Eines von drei Sencha-Kultivaren: Sayama kaori

Eines von drei Sencha-Kultivaren: Sayama kaori

Eine Diskussion im Teetalk-Forum führte zu der Frage, wie hoch der Einfluss des Kultivars auf den Geschmack eines Tees ist. Es gibt verschiedene Faktoren, die den Geschmack beeinflussen können. Neben klimatischen Bedingungen, wozu auch die saisonale Wetterlage zählt, wird auch dem Anbau (z.B. Dünger) und der Verarbeitung eine große Rolle zugeschrieben. Dass es verschiedene Kultivare gibt, die ähnlich den Reebsorten auch einen gewissen Einfluss auf den Geschmack haben, wird zwar eingeräumt, doch wie hoch dieser ist, lässt sich nur schwierig recherchieren.
Der Teefreund Stefan hat bei Thé du Japon drei Tees entdeckt, die alle vom selben Produzenten stammen und auf benachbarten Teefeldern angebaut werden. Das bedeutet, dass die oben genannten Bedingungen sehr ähnlich sind, so dass man, so die Theorie, die Besonderheit des Kultivars herausschmecken können sollte.Herkunft
Die Tees werden in Shimizu, einem Bezirk in Shizuoka, angebaut. Der erste Tee, den ich probiere, ist ein Sencha aus dem Sayama kaori Kultivar. Dort verarbeitet Yamamoto Kengo den Tee im Stile des gewöhnlichen Dämpfverfahrens (futsûmushi). Wie wird er wohl schmecken und was werden die Unterschiede zu den anderen Kultivaren sein? Sayama kaori wird vorwiegend in der Präfektur Saitama angebaut. Die dicken Blätter eignen sich sehr gut, um die frostigen Winter überstehen zu können. Im Geschmack zeichnet sich dieses Kultivar durch seine Herbheit aus.Zubereitung
Der erste Zubereitungsversuch schlug fehl. Was bei anderen Sencha hervorragend klappt, führte hier zu einer schwer genießbaren Brühe. Bei 5g auf 100ml und 90 Sekunden Ziehzeit bei ca. 80°C heißem Wasser wurde der Tee leider zu kräftig, einfach ein Tick zu bitter. Eine kleine Veränderung führte aber zu einem sehr zufriedenstellenden Ergebnis (5g auf 100ml, 60, 10, 30, 20, 20, 30, 45).

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Blatt
So sorgfältig selektierte Blätter sieht man selten für das Geld. Das ist schon ein prächtiger Anblick, der sich dem Auge offenbart. Tiefes grün, wenig Bruch, schöne nadelige Blätter, die einen feinen Duft ausströmen. Optisch sehr überzeugend, alle Achtung!

Duft
Der Duft steht dem Aussehen der Blätter nicht nach. Es ist ein intensives Aroma mit einer schmeichelnden Süße. Der etwas gemüsige Duft lässt mich an Multivitaminsaft denken, den ich in Japan getrunken habe. Der bestand aus einem Mix aus Obst und Gemüse (unter anderem Rote Beete). Eine durchaus angenehme Assoziation.
In der aufgewärmten Kanne gesellen sich leichte Röstnoten dazu. Für mich sind das gebratene Zwiebeln oder doch eher Knoblauch? Dabei ist noch würzige Alge, eine herzhafte Mischung also.

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Geschmack
Vor dem ersten Aufguss bin ich gespannt, ob 30 Sekunden weniger Ziehzeit wirklich ausreichen, um die Adstringenz zurückzudrängen. Und ja, 30 Sekunden machen einen sehr deutlichen Unterschied aus. Keine Spur Adstringenz, dafür ein ausgewogener Umami-Geschmack, die typische süße und gemüsige Note kommt gut durch. Frau P. sagt voller Überzeugung, dass sie Pfirsich schmeckt, ich stimme zu, da ist wirklich etwas davon dabei. Sehr auffällig ist auch, dass der Geschmack lange im Mund anhält, so dass ich mich ihm für eine Weile hingebe und mir Zeit mit dem nächsten Aufguss lasse. Vielleicht kommt das durch die fast schon ölige Konsistenz?

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Der zweite Aufguss wird plötzlich herber, aber auch würziger. Mir macht die Herbheit nichts aus, ich bin bis zu einem gewissen Maß ein Fan davon. So wie jetzt, würde ich den Geschmack als “kernig” bezeichnen, der außerdem an Frische grüner Äpfel gewonnen hat.

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Insgesamt haben wir sieben Aufgüsse zubereiten können, eine gute Ausdauer hat er also. Das zeigte sich auch darin, dass er etwas unerwartet im sechsten Aufguss wieder etwas herber wurde. Natürlich waren die beiden ersten am intensivsten, aber gerade deswegen weiß ich danach die unkomplizierten und dünneren Varianten umso mehr zu schätzen. Da will ich einfach nur genießen und so intensive Eindrücke machen die Geschmacksknospen auch nicht auf Dauer mit.

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Fazit
So, das war also der erste der drei Tees und gleichzeitig der Ausgangspunkt unseres Versuchs. Auch der Sayama kaori hat ähnlich wie dieser Gartentee hier und da seine Ecken und Kanten, die mir aber durchaus gefallen haben. Im direkten Vergleich, den ich mir an dieser Stelle erlaube, fand ich ihn sogar noch etwas runder. Und vom Aussehen der Blätter bin ich noch immer begeistert… So viel darf aber schon verraten werden: die beiden anderen sind mindestens genauso schön anzusehen!

Endlich wieder Tee: Oolong aus Nordthailand

Endlich wieder Tee: Oolong aus Nordthailand

Wie einige vielleicht bemerkt haben, kam der Blog in letzter Zeit zu kurz. Das lag nicht daran, dass ich vom Tee die Schnauze voll hatte, ganz im Gegenteil, ich sehnte mich nach einer ruhigen Minute, in der ich die Muße habe, mich meiner Leidenschaft intensiv zu widmen. Aber eine Folge des Arbeitslebens ist, dass man für Hobbys weniger Zeit hat. Dabei habe ich das Glück berufsbedingt mehr Tee zu trinken als ich es jemals tat, nur ist das etwas komplett Anderes. Eine weitere Folge des Arbeitslebens ist, dass man weniger Zeit hat, bewusst Tee zu trinken. Und wenn ich schon die Gelegenheit habe, Tee zu trinken, dann muss er auch schmecken. Früher hatte ich morgens Zeit für zwei Tees, jetzt reicht es nur noch für einen. So habe ich mich dabei ertappt, dass ich die “suboptimalen” nach und nach aussortiere – “das Leben ist zu kurz für schlechten Tee”, habe ich mal irgendwo gelesen und just in dem Moment ist mir wieder in den Sinn gekommen, wie wahr dieser Satz ist.

Erschwerend kam in den letzten Wochen hinzu, dass wir umgezogen sind. Endlich! Denn was ich hier nicht geschrieben habe, war, dass wir in unserer letzten Wohnung sehr unglücklich waren. Es war eine Wohnung aus den frühen 50ern und extrem hellhörig. Eine intime und geborgene Wohnatmosphäre ist vor allem seit unserem neuen Nachbarn und seinen ständigen abendlichen Besuchen nach und nach verloren gegangen, so dass ich mit der Unterschrift des Arbeitsvertrags auch gleich die Kündigung der Wohnung unterschrieben habe.
Jetzt sind wir also umgezogen und fast eingerichtet. Ein paar Kleinigkeiten fehlen leider noch, aber den größten Teil haben wir an den letzten Wochenenden nach und nach schaffen können. Heute ist der erste halbwegs freie Samstag, an dem ich wieder die Lust auf eine dokumentierte Einkehr zum Tee hatte. Die Sonne ist schon untergegangen und ich merke, dass es schwierig wird, bei diesen Lichtverhältnissen zu fotografieren.
Als ich Frau P. vorhin fragte, welchen Tee wir heute trinken sollen, kam wie aus der Pistole geschossen “Oolong-cha!”. Frau P. mag Oolong-cha sehr gerne, und wenn ich in der Vergangenheit die Frage gestellt habe, welchen Tee wir trinken sollen und sie mit “Oolong-cha!” antwortete, habe ich sie immer auf den Zeitpunkt nach dem Umzug vertröstet, weil ich mir dafür lieber etwas mehr Zeit nehme, so wie heute.
Also Oolong, aber welchen? Eigentlich wäre jetzt die richtige Zeit für einen richtig schönen und würzigen dunklen Oolong, aber vielleicht gerade deswegen entscheide ich mich immer für das Gegenteil, um die Vorfreude auf solch einen Tee noch etwas hinauszuzögern und zu genießen. Klingt unlogisch? Ist auch so. Deswegen komme ich nie dazu, meine kostbarsten und interessantesten Tees zu trinken. Vielleicht möchte ich diese Tees auch einfach mit so vielen Menschen wie möglich teilen, wie z.B. im Januar, wenn zwei Teefreunde, die ich über Teetalk kennengelernt habe, zu Besuch kommen.
Ich mache also meine Teekiste auf und sehe zuerst eine kleine Teeprobe aus Thailand, die mir ein Freund von dort mitgebracht hat. Oolongs aus Thailand kenne ich durch Thomas Kasper schon ganz gut und wenn ich mich nicht täusche, dann müssten die Tees aus einem königlichen Projekt, die ich mitgebracht bekommen habe, sogar identisch mit jenen aus Thomas’ Sortiment sein, oder?
Tee aus Nordthailand ist ein sehr spannendes Thema und ein schönes Beispiel dafür, dass eine Gesellschaft den Umstieg von Opium-Produktion auf Tee wirtschaftlich verkraften kann. Da diese Geschichte von Thomas sehr gut und anschaulich erzählt wird, möchte ich mich dazu nicht weiter äußern und stattdessen seine guten Artikel zu diesem Thema empfehlen.
Da ich Thai leider nicht lesen kann, weiß ich nicht wie der vorliegende Oolong heißt. Die Blätter sind zu dunkelgrünen Kügelchen gerollt. Der chinesische Trend, Oolongs wie den Tie Guan Yin immer grüner zu produzieren, ist also auch nach Thailand übergeschwappt. Und ich verrate nicht zu viel, wenn ich schon sage, dass die Parallelen eines modernen Tie Guan Yin zu dem jetzt getrunkenem Oolong erstaunlich sind!
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Der Duft der trockenen Blätter ist schön blumig wie blühende Sträucher und erinnert etwas an Akazienhonig. Etwas angewärmt vernimmt Frau P. auch einen Hauch von Grünkohl, diesem Eindruck kann ich zustimmen.
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Strahlendgelbe Tasse

Der Geschmack ist anfangs noch sehr verhalten. Leichte Süße, eine Spur Muskatnuss, insgesamt ein “grüner Geschmack”. Die späteren Aufgüsse werden aber würziger, manchmal schmecken wir eine leichte Vanille-Note, dann etwas Mandel, insgesamt ein sehr leicht zu genießender Tee, dem durch seine grüne Verarbeitung ein bisschen die Tiefe fehlt.

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Die typischen großen Blätter eines Oolong

 

Dafür hat der Tee etwas Anderes zu bieten: Ab dem sechsten Aufguss, dem Zeitpunkt, ab dem der Tee etwas dünner wird, zeigt sich ein Geschmack, den ich vielleicht als Tee-Geschmack bezeichnen könnte. Gero hat meines Wissens nach als erster die Theorie aufgestellt, dass alle Tees der Pflanze Camellia Sinensis einen gemeinsamen Tee-Geschmack aufweisen. Ich kann diese Theorie (noch) nicht ganz bestätigen, aber auch ich sehe Parallelen zwischen den verschiedenen Tees und der Geschmack, den ich mit dem “Tee-Geschmack” assoziiere, ist (für mich) am deutlichsten bei grünen Oolongs ab dem sechsten Aufguss zu schmecken. Interessant sind auch die Meinungen anderer Teefreunde zu diesem Thema, z.B. im Teetalk-Forum.Fazit:
Ein schöner Oolong, der einem neben dem gefälligen Geschmack auch gleich ein gutes Gewissen macht. Man darf gespannt sein, was die Teebauern in Zukunft für Qualitäten produzieren. Besten Dank, lieber Jan! Wenn Du wieder da bist, laden wir Dich gerne auf eine Tasse ein!
Morimoto Shincha 2013

Morimoto Shincha 2013

Seit geraumer Zeit kursiert unter Sencha-Freunden der Name Morimoto – das ist der Name einer Familie, die auf Kyûshû in der Präfektur Miyazaki Tee anbaut. Das Foto des Ehepaares Shigeru und Haruyo Morimoto ziert die Rückseite der silbernen Verpackung und vermittelt so den Eindruck eines vertrauten und persönlichen Produkts, ganz im Gegensatz zu den sonst sehr anonym und fremd wirkenden Tee-Produkten aus unseren Regalen.

Die Morimotos bauen auf ihren Feldern verschiedene Tee-Kultivare an. Yutaka Midori und Saki Midori heißen sie, und sorgen laut Informationstext für eine runde Ausgewogenheit, einen blumigen Duft und im richtigen Mischverhältnis ergebe sich “ein frischer, leichter, blumig-duftender Tee mit angenehmer Süße”. Bisher habe ich allerdings gelesen, dass der Einsatz verschiedener Kultivare nicht zwingend geschmackliche, sondern vielmehr praktische Gründe hat – die Familie Morimoto wird es im Zweifel sicher besser wissen. Dadurch, dass Japan verschiedene Klimazonen hat, gedeihen bestimmte Sorten in kühleren bzw. heißeren Gebieten besser als andere. Weitere Gründe für abweichende Kultivare sind Resistenzen gegen gewisse Pilze, Krankheiten und Insekten. Einer der Hauptgründe auf dem heutigen Shincha-Markt ist das schnellere Wachstum bestimmter Kultivare. Es leuchtet sicher jedem ein, dass bei der immer größer werdenden Shincha-Nachfrage jener Bauer im Vorteil ist, der am frühesten in der Lage ist, guten Tee zu verkaufen. Die hier eingesetzten Kultivare gehören zu den schnell wachsenden Sorten. Die Familie Morimoto kann also ihr Produkt früh auf dem Markt platzieren.
Eine weitere Besonderheit dieses Tees ist, dass er von der Familie selbst hergestellt wird. Das ist in Japan eigentlich unüblich, denn normalerweise verkaufen die Teebauern ihren Rohtee (Aracha) an große Unternehmen, die den Tee in verschiedene Kategorien selektieren und anschließend mit anderen Partien blenden, um einen bestimmten Geschmack zu erzielen.
Meiner Meinung nach spiegelt sich die Philosophie der Morimotos auch im Geschmack wider. Der Tee hat für mich sympathische Ecken und Kanten, schmeckt mir insgesamt gut. Jeder kann sich denken, dass es schwieriger ist, aus einer Ernte ein gutes Endprodukt herzustellen, denn man hat wenig bis gar keine Möglichkeiten, den Geschmack durch Zugabe von anderen Ernten in die ein oder andere Richtung zu optimieren. Daher ist ein Vergleich mit einem Blend eigentlich etwas unfair. Aber wie soll man sonst einen Shincha beurteilen?

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Aussehen
Die Blätter sind überwiegend dunkelgrün, die hellgrünen Partikel sind jedoch Stiele. Wenn Tee-Unternehmen den Aracha weiterverarbeiten, dann werden die Stiele von den guten Blättern durch eine Maschine getrennt, die mittels Sensor die helleren Partikel aussortiert. Es scheint, als wäre dieser Schritt hier ausgelassen worden.

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Duft
Öffnet man die Packung, kommt einem ein frischer Duft entgegen. Natürlich riecht der Tee vorwiegend nach Sencha, doch hinter dieser Fassade ist noch etwas Anderes: Minze gepaart mit Schokolade, also After Eight? Ich bin ja gespannt, was Frau P. dazu sagt und reiche ihr die Tüte: “Zahnarzt…” Ich schreibe das deswegen, weil es Menschen da draußen gibt, die mehr Wert auf Frau P.’s Meinung legen als auf meine und das ist auch in Ordnung so. In der warmen kyûsu sieht es hingegen ganz anders aus. Der Duft verliert seine Frische, aber zeigt eine kräftige Süße und riecht jetzt nach Spinat.

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Geschmack
Trotz der recht hohen Dosierung (9g auf 270ml) schmeckt der erste Aufguss überraschend schwach, für Frau P. nichtssagend. Keine Spur von der feinen Herbe, aber wenn ich mich auf den Tee konzentriere, dann ist da eine Kohlrabi-Note, eine leichte Süße, vielleicht auch etwas Umami. Ansonsten keine besonderen Auffälligkeiten und für einen ersten Aufguss fast schon etwas langweilig.

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Hier sieht man ein schönes und klares Grün

Beim zweiten Aufguss ändert sich das Geschmacksbild, was man beim Anblick der Tassenfarbe schon erahnt. Man sieht jetzt ein sattes und trübes Grün. Als hätte sich der Tee all seinen Geschmack für den zweiten Gang aufbewahrt, so zeigt er eine schöne Süße und milde Herbe. Auf der Zunge ist er leicht cremig und erinnert etwas an Matcha. In der Nase habe ich den Duft von frischen Tomatensträuchern. Wirklich lecker, das findet auch Frau P.

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Die trübe Tassenfarbe erinnert stark an Fukamushi Sencha

Beim dritten Durchgang baut er dann leider etwas zu stark ab. Er ist natürlich weiterhin genießbar, aber vielleicht bin ich schon durch meine (zu) hohen Dosierungen etwas verdorben, um den sanften Geschmack noch schätzen zu können.

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Der dritte Aufguss wiederum fällt recht klar aus
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Optisch stimmt hier alles!

Fazit
Es fehlt mir hier und da etwas, der Tee ist mir nicht rund genug. Das erklärt sich fast von selbst, schließlich konnte mich nur einer von drei Aufgüssen wirklich überzeugen. Ich weiß jedoch, dass der Tee der Morimotos viele Fans da draußen hat, die sich den Shincha auch etwas kosten lassen. Vielleicht bin ich also einfach nicht der richtige Typ für diesen Tee. Oder es liegt daran, dass ich von Blends ein runderes bzw. “vollständigeres” Geschmacksprofil gewohnt bin.

Dazu gab es übrigens noch ein kleines omiyage aus Japan, welches uns meine Schwester mit ihrem Freund mitgebracht hat. Es handelt sich um eine Mochi-Spezialität aus Kyôto. Sie hat natürlich genau die richtige Packung für ihren Bruder herausgesucht, denn die eine Sorte der yatsuhashi ist mit Matcha gemischt, die andere mit Gyokuro aus Uji. Aber wenn ich ehrlich bin, dann hat nur die Matcha-Sorte wirklich nach Grüntee geschmeckt, aber lecker waren beide! Vielen Dank, liebe Schwester!

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Unglaublich lecker!

 

Was einen Fukamushi Sencha so besonders macht

Was einen Fukamushi Sencha so besonders macht

Ich habe mich festgelegt. Endlich habe ich so etwas wie einen Favoriten unter den japanischen Tees. Es hat einige Zeit des bewussten Tee-Trinkens gebraucht, um zu dieser eigentlich recht einfachen Erkenntnis zu gelangen. Und zu Dank verpflichtet bin ich einer japanischen Freundin, die mir diesen Tee netterweise aus Japan mitgebracht hat. Ja, es hat sich bis Japan herumgesprochen, dass ich Tee-süchtig -begeistert bin und wenn Japaner zu uns zu Besuch kommen, dann bringen sie häufig ein Mitbringsel bzw. omiyage mit. Lucky me.

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Vielen Dank an Familie H. für den schönen Hagi-yaki Becher

Der mitgebrachte Tee ist ein Sencha aus Shizuoka, Japans berühmtester Anbauregion. Dort gibt es einen Ort namens Kakegawa (掛川), in dem seit dem 16. Jahrhundert Tee angebaut wird. Aus den Blättern des Yabukita-Kultivars, stellt das Unternehmen Harada (ハラダ製茶株式会社) eine Spezialität her, für die Shizuoka bekannt ist. Es ist ein Grüntee, der zwei bis drei Mal so lange, bis zu 120 Sekunden, mit heißem Wasserdampf behandelt wird und daher die Bezeichnung fukamushi (wörtlich: tiefgedämpft 深蒸し) trägt. Diese Methode hat in Shizuoka ihren Ursprung und ist aus der Not heraus geboren. Im Gegensatz zu den Pflanzen höher gelegener Plantagen, waren die Blätter der tiefer gelegenen dicker, vor allem aber bitterer. Dieser Geschmack wurde von der zahlenden Kundschaft nicht besonders geschätzt, daher erzielten die Blätter auch keinen hohen Marktpreis. Nach dem Krieg, um das Jahr 1955 herum, wurde es üblich, die Bedämpfungszeit zu erhöhen, weil man entdeckte, dass dadurch die Bitterkeit des Tees abnahm. In der Folgezeit wurde durch bessere Maschinen und die Optimierung der Herstellungsweise die Qualität dieses Tees deutlich erhöht, so dass heute ca. 70% der in Shizuoka hergestellten Tees nach diesem Verfahren hergestellt werden. Doch auch in anderen Präfekturen wie Mie oder Kagoshima bedient man sich dieses Verfahrens, um Tee herzustellen.

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Feine Nadeln gepaart mit Blattbruch
Das längere Dämpfen hat noch weitere Auswirkungen auf den Tee. Er gewinnt dadurch an Süße, allerdings auf Kosten der Frische. Es ist daher kein filigraner, sondern ein recht kerniger Tee mit einem starken Duft und vollmundigem Geschmack bzw. Mundgefühl. Die Bitterkeit ist nicht restlos verpufft, japanische Liebhaber sprechen von einer sanften Herbe (odayaka na shibumi おだやかな渋味), wobei diese Einschätzung sicherlich nicht von jedem geteilt wird. Es gibt Menschen, die es einfach nur als bitter empfinden. Durch das längere Dämpfen wird das Blatt strapaziert und ist viel brüchiger, weswegen der Tee nicht die beliebte Nadelform (harijô 針状) aufweist. Der hohe Anteil kleiner Partikel macht die Tasse trüb und dunkelgrün, besonders beim zweiten Aufguss wird das deutlich. Auch im Mundgefühl spiegelt sich das wieder, denn der Tee fühlt sich gehaltvoller, cremiger und dickflüssiger an. Entweder man liebt es (ich) oder man hasst es (Frau P.).
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Nur etwa 100ml kriege ich aus dieser kleinen Kanne, für mich allein ist es vollkommen ausreichend

Duft & Haptik

Dieser Tee hat noch etwas Besonderes an sich. Es handelt sich um einen Shincha, also um einen First Flush. Er hat einen sehr tiefen Duft, der mich immer an Nadelbäume an einem feuchten Abend erinnert. So einen ähnlichen Tee, den ich nur zu gern wieder trinken würde, hatte ich 2009 in Japan gekauft und in eine Kirschholzdose getan, die diesen Duft bis heute gespeichert hat. Ich denke, dass sich dieser Tee dort sehr wohlfühlen wird und kippe ihn dort rein. Der Duft weist aber noch etwas Alge und Esskastanien auf. Zwischen den Fingerspitzen fühlt sich der Tee leicht seidig an.
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Der erste Aufguss ist bei fukamushi immer überraschend klar

Geschmack
Abhängig von der Dosierung ergibt sich bei den Aufgüssen ein anderes Geschmacksbild. Der erste Aufguss ist bei einer leichten Dosierung und 45 Sekunden Ziehzeit sehr mild, im Abgang leicht algig, aber viel zu mild. Erst beim zweiten Aufguss hat er das schöne cremige Mundgefühl. Matcha- und Nadelbaum-Aromen steigen in die Nase, super! In der dritten Runde wird der Matcha-Geschmack intensiver, es wird auch leicht bitter, ich würde es Edelbitter nennen. Das cremige Mundgefühl nimmt zu, der Geschmack ist dichter, fast wie geschlagener Matcha.

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Erst der zweite Aufguss ergibt diese dunkle Färbung

Danach gab es noch eine harte Tour, also 5g auf 100ml. Für fukamushi ist das ordentlich, Frau P. würde mir diesen Tee sicher unwillkürlich ins Gesicht spucken, wenn ich es wagen würde, sie damit zu überraschen. “Edelbitter” ist er von Anfang an, ich spüre auch die Süße, die sich mit dem Nadelbaumduft wunderbar vereint. Ein sehr intensives Erlebnis, für das man einen gewissen Widerstand gegen Bitterkeit entwickelt haben muss, um es als angenehm empfinden zu können. Denn so geht es auch beim zweiten Aufguss weiter, der einen sehr dichten Matcha-Geschmack hervorkommen lässt und ich muss an Nougat denken, weil es sich ähnlich auf der Zunge anfühlt. Dazu kommen eine dezente Süße und die Nadelbaum-Aromen, die sehr lange nachhallen.

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Auch hier ist der hohe Blattburch-Anteil sehr gut zu sehen

Ich brauche eine kurze Pause, ehe ich mir einen weiteren Becher zubereite. Dieser ist vor allem am Gaumen sehr herb, so herb wie Herrenschokolade. Dieser unheimlich intensive Geschmack, den ich schon zuvor beschrieben habe, macht mich sprachlos. Und das ist auch gut so, denn ich habe eh schon zu viel geschrieben.

Eine kleine Probe aus Japan: Kamairi-cha

Eine kleine Probe aus Japan: Kamairi-cha

In meinem Umfeld bin ich mit meiner Tee-Passion ziemlich allein. Das bedeutet zwar nicht, dass niemand Tee trinkt, aber das tiefe Interesse dafür scheint zu fehlen. Ergo ist es schwer, sich mit den Leuten über Tee zu unterhalten, zumindest wenn man die Absicht hat, ein für beide Seiten fruchtbares Gespräch zu führen. Dank des Internets gibt es Foren zu diversen Themen, so natürlich auch zum Thema Tee. In diesen Foren melden sich täglich neue Mitglieder an, um sich über Tee auszutauschen. Eines Tages registrierte sich Seika im Forum, ein Teefreund aus Deutschland, der in Japan auf Kyûshû lebt. Seika schwärmte so sehr von einem fukamushi-Sencha (深蒸し煎茶) aus seiner Region, dass ich ihn bat, mir doch ein Päckchen davon zu schicken. Um diesen Tee geht es heute nicht, dafür möchte ich über die Probe schreiben, die diesem Päckchen beilag, 10g eines kamairi-sei-tamaryoku-cha (釜炒り製玉緑茶), ein in Kesseln bzw. Pfannen gerösteter gekrümmter Grüntee. Die typische Blattform in Form eines Kommas kommt zustande, weil der Tee nicht gerollt, vielmehr geknetet wird. Es ist also kein traditioneller Sencha, sondern ein Tee, der von seiner Machart eher an chinesische Grüntees erinnert, die häufig in Pfannen erhitzt werden, um den Oxidationsprozess zu stoppen.* Diese Verarbeitung verleiht ihm sein spezielles Aroma, welches kamaka (釜香) – Pfannenaroma – genannt wird. Alternativ spricht man auch von hika (火香) bzw. Röstaromen. Das ist übrigens kein Zufall, denn Kyûshû hat durch die geografische Nähe zu China schon früh intensiven Handel getrieben und somit viele Kulturformen aus diesem Land übernommen. Die Machart dieses Tees wurde bereits im 15. Jahrhundert eingeführt, wurde jedoch von dem ab der Edo-Zeit (1615-1868) eingeführten Dämpfverfahren, wie es bei Sencha angewendet wird, verdrängt. Kamairi-cha gilt daher als großer Bruder des Sencha und als regionale Spezialität Kyûshûs. Dort wird dieser Tee in den Präfekturen Saga, Miyazaki und Kumamoto hergestellt. Die Produktionsmenge ist im Vergleich zu Sencha relativ gering. Es wurden 2007 nur  3200 Tonnen hergestellt, bei Sencha waren es hingegen 65000 Tonnen! Der vorliegende Grüntee stammt aus Kumamoto und trägt den majestätischen Namen “Grüner König” (緑の王様) und wurde von Takanoen (高野園) hergestellt.*Es gibt aber auch eine Variante des tamaryoku-cha, die bedämpft wird und entsprechend mushi-sei tamaryoku-cha (蒸製玉緑茶) genannt wird.


Größere Kartenansicht

Um den Tee zu genießen, gehe ich zusammen mit Frau P. nach Planten un Blomen, nicht nur weil es dort einen japanischen Garten gibt, der Park bietet so viele schöne Möglichkeiten auszuspannen – man kann sich kaum entscheiden wo. Am Teehaus geht es allerdings nicht, denn dort sind zu viele Menschen. Außerdem haben wir einen Gaskocher dabei und unter diesem wird es bei ungünstigem Luftzug richtig heiß, was eventuell das Holz des kleinen Stegs oder das Gras der Wiese beschädigen könnte. Und das wäre dann nicht nur schade, sondern den anderen Gästen gegenüber auch ziemlich unhöflich. Aus diesem Grund gehen wir in eine Ecke des japanischen Gartens, der etwas abseits liegt. Dort kann man den Gaskocher auch auf den steinigen Boden stellen, wo er keinen Schaden anrichten kann. Außerdem sind wir von vielen Hecken und Bäumen umgeben, was uns vor dem Wind etwas schützt. Wir setzen uns auf eine Bank und machen es uns mit dem Tee gemütlich. Zu diesem Anlass darf ich auch gleich einen Newcomer in den Reihen der Tee-Utensilien begrüßen. Es ist eine kleine Mumyoi-kyûsu (無名異) aus dem Ton der Insel Sado (佐渡島). Dieser kyûsu werde ich eines Tages einen eigenen Beitrag widmen, heute soll es um den Tee gehen, sonst wird der Blog viel zu lang.

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Aussehen

Die Blätter dieses Tees haben ein etwas blasseres Grün als Sencha. Teilweise sieht es so aus, als ob es in Richtung Blau gehen würde. Die gekrümmten Blätter kann man sehr gut auf dem Foto erkennen und man kann auch einige Stile erblicken. Manchmal winden sie sich wie kleine Korkenzieherlocken.
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Den Unterschied zu den nadelartigen Sencha-Blättern sieht man hier sehr deutlich

Geruch

Ich entnehme die Blätter aus der kleinen Packung und schnuppere etwas daran. Der Duft ist leicht “pflanzlich” und lässt mich an Salatgurke denken. In der warmen kyûsu entfaltet sich ein süßer Geruch, den ich mit Algen in Zusammenhang bringe. Nicht die Nori-Blätter, die man auch für Sushi benutzt, sondern eine Art, die bei Süßigkeiten häufig Verwendung findet. Dazu gesellt sich eine Meeresbrise, ich war ja gerade erst am Meer und weiß noch genau, wie schön Meeresduft riecht. Im Hintergrund ist noch etwas Anderes, vielleicht Leder?
Zubereitungsempfehlung von Seika
Seika hat mir noch einen Brief zu beiden Tees in den Umschlag gelegt und empfiehlt eine Dosierung von 5g pro 100ml kochendem Wasser. Ich wäre ohne diese Empfehlung sicherlich zurückhaltender gewesen, vertraue aber seinem Urteil. Der zweite Aufguss soll sofort abgegossen werden. Danach fährt man wieder mit ca. 30 Sekunden fort und passt die Ziehzeit an den eigenen Geschmack an.
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Geschmack
Wer den Geschmack von Sencha kennt, wird überrascht sein, dass der kamairi-cha überhaupt nichts mit diesem zu tun hat. Folglich schmeckt der erste Gang auch nicht nach Umami, stattdessen ist er süß, zart herb, erinnert einerseits an Kräuter, aber welche? Und dann ist da noch der gemüsige Geschmack, dieser äußert sich aber auch anders als bei Sencha: die zuvor gerochene Gurke kommt gepaart mit ein wenig Zucchini zurück.

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Die Farbe des Tees tendiert mehr zu Gelb als zu Grün

Der Geschmack bleibt über die Aufgüsse relativ konstant. So notiere ich für den dritten Aufguss einen etwas stärkeren Gurkengeschmack. Der vierte hingegen hinterlässt ein cremiges Mundgefühl, wie es Jinxuan-Oolong tun. Dazu ist er etwas pikant im Rachenbereich. Der fünfte bringt wieder die Süße in den Vordergrund. Ich bin mir nicht sicher, aber ist das ein Hauch von Vanille mit Obstkompott, was ich da schmecke? Der letzte lässt mich an den Grundgeschmack der “modernen” und wenig oxidierten Oolong denken.

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Blattgut
Die aufgequollenen Blätter offenbaren, dass bei einigen Blättern der Oxidationsprozess bereits einsetzte. Auffällig ist auch, dass im Gegensatz zu Sencha viele Blätter intakt sind und einen fleischigeren Eindruck machen. Die Verarbeitungsmethode scheint die Blätter zu schonen.

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An einigen Stellen sieht man leicht braune Stellen – Spuren der Oxidation
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Fazit
Ich habe schon mal einen tamaryoku-cha probiert, ich bin aber der Meinung, dass der mehr an Sencha erinnerte als der jetzige. Woran das liegt, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht war der damalige auch bedämpft, wodurch die geschmackliche Parallele zustande kam? Der vorliegende Tee geht geschmacklich in die Richtung eines Frühlingsbancha, den ich mal getrunken habe. Der schmeckte nämlich auch sehr nach Salatgurke. Das Röstaroma habe ich leider nicht wahrgenommen, aber ich habe noch genug Blätter für einen zweiten Versuch. Vielleicht nützt es ja, wenn ich bewusst darauf achte? Oder steigt dabei das Risiko, sich selbst etwas einzubilden, was (für einen selbst) gar nicht vorhanden ist? Wie auch immer, herzlichen Dank für diesen schönen Tee, lieber Seika!

Nepal Special Sunderpani

Nepal Special Sunderpani

Es ist schon ein bisschen her, dass ich einen nepalesischen Tee aus der Edmon’s-Kollektion bei TeeGschwendner (TG) gekauft habe. Lange genug her, um so viel Zeit verstreichen zu lassen, dass dieser inzwischen leergekauft werden konnte. Das wundert mich nicht. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ich in einem Prospekt von TG eine kurze Beschreibung dieses Tees gelesen habe. Der Anblick des Blattes war Grund genug, um das Verlangen nach diesem Tee zu entzünden. Die Arbeit der Teebauern musste belohnt werden. Ich kaufte den Tee. Aber wie so oft bei besonderen Teesorten, landete er zunächst in einer Teedose statt in einem Kännchen. Ein besonderer Augenblick musste für dieses Getränk her und damit meine ich nicht einen Geburtstag, sondern einfach einen Moment der Ruhe, der Entspannung, ein Moment, in dem ich bereit bin, den Tee als Erfahrung zu erleben. Klingt esoterisch, ist es aber nicht. Es hat etwas mit dem Bewusstsein zu tun und mein Alltag sah bis vor Kurzem noch sehr hektisch und anstrengend aus – keine guten Umstände für intensive Tee-Erfahrungen.
Wie auch immer, der Tag ist gekommen und ich habe diesen nepalesischen Schatz endlich trinken können. Wer sich für den Anbau und die Herstellung der nepalesischen Tees interessiert, sollte unbedingt Geros Blog-Reihe zu diesem Thema lesen. Und wie es der Zufall so will, schreibt Gero genau über die Plantage, von der dieser Tee stammte. Das Interessante an diesem Schwarztee ist, dass er das Produkt einer Kooperative zwischen TG und den Produzenten ist. Das bedeutet, dass TG die Bewirtschaftung verbessert, indem sie die Bauern schulen, ihnen die Grundlagen des Bio-Anbaus vermitteln und die Effizienz der Kompostnutzung so weit steigern, dass sie damit eine Bio-Gas-Anlage betreiben können. In diesem Jahr wurde ein Hügel mit Jungpflanzen bepflanzt.

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Die Pflanzen der Assam-Hybride gedeihen an sonnenbeschienenen Hängen mit guter Drainage – gute Voraussetzungen also.

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Verarbeitet werden die gepflückten Blätter in der Fabrik des Gorkha Tea Estate nebenan. Auch davon hat Gero freundlicherweise ein Foto bereitgestellt.

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Auch auf die Gefahr hin, Geros Geduld überzustrapazieren, hat sich meine Hartnäckigkeit bezahlt gemacht. Er fragte bei Jonathan Gschwendner persönlich nach, was diesen Tee seiner Meinung nach auszeichne. Die Antwort ist zwar simpel, freut mich aber gerade deswegen, weil es meinen Eindruck bestätigt, dass dieser Tee etwas Besonderes ist: Neben der sehr gelungenen Verarbeitung spiele auch die optimale Pflückung eine Rolle. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es für alles einen richtigen Zeitpunkt gibt. Bei der Tee-Herstellung hat man es ja mit vielen (zeitlichen) Variablen zu tun und wenn man bei jedem Zwischenschritt den optimalen Zeitpunkt trifft, dann kann etwas Außergewöhnliches entstehen.

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Zubereitung
Ich bereite den Tee wie folgt zu: 2g auf 100ml kochendes Wasser, 30 Sekunden Ziehzeit. Der zweite Gang wird sofort abgegossen, danach wird wieder intuitiv etwas länger ziehen gelassen.

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Die Blätter sprechen für sich. Aber die Fotoqualität wird ihnen nicht gerecht

Blätter und Aroma
Die Blätter sind sehr groß, mit vielen Tips versehen. Diese sind auf dem Foto sehr gut zu sehen, sind sehr haarig und hell. Damit bilden sie einen guten Kontrast zu den älteren Blättern, die einen auffallend rötlichen Stich aufweisen. Teeliebhaber, die viel Wert auf möglichst unbeschadete Blätter legen, werden bei diesem Tee auf ihre Kosten kommen.
Der Duft der trockenen Blätter ist leicht brotig wie frischgebackene dunkle Brotkruste. Dazu gesellt sich ein blumiges Aroma, vielleicht Maiglöckchen? Nicht ganz, aber ich muss auch etwas an ätherische Duftöle denken. In der warmen Shiboridashi ändert sich der Duft: An Stelle der Brotkruste tritt nun dunkler Honig hervor und es liegt ein schwerer Duft in der Nase, vielleicht ein Hauch von Malzbonbons? Die nassen Blätter riechen wieder sehr intensiv und ich muss wieder an Maiglöckchen denken. Nicht übel!

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Auch die nassen Blätter sind etwas rötlich

Geschmack
Was ich im Mund schmecke, ist unheimlich schwer zu beschreiben. Der Aufguss ist zunächst süß. Aber was ist der Rest? Ich kenne diesen Geschmack so nicht und habe in meinem Leben nichts gegessen oder getrunken, was in diese Richtung schmeckte. Seltsamerweise bildet der Geschmack aber eine harmonische Einheit mit dem zuvor beschriebenen Geruch der Blätter. Ich notiere eine dezente Malzigkeit, ein mineralisches Mundgefühl, das Aroma von weißen Blütensträuchern wie sie gerade jetzt bzw. vor einigen Wochen blüh(t)en und etwas Waldhonig.

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Der zweite Aufguss erinnert nun an typische Second Flush aus Darjeeling, die ein schönes Muscatel-Aroma haben. Die Süße ist die von Mandarinen, dezent und unaufdringlich. Die Brotkruste lässt sich nicht nur riechen, sondern jetzt auch schmecken. In dieser Kombination für mich ungewohnt.

Der dritte Aufguss hat vor allem mehr Körper durch eine verlängerte Ziehzeit bekommen. Auch wenn die Süße nun aufgebraucht ist, muss ich unweigerlich an Fassbrause denken, die ja auch etwas in Richtung Brotkruste schmeckt, oder? Der jetzt sehr intensive Geschmack hat Parallelen zu Rotwein. Im vierten Aufguss geht es dann eher in Richtung Malzbier.

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Das Auge trinkt mit: die Blätter entfalten sich vollständig und geben ihre Schönheit preis

Fazit
Ich maße mir nicht an, diesen Tee gegenüber eines Darjeeling bewerten zu können. Für mich spielt dieser Sunderpani aufgrund seiner Besonderheit und Unvergleichlichkeit eh in einer anderen Liga. Liegt es an der Verarbeitung oder liegt es an den Blättern, dass dieser Tee so gut und doch so anders schmeckt? Es gibt ja Hinweise dafür, dass Nepal noch Schwarztees produziert wie sie in Darjeeling vor 20 Jahren hergestellt wurden. Gehört dieser dazu? Ich weiß es nicht, denn vor 20 Jahren habe ich noch keinen Tee getrunken. Da Darjeeling-Tees immer teurer werden und Nepal quasi an Darjeeling grenzt, bringen nepalesische Plantagen kostengünstigere Produkte von ähnlich guter Qualität hervor. Dieser Tee ist ein Beleg für diese These und es lohnt sich, sich mit Nepal in Zukunft näher auseinanderzusetzen, wenn man Darjeeling mag. Aber mir fällt eine Ähnlichkeit zu einem Tee auf, den ich letztens vom Hamburger Teespeicher erhalten habe. Und dieser Tee kommt ebenfalls aus Nepal. Dazu allerdings ein anderes Mal mehr…

Java OPSS Taman Sari

Java OPSS Taman Sari

Es wundert mich immer wieder, aus welchen Ecken der Welt Tees nach Deutschland kommen. Indonesien ist zwar bezüglich des Teeanbaus kein ungewöhnliches Land, kann aber meiner Meinung nach als ein kleiner Exot bezeichnet werden, weil es nur wenige Tees gehobener Qualität auf dem deutschen Markt gibt. In Indonesien wird durch den holländischen Einfluss seit 1684 Tee angebaut, auf Java erst seit ca. 100 Jahren.

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Java besteht aus mehreren zum Teil aktiven Vulkanen. Foto von UKPaolo

Dieser Schwarztee stammt von der Insel Java. Dort gibt es einen Ort namens Taman Sari, der für einen prächtigen Wasserpalast bekannt sein soll. Erbaut wurde der Palast 1757, ist aber inzwischen etwas heruntergekommen. Die Teegärten auf Java befinden sich größtenteils in höheren Lagen und verfügen über einen sehr nahrhaften Vulkanboden. Die guten Qualitäten sollen aus den Blättern der Assam-Hybride einen Geschmack herauskitzeln, der an Ceylon und chinesische Hong Cha erinnert. Meiner bescheidenen Meinung nach trifft das aber nicht auf den vorliegenden Tee zu, aber lest selbst.

OPSS steht für Orange Pekoe Special Superior

Der knappe Informationstext von TeeGschwendner verrät, dass die Produzenten sich an vergangene Spitzenproduktionen erinnerten und jetzt wieder Schwarztee herstellen, dessen Qualität sich von der gängigeren Massenproduktion abhebt. Das SS – steht für Special Superior – klingt jedenfalls sehr selbstbewusst und es verwundert nicht, dass der Tee in der limitierten Edmons-Kollektion angeboten wird.

Da der Tee einen hochwertigen Eindruck macht, entscheide ich mich für eine Zubereitungsweise, die eigentlich nur aromatische Sorten wie z.B. Darjeeling oder edle Hong Cha erhalten. Also pro 100ml 2g der trockenen Blätter bei einer Ziehzeit von 30 Sekunden.

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Aussehen
Der vorliegende Schwarztee hat ein schönes dunkles Blattgut und auffällig viele Golden Tips, ein Zeichen für eine sorgfältige Pflückung, weil auch viele junge Blätter und Knospen verwendet wurden.

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Geruch
Im warmen Gaiwan steigt ein schwerer Duft auf. Das ist Malz gepaart mit dunklem Honig, aber auch etwas Frucht in Form von süßen Mangos. Die Vorfreude ist groß! Ob sich dieser Duft im Geschmack bestätigt?

Geschmack
Ich hebe also die Tasse zum Mund, benetze die Zunge mit dem dunklen Gebräu und bin überrascht. Der Tee schmeckt nichtssagend, kommt vielleicht gegen die großen Erwartungen nicht an, die aufgrund des Duftes zu hoch gewachsen sind. Ich bemerke zwar die Malzigkeit, aber sie ist mir zu dezent, wie bei einem zu schwach geratenen Assam. Das Mundgefühl ist etwas holzig. Beim zweiten Aufguss spüre ich ein bisschen Mango, aber auch nur ganz leicht. So leicht, dass ich mich wieder frage, ob dieser Eindruck doch nur Einbildung war. Beim dritten Mal werden die Blätter extra lange gebrüht, wodurch die Malzigkeit nochmal hervorkommt. Insgesamt aber enttäuschend.

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Zwischenfazit
Würde ich jetzt mein Fazit schreiben, hätte der Tee eine schlechte Bewertung erhalten. Wobei ich Bewertungen eh für wenig aussagekräftig halte. Und dafür gibt es verschiedene Gründe. Meine Bewertungen möchte ich als subjektiv verstanden wissen, ich maße mir nicht an, urteilen zu können, ob ein Tee wirklich gut oder schlecht ist. Ich kann nur sagen, ob und wie mir ein Tee geschmeckt hat. Wichtiger als die Güte des Tees ist derjenige, der den Tee zubereitet. Liegen seine Geschmackspräferenzen anders? Ich erinnere mich spontan an einen Besuch im Berliner Teesalon, über den ich bereits berichtete. Ich war dort mit einem Freund, der eigentlich Earl Grey und einige ausgewählte Grüntees trinkt. Wir bekamen netterweise eine Tasse eines gerösteten Oolong angeboten und unsere Eindrücke waren ganz unterschiedlich. Ich war begeistert, wollte sofort ein Päckchen davon kaufen, er hingegen wollte überhaupt nichts aus dieser Richtung – “was für ein Frevel”, dachte ich.
Ein weiterer Grund, weswegen ich mit Urteilen anderer vorsichtig bin, ist die Zubereitungsart. Ich vertrete die Meinung, dass jeder Mensch ein eigenes Geschmacksprofil hat, welches individuell ausfällt. Jeder hat also eine eigene Vorstellung von leckerem Tee und das schließt die Zubereitung mit ein. Es ist möglich, dass uns ein Tee partout nicht schmecken will, egal was wir mit ihm anstellen. Liegt das nun am Tee oder an uns? Es kann aber auch umgekehrt so sein, dass verschiedene Zubereitungsarten verschiedene Ergebnisse hervorbringen und wir von der einen ganz begeistert, von der anderen total enttäuscht sein können. Ein bisschen Experimentierfreude könnte sich lohnen.

Aus diesem Grund gebe ich dem Java OPSS eine zweite Chance. Da er mich etwas an Assam erinnert, bereite ich ihn wie einen zu, also 1,2g auf 100ml kochendes Wasser bei drei Minuten Ziehzeit.

Das Ergebnis ist jetzt viel besser! Der Geschmack ist dichter und der Tee hat mehr Körper. Die Säure ist gut ausbalanciert, erinnert zwar nicht direkt an Mangos, aber dafür etwas entfernt an Früchte. Die Malzigkeit kenne ich sonst nur von Assam-Tees, dazu gesellt sich das Aroma eines leichten Waldhonigs.

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Die nassen Blätter wirken röter als die gewöhnlicher Schwarztees

Fazit:
Nach einem Fehlversuch, hat der Tee mit der Standard-Methode doch noch geschmeckt. Dies ist mein zweiter Schwarztee aus Indonesien und es ist schön zu sehen, dass man sich wieder Mühe gibt, guten Tee herzustellen. Schaut man nach Sri Lanka oder Afrika, so muss man leider feststellen, dass gute Qualitäten den kostengünstigeren einfachen gewichen sind. Lässt sich der Trend wieder umkehren? Statt an Ceylon und China, erinnert mich dieser Tee viel mehr an Assam. Ist das eine Ausnahme oder schmecken andere Java-Tees ähnlich? Meinen ersten Java-Tee empfand ich nicht ganz so gut, weswegen ich auch nicht darüber berichtet habe. Wie auch immer, es ist spannend zu sehen, was Länder mit anderen geografischen Bedingungen imstande sind zu produzieren.

Tee auf Reisen: Silver Sprout Hecheng Extra Fine Bio

Tee auf Reisen: Silver Sprout Hecheng Extra Fine Bio

Einer der vielen Gründe, weswegen ich Frau P. geheiratet habe, ist, dass sie meine Teeleidenschaft teilt toleriert duldet. Das geht sogar so weit, dass sie die Ausflüge in die Natur mitmacht, um mit mir zusammen Tee zu trinken, obwohl sie zu Tee ein viel distanzierteres Verhältnis als ich unterhält. Vor einigen Wochen ging es nicht in die Natur, aber dafür an die polnische Ostsee und ein Teil des Gepäcks bildeten ausgewählte Teeproben und ein bisschen Teegeschirr.Letzteres hat Nachwuchs erhalten. Beim regelmäßigen Stöbern in Online-Shops ist mir eines Tages eine Gaiwan aufgefallen, die mich sofort ansprach: “Kauf mich, ich bin eine glückverheißende Gaiwan. Gefalle ich dir? Ich weiß, dass du mich willst!”. Anfangs zögerte ich, so schnell lasse ich mich nämlich nicht herumkriegen, aber diese Gaiwan blieb mir im Gedächtnis, weil sie so schöne Rundungen und Einkerbungen hat, die an einen Kürbis oder an eine Sonnenblume von oben erinnert. Außerdem hatte ich schon zwei kleine Tassen, die nach diesem Design gefertigt wurden, ein Zeichen? Es kam wie es kommen musste: in den Wochen darauf prüfte ich immer wieder mal, ob es diese oder ähnliche Gaiwan immer noch gibt. Eines Tages stellte ich entsetzt fest, dass sie bei einigen Händlern scheinbar aus dem Sortiment genommen wurde. Nur noch wenige Händler hatten davon ein Exemplar, aber nicht immer in der gewünschten Farbe – es gibt sie nämlich noch in weiß – oder zu einem angemessenen Preis. Ich fand noch einen letzten Shop auf Ebay, bei dem die Farbe und der Preis stimmten und erhielt von Frau P., die damals noch Frau S. hieß, das Einverständnis zuzuschlagen. Und dafür bin ich ihr sehr dankbar, denn mit dieser Gaiwan umzugehen, macht richtig Spaß. Es handelt sich dabei um Steinzeug mit einer Seladon-Glasur. Die Kanten des Deckels sind abgeschliffen, so dass der Scherben hervortritt – beim Aufsetzen des Deckels auf das offene Gefäß entsteht ein schönes Geräusch, welches viel tiefer ist als bei Porzellan, wie wenn Steinmühlen etwas Feines zermahlen würden. Sie ist auch viel schwerer als meine Porzellan-Gaiwan und hat bei kurzen Aufgüssen den Vorteil, dass sie die Temperatur des Wasser nicht so schnell annimmt. Zusammen mit den bereits vorhandenen Bechern ergibt sie ein schönes Set, welches ich bei unserer Reise eingeweiht habe.

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Der für diesen Anlass ausgewählte Tee ist vom Hamburger Teespeicher, den mir Frau P. als Teil eines Probenpakets geschenkt hat. Die Zubereitung erfolgte intuitiv, wir waren schließlich im Urlaub.

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Aussehen
Die drahtigen Blätter sind relativ hell. Statt eines satten Grüns geht der Farbton schon fast ins Blaue über. Es ist wenig Bruch in der Tüte und das Blattgut macht den Eindruck, dass mit Sorgfalt gearbeitet wurde.

Geruch
Im trockenen Zustand ist nur ein zarter Duft zu vernehmen. Leichte Süße, die an gewöhnliche Blüten erinnert. In der warmen Gaiwan ändert sich der Geruch und wird herzhafter. Erstaunlich finde ich, dass er an Sencha erinnert, zumindest rieche ich eine Spur Alge. Im nassen Zustand wiederum wandelt sich der Geruch ein weiteres Mal. Ist das Aprikose?

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Geschmack
Der erste Aufguss öffnet die Blätter nur langsam. Im Mund schmeckt er angenehm süß und enthält auch etwas Umami. Das ist die zweite Gemeinsamkeit zu einem Sencha. Dass auch chinesische Grüntees Umami enthalten können, habe ich bei einem hochwertigen Long Jing bereits festgestellt. Ist das ein Anzeichen dafür, dass auch bei diesem hochwertige Blätter verarbeitet wurden? Nach dem Schlucken bleibt ein angenehmer Nachgeschmack zurück, den ich mit Sonnenblumenkernen verbinde. Die habe ich als Kind des Öfteren gegessen, wenn ich in Polen die Sommerferien bei meinen Großeltern verbrachte.

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Der zweite Aufguss ist leider etwas zu kurz gezogen, um einen vollen Geschmack zu entfalten, schmeckt bei den warmen Temperaturen dennoch angenehm mild. Ein schöner Sommertee! Im Abgang verschwinden die Sonnenblumenkerne und machen Platz für Mandeln. Der nächste Gang darf wieder länger ziehen. Der Tee bedankt sich für die richtige Behandlung mit gestiegener Würze und vollerem Körper. Es steckte sogar noch etwas Umami in den Blättern.

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Das Grün der Blätter passt sehr gut zu der Farbe der Seladon-Glasur
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Die Blätter erinnern mich an feine Silbernadeln bzw. Yin Zhen
Fazit
Der Tee hat mir sehr gut geschmeckt und mich ob seines Umami-Geschmacks überrascht. Für mich ist das ein guter Kandidat für den Sommer, weil er nicht so schwer und komplex ist. Komplexe Tees neigen dazu, mich zu überfordern. Es gibt aber auch Situationen, in denen man den Tee “nur” nebenbei trinken möchte, den Wohlgeschmack einfach nur genießen mag.  Den Silver Sprout trinke ich gerne ein zweites Mal.
Nächster Versuch mit Keiko-Tees: Soshun

Nächster Versuch mit Keiko-Tees: Soshun

Lange Zeit war es hier still, fast einen Monat lang gab es keinen neuen Blog. Diese kleine Durststrecke passierte nicht ganz unfreiwillig, denn aus Frau S. ist Frau P. geworden und so ein schönes Ereignis hält einen dann doch mal vom Schreiben ab. Tee wird plötzlich sekundär – Recht so!Aber da es hier um Tee geht, kehren wir zu diesem Thema zurück und widmen uns einem Tee, den ich noch vor der Hochzeit getrunken habe. Der letzte Blog beschäftigte sich noch mit Keiko-Tees und daran würde ich gerne anknüpfen. Dieses Mal soll aber ein Halbschattentee (jap.: kabusecha 被せ茶, Abgedeckter Tee) des Unternehmens im Vordergrund stehen, denn schließlich sind es auch diese Tees, auf die sie sich spezialisieren. Eine Beschreibung der Herstellungsweise findet ihr auf der Seite von Keiko. Key beschreibt in seinem Blog die Eigenheit eines kabusecha wie folgt:

kabuse, genauer kabusecha, ist ein künstlich beschatteter tee. es werden etwa eine woche vor der ernte sehr feinmaschige netze über die pflanzen gezogen, die rund 50% des sonnenlichts wegfiltern. durch den teilweisen lichtentzug bilden sich weniger bitterstoffe/katechine, dafür mehr aminosäuren/theanin. halbschattentees sind milder als vergleichbare senchas.

Der Soshun (nach Keiko als “zeitiger Frühling” übersetzt), der bereits im April in Kagoshima gepflückt wurde, soll sich durch einen samtigen Geschmack, eine intensive Süße und einen sogenannten “wiederkehrenden Geschmack” auszeichnen. Spontan denke (nicht nur) ich an die wiederkehrende Süße des Pu Erh, die sich am Gaumen manifestiert. Bei diesem Tee wirkt sich das allerdings etwas anders aus.

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Optik und Aroma
Meine kleine Probe enthielt leider überwiegend gebrochene Blätter, bei einem Kauf einer ganzen Packung dürfte dies anders aussehen. Das Blatt ist dunkelgrün und optisch von einem Gyokuro kaum zu unterscheiden – ich könnte es nicht. Im warmen Gaiwan steigt eine intensive Süße auf. Die Aromen sind die gleichen wie bei japanischem Süßgebäck, das mit Algen zubereitet wird. Eine sehr harmonische Kombination, die auch ein bisschen an Waffeln erinnert.

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Geschmack
Der erste Aufguss kommt mit 70°C und 90 Sekunden Ziehzeit (3g auf 60ml) wunderbar zurecht. Anders als der zuletzt beschriebene Benifuuki. Der Soshun bringt einen sehr edlen und runden Umami-Geschmack hervor, den ich mir gerne auf der Zunge zergehen lasse. Der Geschmack ist langanhaltend, fühlt sich tatsächlich samtig an und wandelt sich in Richtung Fleisch. Diese Assoziation mag nicht jeder teilen, ich finde aber, dass saftiges Fleisch oder auch Suppenfleisch abseits der hinzugefügten Gewürze über genau diesen Geschmack verfügt. Lecker!

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Nach 90 Sekunden erstaunlich klar und hell!

Der zweite Aufguss gibt den verbleibenden Umami-Geschmack preis, ist jetzt endlich süß und komplex. Das Samtige weicht etwas dem Öligen und im ersten Moment denke ich an Spinat und frische Gemüsebrühe, das Empfinden ist sehr “dicht”. Die hohe Konzentration der Geschmacksstoffe macht dies wohl möglich. Darüber hinaus passiert etwas mit dem langanhaltenden Geschmack wie schon beim ersten Aufguss: ist das der wiederkehrende Geschmack, von dem Keiko schreibt? Erst im Nachklang kommt wieder das Fleisch gepaart mit einer feinen Süße.

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Der dritte Aufguss ist schön trüb geraten

Ab dem dritten Aufguss normalisieren sich die Aufgüsse und sind nicht mehr so intensiv wie die vorherigen. Ich notiere dafür gegrillte grüne Mini-Paprika. Und ab dem fünften bilde ich mir sogar einen pikanten Geschmack ein. Geht das überhaupt? Bis zum siebten Aufguss mache ich weiter und bin verblüfft, dass der Tee einen sehr langen Nachgeschmack bietet.

Fazit
Der Soshun gehört sicherlich nicht zu den Schnäppchen unter den japanischen Tees des deutschen Tee-Markts. Blende ich den Preis aus (über 20 Euro für 50g), dann muss ich gestehen, dass mir dieser Tee eine Menge Spaß gemacht hat. Die Intensität und der mysteriöse wiederkehrende Geschmack, den ich für mich in Richtung Fleisch gedeutet habe, sorgten für einen Aha-Effekt. Das Sortiment von Keiko ist mit Halbschattentees prall gefüllt. Ob sich da noch mehr solcher Schätze verbergen?

Erste Erfahrungen mit Keiko-Tees: Benifuuki

Erste Erfahrungen mit Keiko-Tees: Benifuuki

Mich erreichte eine feine Spende von drei kleinen Proben der Firma Keiko. Es handelt sich dabei um die Sorten Benifuuki, Tenko und Soshun. In diesem Blog geht es zunächst nur um den Benifuuki-Grüntee. Um es kurz zu machen: die 3g-Probe habe ich verschwendet, weil ich vorher zu faul war, mich mit diesem Tee genauer auseinanderzusetzen.* Stattdessen habe ich nämlich meine übliche Methode für höherwertige Sencha gewählt und den Tee damit versaut. 3g auf 60ml – eine bittere Erfahrung im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei fing alles so vielversprechend an…*Benifuuki ist ein japanischer Grüntee, der seit 1993 aus einer Kreuzung der Varietäten Camellia Sinensis und Assamica gewonnen wird. Dieser Tee ist teiloxidiert, also kein klassischer Grüntee. Er zeichnet sich darüber hinaus durch einen besonders hohen Anteil der für die Gesundheit so wichtigen Catechine aus. Diese sorgen allerdings für einen bitteren und sauren Geschmack.
Geruch:
Die Blätter riechen erstaunlich blumig und erinnern mich an meinen ersten Darjeeling von vor über 10 Jahren. Im vorgeheizten Mini-Gaiwan steigt ein süßer Duft auf, der stark an japanisches Gebäck erinnert, welches mit getrockneten Algen verfeinert wird. Im Hintergrund befindet sind ein dezenter grasiger Duft. An einen Sencha würde ich mit verbundenen Augen nicht denken. Ist es ja auch nicht.

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Die Blätter sind leicht gebogen bzw. gekreuselt und haben auch auf den zweiten Blick nicht viel mit Sencha gemein.

Zubereitung:
Die Dosierung ist mit 3g auf 60ml sehr hoch. Die Wassertemperatur liegt bei 70°C. Die Zeihzeit beträgt beim ersten Aufguss 90 Sekunden (!), alle weiteren werden sofort abgegossen.

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Geschmack:
Die Herbe bewegt sich im Rahmen des (für mich) Erträglichen, wobei ich schon zu den Leuten gehöre, die es gerne etwas herber mögen. Die Säure hat diese feine Grenze allerdings deutlich überschritten. Ich erinnere mich unwillkürlich an meinen Besuch bei den Schmidts in der Zentrale des Hamburger Teespeichers. Sie waren gerade dabei Assam-Tees zu verkosten und das geschah natürlich mit der für Teataster typischen Methode, der zufolge 2,86g Tee mit 150ml Wasser fünf Minuten gebrüht wird. Ich durfte mitschlürfen und fragte mich sogleich, wie es möglich ist, aus dieser die Reize überfordernden Brühe, irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen zu können. Ich mag Assam-Tees sehr gerne. Aber normal zubereitet. So waren die Proben einfach nur bitter, mal weniger bitter, dann wieder bitterer…

Warum ich das schreibe? Teataster können aus dieser Brühe tatsächlich ableiten, wie der Tee bei optimaler Zubereitung schmecken wird, können also die negativen Eigenschaften ausblenden und das Potenzial erkennen. Ich kann das nicht, glaubte ich zu diesem Zeitpunkt. Der Benifuuki zwingt mich allerdings dazu, mir diese Fähigkeit des Teatasters zu Herzen zu nehmen und so versuche ich die negativen Eigenschaften auszublenden.

Was ist also noch in der Tasse? Umami war leider nicht dabei, eigentlich schmeckt der Tee überhaupt nicht wie ein echter Japaner. Spontan muss ich an eine Teeprobe eines grünen Yunnan-Tees von Teegschwendner denken. Die Säure erinnert ein bisschen an Stachelbeeren, im Hintergrund ist etwas Alge zu schmecken. Die nassen Blätter riechen etwas nach Pilsener Bier.

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Zweiter Aufguss

Der zweite Aufguss ist dem ersten sehr ähnlich. Für einen kurzen Moment habe ich das Gefühl, etwas Vanille zu schmecken, doch sobald ich mich auf den Geschmack konzentriere, um ihn mir bewusst zu machen, hat er sich wieder verzogen. Alles nur Einbildung? Interessanterweise schmecke ich den zuvor gerochenen Bierduft, was mich ein wenig irritiert.

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Dritter Aufguss

Ich mache noch drei weitere Aufgüsse. Zunächst erscheint der Tee lieblicher, einen Aufguss später dann wieder kräftiger. Am Ende kommt eine fast erleichternde Süße hervor.

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Wenn man genau hinschaut, entdeckt man bräunlich gefärbte Stellen, welche die bereits eingesetzte Oxidation belegen

Fazit:
Wie soll ich zu dieser Erfahrung ein Fazit schreiben? Interessant wäre es zu wissen, ob sich die Geschmackseindrücke bei einer dem Tee würdigen Zubereitung bestätigen lassen würden. Ansonsten bleibt nur die Feststellung, dass man bei dieser Catechin-Bombe vorsichtig dosieren bzw. brühen sollte.