Archiv der Kategorie: Tasting Notes

Assam Harmutty von Teegasse

Assam Harmutty von Teegasse

Als ich vor einigen Jahren anfing, mich intensiver mit Tee auseinanderzusetzen, habe ich ein Forum gefunden, in dem sich einige Gleichgesinnte versammelt haben. Ich denke gerne an die Anfangszeit zurück, als die Themen noch überschaubar waren und ich als Student noch die Zeit hatte, mich über Tee mit anderen auszutauschen.
Der Austausch war sehr fruchtbar und zumindest mich haben die Beiträge und Rezensionen anderer immer wieder zum Kauf von einigen Tees überzeugt. Schon bald entstanden erste Blogs aus dieser Community und es war Gero, der von uns als Erster den Schritt dazu wagte. Jeder Blog-Autor hat seinen eigenen Stil. Key hat mit dem Blog Tee-Fokus eine einzigartige Mischung aus Informationstexten, Gastbeiträgen und Rezensionen kreiert, daher war für Abwechslung immer gesorgt.
Die englische Tee-Blog-Szene ist der deutschen einige Jahre voraus. Dort konnte man schon früh beobachten, dass einige Blogger ihre Leidenschaft zum Beruf machten. Nun will ich nicht dem konventionellen Teehändler unterstellen, keine Leidenschaft für Tee zu haben. Doch des Bloggers Leidenschaft ist ja quasi im Internet öffentlich hinterlegt und jeder kann sich selbst ein Bild von seiner Kompetenz machen. Key hat dieses Jahr als erster deutscher (?) Blogger genau diesen Schritt gewagt und ich gratuliere ihm dazu. Viel Erfolg dabei!Da ich sehr gerne Schwarztees zum Frühstück trinke, habe ich mir die Zeit genommen, den Assam Harmutty zu probieren. Ich schätze an Assam-Tees ihren malzigen und kräftigen Charakter. Schon häufiger habe ich allerdings feststellen müssen, dass es auch unter Assam-Tees einige Vertreter gibt, die mir nicht kräftig bzw. ausdrucksstark genug waren. Für mich muss ein guter Assam gegen ein klassisches Frühstück ankommen können, da landet auch schon mal eine Scheibe kräftigen Tilsitters auf der Brötchenhälfte. Ich meine nicht den milden aus der Plastikpackung, sondern den von der Frischetheke, bei dem Frau P. ob des “Gestanks” angewidert die Augen zusammenkneift.

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Der Harmutty hat einen malzigen Charakter und etwas, was ich mit einem ehrlichen Schwarztee-Geschmack bezeichnen würde. Dieser Geschmack findet sich nicht nur in Assam-Tees, sondern auch in einigen wenigen Ceylon und Darjeeling wieder. Ich denke dabei immer zurück an meine Kindheit, denn in Polen haben wir sehr viel Schwarztee getrunken und einige Mischungen schmecken mir noch heute sehr gut. Davon werde ich mir beim nächsten Kauf auf jeden Fall etwas sichern.

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In der Teegasse werden natürlich noch weitere Tees angeboten, der Fokus liegt derzeit auf orthodoxen Schwarztees, doch auch Exoten werden scheinbar nach und nach aufgenommen. Hier der Weg zur Teegasse.

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Chamraj Frost Tea

Chamraj Frost Tea

Ich liebe es, die kleinen Exoten dieser Welt ausfindig zu machen und probieren zu dürfen, daher bin ich immer wieder dankbar, wenn Teehändler mutig genug sind, einen “unkonventionellen” Tee ins Sortiment zu nehmen. Sicherlich ist es noch immer nicht einfach, nur mit orthodoxen Tees seine Kunden zu begeistern. Anders ist es nicht zu erklären, dass kaum ein Teehändler ohne das breite Spektrum des Aroma-Sortiments auskommt.
Doch darum soll es ja nicht gehen, sondern um einen Tee, von dem man nur selten hört. Er kommt aus Indien und ähnelt auf den ersten Blick einem klassischen Darjeeling, ist aber etwas dunkler. Seine Besonderheit verdankt er den eiskalten Nächten in über 2000m Höhe. Die Blätter sollen einem moderaten Frost ausgesetzt sein, wodurch sich der Geschmack jener Blätter intensiviert. Es werden nur sehr geringe Mengen von diesem Tee hergestellt, so dass es dem Hamburger Teespeicher erst dieses Jahr gelungen ist, den Tee einzukaufen. Als ich davon hörte, habe ich mir gleich etwas zurücklegen lassen und kann Interessenten beruhigen, es scheint noch etwas da zu sein, fragt sich nur wie lange.

Blatt
Die Blätter sind dunkler als die eines normalen Darjeeling, dennoch sind hier und da ein paar grüne Blättchen ausfindig zu machen. Die Form der Blätter ist teilweise geschwungen und hübsch anzusehen. Nur wenige Stiele sind enthalten, das Blatt ist also gut sortiert.

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Geruch
Das trockene Blatt riecht angenehm frisch, immer wieder muss ich an Zitrone denken. Dazu kommt eine nussige Note und man kann eindeutig Parallelen zu den bekanntesten indischen Vertretern aus Darjeeling finden. Im warmen Kännchen sind die Aromen Schwarztee-lastiger und schwer zu entschlüsseln. Vielleicht ein wenig geröstete Nüsse?

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Geschmack
Ich brühe den Tee wie folgt: 2g / 100ml kochendes Wasser, 3 Aufgüsse (in Sekunden: 30, 10, 60). Die Frische zeigt sich auch jetzt, wieder denke ich an Zitronen und ein bisschen Minze ist auch dabei. Der Körper ist Schwarztee pur, gepaart mit etwas dunkler Brotkruste.
Der zweite Aufguss wirkt erfrischend und ist etwas leichter. Es ist eine leichte Süße zu schmecken, die beim dritten Aufguss noch viel intensiver wird. Denn jetzt bleibt ein langer Nachgeschmack und der Tee wirkt fast wie ein Likör. Sehr lecker!

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Fazit
Der Tee hat uns sehr gefallen. Wer indische Schwarztees grundsätzlich mag, wird sich über eine weitere Variation sicher freuen. Es sind doch diese kleinen Besonderheiten, die uns unseren Teeweg versüßen. Den Chamraj Frost Tea findet man hier.

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Neue TeeGschwendner-Filiale in Hamburg-City

Neue TeeGschwendner-Filiale in Hamburg-City

Die Spatzen pfiffen es eine Zeit lang von den Dächern und nun ist es also soweit, die neue TeeGschwendner-Filiale unweit der alten am Jungfernstieg hat seit dem ersten August ihre Pforten geöffnet. Dabei präsentiert sich TeeGschwendner im neuen Design, welches zumindest meine Wenigkeit sehr ansprechend findet. Es ist eine Mischung aus 20er-Jahre-Nostalgie-Tapeten, Caféhaus-Atmosphäre und moderner Tee-Lounge, was einem dort geboten wird. Lange habe ich darauf gewartet, dass ein Konzept wie dieses in die Tat umgesetzt wird. In meinen Träumen vom Teehändler-Dasein habe ich es genauso gemacht: Ein Teeladen mit der Möglichkeit, sich durch das Sortiment zu trinken und traditionelles Teegebäck in einer ruhigen Minute zu genießen. So hat man als Kunde den Vorteil, Premium-Tees fachgerecht zubereitet zu bekommen und zu testen, ehe man sich für einen Kauf entscheidet. Das ist sogar besser als eine Gratisverkostung, die einen dann doch hintenrum zum Kauf zwingt, oder?

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So habe ich gleich mal in der Mittagspause die Gelegenheit genutzt und die Tee-Lounge im ersten Stock besucht. Ich war dort alleine, es hat sich vermutlich noch nicht so weit herumgesprochen, dass man hier seinen Mittagstee trinken kann. Ich habe mir einen Meghalaya SFTGFOP (CL) LaKyrsiew SF bestellt, den man mir netterweise von unten geholt hat. Dazu gab es zwei Scones mit Butter und Konfitüre. Richtig leckere Erdbeer-Vanille-Konfitüre und Zitronengelee. Es waren meine ersten Scones und ich war begeistert. Ich bin kein Freund von extremer Süße, daher sind die dezent-süßen Scones genau richtig und wer es mag, kann sie ja noch mit den Zugaben veredeln. Die Scones kann man auch etwas herzhafter genießen, z.B. indem man sie mit einem selbstgemachten Matcha-Wasabi-Frischkäse bestellt. Dafür war es für mich zwar schon zu spät, aber ich durfte einen Löffel davon probieren. Nicht schlecht! Jetzt fehlt nur noch ein Matcha-Kuchen!
Auch der Tee wusste zu überzeugen. Der Neuankömmling ist aus Meghalaya, den ich ohne Hintergrundwissen auf Nepal tippen würde. Das Blatt hat schöne silberne Tips und duftet brotig, etwas nussig und vielleicht auch etwas nach Rosen. Im Aufguss ein typischer Second Flush und doch ganz anders als ich ihn erwarten würde. Der Geschmack ist süffig und aromatisch, vielleicht ein bisschen malzig und durchaus nussig. Gefällt mir gut!

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Die neue Filiale ist sehr zu empfehlen, vor allem denjenigen, die neugierig auf Tee sind und vor dem Kauf die ein oder andere Tasse “probetrinken” möchten. Ach ja, Matcha gibt es natürlich auch! Es befinden sich schon ein paar Dosen direkt am Eingang, aber richtig Eindruck macht der kleine Kühlschrank inmitten des Edmons-Sortiments. Hut ab! Die neue Filiale ist in der Bergstraße, ganz in der Nähe der Europa Passage.

Update vom 10.10.2014
Heute wurde ich netterweise zur offiziellen Eröffnung eingeladen. Es kamen aus Meckenheim der Geschäftsführer Thomas Holz und der Tea-Taster Daniel Mack. Es gab eine kurze Ansprache von der Inhaberin Annette Kocourek, der man ansah, dass mit dieser Eröffnung ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Es folgte ein Rückblick von Thomas Holz, der in der Teewelt eine feste Größe ist und der federführend an TeeGschwendners Nepal-Projekt mitwirkt.
Er zeigte uns ein Foto der ersten Filiale aus den 70ern, damals natürlich noch unter dem Namen “Der Teeladen”. Seitdem habe sich in der Teewelt viel verändert. In den 80ern habe man noch gekauft, was geschmeckt habe. Heute sehe das anders aus, die Leute verlangten nicht nur guten Tee, sondern Analysen und Zertifikate. Der Teehandel ist also deutlich komplexer geworden.

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Thomas Holz (Geschäftsführer TeeGschwendner) mit Annette Kocourek (Inhaberin der Filiale)

Daniel Mack führte uns ein kleines Tea-Tasting vor. Anhand ausgewählter Spezialitäten ist es ihm gelungen, die Vielfältigkeit des Tees zu demonstrieren. Aus den Blättern der Pflanze lassen sich so viele verschiedene Arten verarbeiten und von einigen Raritäten gibt es gerade mal 100-150kg pro Jahr. Der Vergleich zum Single Barrel Whisky fand ich sehr gelungen (Single Barrel Whisky ist eine Abfüllung aus einem einzigen Fass und die individuelle Reifung bringt einen einzigartigen Geschmack hervor, der sich nicht exakt reproduzieren lässt). Interessant fand ich Anekdoten aus dem Leben eines Tea-Tasters, in dem es darum geht, seinen Geschmack trotz der natürlichen Vorlieben zu schulen und zu objektivieren. Da dies nicht immer gelingen kann, hat TeeGschwendner ein Tea-Taster-Team, welches gemeinsam über Käufe entscheidet. Dies mindert das Risiko, einen Tee einzukaufen, der nur einem Bruchteil der Teefreunde schmeckt.

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Tea-Taster Daniel Mack bei der Verkostung

Der neue Flagship-Store in Hamburg ist eines der wenigen Geschäfte mit angebundener Gastronomie. Besonders hervorheben möchte ich die klassischen Tee-Utensilien aus Fernost. Im Regal kann man Gusseisenkannen bestaunen, die sich wirklich sehen lassen können. Es ist sogar eine Kanne dabei, die innen nicht emailliert ist. Für Menschen wie mich, die gerne Gusseisenkannen zum Wasser Kochen verwenden, eine hoffentlich interessante Meldung. Auch die schönen Becher und Tassen setzen sich vom kitschig-asiatischen Stil ab, den man nur allzu häufig sieht. Und Gerüchten zufolge kommt da noch mehr, wir dürfen also weiterhin gespannt sein!

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Viele hübsche Utensilien und es ist nicht das einzige Regal!

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Kumakiri Shincha aus Shizuoka

Kumakiri Shincha aus Shizuoka

In Shizuoka war ich leider nicht, diesen Tee habe ich in einem Teefachgeschäft eines japanischen depachika gekauft. Das ist die Delikatessenabteilung, die sich im Untergeschoss eines Kaufhauses befindet und wo auf kleinen Verkaufsflächen diverse Spezialitäten angeboten werden. Neben Süß- und Backwaren gibt es natürlich auch Weinstände und kleine Teeläden.In Tokyo habe ich ein besonders feines Teefachgeschäft entdeckt. Dort wird Tee mit viel Liebe zum Detail verkauft und erklärt. Man kann sich ja heutzutage schon glücklich schätzen, wenn neben der Anbauregion auch die Dämpfintensität angegeben wird. Im Chanoha treibt man es auf die Spitze: Dämpfintensität, Teename, Geschmack, genaue (!) Herkunft, Kultivar, Erntezeit, Röstungsstufe und Features.

Weil ich auf der Reise schon eh zu viele Shinchas gekauft habe, zögerte ich zunächst. Letztlich erlag ich dann doch der Versuchung und kaufte zwei Tees, die interessant klangen und aus Regionen stammen, von denen ich noch keinen Tee gekauft habe, aus Shizuoka.

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Blatt
Der vorliegende Tee wird in der Nähe des Oberlaufes des Tenryû-Flusses angebaut und wurde Mitte Mai geerntet. Eine Besonderheit ist, dass der Kumakiri einen “Aracha Finish” erhalten hat. Dieser Eindruck bestätigt sich auch in der Optik, denn der Tee sieht tatsächlich nicht gut sortiert aus: das Blatt wirkt wild und es sind viele kleine Stängel enthalten. Neben den Stielen sind hauptsächlich intakte Blätter vorhanden, die sorgfältig zu Nadeln zusammengerollt sind. Als Grund für “Aracha Finish” wird ein harmonischeres Geschmacksprofil angegeben. Ich bin skeptisch, das hört sich doch ein bisschen zu sehr nach “Sales-Talk” an. Dieser Tee wurde nur kurz gedämpft, was sich optisch bestätigen lässt.

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Duft
Der Duft des Blattes ist sehr intensiv und fruchtig. Ich muss zuerst an Maracuja denken, da ist eine schöne Tiefe und Süße. Ich meine auch etwas Schattenaroma zu riechen, bin mir aber nicht sicher. Diese Intensität kennt man von kurz gedämpften Tees eigentlich nicht. Vermutlich liegt es daran, dass der Tee nach dem Trocknen nochmals geröstet (火入れ hiire) wurde. Die Röstung wird als mittelstark angegeben und soll das Aroma intensivieren. In Japan sind stark geröstete Tees sehr beliebt und es gibt verschiedene Methoden wie Backen oder Heißluft. Nachteil ist, dass das Blatt ähnlich wie bei tiefgedämpften Tees darunter leidet und brüchiger wird.
In der warmen kyûsu wandeln sich die Aromen hin zu gerösteten Mandeln und Kastanien. Es steigen außerdem Nori-Blätter und Süßgebäck in die Nase.

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Geschmack
Der erste Aufguss ist nach einer Minute sehr fruchtig und erinnert mich an den Kasuga Zairai von Akira Hojo. Bei diesem Tee handelt es sich aber nicht um ein Zairai-Kultivar sondern um einen Yabukita. Den Duft der Maracuja nehme ich noch immer deutlich war. Der Kumakiri ist süß und süffig, Frau P. schmeckt auch etwas Artischocke. Auffällig ist, dass Umami höchstens zu erahnen ist, diese Blätter also nicht beschattet wurden.

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Beim zweiten Aufguss wirkt der Kumakiri vollmundiger. Die Tasse ist viel trüber als vorher, was typisch für den zweite Aufguss ist. Diese Vollmundigkeit steigert die Wahrnehmung des typischen Sencha-Geschmacks und ich muss an Matcha-Süßigkeiten denken. Im Vergleich zum ersten ist dieser intensiver, herber und frischer.

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Nach dem dritten Aufguss baut der Tee dann doch schon ab. Er ist noch süffig und kräftig, hat aber nicht mehr die Tiefe und Komplexität der ersten beiden Aufgüsse.

Fazit

Für mich ist dies ein etwas anderer Shincha, der durch seinen doch eher individuellen Geschmack auffällt. Er gehört jetzt zwar nicht zu meinen Favoriten, bietet einem aber Abwechslung, wenn man meint, dass japanische Sencha einander zu sehr ähneln. Sehr gut finde ich die zahlreichen Informationen, die man zu diesem Tee erhält. So wird ein noch bewussterer Genuss möglich. Frau P. weiß an ihm zu schätzen, dass er überhaupt kein Umami enthält.

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Zurück aus Japan: Shincha aus Uji

Zurück aus Japan: Shincha aus Uji

Als Japanologe ist es immer wieder eine Freude in das Land zu reisen, mit dem man sich lange und intensiv auseinandergesetzt hat. Dieses Mal war die Reise nicht von privater Natur. Ich durfte eine Reisegruppe begleiten, mit der wir Japan unter dem Leitthema Tee bereist haben. Tee in Form von Grüntee bzw. Matcha ist in Japan omnipräsent. Wirklich überall und an jeder Ecke kann man Tee kaufen, Matcha-Süßigkeiten gibt es in allen Convenience Stores (jap.: konbini).Wir waren in drei Tee-Anbaugebieten: Kagoshima, Uji und Nishio. Jetzt einen kompletten Reisebericht online zu stellen, wäre etwas zu viel des Guten, aber zu gegebener Zeit werde ich sicherlich die ein oder andere Anekdote erzählen.

Was mich besonders beeindruckt hat, waren natürlich die Teefelder und zwei Tee-Manufakturen. Nicht nur, weil man ein technisches Verständnis vom Produktionsablauf bekommt, sondern weil man mit allen seinen Sinnen ein Gefühl dafür erhält, was Tee eigentlich ist. Der Duft eines Teefeldes kurz vor der Ernte z.B. ist ein solches Erlebnis. Dieser Duft wird in der Fabrik noch viel intensiver, denn da werden die Blätter abgeladen, ehe sie zügig verarbeitet werden. Und eben diesen Geruch findet man auch im Endprodukt wieder, was natürlich kaum überrascht. Nur, wenn man noch nie in einem Teefeld stand oder eine Manufaktur besichtigt hat, dann kann man dazu auch keinen Link herstellen.

Als wir in Uji waren, bin ich zusammen mit Gero in einen traditionellen japanischen Teeladen gegangen. Immer wieder findet man Teefachgeschäfte, die noch handgerollten Tee anbieten. Sogar von Unternehmen wie Fukujuen (福寿園), die eine beachtliche Größe erreicht haben und von denen man solch eine traditionelle Herstellung nicht vermuten würde.

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Teepflanze in Uji

Überhaupt spielt Uji für die Entwicklung der japanischen Teekultur eine zentrale Rolle. Tee wurde schon sehr früh, nämlich ab dem 12. Jahrhundert angebaut. Durch die Nähe zu Kyôto stand man im ständigen Austausch mit den Leitfiguren der Teekultur. Ebenfalls in Uji wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der Blütezeit des japanischen Tees, der Beschattungsanbau (ôishita saibai 被覆栽培, auch 覆い下栽培) erfunden. Diese Methode hat sich durchgesetzt, denn heute wird in Japan Matcha nur aus beschatteten Blättern hergestellt. Im 17. Jahrhundert folgte die Einführung der chinesischen Art der Grünteeherstellung. Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte Nagatani Sôen in Uji die heute für Japan typische Sencha-Herstellungsweise, die sich auf das ganze Land ausweitete. Interessanterweise kam man erst spät (1835) auf die Idee, beschattete Blätter zu anderen Teesorten zu verarbeiten.

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In Uji benutzt man Teepflanzen als dekorative Büsche an der Straße

Zurück zum Tee. Wir waren im traditionellen Teefachgeschäft Terashimaya (寺島屋), welches schon seit dem Jahr 1827 existiert. Man konzentriert sich auf eine klassische Auswahl der beliebtesten Sorten und bietet außerdem auch saisonale Spezialitäten wie Shincha an. Ich entschied mich für einen handgerollten Shincha aus dieser Ernte, den wir zuvor verkosten durften: Traditionelle erste Pflückung nach 88 Nächten (初摘み・八十八夜). Da der Geschmack überzeugend war, fiel die Kaufentscheidung schnell und einfach. Trotzdem stöberten wir noch etwas in den Regalen ehe wir wieder herausgingen. Die Geschichte und die traditionell anmutende Gestaltung des Fachgeschäfts erzeugte eine historisch lebendige Atmosphäre. Direkt am Eingang gibt es einen Tresen, an dem man sich die Spezialitäten probeweise aufgießen lassen kann.

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Historische Teekisten – so wurde früher Tee transportiert und gelagert
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Am Tresen kann man diverse Spezialitäten verkosten

Man empfahl uns, den Tee sehr zügig und innerhalb von zwei Wochen aufzubrauchen. Das wird schwierig… Einen Tag nach meiner Rückkehr entscheide ich mich nun aber doch dazu, diesen Tee zu brühen. Es ist der einzige handgerollte Tee, den ich habe, daher möchte ich gerade diesen so bald wie möglich genießen.

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Blatt
Nachdem ich schon einige Fotos von handgerollten Tees gesehen habe, bin ich etwas enttäuscht. Es sind zwar einige schöne lange Nadeln zu sehen, aber eine gute Manufaktur kriegt das maschinell hin.

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Duft
Der Duft verrät sogleich etwas über den Anbau, denn er hat diesen typischen Schattenduft (ôika 覆い香). Der süße Duft erinnert an frisch gepflückte Teeblätter. Im Hintergrund ist etwas Zitronenschale und ganz leicht Erdbeere. In der warmen Kanne denke ich an geröstete Nori-Blätter, Frau P. an gebrannte Mandeln.

Geschmack
Der erste Aufguss ist sehr aromatisch. Neben der Süße kommt eine leichte Umami-Note an den Seiten der Zunge zum Vorschein. Der erste Eindruck ist frisch, leicht gemüsig. Trotz der hohen Dosierung ist er kein bisschen bitter. Frau P. sieht das etwas anders, für Sie ist eine leichte Herbe (wie bei Weintraubenschalen) zu schmecken. Er wirkt noch sehr lange nach, der Umami-Geschmack, erinnert nun an den Nachgeschmack von Tomaten.

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Erster Aufguss

Der zweite Aufguss ist nun ausgewogen herb, insgesamt hat der Tee jetzt mehr Tiefe und Körper. Der Nachgeschmack des Umami hinterlässt ein Mundgefühl von Parmesan.

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Zweiter Aufguss

Aufguss Nummer Drei ist deutlich leichter und hat nun keinen Umami-Geschmack mehr. Er schmeckt frisch und erinnert mich an die klassischen Tees aus den japanischen Getränkeautomaten. Das meine ich nicht negativ, denn in Japan ist die Qualität der Tees sehr hoch.

Der letzte Aufguss ist noch etwas leichter und süffiger. Ein einfacher und unkomplizierter Genuss, der andeutet, dass aus den Blättern nicht mehr viel herauszuholen ist.

Fazit
Das war ein sehr schöner Grüntee, der auch extreme Dosierungen von 5g auf 100ml verträgt, ohne bitter zu werden. Diesen Laden werde ich mir für den nächsten Japan-Besuch auf jeden Fall merken.

Preview: Gelber Tee Wuliang Golden Dragon

Preview: Gelber Tee Wuliang Golden Dragon

Über die Verarbeitung des Gelben Tees findet man viele widersprüchliche Informationen im Internet. Und weil es auch verschiedene Gelbe Tees gibt, die sich sowohl in Aussehen als auch in Geschmack und Duft unterscheiden, tendiere ich zu der Meinung, dass es tatsächlich mehrere Verarbeitungsarten gibt, mittels denen man einen Gelben Tee herstellen kann. Streng genommen sind es dann aber verschiedene Kategorien, wie es sie auch bei Grünem Tee gibt (Rösten vs. Dämpfen).

Eine Methode enthält, dass die Blätter (in dem Fall Knospen wie die Silbernadeln) ruhen gelassen werden, wodurch sie ein bisschen oxidieren. Aus diesem Grund verlieren sie ihr frisches Grün und werden gelb. Danach werden sie wie Weißer Tee sofort getrocknet.
Einer anderen Methode zufolge kommt die gelbe Farbe durch das schonende Rösten in Pfannen zustande. Das Rösten wird in China klassischerweise bei der Grünteeherstellung angewandt, um die Oxidationsenzyme zu deaktivieren. Nach welcher Methode dieser Tee verarbeitet wurde, weiß ich leider nicht, aber am Ende kann man vielleicht anhand der Blätter Rückschlüsse ziehen.
Diesen Tee habe ich von einem Tee-Enthusiasten erhalten, der gleichzeitig Tea-Taster einer großen deutschen Tee-Fachgeschäft-Kette ist. Wann und unter welchem Namen der Tee eingeführt wird, ist noch unklar und wird hier ergänzt, sobald es feststeht.
Update 07.12.2014: Der Tee ist unter dem Namen China Wuliang Golden Dragon bei TeeGschwendner zu haben.
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Aussehen
Das obige Foto macht deutlich, weswegen ich mich mit der Kategorie “Gelber Tee” so schwer tue. Würde man diese Blätter neben einen Yunnan Schwarztee oder diesen Golden Needle legen, müsste man, wenn man denn vom Aussehen der Blätter auf die Kategorie schließen wollte, gerade die letzteren als Gelbe bezeichnen, denn der vorliegende Tee sieht vom Blatt her eher aus wie ein tippy Schwarztee.
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Duft

Die Blätter haben eine feine Würze, riechen “dunkel” – etwas nach Schokolade mit hohem Kakao-Anteil. Frau P. und ich können uns nicht darauf einigen, was dominiert: Kuchenkruste oder Brotkruste, die vor dem Backen mit Butter bestrichen wurde. Da der Tee zusätzlich sehr süß duftet, tendiere ich zur Kuchenkruste, da ist aber i.d.R. auch Butter mit drin. Der Kniff, zuerst auf die Blätter auszuatmen, bevor man ihren Duft einatmet, wirkt bei diesem Tee besonders gut. Es kommt eine feine Erdbeermarmeladen-Note zum Vorschein, die einem sonst entgehen würde.
Im warmen Gaiwan wird die Brotkruste intensiver, zum Vorschein kommt für mich eine deutliche Honignote, Frau P. hingegen riecht deutlich Artischocken. Zu schade, dass ich zu selten Artischocken in meinem Leben gegessen habe, um mich jetzt an sie zu erinnern.

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Geschmack

Ich entscheide mich für eine intuitive Zubereitungsart im Gaiwan. Der Spender empfahl eine Temperatur von 90°C, daher halte ich mich an diese Vorgabe und lasse, weil ich anständig dosiert habe, nur 60 Sekunden ziehen. Es erschließt sich ein schöner und komplexer Geschmack. Frau P. schmeckt sehr deutlich Artischocken und Erdbeermarmelade, ich denke mehr an die Erdbeermarmelade, meine außerdem noch etwas Malz und Schwarztee-Geschmack wahrzunehmen.
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Danach wird der Tee süßer, neben Malz und Artischocken kommt Honig als weitere Komponente hinzu. Klasse! Danach begehe ich einen Fauxpas, lasse den Tee zu lange ziehen, er wird dadurch zu kräftig. Das war leider nichts, klarer Fall von Anwenderfehler.
Doch der Tee verzeiht es mir, zeigt sich im nächsten Aufguss sogleich von seiner süßen Seite. In einer Blindverkostung würde ich jetzt auf einen Yunnan-Schwarztee tippen, zu deutlich sind die typischen Honig-Aromen. Beim fünften Aufguss denkt Frau P. an Oolong. Mich überrascht die Würze und Kraft. Der letzte Aufguss hinterlässt einen ungewöhlichen Eindruck aus Gebäck und Pommes Frites. Das mag sich komisch anhören, schmeckt aber wirklich lecker.
Es gab noch einen dritten Genießer in dieser Runde. Er fragte sich während der gesamten Zeit, wovon wir beide eigentlich reden und konnte die Eindrücke überhaupt nicht nachvollziehen 😉
Rückschlüsse
Betrachtet man die aufgebrühten Blätter, fallen einem die braunen Oxidationsspuren gleich auf. Man kennt sie von Oolong und modernen “Schwarztees” wie Darjeeling. Ich lehne mich vermutlich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass dieser Tee eher nach der kurzen Oxidationsmethode hergestellt wurde.
Edit 14.04.2014: Der Rückschluss ist wohl falsch. Ich habe mich nochmals vergewissert und mir wurde bestätigt, dass es sich bei diesem Tee um einen Gelben der ersten Machart handelt. Die Verfärbungen und das dunkle Blatt sollen durch einen schonenden Backprozess entstanden sein. Man lernt also nie aus!
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Fazit
Dieser Gelbe Tee hat auf ganzer Linie überzeugt und ich bin froh, dass ich schon vor der offiziellen Aufnahme einen Blick auf diesen Tee werfen durfte. Extrapunkte erhält er für seine Komplexität in Geschmack und Duft. Wenn ich den dritten Aufguss nicht vermasselt hätte, dann wären locker sieben bis acht Aufgüsse möglich gewesen, was ich sehr ordentlich finde. Gerne wieder!
Verkostung einer Teeprobe: Tencha

Verkostung einer Teeprobe: Tencha

Wenn man sich im Internet mit verschiedenen Leuten über Tee austauscht, dann kommt es vor, dass man sich Teeproben zuschickt. Und davon sammeln sich dann im Laufe der Zeit so viele an, dass man (wenn man sie nicht rechtzeitig verkostet) den Überblick verliert. Meistens sind es ja auch noch so kleine Besonderheiten, für die man sich einen guten Moment aussuchen möchte, um den Tee auch wirklich voll zu genießen. Und diesen Moment findet man natürlich nie…

Heute geht es um einen Tee, den ich von Anima_Templi aus dem Teetalk-Forum zugeschickt bekommen habe. Tencha ist ein Tee, der normalerweise nur hergestellt wird, um daraus später Matcha zu vermahlen. Aufgießen tun ihn die Japaner i.d.R. nicht. Für Fortbildungszwecke ist es also durchaus interessant, sich so einen Tee mal zu gönnen und normal aufzugießen.
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Blatt
Dieser Tencha ist extrem voluminös, enthält noch Blattrippen und Stängel, ist daher eigentlich die Vorstufe des Tencha – Tencha Aracha (Tencha Rohtee). Beim Abwiegen der Blätter denke ich, dass meine Waage kaputt ist, denn 5g erscheinen einfach vom Volumen her ungeheuer viel. Aber es scheint doch zu stimmen, wie ein Vergleich mit konventionellem Tee zeigt.
Geruch
Der Geruch überrascht, obwohl es naheliegt, dass er an Matcha erinnert. Da ist ein süßlicher nussiger Duft, etwas Kakao (damit meine ich die Schwere), in der warmen Kyûsu duftet es plötzlich nach einem Holzhaus.
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Geschmack

Wie schmeckt wohl der erste Aufguss? Beim ersten Kontakt beruhigt es mich, dass die Waage tatsächlich nicht kaputt ist, denn der Geschmack ist weich, etwas süß. Sofort ist Umami spürbar und im Hintergrund ist gekochtes Gemüse. Der Geschmack ist langanhaltend, aber nicht aufdringlich.

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Der nächste Gang wird zwar würziger, ansonsten ändert sich nur wenig gegenüber dem vorherigen. Erst beim dritten Aufguss kommt eine neue Komponente, ich meine Esskastanien zu schmecken. Ansonsten ist der Tee erstaunlich mild. Für Matcha sicher gut und richtig, aber als Aufgussgetränk zu lasch.

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Beim vierten Aufguss bin ich erstaunt, dass ich noch immer Umami schmecke. So lange halten doch nicht mal Gyokuro durch, oder?

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Fazit

Ich verstehe jetzt, weswegen Tencha keine Karriere als Aufgussgetränk gemacht hat. Es fehlt mir Vollmundigkeit, Würze und Abwechslung, der Geschmack ist nicht intensiv genug. Die Parallelen zu Matcha sind aber erstaunlich deutlich! Vielen Dank, lieber Anima_Templi, für diese Probe, durch die ich wieder etwas lernen durfte.
Wieder ein Pu Erh: Menghai Dayi 7542 aus dem Jahr 2007

Wieder ein Pu Erh: Menghai Dayi 7542 aus dem Jahr 2007

Auf meiner Pu Erh-Reise mache ich heute Halt bei einem Klassiker unter den Pu Erhs, einem Tee aus dem renommierten Hause Menghai Tea Factory 孟海茶厂. Wie der letzte stammt auch dieser Pu Erh von einer der zahlreichen Probenaktionen von Chenshi Chinatee, die ich jetzt nach und nach verkosten darf. Vor einiger Zeit wurden im Teetalk-Forum Anfängern wie mir zwei weitere Pu Erh aus diesem Hause nahegelegt, weil diese “einfach nur schmeckten” und man nicht viel verkehrt machen könne. Auch dieser Pu Erh scheint in dieses Schema zu passen, denn Chris schreibt dazu:

Der Menghai Dayi 7542 ist ein Klassiker unter den Plantagen Pu-erh Tees. Blattgröße und Blattgrad sind eher mittelmäßig, hier und dort sind auch ein paar Spitzen dabei. Trotzdem betrachten nicht wenige Experten den Menghai Dayi 7542, egal welchen Jahrgangs, als Maßstab für guten sheng Pu-erh Tee mit dem sich erst einmal andere messen müssen. Im Aroma ist er knackig, süß, kräftig, langanhaltend und irgendwie vertraut (Quelle).

Über Menghai Dayi gibt es bei Chris einiges Interessantes zu lesen und er erklärt auch, was es mit den verschiedenen Nummern der Pu Erh-Fladen auf sich hat. Daher begnüge ich mich an dieser Stelle damit, die gut auf den Punkt gebrachten Informationen interessierten Lesern zu empfehlen.
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Blatt
Aus dem Fladen lässt sich dieses Stück relativ einfach lösen. Die Blätter sind eher klein, hier und da blitzen einige helle Tips auf.
Geruch
Der Geruch ist unerwartet süß. So einen süßen Duft habe ich bei Pu Erh noch nie vernommen. Er liegt schwer in der Nase und lässt mich an Honig denken. Ist das wirklich Pu Erh? Bisher dachte ich immer, dass Pu Erh nach allem riecht, nur nicht nach genießbaren Lebensmitteln.
Im warmen Gaiwan wird die intensive Süße ergänzt durch einen mentholartigen Geruch, wie man ihn von Erkältungssalben kennt. Ein bisschen Kraut ist vielleicht auch dabei, aber eher dezent im Hintergrund.
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Geschmack
Der erste Aufguss ist noch sehr zahm, mittelsüß und der oben beschriebene Duft ist beim Trinken sehr präsent, erinnert zudem an ätherische Öle. Der nächste Gang ist schon fruchtiger und süßer, hat auch mehr Körper zu bieten. Gut so!
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Beim dritten Aufguss meine ich, eine frische und belebende Wirkung zu spüren. Vielleicht liegt es an der fruchtigen Säure? Danach lasse ich den 7542 ein bisschen zu lange ziehen, denn er wird herber, es zeigt sich eine hartnäckige Adstringenz, die einen interessanten Effekt im Rachen auslöst: Süße!
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Die Süße nimmt bei den folgenden Aufgüssen zu, sowohl im Rachen als auch im Mundraum. Danach (7.) entwickelt sich ein zedernartiges Aroma, auf der Zunge macht sich eine gewisse Kühle bemerkbar. Doch schon beim nächsten Aufguss ist diese wieder weg, es kribbelt am Gaumen und ich muss an Ingwer denken. Nein, das trifft es nicht ganz, es ist eher Ginger Ale, ja, genau!
Drei Aufgüsse mache ich noch, jeweils mit längeren Ziehzeiten. Ich zähle nicht mal mehr, gehe nur noch intuitiv vor. Wenn man an diesem Punkt angekommen ist, kann man bei so pflegeleichten Tees nichts mehr falsch machen (oder doch?). Geschmacklich hält sich die Assoziation zu Ginger Ale, Salatgurke verdrängt diesen Eindruck aber von Aufguss zu Aufguss, bis beim elften endgültig Schluss ist.
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Fazit
Ein wirklich guter Tee, der vom ersten Aufguss an schmeckt. Besonders finde ich an diesem Pu Erh, dass er weder Tabak noch Rauch aufweist. Ein großes Plus für mich! Andererseits verstehe ich auch, dass Pu Erhs aus diesem Hause unseren Hardcore-Freunden nicht abwechslungsreich genug sind. Ja, der Tee war einfach nur lecker, aber andererseits auch wenig herausfordernd bzw. nicht so viele Assoziationen weckend wie man es vielleicht von anderen Vertretern kennt. Wem es um puren Genuss geht und wer zunächst einen geschmacklichen Einstieg in die Pu Erh-Welt finden möchte, dem könnte vielleicht dieser Menghai Dayi 7542 eben jenen ermöglichen.
Yunnan Golden Buds - ein goldener Schwarztee aus China

Yunnan Golden Buds – ein goldener Schwarztee aus China

Wenn man online im Sortiment von Fachgeschäften stöbert, dann findet man häufig Fotos, bei denen man sich fragt, ob da nicht etwas mit der Bildbearbeitung nachgeholfen wurde. Nicht, dass ich es den Betreibern vom Teespeicher zutrauen würde, aber dieser Gedanke kam mir unweigerlich, als ich das Foto dieses “Schwarztees” sah. Nun habe ich mir ein bisschen dieses trinkbaren Goldes gesichert und kann bestätigen, dass die Farbe in “Real Life-Grafik” noch viel goldener ist als auf dem Foto.

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Diese Spezialität aus Yunnan erinnert unweigerlich an Weißen und Gelben Tee. Weißer Tee aus noch ungeöffneten Blattknospen ist blassgrün und wirkt leicht silbern, weil die Härchen der jungen Knospe weiß sind. Daher werden sie auch Silbernadeln (Yin Zhen) genannt. Eine gelbe Variante dieser Sorte gibt es auch, die Silbernadeln werden dabei reguliert erhitzt, so dass sie sich gelb färben. Die vorliegende Variante hingegen wird oxidiert, ältere Blätter würden schwarz werden, aber junge Knospen haben es an sich, dass sie hell bleiben, je nach Kultivar können sie gold oder silbrig-grün ausfallen, obwohl sie oxidiert sind. Dies kennt man vor allem aus Assam- und Darjeeling-Gärten, weswegen auch die traditionelle Einordnung in Blattgrade wie “Tippy Golden Flowery Orange Pekoe”, kurz TGFOP, auf dieses Merkmal eingeht.

Ein Tee, der nur aus Knospen besteht, ist mühsam herzustellen, da dafür logischerweise nur Knospen gepflückt werden dürfen. Das ist nicht besonders ergiebig und erklärt gleichzeitig den höheren Preis. Ich entschließe mich, diesen Tee unkonventionell zuzubereiten. 2,5g auf ca. 120ml Wasser mit folgenden Ziehzeiten: 30/10/30/60/120/120

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Duft
Die Blätter duften süßlich, leicht malzig. Wenn man mit der Nase auf die Blätter ausatmet und gleich wieder einatmet, erhält man einen intensiveren Duft mit mehr Würze, vielleicht etwas Honig und ein bisschen Leder.
Im warmen Gaiwan ist der süße Duft sehr schwer, diese Intensität lässt mich an Vanille und Moschus denken.

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Geschmack
Der erste Aufguss ist zunächst leicht, die Süße wirkt malzig, eine leichte Parallele zu Assam-Tees. Trotz der Leichtigkeit entwickeln die Knospen genug Körper und erzeugen ein rundes Mundgefühl.
Der zweite Aufguss ist süßer und fruchtiger, kurz muss ich an Mango denken, das trifft es aber nicht ganz. Honig ist hingegen viel passender. Ein dunkler und sehr aromatisch-würziger Waldhonig, den wir von einem Imker auf einem Wochenmarkt gekauft haben, hatte ebenfalls dieses gewisse Aroma. Das schmeckt!

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Auch danach bleibt der Geschmack stabil, wobei die Süße etwas abfällt. Beim vierten wandelt sich der Geschmack und die Golden Buds zeigen sich von ihrer Schokoladenseite, sie schmecken eindeutig nach Kakao und hinterlassen ein samtiges Gefühl auf der Zunge.

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Die längeren Ziehzeiten tun ihm jetzt gut, er wird zwar süffiger und leichter, aber trotzdem ist der Aufguss lohnend. Waldhonig und Kakao wechseln sich ab, die Süße ist wieder da, intensiver als vorher. Interessant ist auch, dass der Aufguss (wie für einen Schwarztee typisch) recht dunkel ist. Denkt man gar nicht beim Anblick der hellen Blätter. Der letzte Aufguss schmeckt immer noch gut, ist jedoch nicht mehr so vielschichtig wie vorher. Der Honig ist nun weg, aber die Schokolade ist noch da.

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Fazit
Ich gestehe, dass ich dem Tee nicht so viel Ausdauer zugetraut habe. Der Duft hat schon angedeutet, dass es sich geschmacklich lohnen wird, aber ich kenne nicht viele Schwarztees, die derart viele Aufgüsse mitmachen würden. Wer malzige Assam-Tees mag, sollte einen Blick nach Yunnan wagen. Vielleicht lässt sich dort der ein oder andere Schatz entdecken. Zu kaufen gibt es den Tee hier.

Ein etwas anderer Sencha: Kasuga Zairai

Ein etwas anderer Sencha: Kasuga Zairai

Ich habe zwar schon einige Bestellungen bei Akira Hojo getätigt, aber von den Tees, die ich von ihm erhielt, habe ich noch keinen einzigen getrunken. Es ist Zeit, dies zu ändern. Heute handelt es sich um eine Teeprobe, die ich von ihm bekommen habe. Dieser Tee ist in mehrerer Hinsicht interessant. Zunächst ist er ein Gartentee aus dem ehemaligen Ort Kasuga, heute ein Teil von Ibikawa. In Japan werden seit geraumer Zeit Dörfer zusammengeschlossen, um sie einfacher verwalten zu können, so auch in diesem Fall. Das ist natürlich ein Problem für viele traditionelle Hersteller, die mit der Region verwurzelt sind, weil der Name eines Tages erklärungsbedürftig wird oder angepasst werden muss.Akira Hojo kauft diesen Tee von mehreren Bauern ein. Sie haben aber alle gemein, dass sie natürlichen Dünger verwenden, den Tee von Pflanzen ernten, die 200-300 Jahre alt sind und vom Zairai-Kultivar (zairaishu 在来種) stammen. Dieses bildet Wurzeln, die sich tiefer in die Erde graben und somit mehr Mineralien aufnehmen können. Aus diesem Grund befindet Akira, dass das Zairai-Kultivar dem Yabukita bezüglich Aromen und Nachgeschmack überlegen ist. Er kritisiert außerdem den weit verbreiteten Ansatz, Tee mit Stickstoff zu düngen, um damit den Umami-Geschmack zu betonen. Seiner Meinung nach entwickeln diese Tees zwar Umami, haben hinter dieser Fassade aber nicht mehr viel zu bieten. Ein interessanter Standpunkt, wie ich finde.

Das Zairai-Kultivar ist etwas schwierig zu fassen. Wörtlich übersetzt bedeutet das Wort “herkömmlich”, meint in diesem Fall aber, dass es eine einheimische Pflanze ist. Nun weiß man aber seit langer Zeit, dass es Mönche waren, die Samen bzw. Setzlinge von China nach Japan brachten. Es ist noch gar nicht so lange her, dass man Tee noch durch Samen vermehrte und die Pflanzen, die früher daraus entstanden, sind nicht einem der heute bekannten Kultivare zuordenbar, sondern bilden ein genetisches Sammelsurium. Richtiger wäre es folglich nicht von einem Zairai-Kultivar, sondern von der Gruppe der Zairai-Kultivare zu sprechen. Macht aber keiner.
Daher hat sich Akira die Teefelder mit denjenigen Zairai-Kultivaren ausgesucht, die einen möglichst intensiven und langanhaltenden Geschmack haben und gut zueinander passen. Den Aracha lässt er in einer Fabrik in Shizuoka zu diesem Sencha verarbeiten.

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Und wie schmeckt er nun? Ich habe 5g zur Verfügung und setze alles auf eine Karte: 5g auf 100ml Wasser. Akira empfiehlt eigentlich eine niedrigere Dosierung, aber ich habe mich schon so sehr an meine gewöhnt, dass sie für mich ein Kriterium darstellt, ob ein Tee unter diesen Bedingungen noch überzeugen kann.

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Schöne Blätter mit ein bisschen Blattbruch

Blatt
Die Blätter wirken im Vergleich zu den letzten verkosteten Sencha etwas heller. Ich habe schon attraktivere gesehen, wie z.B. die Tees von Yamamoto Kengô aus dem Kultivar-Vergleich 1, 2 und 3. Aber es soll sich ja um Tees handeln, die möglichst natürlich angebaut wurden, beschattet wurden sie also wahrscheinlich nicht.

Geruch
Was für ein Duft! Ich rieche eine sehr deutliche und fruchtige Süße, die mich an Multivitaminsaft erinnert. In der warmen Kyûsu wird die Süße richtig schwer. Es werden Erinnerungen wach. Frau P. denkt an von der Sonne aufgewärmte Tatami-Matten. Ich hingegen muss an japanische Süßigkeiten denken, die mit Sojabohnenmehl (kinako) bestäubt sind.

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Geschmack
Nach nur 60 Sekunden gieße ich ab und der fruchtige Duft des warmen Grüns steigt auf. Ich bin gespannt auf den ersten Schluck. Wow! Was für eine fruchtige Süße! Die Intensität ist stark und langanhaltend, setzt sich außerdem noch aus Frucht und Umami zusammen. Tolle Balance finde ich, gerade noch so genießbar, findet Frau P., sie scheint sich aber an Umami langsam zu gewöhnen. Die Süße hallt noch lange nach und nimmt die Gestalt von Maracuja an. Der Duft der nassen Blätter lässt uns an Zeltlagerabende in der Natur denken, damit meinen wir vor allem den Duft der Natur, der sich bei der Dämmerung bildet.

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Der zweite Aufguss ist herzhafter, etwas kerniger, die Süße geht jetzt eher in die Richtung kandierter Früchte und der Umami-Geschmack tritt etwas zurück, ist aber noch da. Für mich lebt der Maracuja-Duft wieder auf.

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Was für eine Leuchtkraft der trübe Aufguss haben kann

Kernig und fruchtig geht es weiter, die Herbe nimmt jetzt etwas zu, hallt länger nach, aber das ist gut so, das mag ich, es ist in einer angenehmen Konzentration.

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Durch Gebrauch werden die kleinen Risse in der Glasur immer deutlicher – ein natürlicher Reifungsprozess
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Der vierte Aufguss wird milder, was keine Überraschung ist. So ist der Tee sehr angenehm und lieblich ohne Ecken und Kanten. Überraschend ist aber das Mundgefühl, welches ich mit milchig oder cremig beschreiben würde. Danach machen wir noch zwei Aufgüsse, die zwar vom Geschmack her abnehmen, aber immer noch genießbar und schön süffig sind.

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In der Mitte ist sogar ein recht gut erhaltenes Blatt zu sehen

Fazit
Ein wirklich schöner Sencha, der nicht nur die harte Dosierung ab kann, sondern dadurch auch wirklich gut zur Geltung kommt. Die fruchtige Süße in dieser Intensität ist mir neu und gefällt mir ausgesprochen gut. Den sollte ich mir als möglichen Kandidaten merken, für den Fall, dass ich bei Akira wieder bestelle. Wer den Tee jetzt haben will, kriegt ihn hier.