Schlagwort-Archive: Grüntee

Eine kleine Probe aus Japan: Kamairi-cha

Eine kleine Probe aus Japan: Kamairi-cha

In meinem Umfeld bin ich mit meiner Tee-Passion ziemlich allein. Das bedeutet zwar nicht, dass niemand Tee trinkt, aber das tiefe Interesse dafür scheint zu fehlen. Ergo ist es schwer, sich mit den Leuten über Tee zu unterhalten, zumindest wenn man die Absicht hat, ein für beide Seiten fruchtbares Gespräch zu führen. Dank des Internets gibt es Foren zu diversen Themen, so natürlich auch zum Thema Tee. In diesen Foren melden sich täglich neue Mitglieder an, um sich über Tee auszutauschen. Eines Tages registrierte sich Seika im Forum, ein Teefreund aus Deutschland, der in Japan auf Kyûshû lebt. Seika schwärmte so sehr von einem fukamushi-Sencha (深蒸し煎茶) aus seiner Region, dass ich ihn bat, mir doch ein Päckchen davon zu schicken. Um diesen Tee geht es heute nicht, dafür möchte ich über die Probe schreiben, die diesem Päckchen beilag, 10g eines kamairi-sei-tamaryoku-cha (釜炒り製玉緑茶), ein in Kesseln bzw. Pfannen gerösteter gekrümmter Grüntee. Die typische Blattform in Form eines Kommas kommt zustande, weil der Tee nicht gerollt, vielmehr geknetet wird. Es ist also kein traditioneller Sencha, sondern ein Tee, der von seiner Machart eher an chinesische Grüntees erinnert, die häufig in Pfannen erhitzt werden, um den Oxidationsprozess zu stoppen.* Diese Verarbeitung verleiht ihm sein spezielles Aroma, welches kamaka (釜香) – Pfannenaroma – genannt wird. Alternativ spricht man auch von hika (火香) bzw. Röstaromen. Das ist übrigens kein Zufall, denn Kyûshû hat durch die geografische Nähe zu China schon früh intensiven Handel getrieben und somit viele Kulturformen aus diesem Land übernommen. Die Machart dieses Tees wurde bereits im 15. Jahrhundert eingeführt, wurde jedoch von dem ab der Edo-Zeit (1615-1868) eingeführten Dämpfverfahren, wie es bei Sencha angewendet wird, verdrängt. Kamairi-cha gilt daher als großer Bruder des Sencha und als regionale Spezialität Kyûshûs. Dort wird dieser Tee in den Präfekturen Saga, Miyazaki und Kumamoto hergestellt. Die Produktionsmenge ist im Vergleich zu Sencha relativ gering. Es wurden 2007 nur  3200 Tonnen hergestellt, bei Sencha waren es hingegen 65000 Tonnen! Der vorliegende Grüntee stammt aus Kumamoto und trägt den majestätischen Namen “Grüner König” (緑の王様) und wurde von Takanoen (高野園) hergestellt.*Es gibt aber auch eine Variante des tamaryoku-cha, die bedämpft wird und entsprechend mushi-sei tamaryoku-cha (蒸製玉緑茶) genannt wird.


Größere Kartenansicht

Um den Tee zu genießen, gehe ich zusammen mit Frau P. nach Planten un Blomen, nicht nur weil es dort einen japanischen Garten gibt, der Park bietet so viele schöne Möglichkeiten auszuspannen – man kann sich kaum entscheiden wo. Am Teehaus geht es allerdings nicht, denn dort sind zu viele Menschen. Außerdem haben wir einen Gaskocher dabei und unter diesem wird es bei ungünstigem Luftzug richtig heiß, was eventuell das Holz des kleinen Stegs oder das Gras der Wiese beschädigen könnte. Und das wäre dann nicht nur schade, sondern den anderen Gästen gegenüber auch ziemlich unhöflich. Aus diesem Grund gehen wir in eine Ecke des japanischen Gartens, der etwas abseits liegt. Dort kann man den Gaskocher auch auf den steinigen Boden stellen, wo er keinen Schaden anrichten kann. Außerdem sind wir von vielen Hecken und Bäumen umgeben, was uns vor dem Wind etwas schützt. Wir setzen uns auf eine Bank und machen es uns mit dem Tee gemütlich. Zu diesem Anlass darf ich auch gleich einen Newcomer in den Reihen der Tee-Utensilien begrüßen. Es ist eine kleine Mumyoi-kyûsu (無名異) aus dem Ton der Insel Sado (佐渡島). Dieser kyûsu werde ich eines Tages einen eigenen Beitrag widmen, heute soll es um den Tee gehen, sonst wird der Blog viel zu lang.

DSC_0478


Aussehen

Die Blätter dieses Tees haben ein etwas blasseres Grün als Sencha. Teilweise sieht es so aus, als ob es in Richtung Blau gehen würde. Die gekrümmten Blätter kann man sehr gut auf dem Foto erkennen und man kann auch einige Stile erblicken. Manchmal winden sie sich wie kleine Korkenzieherlocken.
DSC_0477
Den Unterschied zu den nadelartigen Sencha-Blättern sieht man hier sehr deutlich

Geruch

Ich entnehme die Blätter aus der kleinen Packung und schnuppere etwas daran. Der Duft ist leicht “pflanzlich” und lässt mich an Salatgurke denken. In der warmen kyûsu entfaltet sich ein süßer Geruch, den ich mit Algen in Zusammenhang bringe. Nicht die Nori-Blätter, die man auch für Sushi benutzt, sondern eine Art, die bei Süßigkeiten häufig Verwendung findet. Dazu gesellt sich eine Meeresbrise, ich war ja gerade erst am Meer und weiß noch genau, wie schön Meeresduft riecht. Im Hintergrund ist noch etwas Anderes, vielleicht Leder?
Zubereitungsempfehlung von Seika
Seika hat mir noch einen Brief zu beiden Tees in den Umschlag gelegt und empfiehlt eine Dosierung von 5g pro 100ml kochendem Wasser. Ich wäre ohne diese Empfehlung sicherlich zurückhaltender gewesen, vertraue aber seinem Urteil. Der zweite Aufguss soll sofort abgegossen werden. Danach fährt man wieder mit ca. 30 Sekunden fort und passt die Ziehzeit an den eigenen Geschmack an.
DSC_0498
DSC_0480
Geschmack
Wer den Geschmack von Sencha kennt, wird überrascht sein, dass der kamairi-cha überhaupt nichts mit diesem zu tun hat. Folglich schmeckt der erste Gang auch nicht nach Umami, stattdessen ist er süß, zart herb, erinnert einerseits an Kräuter, aber welche? Und dann ist da noch der gemüsige Geschmack, dieser äußert sich aber auch anders als bei Sencha: die zuvor gerochene Gurke kommt gepaart mit ein wenig Zucchini zurück.

DSC_0488
Die Farbe des Tees tendiert mehr zu Gelb als zu Grün

Der Geschmack bleibt über die Aufgüsse relativ konstant. So notiere ich für den dritten Aufguss einen etwas stärkeren Gurkengeschmack. Der vierte hingegen hinterlässt ein cremiges Mundgefühl, wie es Jinxuan-Oolong tun. Dazu ist er etwas pikant im Rachenbereich. Der fünfte bringt wieder die Süße in den Vordergrund. Ich bin mir nicht sicher, aber ist das ein Hauch von Vanille mit Obstkompott, was ich da schmecke? Der letzte lässt mich an den Grundgeschmack der “modernen” und wenig oxidierten Oolong denken.

DSC_0496

Blattgut
Die aufgequollenen Blätter offenbaren, dass bei einigen Blättern der Oxidationsprozess bereits einsetzte. Auffällig ist auch, dass im Gegensatz zu Sencha viele Blätter intakt sind und einen fleischigeren Eindruck machen. Die Verarbeitungsmethode scheint die Blätter zu schonen.

DSC_0501
An einigen Stellen sieht man leicht braune Stellen – Spuren der Oxidation
DSC_0500

Fazit
Ich habe schon mal einen tamaryoku-cha probiert, ich bin aber der Meinung, dass der mehr an Sencha erinnerte als der jetzige. Woran das liegt, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht war der damalige auch bedämpft, wodurch die geschmackliche Parallele zustande kam? Der vorliegende Tee geht geschmacklich in die Richtung eines Frühlingsbancha, den ich mal getrunken habe. Der schmeckte nämlich auch sehr nach Salatgurke. Das Röstaroma habe ich leider nicht wahrgenommen, aber ich habe noch genug Blätter für einen zweiten Versuch. Vielleicht nützt es ja, wenn ich bewusst darauf achte? Oder steigt dabei das Risiko, sich selbst etwas einzubilden, was (für einen selbst) gar nicht vorhanden ist? Wie auch immer, herzlichen Dank für diesen schönen Tee, lieber Seika!

Tee auf Reisen: Silver Sprout Hecheng Extra Fine Bio

Tee auf Reisen: Silver Sprout Hecheng Extra Fine Bio

Einer der vielen Gründe, weswegen ich Frau P. geheiratet habe, ist, dass sie meine Teeleidenschaft teilt toleriert duldet. Das geht sogar so weit, dass sie die Ausflüge in die Natur mitmacht, um mit mir zusammen Tee zu trinken, obwohl sie zu Tee ein viel distanzierteres Verhältnis als ich unterhält. Vor einigen Wochen ging es nicht in die Natur, aber dafür an die polnische Ostsee und ein Teil des Gepäcks bildeten ausgewählte Teeproben und ein bisschen Teegeschirr.Letzteres hat Nachwuchs erhalten. Beim regelmäßigen Stöbern in Online-Shops ist mir eines Tages eine Gaiwan aufgefallen, die mich sofort ansprach: “Kauf mich, ich bin eine glückverheißende Gaiwan. Gefalle ich dir? Ich weiß, dass du mich willst!”. Anfangs zögerte ich, so schnell lasse ich mich nämlich nicht herumkriegen, aber diese Gaiwan blieb mir im Gedächtnis, weil sie so schöne Rundungen und Einkerbungen hat, die an einen Kürbis oder an eine Sonnenblume von oben erinnert. Außerdem hatte ich schon zwei kleine Tassen, die nach diesem Design gefertigt wurden, ein Zeichen? Es kam wie es kommen musste: in den Wochen darauf prüfte ich immer wieder mal, ob es diese oder ähnliche Gaiwan immer noch gibt. Eines Tages stellte ich entsetzt fest, dass sie bei einigen Händlern scheinbar aus dem Sortiment genommen wurde. Nur noch wenige Händler hatten davon ein Exemplar, aber nicht immer in der gewünschten Farbe – es gibt sie nämlich noch in weiß – oder zu einem angemessenen Preis. Ich fand noch einen letzten Shop auf Ebay, bei dem die Farbe und der Preis stimmten und erhielt von Frau P., die damals noch Frau S. hieß, das Einverständnis zuzuschlagen. Und dafür bin ich ihr sehr dankbar, denn mit dieser Gaiwan umzugehen, macht richtig Spaß. Es handelt sich dabei um Steinzeug mit einer Seladon-Glasur. Die Kanten des Deckels sind abgeschliffen, so dass der Scherben hervortritt – beim Aufsetzen des Deckels auf das offene Gefäß entsteht ein schönes Geräusch, welches viel tiefer ist als bei Porzellan, wie wenn Steinmühlen etwas Feines zermahlen würden. Sie ist auch viel schwerer als meine Porzellan-Gaiwan und hat bei kurzen Aufgüssen den Vorteil, dass sie die Temperatur des Wasser nicht so schnell annimmt. Zusammen mit den bereits vorhandenen Bechern ergibt sie ein schönes Set, welches ich bei unserer Reise eingeweiht habe.

DSC_0090

Der für diesen Anlass ausgewählte Tee ist vom Hamburger Teespeicher, den mir Frau P. als Teil eines Probenpakets geschenkt hat. Die Zubereitung erfolgte intuitiv, wir waren schließlich im Urlaub.

DSC_0093

Aussehen
Die drahtigen Blätter sind relativ hell. Statt eines satten Grüns geht der Farbton schon fast ins Blaue über. Es ist wenig Bruch in der Tüte und das Blattgut macht den Eindruck, dass mit Sorgfalt gearbeitet wurde.

Geruch
Im trockenen Zustand ist nur ein zarter Duft zu vernehmen. Leichte Süße, die an gewöhnliche Blüten erinnert. In der warmen Gaiwan ändert sich der Geruch und wird herzhafter. Erstaunlich finde ich, dass er an Sencha erinnert, zumindest rieche ich eine Spur Alge. Im nassen Zustand wiederum wandelt sich der Geruch ein weiteres Mal. Ist das Aprikose?

DSC_0102

Geschmack
Der erste Aufguss öffnet die Blätter nur langsam. Im Mund schmeckt er angenehm süß und enthält auch etwas Umami. Das ist die zweite Gemeinsamkeit zu einem Sencha. Dass auch chinesische Grüntees Umami enthalten können, habe ich bei einem hochwertigen Long Jing bereits festgestellt. Ist das ein Anzeichen dafür, dass auch bei diesem hochwertige Blätter verarbeitet wurden? Nach dem Schlucken bleibt ein angenehmer Nachgeschmack zurück, den ich mit Sonnenblumenkernen verbinde. Die habe ich als Kind des Öfteren gegessen, wenn ich in Polen die Sommerferien bei meinen Großeltern verbrachte.

DSC_0100

Der zweite Aufguss ist leider etwas zu kurz gezogen, um einen vollen Geschmack zu entfalten, schmeckt bei den warmen Temperaturen dennoch angenehm mild. Ein schöner Sommertee! Im Abgang verschwinden die Sonnenblumenkerne und machen Platz für Mandeln. Der nächste Gang darf wieder länger ziehen. Der Tee bedankt sich für die richtige Behandlung mit gestiegener Würze und vollerem Körper. Es steckte sogar noch etwas Umami in den Blättern.

DSC_0097
Das Grün der Blätter passt sehr gut zu der Farbe der Seladon-Glasur
DSC_0109
Die Blätter erinnern mich an feine Silbernadeln bzw. Yin Zhen
Fazit
Der Tee hat mir sehr gut geschmeckt und mich ob seines Umami-Geschmacks überrascht. Für mich ist das ein guter Kandidat für den Sommer, weil er nicht so schwer und komplex ist. Komplexe Tees neigen dazu, mich zu überfordern. Es gibt aber auch Situationen, in denen man den Tee “nur” nebenbei trinken möchte, den Wohlgeschmack einfach nur genießen mag.  Den Silver Sprout trinke ich gerne ein zweites Mal.
Nächster Versuch mit Keiko-Tees: Soshun

Nächster Versuch mit Keiko-Tees: Soshun

Lange Zeit war es hier still, fast einen Monat lang gab es keinen neuen Blog. Diese kleine Durststrecke passierte nicht ganz unfreiwillig, denn aus Frau S. ist Frau P. geworden und so ein schönes Ereignis hält einen dann doch mal vom Schreiben ab. Tee wird plötzlich sekundär – Recht so!Aber da es hier um Tee geht, kehren wir zu diesem Thema zurück und widmen uns einem Tee, den ich noch vor der Hochzeit getrunken habe. Der letzte Blog beschäftigte sich noch mit Keiko-Tees und daran würde ich gerne anknüpfen. Dieses Mal soll aber ein Halbschattentee (jap.: kabusecha 被せ茶, Abgedeckter Tee) des Unternehmens im Vordergrund stehen, denn schließlich sind es auch diese Tees, auf die sie sich spezialisieren. Eine Beschreibung der Herstellungsweise findet ihr auf der Seite von Keiko. Key beschreibt in seinem Blog die Eigenheit eines kabusecha wie folgt:

kabuse, genauer kabusecha, ist ein künstlich beschatteter tee. es werden etwa eine woche vor der ernte sehr feinmaschige netze über die pflanzen gezogen, die rund 50% des sonnenlichts wegfiltern. durch den teilweisen lichtentzug bilden sich weniger bitterstoffe/katechine, dafür mehr aminosäuren/theanin. halbschattentees sind milder als vergleichbare senchas.

Der Soshun (nach Keiko als “zeitiger Frühling” übersetzt), der bereits im April in Kagoshima gepflückt wurde, soll sich durch einen samtigen Geschmack, eine intensive Süße und einen sogenannten “wiederkehrenden Geschmack” auszeichnen. Spontan denke (nicht nur) ich an die wiederkehrende Süße des Pu Erh, die sich am Gaumen manifestiert. Bei diesem Tee wirkt sich das allerdings etwas anders aus.

CIMG9971

Optik und Aroma
Meine kleine Probe enthielt leider überwiegend gebrochene Blätter, bei einem Kauf einer ganzen Packung dürfte dies anders aussehen. Das Blatt ist dunkelgrün und optisch von einem Gyokuro kaum zu unterscheiden – ich könnte es nicht. Im warmen Gaiwan steigt eine intensive Süße auf. Die Aromen sind die gleichen wie bei japanischem Süßgebäck, das mit Algen zubereitet wird. Eine sehr harmonische Kombination, die auch ein bisschen an Waffeln erinnert.

CIMG9974

Geschmack
Der erste Aufguss kommt mit 70°C und 90 Sekunden Ziehzeit (3g auf 60ml) wunderbar zurecht. Anders als der zuletzt beschriebene Benifuuki. Der Soshun bringt einen sehr edlen und runden Umami-Geschmack hervor, den ich mir gerne auf der Zunge zergehen lasse. Der Geschmack ist langanhaltend, fühlt sich tatsächlich samtig an und wandelt sich in Richtung Fleisch. Diese Assoziation mag nicht jeder teilen, ich finde aber, dass saftiges Fleisch oder auch Suppenfleisch abseits der hinzugefügten Gewürze über genau diesen Geschmack verfügt. Lecker!

CIMG9975
Nach 90 Sekunden erstaunlich klar und hell!

Der zweite Aufguss gibt den verbleibenden Umami-Geschmack preis, ist jetzt endlich süß und komplex. Das Samtige weicht etwas dem Öligen und im ersten Moment denke ich an Spinat und frische Gemüsebrühe, das Empfinden ist sehr “dicht”. Die hohe Konzentration der Geschmacksstoffe macht dies wohl möglich. Darüber hinaus passiert etwas mit dem langanhaltenden Geschmack wie schon beim ersten Aufguss: ist das der wiederkehrende Geschmack, von dem Keiko schreibt? Erst im Nachklang kommt wieder das Fleisch gepaart mit einer feinen Süße.

CIMG9977
Der dritte Aufguss ist schön trüb geraten

Ab dem dritten Aufguss normalisieren sich die Aufgüsse und sind nicht mehr so intensiv wie die vorherigen. Ich notiere dafür gegrillte grüne Mini-Paprika. Und ab dem fünften bilde ich mir sogar einen pikanten Geschmack ein. Geht das überhaupt? Bis zum siebten Aufguss mache ich weiter und bin verblüfft, dass der Tee einen sehr langen Nachgeschmack bietet.

Fazit
Der Soshun gehört sicherlich nicht zu den Schnäppchen unter den japanischen Tees des deutschen Tee-Markts. Blende ich den Preis aus (über 20 Euro für 50g), dann muss ich gestehen, dass mir dieser Tee eine Menge Spaß gemacht hat. Die Intensität und der mysteriöse wiederkehrende Geschmack, den ich für mich in Richtung Fleisch gedeutet habe, sorgten für einen Aha-Effekt. Das Sortiment von Keiko ist mit Halbschattentees prall gefüllt. Ob sich da noch mehr solcher Schätze verbergen?

Erste Erfahrungen mit Keiko-Tees: Benifuuki

Erste Erfahrungen mit Keiko-Tees: Benifuuki

Mich erreichte eine feine Spende von drei kleinen Proben der Firma Keiko. Es handelt sich dabei um die Sorten Benifuuki, Tenko und Soshun. In diesem Blog geht es zunächst nur um den Benifuuki-Grüntee. Um es kurz zu machen: die 3g-Probe habe ich verschwendet, weil ich vorher zu faul war, mich mit diesem Tee genauer auseinanderzusetzen.* Stattdessen habe ich nämlich meine übliche Methode für höherwertige Sencha gewählt und den Tee damit versaut. 3g auf 60ml – eine bittere Erfahrung im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei fing alles so vielversprechend an…*Benifuuki ist ein japanischer Grüntee, der seit 1993 aus einer Kreuzung der Varietäten Camellia Sinensis und Assamica gewonnen wird. Dieser Tee ist teiloxidiert, also kein klassischer Grüntee. Er zeichnet sich darüber hinaus durch einen besonders hohen Anteil der für die Gesundheit so wichtigen Catechine aus. Diese sorgen allerdings für einen bitteren und sauren Geschmack.
Geruch:
Die Blätter riechen erstaunlich blumig und erinnern mich an meinen ersten Darjeeling von vor über 10 Jahren. Im vorgeheizten Mini-Gaiwan steigt ein süßer Duft auf, der stark an japanisches Gebäck erinnert, welches mit getrockneten Algen verfeinert wird. Im Hintergrund befindet sind ein dezenter grasiger Duft. An einen Sencha würde ich mit verbundenen Augen nicht denken. Ist es ja auch nicht.

CIMG9952
Die Blätter sind leicht gebogen bzw. gekreuselt und haben auch auf den zweiten Blick nicht viel mit Sencha gemein.

Zubereitung:
Die Dosierung ist mit 3g auf 60ml sehr hoch. Die Wassertemperatur liegt bei 70°C. Die Zeihzeit beträgt beim ersten Aufguss 90 Sekunden (!), alle weiteren werden sofort abgegossen.

CIMG9955

Geschmack:
Die Herbe bewegt sich im Rahmen des (für mich) Erträglichen, wobei ich schon zu den Leuten gehöre, die es gerne etwas herber mögen. Die Säure hat diese feine Grenze allerdings deutlich überschritten. Ich erinnere mich unwillkürlich an meinen Besuch bei den Schmidts in der Zentrale des Hamburger Teespeichers. Sie waren gerade dabei Assam-Tees zu verkosten und das geschah natürlich mit der für Teataster typischen Methode, der zufolge 2,86g Tee mit 150ml Wasser fünf Minuten gebrüht wird. Ich durfte mitschlürfen und fragte mich sogleich, wie es möglich ist, aus dieser die Reize überfordernden Brühe, irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen zu können. Ich mag Assam-Tees sehr gerne. Aber normal zubereitet. So waren die Proben einfach nur bitter, mal weniger bitter, dann wieder bitterer…

Warum ich das schreibe? Teataster können aus dieser Brühe tatsächlich ableiten, wie der Tee bei optimaler Zubereitung schmecken wird, können also die negativen Eigenschaften ausblenden und das Potenzial erkennen. Ich kann das nicht, glaubte ich zu diesem Zeitpunkt. Der Benifuuki zwingt mich allerdings dazu, mir diese Fähigkeit des Teatasters zu Herzen zu nehmen und so versuche ich die negativen Eigenschaften auszublenden.

Was ist also noch in der Tasse? Umami war leider nicht dabei, eigentlich schmeckt der Tee überhaupt nicht wie ein echter Japaner. Spontan muss ich an eine Teeprobe eines grünen Yunnan-Tees von Teegschwendner denken. Die Säure erinnert ein bisschen an Stachelbeeren, im Hintergrund ist etwas Alge zu schmecken. Die nassen Blätter riechen etwas nach Pilsener Bier.

CIMG9957
Zweiter Aufguss

Der zweite Aufguss ist dem ersten sehr ähnlich. Für einen kurzen Moment habe ich das Gefühl, etwas Vanille zu schmecken, doch sobald ich mich auf den Geschmack konzentriere, um ihn mir bewusst zu machen, hat er sich wieder verzogen. Alles nur Einbildung? Interessanterweise schmecke ich den zuvor gerochenen Bierduft, was mich ein wenig irritiert.

CIMG9958
Dritter Aufguss

Ich mache noch drei weitere Aufgüsse. Zunächst erscheint der Tee lieblicher, einen Aufguss später dann wieder kräftiger. Am Ende kommt eine fast erleichternde Süße hervor.

CIMG9959
Wenn man genau hinschaut, entdeckt man bräunlich gefärbte Stellen, welche die bereits eingesetzte Oxidation belegen

Fazit:
Wie soll ich zu dieser Erfahrung ein Fazit schreiben? Interessant wäre es zu wissen, ob sich die Geschmackseindrücke bei einer dem Tee würdigen Zubereitung bestätigen lassen würden. Ansonsten bleibt nur die Feststellung, dass man bei dieser Catechin-Bombe vorsichtig dosieren bzw. brühen sollte.

 

Matcha Green Tea Cream Frappuccino

Matcha Green Tea Cream Frappuccino

Ich dachte zuerst, ich gucke nicht richtig, als ich im Vorbeigehen im Augenwinkel etwas Grünes bei Starbucks sah. Haben sie endlich den Matcha Tea Latte ins Sortiment genommen, den ich in Japan sogar gerne getrunken habe? Nein. Aber der kalte Matcha Frappuccino hörte sich dennoch vielversprechend an. Noch dazu gab es ein zeitlich befristetes Probierangebot zwischen 18 und 20 Uhr, so dass man in dieser Zeit nur die Hälfte für das sonst etwas über 4 Euro teure Getränk zahlen musste. Matcha als neuer Geschmackstrend ist immer mehr im Kommen, sagt man sich in der Teebranche. In Japan fester Bestandteil der Alltagskultur z.B. in Form von  Baumkuchen, Kitkat, Eiscreme und Joghurt, scheint dieser Trend auch im Westen allmählich Fuß zu fassen. Nun hat also Starbucks den Schritt gewagt und obwohl ich mich für Milchgetränke nur wenig begeistern kann, habe ich mit Frau S. den Matcha Frappuccino probiert.

Foto

Beworben wird das Getränk mittels Aufsteller und man kann das dort verwendete Foto auf der derzeitigen Starbucks-Seite einsehen. Man sieht ein sattes Grün, welches einen ebenfalls satten Matcha-Geschmack suggeriert. Ich schreibe das deswegen, weil bereits nach dem Abfüllen des Frappuccino die erste Ernüchterung eintrat – die Farbe des Getränks war sehr viel blasser, man kann es auch deutlicher sagen: es war zu wenig Matcha drin. Wenn ich das Getränk mit verbundenen Augen gekostet hätte, wäre ich auf Matcha nie gekommen. Der Geschmack war zwar da, aber so subtil, dass ich mich fragte, ob nicht der Wunsch Vater des Geschmackeindrucks war. Er war nämlich überlagert von einer dominanten Süße, die vor allem an Softeis erinnerte. Der Matcha selbst war nur noch mit Fantasie zu erkennen, schade!

Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, das Erlebte zu interpretieren. Vielleicht wird während des Aktionszeitraums, in dem man nur die Hälfte des Preises zahlt, auch nur die Hälfte der sonst verwendeten Matcha-Menge verwendet. Schließlich ist Matcha nicht gerade günstig. Oder der Starbucks-Laden bildet eine Ausnahme und man war bei der Zubereitung einfach etwas nachlässig. Möglicherweise möchte man die skeptischen Deutschen einfach nur behutsam an den neuen Geschmack heranbringen. Was auch immer der Grund sein mag, eingefleischte Matcha- und Grüntee-Trinker werden bei dieser Dosierung nicht auf ihre Kosten kommen. Oder hat jemand andere Erfahrungen gemacht?

Anhui Huangshan Maofeng Yun Wu

Anhui Huangshan Maofeng Yun Wu

Im letzten Blog habe ich ja berichtet, dass ich einen Ausflug ins Freie gemacht habe, um Tee zu trinken. Was ich verschwiegen habe, ist allerdings, dass ich noch einen weiteren Tee an diesem Tag zubereitet habe: Anhui Huangshan Maofeng Yun Wu Premium. Es ist ein Teil meines Geburtstagsgeschenks, denn Frau S. hat mir ein umfangreiches Paket mit exklusiven Teeproben geschenkt. Da ich aber seit Januar von (und für) Prüfung zu Prüfung lebe, mache ich mir selten die Mühe, Teeproben zu probieren. Der Grund dafür ist, dass man mit einer überschaubaren Menge vorsichtig umgehen muss. Wenn man den Tee falsch zubereitet, bleiben einem ja nur noch ein bis zwei Versuche, es besser zu machen. Und ob man den Tee dann noch (fair) beurteilen kann? Eine kleine Menge ist also auch immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Bei diesem Tee ging es aber gut. Meine Shiboridashi hat ein Volumen von nur 100ml, daher brauche ich keine Unmengen.
Größere Kartenansicht Der Name des Tees verrät sogleich seine Herkunft. Es sind die Gelben Berge (Huangshan 黄山) der Provinz Anhui – eine der bekanntesten Natursehenswürdigkeiten Chinas. Ihr Anblick soll so unglaublich sein, dass man sagt, man müsse nach den Gelben Bergen keine weiteren mehr gesehen haben. Die Bezeichnung Yun Wu (Wolken und Nebel 云雾) spielt wohl auf die in der Höhe übliche Wolkenbildung an und lässt vermuten, dass die Teefelder nicht selten vom Nebel eingehüllt sind.

HuangShan
Copyright: Arne Hückelheim

Wer mit dem Gedanken spielt, eine Reise dorthin zu unternehmen, sollte dafür beten, dass die Berge sich nicht hinter einem Nebelschleier verstecken. Das ist leider keine Seltenheit.

Legende
In China scheint jede prominente Teesorte eine oder mehrere Legenden hervorgebracht zu haben. So auch der Huangshan Maofeng, der seit Mitte der Ming-Dynastie (1368-1644) produziert wird. Ein junger Gelehrter soll sich in eine junge Frau verliebt haben und sie wurden ein Paar. Ein Großgrundbesitzer aus der Gegend hat die Frau beim Teepflücken gesehen und wollte sie für sich selbst haben. Weil er sehr wohlhabend und einflussreich war, konnte er die Eltern der jungen Frau dazu zwingen, dass sie ihre Tochter an ihn verheirateten. Aber einen Tag vor der Hochzeit, schlich sich die angehende Braut aus dem Haus und floh zu ihrem Geliebten. Bei seiner Behausung angekommen, musste sie feststellen, dass der Großgrundbesitzer den jungen Gelehrten ermorden ließ. So ging sie zu seinem Grab und weinte vor Trauer. Sie weinte so lange, bis sie schließlich selbst zum Regen wurde. Der Leichnam des jungen Gelehrten wurde hingegen zu einem Teebaum.

CIMG9928

Aussehen
Die Blätter sind länglich und sehen ein bisschen aus wie die berühmten Silbernadeln oder auch Yin Zhen, nur etwas schmaler und nicht ganz so dick. Diese Form wird von Chinesen auch Spatzenzunge genannt und mit etwas Fantasie verstehe ich diese Allegorie. Feine Silberhärchen umgeben die Blätter, es ist wenig Blattbruch in der Tüte, das soll auch so bleiben und veranlasst mich zu vorsichtiger Handhabung. Nach Angaben des Teespeichers wurden im April letzten Jahres nur die Knospe und das erste Blatt gepflückt. Auf den ersten Blick scheint es zu stimmen und es ist ein typisches Merkmal des Huangshan Maofeng.

Duft
Der Duft des Blattes erinnert mich sofort etwas an Yin Zhen. Diese Verbindung fällt mir aber erst im Nachhinein ein. Mit Frau S. rätselte ich über die Begrifflichkeiten und wir konnten uns auf süßen Heuboden einigen. Wer durfte schon mal auf einem Heuboden eines Bauernhofs schlafen? Wer damit angenehme Erinnerungen verbindet, sollte versuchen daran zu denken. Frau S. meint im positiven Sinne noch etwas vom Kuhstall zu riechen, aber diesen Eindruck kann ich nicht teilen. Während Frau S. noch an Tigerbalm denkt, stelle ich fest, dass Salbei in die Nase steigt! Salbei! Mmmmh!

Zubereitung
Den Tee habe ich ganz intuitiv zubereitet, habe weder besonders auf Wassertemperatur noch auf die exakte Blattmenge geachtet.

CIMG9936

Geschmack
Der erste Aufguss hat noch wenig Körper, weil er etwas zu kurz gezogen hat. Er schmeckt trotzdem dezent süß und der Salbei-Duft findet sich auch im Geschmack wieder. Der Heuboden steigt während des Trinkens in die Nase. Nicht schlecht für den Anfang, aber da muss noch mehr kommen. Übrigens: wem Assoziationen wie Kuhstall und Heuboden merkwürdig erscheinen, sollte sich mal Geros Blog durchlesen. Er ist zwar auf Englisch, enthält aber eine Stelle, die man gelesen haben muss!

CIMG9929

Im zweiten Aufguss sind viel mehr Säuren enthalten und der Körper hat auch zugenommen. Der Tee ist jetzt viel fruchtiger bei gleichbleibender Süße und ergibt eine angenehme Mischung aus Bergpfirsichen und Salbei. Die Bergpfirsiche stechen beim dritten Aufguss besonders hervor, da sämtliche andere Eigenschaften zurückgetreten sind.

Blatt
Die aufgebrühten Blätter bestätigen die vom Teespeicher beschriebene Pflückung. Man kann die Knospe und das dazugehörige Blatt sehr gut erkennen. Mit solchen Blättern kann ein Tee auch optisch vergnügen!

CIMG9934

Fazit
Ein junger und eher leichter Tee, bei dem man nicht viel falsch machen kann. Er lässt sich sehr einfach zubereiten und verzeiht auch eine nicht ganz so pingelige Zubereitungsweise. Mir hat der Salbeigeschmack besonders gut gefallen. Gleichzeitig war ich überrascht, dass solche Aromen bei einem Tee möglich sind.

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen...

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen…

Jeder Kunde steht eines Tages im Laden vor der Frage, ob er sich einen “teuren” Tee leistet. Die Grenze, ab wann etwas als teuer empfunden wird, ist rein subjektiv. Ich möchte daher einige Teepreise diskutieren und mit denen anderer Getränke in Bezug setzen.

In jedem Teegeschäft findet man lose Tees in einer Preisspanne von 3 bis 30 Euro pro 100g. 3 Euro sind bereits sehr günstig, 30 Euro erscheinen dagegen sehr teuer. In Supermärkten kriegt man sogar schon Ostfriesenmischungen für unter 2 Euro für 250g. Wer denkt, dass man mit Teebeuteln günstiger wegkommt, der liegt leider falsch. Wer sich einmal die Mühe macht den Gramm-Preis auszurechnen, wird feststellen, dass Teebeutel auf lange Sicht die teuerste Form des Teekonsums sind und ein schlechtes Preis-Leistungsverhältnis bezüglich des Geschmacks bieten. Dieses Thema wurde auch schon im Teetalk-Forum ausführlich behandelt und ist meiner Meinung nach sehr lesenswert.

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen...
Kommen wir zurück zu den losen Tees, die man in den Teegeschäften zu unterschiedlichen Preisen kaufen kann. Jeder wird mir zustimmen, dass 3 Euro für einen Schwarztee noch verhältnismäßig günstig sind. Diesen Schwarztee kann man i.d.R. einmal aufgießen und muss ihn dann entsorgen. Ich weiß von vielen Leuten, dass sie bestimmte Schwarztees auch zweimal aufgießen, aber da das deutlich seltener vorkommt als bei Grüntee-Trinkern, ziehe ich diese Möglichkeit pauschal nicht in Betracht, weil es auch von der Schwarztee-Sorte abhängig ist.

Aus 100g Schwarztee kriegt man je nach Dosierung eine ganze Menge Tee. Die meisten Dosierungsempfehlungen schreiben 8-12g Tee für einen Liter Wasser vor. Das sind 8-12 Liter Tee für 3 Euro, was einen Literpreis von ca. 30 Cent ergibt, wenn man sich für den Mittelwert entscheidet.Jetzt muss man fairerweise sagen, dass 3 Euro pro 100g bei Tee die unterste Messlatte sind. Es geht natürlich auch wertiger und ich bin der Meinung, dass man schon ab 4 bis 5 Euro pro 100g sehr schmackhaften Tee kaufen kann, was einem Literpreis von 40-50 Cent entsprechen würde. Für mich ist das noch immer preiswert.

Auch ein teurer Tee kann einen günstigen Literpreis ergeben, wenn man ihn mehrmals aufgießen kann. Zu solchen Tees gehören z.B. Grüntees oder Oolong. Diese Tees zeichnen sich dadurch aus, dass man sie bei einer Dosierung von 10-12g auf 1L mindestens zweimal aufgießen kann. Das führt dann zur doppelten Menge Tee. Grüntees gibt es zwar schon ab 4-5 Euro zu kaufen, aber da man mindestens das Doppelte an Tee aus ihnen bekommt, kann man auch das Doppelte für sie ausgeben und bleibt beim gleichen Literpreis wie beim zuvor genannten Rechenbeispiel mit Schwarztee. Kauft man also für 10 Euro einen Tee, dann bezahlt man für einen Liter Tee trotzdem nur 50 Cent. Und dann gibt es noch Personen, die einen Tee gar dreimal aufgießen, was den Preis weiter relativieren würde.

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen...

Die Obergrenze für Spitzentee liegt in der Regel bei 30 bis 40 Euro pro 100g. Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel. Nach der oben verwendeten Formel entspricht das ca. 3-4 Euro pro 1 Liter Tee. Im Vergleich zu den bereits vorgestellten Rechenbeispielen scheint das zunächst sehr teuer. Aber wenn man davon ausgeht, dass man solche Tees nicht täglich trinkt sondern zu einer besonderen Gelegenheit wie z.B. eine Flasche Wein, dann relativiert sich auch dieser Preis. Ein guter Wein kostet locker das Doppelte bei einem Volumen von 0,7l. Bestimmte Sorten wie Pu Erh und erlesene Oolong können zudem mittels chinesischer Gong-Fu-Cha-Methode hoch konzeriert (8g auf 100ml) mit kurzen Ziehzeiten zubereitet werden. Bei guter Qualität kann man bis zu 20 Aufgüsse erzielen und beobachten, wie sich der Geschmack von Aufguss zu Aufguss verändert. Das würde den Literpreis wiederum auf unter zwei Euro drücken.

Wie teuer ist Tee im Vergleich? Einige Überlegungen...
Gongfucha mit Oolong

Dann gibt es noch den geschmacklichen Aspekt. Sicherlich kann man nicht pauschal sagen, dass ein 30 Euro Tee zehnmal besser schmeckt als ein 3 Euro Tee. Manchmal ist sogar eine spezielle Zubereitung nötig, um die Qualität und das Potenzial völlig auszuschöpfen. So empfiehlt sich für japanische Sencha häufig eine etwas höhere Dosierung. Dafür kann man den Tee aber auch vier bis fünfmal aufgießen. Diese Zubereitung habe ich auch bei einem japanischen Grüntee gewählt und hier beschrieben.

Am deutlichsten merke ich Qualitätsunterschiede bei Oolong. Diese machen sich in Duft und Geschmack bemerkbar und können darüber hinaus lange begeistern. Und diese Top-Tees haben selbst im Herkunftsland ihren Preis. Mit der oben erwähnten Gong-Fu-Cha-Methode zahlt der Tee jedoch etwas davon zurück.

Was lernen wir daraus und was kosten andere Getränke im Vergleich? Markensaft kostet pro Liter bereits ca. einen Euro. Eine Flasche gutes Mineralwasser wie San Pellegrino 89 Cent im Angebot. 1,5L Cola kosten ebenfalls ca. 1 Euro.

Wie sieht das bei Kaffee aus? 500g kosten im Angebot ca. 4 Euro. Für eine 0,2l Tasse brauche ich bei normaler Dosierung ca. 14g Kaffee, also für einen Liter 70g. 500g / 70g (pro Liter) = 7,1 L. 4 Euro / 7,1 Liter macht dann 56 Cent pro Liter Kaffee. Alle Klarheiten beseitigt? Und das ist die Dosierung, die Frau S. mag. Ich bevorzuge eher 20g auf 200ml.

Man sieht also, dass Tee im Vergleich sehr gut wegkommt. Ein guter Grüntee könnte sogar 20 Euro kosten und würde im Verhältnis genau so teuer sein wie eine Flasche Markensaft.

Fazit
Tee in einer Preiskategorie von bis zu 8 Euro pro 100g ist als fertiges Getränk günstiger als so manches andere Produkt. Wer bewusst Tee trinkt und nicht etwa eine Kanne zubereitet, aber nur die Hälfte davon trinkt, kann auch mehr ausgeben ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Tees aus der oberen Preiskategorie hingegen sind eher mit einem Getränk vergleichbar, welches in einem besonderen Augenblick genossen wird. Wenn man aber sorgsam damit umgeht, dann ist auch der Genuss dieser Tees lohnend und immer noch günstiger als hochwertiger Wein oder Champagner.

Mecha 芽茶: Japanischer Blattknospentee

Was ist Mecha? In Japan versteht man darunter einen Tee, der aus Blattspitzen und/oder Knospenansätzen von Blättern, die auch für Sencha oder Gyokuro verwendet werden, hergestellt wird. Dabei handelt es sich, ähnlich wie bei Kukicha (Stängel) und Konacha (Bruch, Pulver), um ein Nebenprodukt, welches bei der Sencha- und Gyokuro-Herstellung anfällt. Trotz dieser “Zweitklassigkeit”, die sich auch im niedrigeren Preis widerspiegelt, steht der Tee zumindest theoretisch seinen Vorbildern in nichts nach, weil es sich bei dem Produkt ja immer noch um Blätter handelt. Ein charakteristisches Merkmal für Mecha sind rundliche Blätter, welche gleichzeitig ein Indikator für ein hochwertiges Produkt sind. Das liegt daran, dass die Blattspitzen und Knospen sehr saftig sind und einen hohen Wassergehalt aufweisen, weswegen sie sich später einrollen. Außerdem sollen gerade in diesen Blattteilen die typischen Inhaltsstoffe besonders gut verdichtet sein, weswegen alle Bestandteile wie Umami, Koffein aber auch Herbe nicht fehlen. Auf der anderen Seite ist dieser Blattgrad der Grund dafür, dass man die Blätter nicht zu heiß aufgießen darf, da sonst eine bittere Brühe daraus zu werden droht.Gekauft habe ich den Tee bei Chasen, ein auf Japan-Tee spezialisiertes Tee-Geschäft, welches vor allem dadurch auffällt, dass es auch weniger bekannte Produkte wie eben Mecha und sogar Aracha 荒茶 (unsortierter, “roher” Tee) anbietet. Bei meinem Mecha handelt es sich um ein Produkt aus Uji, welches aus der Gyokuro-Produktion stammte.Die Zubereitungsempfehlung des Verkäufers lautet wie folgt: Man nehme 65°C heißes, bzw. warmes Wasser und pro 100ml 2g Tee. Die Dosierung ist nicht besonders stark: Japanische Quellen empfehlen für Mecha häufig mehr als das Doppelte (z.B. 5g auf 100ml). Dafür geht der Kunde mit dieser Dosierung wenig Risiko und der Aufguss ist garantiert genießbar. Dieser Tee sieht ein bisschen aus wie ein Broken-Tee, aber bei genauerem Hinsehen sieht man, dass die Kanten des trockenen Blattguts abgerundet sind. Also ist das Anforderungsprofil, welches oben beschrieben wurde, schon mal erfüllt. Die Ziehzeit beträgt für die einzelnen Aufgüsse in Sekunden: 60/20/80/120.

CIMG9596
Auf dem Foto schlecht zu erkennen: die runden und eingerollten Blätter

Das trockene Blatt riecht im vorgewärmten Gaiwan ähnlich wie ein Gyokuro nach getrockneten Algen, wie man sie gerne in Asien, speziell in Japan und Korea, isst.

CIMG9567

Der erste Aufguss ist ausgesprochen süß. Diese Süße ist nicht so gemüsig, wie ich sie von verschiedenen Sencha kenne, sondern einerseits markanter, andererseits sticht sie möglicherweise gerade deswegen hervor, weil der Aufguss keine besondere Tiefe erreicht. Vielleicht kommt das aber noch.

CIMG9568
1. Aufguss: noch sehr hell

Der zweite Aufguss ist tatsächlich körperreicher geworden und ergibt eine schöne Mischung aus Süße und Umami. Mein Favorit. So mag ich Umami gern, nicht zu aufdringlich und nicht so ölig, sondern tatsächlich und im wahrsten Sinne des Wortes Wohlgeschmack!

Der dritte Aufguss ist stärker. Dabei kommt die Herbe recht spät, sie hätte ich eigentlich früher erwartet. Umami und Süße sind weg, dafür muss ich mehr an Sencha denken – keine schlechte Assoziation!

CIMG9571
3. Aufguss

Der vierte Aufguss ist wieder etwas milder. Die Süße kommt wieder, auch wenn sie nicht an den ersten Aufguss heran reicht. Mir erscheint er eher wie eine verwässerte Version des ersten, aber wir haben ja auch schon den vierten Aufguss erreicht. Sogar der fünfte ergab noch einen lohnenswerten Geschmack!

CIMG9570
4. Aufguss

Das nasse Blatt lässt mich eigentlich weniger an heile Blattknospen, wie man sie von jungen Tees kennt, denken. Eigentlich sieht es eher nach gebrochenen Blättern typischer Broken-Tees aus. Blattspitzen erkennt man viele, aber wie muss ich mir eine Battknospe vorstellen? Was ich unter Blattknospen verstehe, ist eigentlich ein Blatt welches im Begriff ist zu wachsen. Das müsste doch eigentlich zu erkennen sein, oder?

CIMG9574
Die Zubereitung in einem Gaiwan ist etwas umständlich, da man die vielen kleinen Blätter beim Ausgießen nicht aufhalten kann

Fazit: Hält man sich an die empfohlene Zubereitungsweise des Verkäufers, macht man definitiv nichts verkehrt. Da ich mich aber mittlerweile an eine sehr viel höhere Dosierung gewöhnt habe, erschienen die Aufgüsse etwas zu lasch, obwohl der zweite wirklich spitze war. Aus diesem Grund werde ich das nächste Mal die Dosierung von 2 auf 2,5g pro 100ml erhöhen und schauen, was der Tee dann hergibt.

Ming Qian Long Jing Löwenklasse (Exklusiv)

Ming Qian Long Jing Löwenklasse (Exklusiv)

Wenn man sich mit mehreren Leuten zusammentut und Tee trinkt, dann kann man sich auch mal Tees leisten, die sonst nie infrage kämen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man von den Bewertungen und Meinungen anderer lernen und diese mit seinen eigenen Erfahrungen vergleichen kann.
Bei diesem Tee waren wir uns aber alle mehr oder weniger einig. Es ist ein sehr guter Long Jing, den Markus (unser “Teemeister”) etwas höher als üblich (2g pro 100ml) dosierte und länger ziehen ließ.Den Tee haben wir als Probe bei “die Kunst des Tees” gekauft. Eine genaue Artikelbeschreibung mit Hinweisen zur Herstellung findet ihr hier. Diese Teesorte gilt als die beliebteste Chinas, heißt übersetzt Drachenbrunnen und wird traditionell in der Stadt Hangzhou hergestellt, obwohl er auch außerhalb dieser Stadt produziert, dann aber nicht mehr als authentisch angesehen wird. Wir hatten das Glück einen authentischen Tee bekommen zu haben, mehr noch: Dieser Tee stammt vom Löwengipfel unweit des Dorfes Long Jing, welcher als besonders gutes Anbaugebiet gilt und dem Tee das Prädikat Löwenklasse verleiht.Es muss ein Teil der chinesischen Kultur sein, dass berühmte Tees irgendwann zu Objekten von Legendenbildungen werden. Zum Long Jing gibt es gleich mehrere, von denen ich nur eine vorstelle:

Als der Kaiser Qianlong (1735-1796) den Westsee auf einem seiner berühmten Urlaubsausflüge besuchte, ging er zu einem Tempel. Dieser Tempel lag am Fuße des Löwengipfels und und die Mönche bauten selbst Tee an. Daher wurde dem Kaiser bei seinem Besuch eine Tasse mit diesem Tee gereicht, von dessen Geschmack er so begeistert war, dass er den 18 Teebüschen einen kaiserlichen Status verlieh. Diese Büsche existieren noch heute und deren Blätter erzielen bei Auktionen einen höheren Gramm-Preis als Gold.

800px-West_Lake
Der chinesische Westsee. Quelle: Nat Krause, Wikipedia

Wer sich für die anderen interessiert, kann sie hier auf Englisch nachlesen.

Die Blätter dieses Tees sind sehr hell, heller als sonst. Im trockenen Zustand riechen sie in der Präsentierschale leicht geröstet und erinnern mich an japanische Sencha. Im vorgewärmten Gaiwan wird diese Assoziation noch konkreter: So riecht doch Shincha (die erste Pflückung eines japanischen Sencha)! Dazu gesellen sich aber blumige und süßliche Noten, die einen auf den Geschmack neugierig machten.

Foto-12.10.12-17-46-47-1-
Was man bei der schlechten Qualität des Fotos nicht erkennt: Die Blätter sind leuchtend grün!

Der erste Aufguss ist eine angenehme Überraschung. Die Assoziation mit hochwertigem japanischen Grüntee schlägt sich auch im Geschmack nieder. Ein wesentliches Merkmal solcher Grüntees ist nämlich der Umami-Geschmack, der für mich wie eine Mischung aus Süße und Gemüse schmeckt. Dass dieser in einem chinesischen Long Jing enthalten ist, war nicht nur für mich überraschend. Weitere Geschmacksnoten, die genannt wurden: Algen, Spinat und chinesische Kastanie. Bei letzterer weiß ich leider nicht wie sie schmeckt, aber bei den erstgenannten konnte ich durchaus zustimmen.

Foto-12.10.12-17-54-01-1-

Der zweite Aufguss war insgesamt vollmundiger mit den bereits erwähnten Geschmacksnoten, aber Umami war leider wieder weg. Dabei hat der Geschmack so gut gepasst! Im Abgang kam dann die Frische von Berg-Pfirsichen. Damit meine ich weniger den konkreten Geschmack, sondern vielmehr die Aromen die man beim Kauen in der Nase hat. Von dem Long Jing machten wir noch einen dritten Aufguss, der noch viel süßer ausfiel. Man hätte sicherlich noch einen weiteren Aufguss machen können, aber da wir noch andere Tees auf unserem Programm stehen hatten, mussten wir den Tee leider vorzeitig aufgeben.

Foto-12.10.12-18-10-29-1-
Schöne junge Knospen!

Fazit: Ein sehr gelungener Tee, der auch eine höhere Dosierung verträgt, dabei nicht bitter wird und Parallelen zu hochwertigen japanischen Tees aufweist.