
Yunnan Golden Buds - ein goldener Schwarztee aus China

Yunnan Golden Buds – ein goldener Schwarztee aus China

Wenn man online im Sortiment von Fachgeschäften stöbert, dann findet man häufig Fotos, bei denen man sich fragt, ob da nicht etwas mit der Bildbearbeitung nachgeholfen wurde. Nicht, dass ich es den Betreibern vom Teespeicher zutrauen würde, aber dieser Gedanke kam mir unweigerlich, als ich das Foto dieses “Schwarztees” sah. Nun habe ich mir ein bisschen dieses trinkbaren Goldes gesichert und kann bestätigen, dass die Farbe in “Real Life-Grafik” noch viel goldener ist als auf dem Foto.

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Diese Spezialität aus Yunnan erinnert unweigerlich an Weißen und Gelben Tee. Weißer Tee aus noch ungeöffneten Blattknospen ist blassgrün und wirkt leicht silbern, weil die Härchen der jungen Knospe weiß sind. Daher werden sie auch Silbernadeln (Yin Zhen) genannt. Eine gelbe Variante dieser Sorte gibt es auch, die Silbernadeln werden dabei reguliert erhitzt, so dass sie sich gelb färben. Die vorliegende Variante hingegen wird oxidiert, ältere Blätter würden schwarz werden, aber junge Knospen haben es an sich, dass sie hell bleiben, je nach Kultivar können sie gold oder silbrig-grün ausfallen, obwohl sie oxidiert sind. Dies kennt man vor allem aus Assam- und Darjeeling-Gärten, weswegen auch die traditionelle Einordnung in Blattgrade wie “Tippy Golden Flowery Orange Pekoe”, kurz TGFOP, auf dieses Merkmal eingeht.

Ein Tee, der nur aus Knospen besteht, ist mühsam herzustellen, da dafür logischerweise nur Knospen gepflückt werden dürfen. Das ist nicht besonders ergiebig und erklärt gleichzeitig den höheren Preis. Ich entschließe mich, diesen Tee unkonventionell zuzubereiten. 2,5g auf ca. 120ml Wasser mit folgenden Ziehzeiten: 30/10/30/60/120/120

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Duft
Die Blätter duften süßlich, leicht malzig. Wenn man mit der Nase auf die Blätter ausatmet und gleich wieder einatmet, erhält man einen intensiveren Duft mit mehr Würze, vielleicht etwas Honig und ein bisschen Leder.
Im warmen Gaiwan ist der süße Duft sehr schwer, diese Intensität lässt mich an Vanille und Moschus denken.

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Geschmack
Der erste Aufguss ist zunächst leicht, die Süße wirkt malzig, eine leichte Parallele zu Assam-Tees. Trotz der Leichtigkeit entwickeln die Knospen genug Körper und erzeugen ein rundes Mundgefühl.
Der zweite Aufguss ist süßer und fruchtiger, kurz muss ich an Mango denken, das trifft es aber nicht ganz. Honig ist hingegen viel passender. Ein dunkler und sehr aromatisch-würziger Waldhonig, den wir von einem Imker auf einem Wochenmarkt gekauft haben, hatte ebenfalls dieses gewisse Aroma. Das schmeckt!

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Auch danach bleibt der Geschmack stabil, wobei die Süße etwas abfällt. Beim vierten wandelt sich der Geschmack und die Golden Buds zeigen sich von ihrer Schokoladenseite, sie schmecken eindeutig nach Kakao und hinterlassen ein samtiges Gefühl auf der Zunge.

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Die längeren Ziehzeiten tun ihm jetzt gut, er wird zwar süffiger und leichter, aber trotzdem ist der Aufguss lohnend. Waldhonig und Kakao wechseln sich ab, die Süße ist wieder da, intensiver als vorher. Interessant ist auch, dass der Aufguss (wie für einen Schwarztee typisch) recht dunkel ist. Denkt man gar nicht beim Anblick der hellen Blätter. Der letzte Aufguss schmeckt immer noch gut, ist jedoch nicht mehr so vielschichtig wie vorher. Der Honig ist nun weg, aber die Schokolade ist noch da.

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Fazit
Ich gestehe, dass ich dem Tee nicht so viel Ausdauer zugetraut habe. Der Duft hat schon angedeutet, dass es sich geschmacklich lohnen wird, aber ich kenne nicht viele Schwarztees, die derart viele Aufgüsse mitmachen würden. Wer malzige Assam-Tees mag, sollte einen Blick nach Yunnan wagen. Vielleicht lässt sich dort der ein oder andere Schatz entdecken. Zu kaufen gibt es den Tee hier.

Pu Erh: Mangfei 2008

Pu Erh: Mangfei 2008

Wie Ihr sicherlich schon mitbekommen habt, fällt es mir etwas schwer, mich mit Pu Erh anzufreunden. Letzte Woche war ich in Meckenheim bzw. Bonn und konnte die Gelegenheit nutzen, mich mit Gero zu treffen. Eine Verkettung ungünstiger Umstände führte dazu, dass wir weniger Zeit hatten als wir wollten, aber es reichte, um zwei Pu Erh zu trinken. Während der alte mir sehr gut schmeckte, hatte ich mit dem jungen Burschen vom letzten Jahr mal wieder so meine Schwierigkeiten. Ich habe daraus geschlussfolgert, dass es in der Pu Erh-Welt ganz einfach Tees gibt, die mir nicht gefallen. Es liegt jetzt an mir, systematisch vorzugehen und mehr über Pu Erh zu lernen, um dann eines Tages die Pu Erh zu finden, die ich wirklich trinken mag.

In den kommenden Wochen werde ich daher meine Pu Erh-Proben verkosten, die ich in den letzten zwei Jahren gesammelt habe. Heute beginne ich mit dem Mangfei 2008, es ist eine Probe von Bannacha. Von William hat mir ja bereits ein Jingmai sehr gut geschmeckt, vielleicht auch dieser hier, zumal er von William als guter Einstieg in die Pu Erh-Welt empfohlen wird. Wer an anderen Meinungen interessiert ist, findet bei Teetalk z.B. Geros Verkostungsbericht.
Die Blätter kommen aus dem Kreis Yongde vom Berg Mangfei. Verglichen mit dem Jingmai liegt dieser Ort also viel nördlicher. Ich denke aber nicht, dass ich anhand dieser Probe schon etwas über regionale Unterschiede sagen kann. Außerdem ist dieser Tee mit 5 Jahren auch nicht mehr der Jüngste und daher auch nicht direkt mit dem Jingmai von 2010 vergleichbar, den ich bereits verkostet habe.
Dosierung 
3g auf 60ml heißes Wasser, anfangs gieße ich den Tee sofort ab, später verlängere ich die Ziehzeiten intuitiv.
Blatt
Die trockenen Blätter haben eine dunkle Farbe angenommen. Hier und da leuchten goldene Tips auf. Da diese Probe überwiegend aus losen Blättern besteht, suche ich mir die gröbsten heraus, um Blattbruch zu vermeiden, die mir den Tee vielleicht verderben könnten.
Geruch
Trocken riechen die Blätter kaum. Ein bisschen Tabak, ein bisschen Fruchtsaft (aber welcher?). Im warmen Gaiwan wird es etwas deutlicher, es sind getrocknete oder geräucherte Tomaten. Es riecht auch etwas krautig und zum Glück nur wenig nach Rauch.
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Geschmack
Meine Skepsis wurde gleich mit dem ersten Schluck weggespült. Was ist das für eine krautige Süße? Für einen kurzen Moment meine ich noch Vanille zu schmecken, aber nicht das aufdringliche Vanillin. Diese Süße!
Der nächste Aufguss wird nun würziger und hat etwas mehr Säure, mir fallen aber keine Assoziationen ein.
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Beim Dritten kommt wieder die Süße hervor und ich finde Parallelen zum Honig. Nicht, dass er nach Honig schmeckt, aber es gibt da eine Gemeinsamkeit. Die Substanz erinnert an Likör, sie ist im ganzen Mund zu spüren.
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Danach wird er etwas spritziger, die Säure gleicht Sauerampfer, lässt mich danach an Sekt denken.
Selbst beim sechsten Aufguss ist die Süße noch da, sie wird vielleicht auch wegen der längeren Ziehzeiten etwas intensiver und bleibt im Mund lange erhalten.
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Nummer acht hat etwas von der Frische grüner Äpfel und wirkt leicht scharf (vielleicht Chilli?).
Der Neunte wird spannend. Er erinnert mich an einen ungewöhnlichen Longdrink, den ich vor Jahren getrunken habe. Der bestand hauptsächlich aus frischen Gurken und Ginger Ale.
Bis zum elften Aufguss dominiert Ginger Ale, ich meine sogar die würzige Schärfe des Ingwers zu spüren.
Es wird immer süßer und die Würze bzw. Fruchtigkeit des Ingwers begleiten mich bis zum 14. Aufguss. Ich könnte vielleicht noch weitermachen, wenn ich die Ziehzeiten auf über fünf Minuten erhöhe, aber ich kann nicht mehr. Zum Glück habe ich den Mini-Gaiwan von Stéphane, sonst hätte ich schon viel früher abbrechen müssen.
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Fazit
Fünf Jahre reichen nicht aus, um eine Spur Gemeinsamkeit mit einem 1990er Pu Erh aufzuweisen. Die Süße des Mangfei hat mir sehr gefallen. Er hätte zwar etwas komplexer sein können, vielleicht liegt das aber auch an mir, da ich sensorisch auf diesem Gebiet noch nicht besonders geschult bin. Es bleibt aber festzuhalten, dass mir dieser Tee wirklich geschmeckt hat, ich kann mir daher sehr gut vorstellen, weitere Vertreter dieser Region zu probieren. Von den jüngeren Pu Erh gefallen mir bisher also ein Jingmai und ein Mangfei.
Japanischer "Pu Erh": Go-ishi-cha

Japanischer “Pu Erh”: Go-ishi-cha

DSC_0396Auf der Suche nach japanischen Tee-Raritäten stieß ich eines Tages auf einen außergewöhnlichen Tee, der auf den ersten Blick ein wenig an Pu Erh erinnert. Seit mindestens 400 Jahren wird er in der Präfektur Kôchi (高知県) auf der Insel Shikoku in einer Stadt namens Ôtoyo (大豊) hergestellt. Das Herstellungsverfahren ist sehr aufwendig und dauert insgesamt bis zu 60 Tage. Das erklärt den verhältnismäßig hohen Preis, denn für 50g dieses Tees muss man in Japan ca. 3000 Yen hinlegen, wofür man auch sehr anständige Gyokuro kaufen könnte. Trotzdem ist dieser Tee weitgehend unbekannt, taucht aber in einigen Aufzählungen japanischer Tee-Raritäten auf. Dank des Internets kann man den Tee immerhin online kaufen, das einzige Problem dabei ist, dass die wenigen Händler, die diesen Tee anbieten, meist kein Englisch sprechen und auch keinen Versand ins Ausland, geschweige denn eine Zahlungsmöglichkeit wie Paypal anbieten.
Auf den zweiten Blick ist dieser Tee dann doch etwas anders als Pu Erh. Das wird am Herstellungsverfahren schnell deutlich, denn für Pu Erh wird der Tee nach dem Pflücken in Pfannen erhitzt, damit die Blätter nicht oxidieren. Hier ist es anders, aber lest einfach weiter.
Kultureller Ursprung
Verfolgt man die Wurzeln dieser Herstellungsmethode zurück, gelangt man zu einer chinesischen ethnischen Minderheit aus Yunnan, den Bulang. Sie haben einen sauren Tee hergestellt, der zuerst durch Pilzkulturen fermentierte, und ihn dann in ein Bambusrohr gesteckt, um ihn unter der Erde zu lagern. Dadurch wurde die anaerobe Gärung in Gang gesetzt, in diesem Fall spricht man von Milchsäuregärung. Dieses Verfahren wird auch beim Go-ishi-cha angewendet, allerdings in abweichender Form.
Herstellung des Go-ishi-cha
Für diesen Tee werden zunächst im Juli die jungen Zweige mit den Blättern abgeschnitten und gesammelt. Es findet aber keine Selektion zwischen jungen und alten Blättern statt. In einem speziellen Kessel wird das Rohmaterial für 1 bis 2 Stunden mittels heißen Wassers bedämpft.
Die Äste und Stiele entfernt man später und legt die Blätter zunächst auf Strohmatten aus, welche mit selbigen bedeckt werden. In diesem Zustand verbleiben die Blätter 7-10 Tage. Da es in dieser Zeit in Japan sehr heiß und schwül ist, sind dies optimale Bedingungen für Pilze und Fermentation.
Der ausgetretene Saft, der vom Dämpfen übrig geblieben ist, wurde aufbewahrt, damit die Blätter nun mit diesem Saft zusammen in speziellen Fässern gelagert werden können. Mittels schwerer Steine wird von oben Druck ausgeübt, damit die Blätter zusammengepresst werden. 20 Tage Lagerung in diesem Zustand führt zur Milchsäuregärung.
Als nächstes schneidet man die Blätter, die jetzt fast eine feste Masse bilden, heraus. Dabei werden sie in die Form kleiner rechteckiger Klötze gebracht. Da diese Form an Go-Spielsteine erinnert, wird der Tee Go-Stein-Tee (Go-ishi-cha 碁石茶) genannt. Bei gutem Wetter werden sie in die Sonne zum Trocknen gelegt. Es dauert aber bis zu drei Tage, bis sie vollständig trocken sind und abgepackt werden können. Bilder zum Herstellungsprozess kann man auf dieser japanischen Seite sehen. 

Bergtee 山茶
Da der Tee in einer hohen Lage geerntet und produziert wird, spricht man auch vom Berg-Tee, der sich besonders gut für die Teeproduktion eignet. Dieser Tee wird in einer Höhe von 430 Metern über dem Meeresspiegel angebaut. Im Vergleich zu Indien, Ceylon, Taiwan und China mag das nicht viel sein, aber es ist genug, damit das Teefeld von Wolken bedeckt und die Länge des Tageslichts erhöht wird.

Zubereitungsweisen
Es gibt zwei Möglichkeiten, den Tee zu brühen. Die erste und einfachste ist, ein Rechteck in ein Kännchen von ca. 300-400ml zu geben, mit kochendem Wasser aufzugießen und 4-5 Minuten ziehen zu lassen. Diesen Vorgang kann man bis zu fünfmal wiederholen, ohne dass sich dabei der Geschmack wesentlich verändert.
Die zweite Methode habe ich noch nicht ausprobiert. Dafür nimmt man ein Rechteck und tut es in einen 1-2l großen Kessel. Dann füllt man Wasser hinein und erhitzt den Kessel bis er kocht. Sobald das Wasser kocht, lässt man den Tee ca. 10 Minuten bei mittlerer Hitze weiterköcheln und fertig ist der Tee. Dies lässt sich ein weiteres Mal wiederholen.

Für meinen ersten Versuch kommt nur meine Oribe-kyûsu infrage, da nur sie ein Volumen von über 300ml erreicht. Ich habe sie auf einem Keramikfestival in Tajimi erstehen können. Da sie innen glasiert ist, kann ich sie vielseitig einsetzen.

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Oribe-kyûsu und zwei Yunomi aus Karatsu und Kôbe

Duft
Die kleinen Rechtecke sollen zwischen 2-3g wiegen. Ich habe dieses kleine Stück nachgewogen und es entspricht tatsächlich dieser Angabe. Interessant finde ich, dass man die Blattstruktur der aufeinander liegenden Blätter sehr gut erkennen kann. Die Blätter sind sehr dunkel und ähneln dem Farbton eines gereiften Pu Erh. Der Duft ist sehr dominant, anfangs etwas säuerlich. Die Packung wurde ein paar Wochen lang nicht geöffnet, vielleicht haben sich die Aromen etwas angestaut.

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Go-ishi-cha

Die Aromen erinnern an getrocknete Früchte, vor allem aber an Pflaumen und Lakritz. Im Hintergrund ist eine starke Säure gepaart mit Bienenwachskerzen. Ich erinnere mich an Lakritzschnecken, die ich an einem heißen Sommertag aus der Tüte holte.

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Blatt
Beim Begutachten der Blätter fällt mir zuerst die gepresste Struktur der Blätter ins Auge. Man kann die einzelnen Lagen sehr gut erkennen. Fast jede Lage besteht aus zwei Blättern, die ungewöhnlich groß sind. So große Blätter haben nicht viele Tees, aber bei Oolong kann das schon mal vorkommen.

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Erster Aufguss in der Oribe-kyûsu

Aroma und Geschmack
Nach dem ersten Brühen ändert sich der Duft. Die Blätter sind jetzt heiß und duften mehr nach Zitrone, aber auch nach etwas, was Chlor (Zitat Frau P.: “Schwimmbad!”) am nächsten kommt. Nicht ganz so angenehm, aber man soll den Tee ja schließlich trinken, ne?

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Die Brühe ist nach so viel Ziehzeit dunkelgelb, ich hätte einen dunkleren Farbton erwartet. Im Geschmack befürchte ich Schlimmes, nachdem ich von Gero gehört habe, dass der Tee unglaublich sauer schmeckt. Ich habe ihm zu Weihnachten eine kleine Probe davon gegeben, ohne selbst etwas von dem Tee probiert zu haben. Aber da Gero den Tee anscheinend wie einen Pu Erh zubereitet hat und ich mich an die Empfehlung des Herstellers halte, sind die Befürchtungen unbegründet. Um Gero zu überraschen, habe ich ihm nicht verraten, um welchen Tee es sich handelt.
Beim ersten Schluck denke ich zunächst an Zitronentee. Die Säure macht den eher leichten Tee sehr erfrischend. Bei genauerem “Hinschmecken” zeigen sich noch Süßholz- bzw. Lakritzaromen. Doch da ist noch etwas, etwas, das typisch japanisch schmeckt. Es handelt sich um zwei Algenarten, die häufig verwendet werden: Konbu und Hijiki. Vielleicht ist das der Grund, weswegen man diesen Tee auch zum Kochen von Reissuppe verwendet.

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Zweiter Aufguss in der Karatsu-Tasse

Der zweite Aufguss ist etwas heller und schmeckt noch frischer, ist noch vollmundiger. Einfach lecker!

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Auch beim dritten Aufguss lässt der Tee kaum nach. Angeblich würde er sogar noch zwei weitere Runden durchhalten, aber wir sind uns einig, dass wir nach 600ml pro Nase erstmal genug haben und brechen an dieser Stelle lieber ab. Geschmeckt hat er uns aber, dieser ungewöhnliche Japaner.

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Schöne erhaltene Blätter

Fazit
Es ist immer wieder schön, wenn man in der Teewelt unbekannte Schätze entdeckt. Mich hat der Tee und sein eigentümlicher Hintergrund sehr begeistern können. Frau P. und ich sind uns einig, dass wir den Tee gerne ein weiteres Mal trinken werden. Mich würde noch interessieren, wie der Go-ishi-cha schmeckt, wenn man ihn wie einen Pu Erh zubereitet. Gero hat damit schon Erfahrungen gesammelt und wird mir daher den ein oder anderen Tipp geben können. Vielen Dank an Familie Hyoma für diese edle Spende!