Verkostung des Phoenix Dan Cong Premium

Verkostung des Phoenix Dan Cong Premium

Der letzte Dan Cong war ein guter Einstieg ins Thema und nachdem ich mich ein bisschen für den Artikel eingelesen habe, stieg mein Interesse an diesem speziellen Oolong so sehr, dass ich es kaum abwarten konnte, die anderen beiden, die ich hier liegen habe, zu probieren.

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Heute geht es um den Premium Dan Cong, den ich im Blog davor erwähnt habe. Er ist jetzt zwar etwas älter, aber das tut ihm keinen Abbruch. Man kann davon ausgehen, dass er in der luftdichten Verpackung vor sich hinreifte. Es sollten bestimmt an die 2-3 Jahre sein, die er dazugewonnen hat, und diese Charge wird man wohl inzwischen nicht mehr kaufen können. Dafür kann man sich in Kwok Yings Sortiment sicher einen adäquaten Ersatz empfehlen lassen.

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Der Dan Cong Premium verfügt über lange filigrane Blätter mit dezenten Krümmungen


Blatt
Die Blätter scheinen etwas größer zu sein als beim vorherigen Dan Cong. Vor allem sind sie weniger verkrümmt und “nadeliger”, filigraner. Optisch kommt der “Premium-Charakter” überzeugend rüber. Es kommt Vorfreude auf.

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Das Vorwärmen des Gaiwan

Geruch
Wieder bemerken wir die dunkle Brotkruste und dunkle Schokolade. Die Fruchtnoten sind deutlicher und vielfältiger: Mango, Maracuja, und Multivitaminsaft sind sogar ohne viel Fantasie zu erschnuppern. Im warmen Gaiwan kommen sie sogar noch intensiver zur Geltung, die anderen Aromen verlieren sich jedoch und kommen gegen diese geballte Frucht nicht mehr an.

Zubereitung
Wie zuvor gehe ich intuitiv vor: 5g, 100ml, 90-100°C, kurze Ziehzeiten immer länger werdend.

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Die Farbe des Dan Cong bewegt sich anfangs im Spektrum zwischen Gelb und Gold


Geschmack
Anfangs müssen wir beide feststellen, dass der Geschmack ein bisschen mit Pu Erh gemein hat. Oder ist das nur Einbildung? Was diesen Dan Cong von einem Pu Erh unterscheidet, ist die hervorstechende Süße, die fast schon an Likör erinnert. Auch jetzt kommt die Mango wieder durch. Ein Zitat von Frau P., welches ich Euch nicht vorenthalten möchte: “Irgendwie rieche ich gerade nur Wäsche”.

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Schon beim zweiten Aufguss wird der Premium Dan Cong mineralisch. Das sagt man ja den klassischen Yancha nach, die auf felsigen Böden wachsen. Ein Merkmal, welches auch auf diesen Dan Cong zutreffen könnte.

Die Süße nimmt immer mehr zu und die Frucht ist erstaunlich. So süffig, dass man ihn schon fast als Fruchtsaft verkaufen könnte!

Wir sind jetzt schon beim fünften Aufguss aufwärts und noch immer hat der Tee Ausdauer und Wandlungsfreude. Es zeigen sich die am Anfang wahrgenommenen Schokoladennoten. Ein schöner langer Nachgeschmack lädt zum Verweilen ein. Selbst beim Atmen ist er präsent. Nachher kommen noch Spuren von Passionsfrucht hinzu, was will ich mehr an einem grauen Sonntag?

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Später wandelt sich die Farbe des Dan Cong Premium in Richtung gelb-grün

Mit dem siebten Aufguss wird der Tee süffiger. Der Tee hat uns aufgewärmt, vergessen ist die Kälte des hereingebrochenen Herbstes. Es kommen uns sogar so verrückte Ideen, dass man den Premium Dan Cong auf Eis trinken könnte. Dabei war uns vor unserer kleinen Tee-Auszeit noch ziemlich kalt.

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Die Größe der Blätter wird auch in der Nachlese deutlich

Fazit
Den Zunamen Premium hat sich dieser Dan Cong redlich verdient. Es wurde deutlich, weswegen vor allem die Frucht und Süße ein wesentliches Merkmal dieser Sorte darstellen. Mit Bitterkeit habe ich überhaupt keine Probleme gehabt. Wahrscheinlich ist dies so ein Tee, der jedem schmeckt, es sei denn, der- oder diejenige hat eine Aversion gegen Fruchtnoten wie Mango und Maracuja.

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Was ist ein Phoenix (Fenghuang) Dan Cong?

Was ist ein Phoenix (Fenghuang) Dan Cong?

Phoenix Dan Cong ist ein Tee, auf den ich vor Jahren gestoßen bin, als ich bei der “Kunst des Tees” herumstöberte. Ich habe mir damals eine Probe von einem sehr hochwertigen Exemplar gesichert, aber bis heute habe ich mich nicht getraut, diesen Tee zu verkosten und hebe ihn mir für eine besondere Gelegenheit auf. Dan Cong ist ein Oolong, der aus dem Fenghuang (Phoenix) Gebirge stammte. Daher trägt dieser Tee oft den Namen “Fenghuang Dan Cong”. Auch wenn es heute sicher nicht mehr auf alle Dan Cong zutrifft, Premium Dan Cong sollte ein echter Felsentee sein, d.h. in felsigen Gebirgen mehr oder weniger wild wachsen.
Plantagentee vs. Teebaum
Obwohl Dan Cong mittlerweile als Plantagentee produziert wird, ist “echter” Dan Cong von einzigartigen Teebäumen geerntet. Einzigartig deshalb, weil diese Bäume wild wachsen und nicht zurückgeschnitten werden. Dan Cong bedeutet nämlich nichts anderes als “individueller Teestrauch”. Das hat den Hintergrund, dass früher die Pflanzen noch durch Samen vermehrt wurden und jeder Baum ein individuelles Erbgut hat, was dazu führt, dass Eigenschaften wie Blattgröße und Geschmack von Baum zu Baum variieren. Auch das Alter und die Lage eines Baums spielen eine große Rolle.
Damit diese Charakteristika nicht nivelliert werden, kategorisiert man die Bäume und stellt kleine, limitierte Lots her, die sich voneinander unterscheiden. Doch auch innerhalb einer bestimmten Kategorie gibt es qualitative Unterschiede und so ist es zu erklären, dass ein bestimmter Typ eines Dan Cong ein paar oder gleich mehrere hundert Euro kosten kann.

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Den Dan Cong lagere ich in einer Keramikdose von Andrzej Bero

Geschmack und Effekt
Den Phoenix Dan Cong zeichnet vor allem sein fruchtiger Geschmack aus. Das Aroma und der Geschmack sollen lange anhalten. Süße ist ein weiteres Markenzeichen, Bitterkeit hingegen nicht. Wenn letzteres doch auftritt, hängt das wohl auch mit der Zubereitungsweise zusammen. Eine andere Ursache ist, dass der Tee im Sommer geerntet wurde. Akira Hojo hat außerdem noch Folgendes festgestellt:

When you drink very high-end Phoenix Dan Cong oolong, your body feel warm, your face becomes red or pink and you feel very relax.



Reifung
Wie andere Oolong auch (z.B. der Paochung bzw. Baozhong) eignet sich der Dan Cong zur Nachreifung. Dabei soll der Geschmack noch süßer werden. Wichtig dabei ist, dass man dem Tee nicht viel Sauerstoff lässt, sonst fängt er an zu oxidieren. Je weniger Sauerstoff desto besser, denn selbst wenig Oxidation verändert das Aroma. Aus diesem Grund werden Dan Cong traditionell nachgeröstet, um das unerwünschte Aroma wieder zu neutralisieren. Folglich ist die beste Art, Dan Cong zu reifen, ihn einfach in vakuumisierten Beuteln aufzubewahren. 

Ich habe mir zum Einstieg einen Dan Cong vom Hamburger Teespeicher geholt. Laut Beschreibung handelt es sich hierbei nicht um einen Plantagentee.

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Dieser Dan Cong enthält dunkle und leicht gekrümmte Blätter mittlerer Größe

Zubereitung
Diesen Tee habe ich ganz intuitiv zubereitet:

5g, 100ml, 90-100°C, kurze Ziehzeiten immer länger werdend.

Einen Versuch wert ist sicherlich auch die Methode von Akira Hojo, durch die man einen gleichmäßigeren Geschmack erhält.


Geruch
Die trockenen Blätter riechen verführerisch nach dunkler Brotkruste, Milchschokolade und würzigem Zimt. Im warmen Gaiwan vernehme ich wieder Trockenfrüchte.

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Die Farbe des Dan Cong erinnert an Bernstein

Geschmack

Der Dan Cong ist von Beginn an vollmundig. Er hat einen Grundcharakter, der sich über die Zeit wenig verändert. Man merkt ihm die Röstung auf jeden Fall an. Dunkle Schokolade ist sehr dominant, auch Fruchtnoten von Mango blitzen immer wieder mal auf. Am Ende wird der Dan Cong noch einmal malzig. Nicht wie ein Assam, viel mehr wie Malzbier.
Fazit
Inwiefern dies ein typischer Dan Cong ist, vermag ich an dieser Stelle nicht zu schreiben. Gemessen an seinem Preis ist dies ein hervorragender Oolong, den ich vorbehaltlos empfehlen kann, vor allem jenen, die sich einen risikolosen Einstieg in die Welt der Oolong wünschen. Es warten weitere Dan Cong auf eine Verkostung, die ich gerne mit diesem vergleichen werde.
Hier geht es zur Verkostung des Premium Dan Cong.
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Formosa (Taiwan) Oolong Pinglin Paochung Ernte 1994

Formosa (Taiwan) Oolong Pinglin Paochung Ernte 1994

Wenn Tee zu einer Sammelleidenschaft ausartet, dann häuft man massenweise Tee-Samples an. Anfangs behält man noch den Überblick, bald darauf ist man sich bei dem ein oder anderen Tee nicht mehr sicher, woher man den eigentlich hat und nach ein paar Jahren weiß man bei einem beachtlichen Teil der Tees nicht mehr die Umstände des Erwerbs. So auch bei diesem hier.
Zum Glück ist das Sample beschriftet, somit weiß ich zumindest, dass ich es entweder selbst gekauft oder als Zugabe von Henning Schmidt bekommen habe. Meine Ehefrau kommt auch infrage, da sie mir mal ein Sample-Päckchen spendierte.
Wie auch immer, Oolong finde ich als Kategorie am spannendsten, weil es eine unüberschaubare Vielfalt an Herstellungsverfahren gibt. Sie führen dazu, dass Oolong entsprechend differenziert ausfallen und es speziell in dieser Kategorie sehr viel zu entdecken gibt. Hier haben wir es mit einem Paochung (auch Baozhong) aus Taiwan zu tun. Die meisten Oolong aus Taiwan haben ein gerolltes Blatt, der Paochung sieht im Vergleich dazu wilder aus. Mich spricht das an.
Ursprung
Ursprünglich wurde dieser Tee natürlich in China hergestellt, doch schon ab dem späten 19. Jahrhundert hat man auch in Taiwan damit begonnen, diesen Tee systematisch herzustellen. Damals wurde der Tee noch aromatisiert und ausgerechnet unter japanischer Besatzung (1895-1945) sind neue Verarbeitungsmethoden entstanden, die den Paochung so aromatisch machten, dass man fortan auf die Aromatisierung verzichtete. Da der Tee vor allem in Japan populär wurde, dehnte sich die Produktion von Nangang auf die Nachbarregion Wenshan aus. Ein Teil der Wenshan-Region war bis in die 1990er auch Pinglin. Da Pinglin nicht mehr zu Wenshan gehört, spricht man hauptsächlich von zwei Paochung-Anbauregionen: Wenshan und Pinglin.

Oxidationsgrad
Der Trend, immer grünere Oolong zu produzieren, hat längst den Paochung erfasst. Er gehört zu den Oolong mit dem geringsten Oxidationsgrad. Heutzutage ist es schwierig, überhaupt noch einen traditionellen Paochung zu finden, der stärker oxidiert und geröstet wurde. Angeblich diente der höhere Oxidationsgrad samt Röstung dazu, den Tee für lange Transportwege exportfähig zu machen. Der “grüne Trend” ist daher auch als eine Reaktion auf die immer kürzeren Lieferzeiten zu sehen.Vintage Paochung
In Taiwan ist gereifter Paochung keine Seltenheit. Besonders die traditionellen Exemplare eignen sich gut zum Nachreifen, die modernen grünen Vertreter dafür umso weniger. Aufgrund des feuchteren Klimas wird in Taiwan der Oolong alle paar Jahre nachgeröstet, um die Feuchtigkeit unter Kontrolle zu halten. Dies kann aber dazu führen, dass die Röstnote überhand nimmt und der eigentliche Geschmack zu sehr in den Hintergrund gerät.

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Blatt
Die Blätter sind sehr dunkel und gekräuselt. Manche bilden Halbkreise oder sind gar ineinander verknotet. Das Blattgut ist mittelgroß und zum Glück ist wenig Bruch dabei.

Geruch
Trocken riecht der Paochung schwer nach Trockenfrüchten, vor allem nach getrockneten Pflaumen. Hinzu kommen Noten von antiken Büchern und altem Holz. Schöne Kombination. Im warmen Gaiwan wird der Duft noch schwerer und intensiver, die Holznoten wandeln sich in Richtung Süßholz bzw. Lakritz.

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Zubereitung
4g auf ca. 80ml 90-95°C heißes Wasser, anfangs kurze Ziehzeiten, immer länger werdend.

Geschmack
Schmeckt erstaunlich nach typisch dunklem Oolong wie Dan Cong oder Da Hong Pao. Anfangs breitet sich ein kühlender Effekt (Minze?) auf der Zunge aus, den auch Frau P. bemerkt. Dunkle Schokolade ist dominant. Zusammen mit der Minze ergibt das fast schon “After Eight”. Der Tee ist erstaunlich komplex, denn neben einer Schärfe, die in Richtung Ingwer oder Pfeffer geht, erkenne ich noch eine Würze, die an Zimt erinnert. Und wir befinden uns wohlgemerkt beim ersten Aufguss.

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Danach geht es weiter. Der Paochung ist auf jeden Fall hart im Nehmen. Er ist keine Zicke, sondern ein gutmütiger alter Freund mit viel Nachsicht gegenüber der jüngeren Generation. Im Laufe der Zeit verändert sich der Geschmack nur wenig. Immer wieder denke ich an Pu Erh. Es ist nicht Tabak, ich würde es “reifen Geschmack” nennen, der vor allem bei Pu Erh ab 10 Jahren Lagerzeit auftritt.

Fazit
Ich hatte eine schöne Zeit mit diesem Tee. Schade, dass die Probe nun alle ist, aber wie ich gerade gesehen habe, hat der Hamburger Teespeicher noch etwas auf Lager. Allen, die sich für diesen Tee entscheiden mögen, wünsche ich viel Vergnügen!

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Assam Harmutty von Teegasse

Assam Harmutty von Teegasse

Als ich vor einigen Jahren anfing, mich intensiver mit Tee auseinanderzusetzen, habe ich ein Forum gefunden, in dem sich einige Gleichgesinnte versammelt haben. Ich denke gerne an die Anfangszeit zurück, als die Themen noch überschaubar waren und ich als Student noch die Zeit hatte, mich über Tee mit anderen auszutauschen.
Der Austausch war sehr fruchtbar und zumindest mich haben die Beiträge und Rezensionen anderer immer wieder zum Kauf von einigen Tees überzeugt. Schon bald entstanden erste Blogs aus dieser Community und es war Gero, der von uns als Erster den Schritt dazu wagte. Jeder Blog-Autor hat seinen eigenen Stil. Key hat mit dem Blog Tee-Fokus eine einzigartige Mischung aus Informationstexten, Gastbeiträgen und Rezensionen kreiert, daher war für Abwechslung immer gesorgt.
Die englische Tee-Blog-Szene ist der deutschen einige Jahre voraus. Dort konnte man schon früh beobachten, dass einige Blogger ihre Leidenschaft zum Beruf machten. Nun will ich nicht dem konventionellen Teehändler unterstellen, keine Leidenschaft für Tee zu haben. Doch des Bloggers Leidenschaft ist ja quasi im Internet öffentlich hinterlegt und jeder kann sich selbst ein Bild von seiner Kompetenz machen. Key hat dieses Jahr als erster deutscher (?) Blogger genau diesen Schritt gewagt und ich gratuliere ihm dazu. Viel Erfolg dabei!Da ich sehr gerne Schwarztees zum Frühstück trinke, habe ich mir die Zeit genommen, den Assam Harmutty zu probieren. Ich schätze an Assam-Tees ihren malzigen und kräftigen Charakter. Schon häufiger habe ich allerdings feststellen müssen, dass es auch unter Assam-Tees einige Vertreter gibt, die mir nicht kräftig bzw. ausdrucksstark genug waren. Für mich muss ein guter Assam gegen ein klassisches Frühstück ankommen können, da landet auch schon mal eine Scheibe kräftigen Tilsitters auf der Brötchenhälfte. Ich meine nicht den milden aus der Plastikpackung, sondern den von der Frischetheke, bei dem Frau P. ob des “Gestanks” angewidert die Augen zusammenkneift.

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Der Harmutty hat einen malzigen Charakter und etwas, was ich mit einem ehrlichen Schwarztee-Geschmack bezeichnen würde. Dieser Geschmack findet sich nicht nur in Assam-Tees, sondern auch in einigen wenigen Ceylon und Darjeeling wieder. Ich denke dabei immer zurück an meine Kindheit, denn in Polen haben wir sehr viel Schwarztee getrunken und einige Mischungen schmecken mir noch heute sehr gut. Davon werde ich mir beim nächsten Kauf auf jeden Fall etwas sichern.

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In der Teegasse werden natürlich noch weitere Tees angeboten, der Fokus liegt derzeit auf orthodoxen Schwarztees, doch auch Exoten werden scheinbar nach und nach aufgenommen. Hier der Weg zur Teegasse.

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Chamraj Frost Tea

Chamraj Frost Tea

Ich liebe es, die kleinen Exoten dieser Welt ausfindig zu machen und probieren zu dürfen, daher bin ich immer wieder dankbar, wenn Teehändler mutig genug sind, einen “unkonventionellen” Tee ins Sortiment zu nehmen. Sicherlich ist es noch immer nicht einfach, nur mit orthodoxen Tees seine Kunden zu begeistern. Anders ist es nicht zu erklären, dass kaum ein Teehändler ohne das breite Spektrum des Aroma-Sortiments auskommt.
Doch darum soll es ja nicht gehen, sondern um einen Tee, von dem man nur selten hört. Er kommt aus Indien und ähnelt auf den ersten Blick einem klassischen Darjeeling, ist aber etwas dunkler. Seine Besonderheit verdankt er den eiskalten Nächten in über 2000m Höhe. Die Blätter sollen einem moderaten Frost ausgesetzt sein, wodurch sich der Geschmack jener Blätter intensiviert. Es werden nur sehr geringe Mengen von diesem Tee hergestellt, so dass es dem Hamburger Teespeicher erst dieses Jahr gelungen ist, den Tee einzukaufen. Als ich davon hörte, habe ich mir gleich etwas zurücklegen lassen und kann Interessenten beruhigen, es scheint noch etwas da zu sein, fragt sich nur wie lange.

Blatt
Die Blätter sind dunkler als die eines normalen Darjeeling, dennoch sind hier und da ein paar grüne Blättchen ausfindig zu machen. Die Form der Blätter ist teilweise geschwungen und hübsch anzusehen. Nur wenige Stiele sind enthalten, das Blatt ist also gut sortiert.

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Geruch
Das trockene Blatt riecht angenehm frisch, immer wieder muss ich an Zitrone denken. Dazu kommt eine nussige Note und man kann eindeutig Parallelen zu den bekanntesten indischen Vertretern aus Darjeeling finden. Im warmen Kännchen sind die Aromen Schwarztee-lastiger und schwer zu entschlüsseln. Vielleicht ein wenig geröstete Nüsse?

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Geschmack
Ich brühe den Tee wie folgt: 2g / 100ml kochendes Wasser, 3 Aufgüsse (in Sekunden: 30, 10, 60). Die Frische zeigt sich auch jetzt, wieder denke ich an Zitronen und ein bisschen Minze ist auch dabei. Der Körper ist Schwarztee pur, gepaart mit etwas dunkler Brotkruste.
Der zweite Aufguss wirkt erfrischend und ist etwas leichter. Es ist eine leichte Süße zu schmecken, die beim dritten Aufguss noch viel intensiver wird. Denn jetzt bleibt ein langer Nachgeschmack und der Tee wirkt fast wie ein Likör. Sehr lecker!

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Fazit
Der Tee hat uns sehr gefallen. Wer indische Schwarztees grundsätzlich mag, wird sich über eine weitere Variation sicher freuen. Es sind doch diese kleinen Besonderheiten, die uns unseren Teeweg versüßen. Den Chamraj Frost Tea findet man hier.

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Kumakiri Shincha aus Shizuoka

Kumakiri Shincha aus Shizuoka

In Shizuoka war ich leider nicht, diesen Tee habe ich in einem Teefachgeschäft eines japanischen depachika gekauft. Das ist die Delikatessenabteilung, die sich im Untergeschoss eines Kaufhauses befindet und wo auf kleinen Verkaufsflächen diverse Spezialitäten angeboten werden. Neben Süß- und Backwaren gibt es natürlich auch Weinstände und kleine Teeläden.In Tokyo habe ich ein besonders feines Teefachgeschäft entdeckt. Dort wird Tee mit viel Liebe zum Detail verkauft und erklärt. Man kann sich ja heutzutage schon glücklich schätzen, wenn neben der Anbauregion auch die Dämpfintensität angegeben wird. Im Chanoha treibt man es auf die Spitze: Dämpfintensität, Teename, Geschmack, genaue (!) Herkunft, Kultivar, Erntezeit, Röstungsstufe und Features.

Weil ich auf der Reise schon eh zu viele Shinchas gekauft habe, zögerte ich zunächst. Letztlich erlag ich dann doch der Versuchung und kaufte zwei Tees, die interessant klangen und aus Regionen stammen, von denen ich noch keinen Tee gekauft habe, aus Shizuoka.

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Blatt
Der vorliegende Tee wird in der Nähe des Oberlaufes des Tenryû-Flusses angebaut und wurde Mitte Mai geerntet. Eine Besonderheit ist, dass der Kumakiri einen “Aracha Finish” erhalten hat. Dieser Eindruck bestätigt sich auch in der Optik, denn der Tee sieht tatsächlich nicht gut sortiert aus: das Blatt wirkt wild und es sind viele kleine Stängel enthalten. Neben den Stielen sind hauptsächlich intakte Blätter vorhanden, die sorgfältig zu Nadeln zusammengerollt sind. Als Grund für “Aracha Finish” wird ein harmonischeres Geschmacksprofil angegeben. Ich bin skeptisch, das hört sich doch ein bisschen zu sehr nach “Sales-Talk” an. Dieser Tee wurde nur kurz gedämpft, was sich optisch bestätigen lässt.

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Duft
Der Duft des Blattes ist sehr intensiv und fruchtig. Ich muss zuerst an Maracuja denken, da ist eine schöne Tiefe und Süße. Ich meine auch etwas Schattenaroma zu riechen, bin mir aber nicht sicher. Diese Intensität kennt man von kurz gedämpften Tees eigentlich nicht. Vermutlich liegt es daran, dass der Tee nach dem Trocknen nochmals geröstet (火入れ hiire) wurde. Die Röstung wird als mittelstark angegeben und soll das Aroma intensivieren. In Japan sind stark geröstete Tees sehr beliebt und es gibt verschiedene Methoden wie Backen oder Heißluft. Nachteil ist, dass das Blatt ähnlich wie bei tiefgedämpften Tees darunter leidet und brüchiger wird.
In der warmen kyûsu wandeln sich die Aromen hin zu gerösteten Mandeln und Kastanien. Es steigen außerdem Nori-Blätter und Süßgebäck in die Nase.

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Geschmack
Der erste Aufguss ist nach einer Minute sehr fruchtig und erinnert mich an den Kasuga Zairai von Akira Hojo. Bei diesem Tee handelt es sich aber nicht um ein Zairai-Kultivar sondern um einen Yabukita. Den Duft der Maracuja nehme ich noch immer deutlich war. Der Kumakiri ist süß und süffig, Frau P. schmeckt auch etwas Artischocke. Auffällig ist, dass Umami höchstens zu erahnen ist, diese Blätter also nicht beschattet wurden.

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Beim zweiten Aufguss wirkt der Kumakiri vollmundiger. Die Tasse ist viel trüber als vorher, was typisch für den zweite Aufguss ist. Diese Vollmundigkeit steigert die Wahrnehmung des typischen Sencha-Geschmacks und ich muss an Matcha-Süßigkeiten denken. Im Vergleich zum ersten ist dieser intensiver, herber und frischer.

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Nach dem dritten Aufguss baut der Tee dann doch schon ab. Er ist noch süffig und kräftig, hat aber nicht mehr die Tiefe und Komplexität der ersten beiden Aufgüsse.

Fazit

Für mich ist dies ein etwas anderer Shincha, der durch seinen doch eher individuellen Geschmack auffällt. Er gehört jetzt zwar nicht zu meinen Favoriten, bietet einem aber Abwechslung, wenn man meint, dass japanische Sencha einander zu sehr ähneln. Sehr gut finde ich die zahlreichen Informationen, die man zu diesem Tee erhält. So wird ein noch bewussterer Genuss möglich. Frau P. weiß an ihm zu schätzen, dass er überhaupt kein Umami enthält.

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Zurück aus Japan: Shincha aus Uji

Zurück aus Japan: Shincha aus Uji

Als Japanologe ist es immer wieder eine Freude in das Land zu reisen, mit dem man sich lange und intensiv auseinandergesetzt hat. Dieses Mal war die Reise nicht von privater Natur. Ich durfte eine Reisegruppe begleiten, mit der wir Japan unter dem Leitthema Tee bereist haben. Tee in Form von Grüntee bzw. Matcha ist in Japan omnipräsent. Wirklich überall und an jeder Ecke kann man Tee kaufen, Matcha-Süßigkeiten gibt es in allen Convenience Stores (jap.: konbini).Wir waren in drei Tee-Anbaugebieten: Kagoshima, Uji und Nishio. Jetzt einen kompletten Reisebericht online zu stellen, wäre etwas zu viel des Guten, aber zu gegebener Zeit werde ich sicherlich die ein oder andere Anekdote erzählen.

Was mich besonders beeindruckt hat, waren natürlich die Teefelder und zwei Tee-Manufakturen. Nicht nur, weil man ein technisches Verständnis vom Produktionsablauf bekommt, sondern weil man mit allen seinen Sinnen ein Gefühl dafür erhält, was Tee eigentlich ist. Der Duft eines Teefeldes kurz vor der Ernte z.B. ist ein solches Erlebnis. Dieser Duft wird in der Fabrik noch viel intensiver, denn da werden die Blätter abgeladen, ehe sie zügig verarbeitet werden. Und eben diesen Geruch findet man auch im Endprodukt wieder, was natürlich kaum überrascht. Nur, wenn man noch nie in einem Teefeld stand oder eine Manufaktur besichtigt hat, dann kann man dazu auch keinen Link herstellen.

Als wir in Uji waren, bin ich zusammen mit Gero in einen traditionellen japanischen Teeladen gegangen. Immer wieder findet man Teefachgeschäfte, die noch handgerollten Tee anbieten. Sogar von Unternehmen wie Fukujuen (福寿園), die eine beachtliche Größe erreicht haben und von denen man solch eine traditionelle Herstellung nicht vermuten würde.

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Teepflanze in Uji

Überhaupt spielt Uji für die Entwicklung der japanischen Teekultur eine zentrale Rolle. Tee wurde schon sehr früh, nämlich ab dem 12. Jahrhundert angebaut. Durch die Nähe zu Kyôto stand man im ständigen Austausch mit den Leitfiguren der Teekultur. Ebenfalls in Uji wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der Blütezeit des japanischen Tees, der Beschattungsanbau (ôishita saibai 被覆栽培, auch 覆い下栽培) erfunden. Diese Methode hat sich durchgesetzt, denn heute wird in Japan Matcha nur aus beschatteten Blättern hergestellt. Im 17. Jahrhundert folgte die Einführung der chinesischen Art der Grünteeherstellung. Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte Nagatani Sôen in Uji die heute für Japan typische Sencha-Herstellungsweise, die sich auf das ganze Land ausweitete. Interessanterweise kam man erst spät (1835) auf die Idee, beschattete Blätter zu anderen Teesorten zu verarbeiten.

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In Uji benutzt man Teepflanzen als dekorative Büsche an der Straße

Zurück zum Tee. Wir waren im traditionellen Teefachgeschäft Terashimaya (寺島屋), welches schon seit dem Jahr 1827 existiert. Man konzentriert sich auf eine klassische Auswahl der beliebtesten Sorten und bietet außerdem auch saisonale Spezialitäten wie Shincha an. Ich entschied mich für einen handgerollten Shincha aus dieser Ernte, den wir zuvor verkosten durften: Traditionelle erste Pflückung nach 88 Nächten (初摘み・八十八夜). Da der Geschmack überzeugend war, fiel die Kaufentscheidung schnell und einfach. Trotzdem stöberten wir noch etwas in den Regalen ehe wir wieder herausgingen. Die Geschichte und die traditionell anmutende Gestaltung des Fachgeschäfts erzeugte eine historisch lebendige Atmosphäre. Direkt am Eingang gibt es einen Tresen, an dem man sich die Spezialitäten probeweise aufgießen lassen kann.

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Historische Teekisten – so wurde früher Tee transportiert und gelagert
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Am Tresen kann man diverse Spezialitäten verkosten

Man empfahl uns, den Tee sehr zügig und innerhalb von zwei Wochen aufzubrauchen. Das wird schwierig… Einen Tag nach meiner Rückkehr entscheide ich mich nun aber doch dazu, diesen Tee zu brühen. Es ist der einzige handgerollte Tee, den ich habe, daher möchte ich gerade diesen so bald wie möglich genießen.

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Blatt
Nachdem ich schon einige Fotos von handgerollten Tees gesehen habe, bin ich etwas enttäuscht. Es sind zwar einige schöne lange Nadeln zu sehen, aber eine gute Manufaktur kriegt das maschinell hin.

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Duft
Der Duft verrät sogleich etwas über den Anbau, denn er hat diesen typischen Schattenduft (ôika 覆い香). Der süße Duft erinnert an frisch gepflückte Teeblätter. Im Hintergrund ist etwas Zitronenschale und ganz leicht Erdbeere. In der warmen Kanne denke ich an geröstete Nori-Blätter, Frau P. an gebrannte Mandeln.

Geschmack
Der erste Aufguss ist sehr aromatisch. Neben der Süße kommt eine leichte Umami-Note an den Seiten der Zunge zum Vorschein. Der erste Eindruck ist frisch, leicht gemüsig. Trotz der hohen Dosierung ist er kein bisschen bitter. Frau P. sieht das etwas anders, für Sie ist eine leichte Herbe (wie bei Weintraubenschalen) zu schmecken. Er wirkt noch sehr lange nach, der Umami-Geschmack, erinnert nun an den Nachgeschmack von Tomaten.

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Erster Aufguss

Der zweite Aufguss ist nun ausgewogen herb, insgesamt hat der Tee jetzt mehr Tiefe und Körper. Der Nachgeschmack des Umami hinterlässt ein Mundgefühl von Parmesan.

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Zweiter Aufguss

Aufguss Nummer Drei ist deutlich leichter und hat nun keinen Umami-Geschmack mehr. Er schmeckt frisch und erinnert mich an die klassischen Tees aus den japanischen Getränkeautomaten. Das meine ich nicht negativ, denn in Japan ist die Qualität der Tees sehr hoch.

Der letzte Aufguss ist noch etwas leichter und süffiger. Ein einfacher und unkomplizierter Genuss, der andeutet, dass aus den Blättern nicht mehr viel herauszuholen ist.

Fazit
Das war ein sehr schöner Grüntee, der auch extreme Dosierungen von 5g auf 100ml verträgt, ohne bitter zu werden. Diesen Laden werde ich mir für den nächsten Japan-Besuch auf jeden Fall merken.

Preview: Gelber Tee Wuliang Golden Dragon

Preview: Gelber Tee Wuliang Golden Dragon

Über die Verarbeitung des Gelben Tees findet man viele widersprüchliche Informationen im Internet. Und weil es auch verschiedene Gelbe Tees gibt, die sich sowohl in Aussehen als auch in Geschmack und Duft unterscheiden, tendiere ich zu der Meinung, dass es tatsächlich mehrere Verarbeitungsarten gibt, mittels denen man einen Gelben Tee herstellen kann. Streng genommen sind es dann aber verschiedene Kategorien, wie es sie auch bei Grünem Tee gibt (Rösten vs. Dämpfen).

Eine Methode enthält, dass die Blätter (in dem Fall Knospen wie die Silbernadeln) ruhen gelassen werden, wodurch sie ein bisschen oxidieren. Aus diesem Grund verlieren sie ihr frisches Grün und werden gelb. Danach werden sie wie Weißer Tee sofort getrocknet.
Einer anderen Methode zufolge kommt die gelbe Farbe durch das schonende Rösten in Pfannen zustande. Das Rösten wird in China klassischerweise bei der Grünteeherstellung angewandt, um die Oxidationsenzyme zu deaktivieren. Nach welcher Methode dieser Tee verarbeitet wurde, weiß ich leider nicht, aber am Ende kann man vielleicht anhand der Blätter Rückschlüsse ziehen.
Diesen Tee habe ich von einem Tee-Enthusiasten erhalten, der gleichzeitig Tea-Taster einer großen deutschen Tee-Fachgeschäft-Kette ist. Wann und unter welchem Namen der Tee eingeführt wird, ist noch unklar und wird hier ergänzt, sobald es feststeht.
Update 07.12.2014: Der Tee ist unter dem Namen China Wuliang Golden Dragon bei TeeGschwendner zu haben.
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Aussehen
Das obige Foto macht deutlich, weswegen ich mich mit der Kategorie “Gelber Tee” so schwer tue. Würde man diese Blätter neben einen Yunnan Schwarztee oder diesen Golden Needle legen, müsste man, wenn man denn vom Aussehen der Blätter auf die Kategorie schließen wollte, gerade die letzteren als Gelbe bezeichnen, denn der vorliegende Tee sieht vom Blatt her eher aus wie ein tippy Schwarztee.
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Duft

Die Blätter haben eine feine Würze, riechen “dunkel” – etwas nach Schokolade mit hohem Kakao-Anteil. Frau P. und ich können uns nicht darauf einigen, was dominiert: Kuchenkruste oder Brotkruste, die vor dem Backen mit Butter bestrichen wurde. Da der Tee zusätzlich sehr süß duftet, tendiere ich zur Kuchenkruste, da ist aber i.d.R. auch Butter mit drin. Der Kniff, zuerst auf die Blätter auszuatmen, bevor man ihren Duft einatmet, wirkt bei diesem Tee besonders gut. Es kommt eine feine Erdbeermarmeladen-Note zum Vorschein, die einem sonst entgehen würde.
Im warmen Gaiwan wird die Brotkruste intensiver, zum Vorschein kommt für mich eine deutliche Honignote, Frau P. hingegen riecht deutlich Artischocken. Zu schade, dass ich zu selten Artischocken in meinem Leben gegessen habe, um mich jetzt an sie zu erinnern.

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Geschmack

Ich entscheide mich für eine intuitive Zubereitungsart im Gaiwan. Der Spender empfahl eine Temperatur von 90°C, daher halte ich mich an diese Vorgabe und lasse, weil ich anständig dosiert habe, nur 60 Sekunden ziehen. Es erschließt sich ein schöner und komplexer Geschmack. Frau P. schmeckt sehr deutlich Artischocken und Erdbeermarmelade, ich denke mehr an die Erdbeermarmelade, meine außerdem noch etwas Malz und Schwarztee-Geschmack wahrzunehmen.
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Danach wird der Tee süßer, neben Malz und Artischocken kommt Honig als weitere Komponente hinzu. Klasse! Danach begehe ich einen Fauxpas, lasse den Tee zu lange ziehen, er wird dadurch zu kräftig. Das war leider nichts, klarer Fall von Anwenderfehler.
Doch der Tee verzeiht es mir, zeigt sich im nächsten Aufguss sogleich von seiner süßen Seite. In einer Blindverkostung würde ich jetzt auf einen Yunnan-Schwarztee tippen, zu deutlich sind die typischen Honig-Aromen. Beim fünften Aufguss denkt Frau P. an Oolong. Mich überrascht die Würze und Kraft. Der letzte Aufguss hinterlässt einen ungewöhlichen Eindruck aus Gebäck und Pommes Frites. Das mag sich komisch anhören, schmeckt aber wirklich lecker.
Es gab noch einen dritten Genießer in dieser Runde. Er fragte sich während der gesamten Zeit, wovon wir beide eigentlich reden und konnte die Eindrücke überhaupt nicht nachvollziehen 😉
Rückschlüsse
Betrachtet man die aufgebrühten Blätter, fallen einem die braunen Oxidationsspuren gleich auf. Man kennt sie von Oolong und modernen “Schwarztees” wie Darjeeling. Ich lehne mich vermutlich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass dieser Tee eher nach der kurzen Oxidationsmethode hergestellt wurde.
Edit 14.04.2014: Der Rückschluss ist wohl falsch. Ich habe mich nochmals vergewissert und mir wurde bestätigt, dass es sich bei diesem Tee um einen Gelben der ersten Machart handelt. Die Verfärbungen und das dunkle Blatt sollen durch einen schonenden Backprozess entstanden sein. Man lernt also nie aus!
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Fazit
Dieser Gelbe Tee hat auf ganzer Linie überzeugt und ich bin froh, dass ich schon vor der offiziellen Aufnahme einen Blick auf diesen Tee werfen durfte. Extrapunkte erhält er für seine Komplexität in Geschmack und Duft. Wenn ich den dritten Aufguss nicht vermasselt hätte, dann wären locker sieben bis acht Aufgüsse möglich gewesen, was ich sehr ordentlich finde. Gerne wieder!
Verkostung einer Teeprobe: Tencha

Verkostung einer Teeprobe: Tencha

Wenn man sich im Internet mit verschiedenen Leuten über Tee austauscht, dann kommt es vor, dass man sich Teeproben zuschickt. Und davon sammeln sich dann im Laufe der Zeit so viele an, dass man (wenn man sie nicht rechtzeitig verkostet) den Überblick verliert. Meistens sind es ja auch noch so kleine Besonderheiten, für die man sich einen guten Moment aussuchen möchte, um den Tee auch wirklich voll zu genießen. Und diesen Moment findet man natürlich nie…

Heute geht es um einen Tee, den ich von Anima_Templi aus dem Teetalk-Forum zugeschickt bekommen habe. Tencha ist ein Tee, der normalerweise nur hergestellt wird, um daraus später Matcha zu vermahlen. Aufgießen tun ihn die Japaner i.d.R. nicht. Für Fortbildungszwecke ist es also durchaus interessant, sich so einen Tee mal zu gönnen und normal aufzugießen.
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Blatt
Dieser Tencha ist extrem voluminös, enthält noch Blattrippen und Stängel, ist daher eigentlich die Vorstufe des Tencha – Tencha Aracha (Tencha Rohtee). Beim Abwiegen der Blätter denke ich, dass meine Waage kaputt ist, denn 5g erscheinen einfach vom Volumen her ungeheuer viel. Aber es scheint doch zu stimmen, wie ein Vergleich mit konventionellem Tee zeigt.
Geruch
Der Geruch überrascht, obwohl es naheliegt, dass er an Matcha erinnert. Da ist ein süßlicher nussiger Duft, etwas Kakao (damit meine ich die Schwere), in der warmen Kyûsu duftet es plötzlich nach einem Holzhaus.
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Geschmack

Wie schmeckt wohl der erste Aufguss? Beim ersten Kontakt beruhigt es mich, dass die Waage tatsächlich nicht kaputt ist, denn der Geschmack ist weich, etwas süß. Sofort ist Umami spürbar und im Hintergrund ist gekochtes Gemüse. Der Geschmack ist langanhaltend, aber nicht aufdringlich.

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Der nächste Gang wird zwar würziger, ansonsten ändert sich nur wenig gegenüber dem vorherigen. Erst beim dritten Aufguss kommt eine neue Komponente, ich meine Esskastanien zu schmecken. Ansonsten ist der Tee erstaunlich mild. Für Matcha sicher gut und richtig, aber als Aufgussgetränk zu lasch.

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Beim vierten Aufguss bin ich erstaunt, dass ich noch immer Umami schmecke. So lange halten doch nicht mal Gyokuro durch, oder?

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Fazit

Ich verstehe jetzt, weswegen Tencha keine Karriere als Aufgussgetränk gemacht hat. Es fehlt mir Vollmundigkeit, Würze und Abwechslung, der Geschmack ist nicht intensiv genug. Die Parallelen zu Matcha sind aber erstaunlich deutlich! Vielen Dank, lieber Anima_Templi, für diese Probe, durch die ich wieder etwas lernen durfte.
Über eine besondere Teeschale, die eigentlich nichts Besonderes ist

Über eine besondere Teeschale, die eigentlich nichts Besonderes ist

Es ist eine gefühlte Ewigkeit her. Im Jahr 2009 während des japanischen Hochsommers war ich in einem Lokal und sprach mit dem Wirt über Gott und die Welt. In letzter Zeit hatten wir uns häufiger gesehen. Wir schauten uns die versteckten Sehenswürdigkeiten Fukuis an, einem Ort, von dem man in Japan meint, dass es außer dem Eihei-ji nicht viel mehr zu sehen gäbe. Aber das stimmt nicht. Namie-san zeigte mir den einen oder anderen entlegenen Ort wie z.B. die alten Brennöfen Echizens. Dort sprang der Funke über, der meine Leidenschaft für japanische Keramik entfachte.

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Wir unterhielten uns über Matcha und die japanische Teekultur. Ich wollte wissen, wie man denn Matcha richtig dosiere. Er konnte bzw. wollte mir darauf keine korrekte Antwort geben, denn das hinge vom Gast, von der Uhrzeit und der Situation ab. Der Zeitpunkt und letztlich man selbst sei immer so einzigartig, dass diese Einzigartigkeit der Situation auch bei der Zubereitung und Dosierung berücksichtigt werden müsse. Das sei letztlich die Kunst des Teezubereitens. Keine Antwort ist auch eine Antwort, dachte ich mir. Ich war etwas enttäuscht, denn ich habe mir zumindest einen Richtwert erhofft.

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Wir plauderten noch etwas über Teekeramik, sprachen dann über Matchaschalen und japanische Töpfertraditionen. Schließlich landeten wir bei seiner Mutter, die in ihrer Freizeit töpfert. Ich war sehr interessiert, meinte, dass ich gerne ihre Werke sehen würde. Er entgegnete, dass sie nichts Besonderes seien, kramte dann irgendwoher eine Teeschale heraus und überreichte sie mir mit den Worten, dass ich sie ruhig behalten dürfe, weil er so viele davon habe, dass er nicht wisse wohin damit.

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Es war eines unserer letzten Treffen gewesen, denn ich musste wieder zurück nach Deutschland. Das Jahr in Fukui war schon fast vorbei. Wie es der Zufall wollte, gab es nach meiner Rückkehr ein Seminar von Dr. Eva Kaminski, die eine Expertin für japanische Keramik ist. Unter Ihrer Anleitung durfte ich meine Leidenschaft kultivieren, was letztlich in einer Magisterarbeit über Matcha-Schalen mündete.

Heute arbeite ich für ein Matcha-Unternehmen und wenn ich zuhause in der Schale von Namies Mutter Matcha zubereite, muss ich immer wieder daran zurückdenken, wie alles begann.