Was man bei der Ausbildung zum "Tee-Sommelier" lernen kann Teil I

Was man bei der Ausbildung zum “Tee-Sommelier” lernen kann Teil I

Mein Arbeitgeber legt Wert darauf, dass ich eine Ausbildung zum Tee-Sommelier absolviere und mehr über Tee lerne. Gestern bin ich vom ersten Teil meiner Fortbildung wiedergekommen. Über Tee lerne ich natürlich auch täglich am Arbeitsplatz, aber es tut immer gut, Tee aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Außerdem bin ich der Meinung, dass man nie auslernt und schätze jede Gelegenheit, die sich mir bietet, etwas dazuzulernen.

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Verschiedene Teesorten im Vergleich

Vielleicht spielst auch du mit dem Gedanken, ein Seminar zu besuchen oder Tee-Sommelier zu werden. Mit dieser Blog-Serie möchte ich dazu beitragen, dir bei dieser Entscheidung behilflich zu sein. Daher werde ich die Inhalte, die ich dort gelernt habe, ansprechen und kommentieren. Bevor ich jedoch damit loslege, werde ich mich einigen kritischen Aussagen zu diesem Thema widmen.

Heute möchte ich auf einen Diskurs im Teetalk-Forum eingehen, der dort im Juli 2013 begonnen hat. Verschiedene Personen äußerten sich über diese Ausbildung. Natürlich lasse ich jedem seine Meinung. Doch weil ich mir nach dem ersten Seminar einen ersten Eindruck verschaffen konnte, möchte ich gerne zu einigen ausgewählten Aussagen Stellung beziehen.

Kernaussage 1: “Aber für mich ist “Tee-Sommelier” ein Jodeldiplom”
Das Wort ist ja aus der Weinbranche entlehnt, und wenn man das, was ein Wein-Sommelier macht, auf Tee überträgt, kommt man zu einer Tätigkeit, für die es keinen Bedarf gibt. Tee wird in Deutschland immernoch überwiegend zuhause zubereitet, und diejenigen, die tatsächlich ein Teehaus aufsuchen, erwarten da keinen speziellen Tee-Kellner, der ihnen etwas von Bouquet und Abgang erzählt und sie ein bißchen am Teesieb riechen läßt, und am Ende sind sie genauso schlau wie zuvor.

Quelle

 

Zufällig weiß ich, dass zumindest ein Restaurant in Hamburg einen Angestellten mit Zusatzausbildung “Tee-Sommelier” beschäftigt. Und das finde ich auch sehr richtig. Denn wie wir Teetrinker vermutlich alle festgestellt haben, ist es “dort draußen” sehr schwer, anständig zubereiteten Tee zu bekommen. Tee-Sommelier ist daher sicher kein eigenständiger Beruf, aber als Zusatzausbildung für gastronomisches Fachpersonal macht es meiner Meinung nach Sinn, weil es die Wahrscheinlichkeit erhöhen würde, anständig zubereiteten und ausgewählten Tee serviert zu bekommen. Daher ist es für mich kein Jodeldiplom, weil der praktische Nutzen auf der Hand liegt.

 

Der praktische Nutzen
Das zeigt auch die Motivation der anderen Teilnehmer (TN) des Seminars. Sie möchten etwas Praktisches mit dem Wissen machen. Eine TN möchte als Fachkraft in einem Teegeschäft arbeiten, eine andere möchte die Geschäftsführung unterstützen. Dann gibt es welche, die einfach nur mehr über Tee erfahren möchten und vielleicht mal ein Seminar an einer VHS anbieten werden, um anderen Menschen beizubringen, was es für Tee-Sorten gibt und wie man diese zubereitet.

 

Kernaussage 2: Tee-Sommeliers denken, dass sie einfach alles über Tee wissen
Teesommelier ist so eine Sache, ich hatte schon mit so einigen eine Debatte zum Thema Tee. Ich bin auch kein Meister, aber viele denken, wenn sie so eine Ausbildung haben, dass sie einfach alles über Tee wissen. Quelle

 

Der Anspruch der Ausbildung ist es, den TN in die Lage zu versetzen, Neulingen etwas über Tee erzählen zu können. Die Module sind so aufgebaut, dass man ein gutes Allgemeinwissen vermittelt bekommt, keine Expertenkenntnisse. Es reicht sicherlich nicht, um mit absoluten Tee-Freaks einer Nische zu fachsimpeln. Diese Tiefe kann man nur erreichen, wenn man nach dieser Ausbildung den eingeschlagenen Weg weiterverfolgt und sich weiterbildet. Es handelt sich also um eine strukturierte Grundausbildung und man wird durchaus darauf sensibilisiert, dass man mit dieser Ausbildung noch nicht am Ende ist. Wie auch? Selbst Thomas Holz, derzeit Geschäftsführer von TeeGschwendner, mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung sagt, dass er jedes Jahr noch etwas dazulerne. An dieser demütigen und bescheidenen Haltung sollten wir uns alle ein Beispiel nehmen. Auch oder vor allem als Tee-Sommelier. Denn wir werden immer jemandem begegnen, der über ein bestimmtes Thema mehr weiß als wir. Diese Gelegenheit gilt es dann zu nutzen, um von dieser Person etwas zu lernen.

 

Man muss kein Experte sein, um anderen etwas beizubringen
Ich möchte das anhand eines Beispiels verdeutlichen. In meiner Jugend habe ich Gitarre gelernt. Wirklich gut war ich nicht, dafür habe ich zu spät angefangen und vielleicht fehlt mir auch das nötige Talent. Aber ich hatte Spaß daran und es reichte, um ein bisschen zu spielen, so dass man zusammen auf Ferienfreizeiten Lieder singen konnte. Ich bin nicht Steve Vai, Slash oder Eric Clapton (wäre ich aber früher gerne gewesen). Ich habe trotzdem interessierten Jugendlichen die Basics beibringen können und genau darum geht es auch beim Tee-Sommelier. Der ist für den Durchschnittsteetrinker da, der sich rudimentär mit Tee auskennt oder für Interessierte, die sich das erste Mal an Tee heranwagen und nicht für den Tee-Freak der die Zacken eines Teeblatts zählt und den Oxidationsgrad eines Blattes anhand der Oberflächenmessung der braunen Stellen zu ermitteln versucht. Meine Teeleidenschaft wurde damals von meiner Mitbewohnerin entfacht, die sich mit Tee im Detail auch nicht so gut auskannte.

 

Kernaussage 3: Derjenige mit Zertifikat weiß besser Bescheid als der ohne
Da wir “Deutschen” ja viel auf Zertifikate und Stempel und Beglaubigungen und und geben, kann es passieren, daß manch eine/r denkt, Der- oder Diejenige mit dieser Auszeichnung wüsste besser Bescheid als ein Anderer ohne. Was Unfug ist. Quelle

 

Diese Sorge scheint unterschwellig bei vielen Experten unter der Oberfläche zu brodeln. Dass jemand, der weniger Ahnung hat als sie selbst, mehr Anerkennung oder Vertrauen bekommt. Die TN selbst fühlen sich nach meinem Eindruck ebenfalls etwas unwohl, der großen Erwartungshaltung, die dieser Titel mit sich bringt, auch gerecht zu werden. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie sich als große “Checker” sehen möchten. Es geht schließlich um die Befähigung, eine Leidenschaft erfolgreich teilen zu können und jemanden mit seiner Begeisterung anstecken zu können, aber es geht nicht um die Befähigung, sein Ego durch Fachsimpeln aufzupolieren.

 

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Professionelles Tea-Tasting

 

Es geht auch ohne
Diese Sorge der “titellosen Experten” kann ich aber trotzdem nachvollziehen, denn ich teile die Ansicht, dass man sich den Inhalt eines solchen Seminars (sofern ich das zu diesem Zeitpunkt beurteilen kann) zum großen Teil auch selbst erarbeiten kann. Es ist nur mühsamer und man hat nicht den Zugriff auf den Erfahrungsschatz der Tea-Taster. Schließlich kenne ich auch Menschen, die sich das Gitarre-Spielen oder eine Fremdsprache selbst angeeignet haben. Für die meisten allerdings, ist das Lernen unter Anleitung dennoch leichter.

 

Es wären diverse Bücher und Recherche nötig. Als selbstreflektierter und differenziert denkender Mensch, mit kritischem Verstand ist man durchaus in der Lage, widersprüchliche Quellen zu enttarnen, Gelehrtes zu hinterfragen und mit Neugier und Offenheit immer wieder Neues zu lernen. Das Tea-Tasting kann man üben, Präsentationstechniken durch “Trial and Error” verfeinern, bis man seine Methode gefunden hat.

 

Lernkontrolle ist trotzdem wichtig
Trotzdem hat dieser Kurs einige Vorteile, die nicht zu verachten sind. Denn obwohl man sich Vieles selbst beibringen kann, bewahrt es einen nicht davor, auch Falsches zu lernen. Man hat als Selbstlerner leider keine Kontrolle, die einem bestätigt, ob das Gelernte wirklich richtig ist. Ein Buch kann man nicht fragen, wenn man eine Erklärung nicht verstanden hat oder einfach nur etwas genauer wissen möchte. Und seien wir doch mal ehrlich. Ein Buch gelesen zu haben, bedeutet noch lange nicht, den Inhalt gelernt zu haben. Manchmal brauchen wir eine Prüfung, die uns dazu zwingt, auch die für uns uninteressanten Themen zu lernen.

 

Aufgearbeitetes Wissen und externe Weiterbildungsmöglichkeiten sind hilfreich
Wenn man sich auf den Weg macht, dann fällt es einem schwer, den Anfang zu finden. Womit soll man sich zuerst beschäftigen, wie geht man am sinnvollsten und effektivsten vor? Diese Dinge werden einem durch den Kurs abgenommen und externe Weiterbildungsmöglichkeiten werden benannt. So kann im Anschluss jeder dort weitermachen, wo er sich am wohlsten fühlt.

 

Breites Informationsfeld und Expertenwissen aus erster Hand
Den ersten Teil des Seminars haben drei Dozenten geführt, alle drei sind Tea-Taster, die den Einkauf verantwortlich führen und regelmäßig Reisen in den Ursprung unternehmen. Es sind diese kleinen Geschichten aus dem Nähkästchen, die einerseits erheiternd sind und andererseits tiefe Einblicke in andere (Tee-)Kulturen gewähren.

 

Und dann gibt es noch die unliebsamen Themen, wie Pestizidbelastung, Health Claims, Bio-Siegel, Bio-Auflagen und Nachhaltigkeit, für die man sich als leidenschaftlicher Teetrinker nicht immer begeistert. Lernt man dieses dann trotzdem? Spätestens dann, wenn man die erste Rückfrage von seinen Kunden erhält, müsste man recherchieren. Deswegen finde ich es gut, dass diese Themen proaktiv angegangen werden.

 

Schlussbemerkung
Wie man unschwer erkennen kann, bin ich nicht gegen diese Ausbildung. Ich denke, dass sie den meisten TN einen Mehrwert bietet. Ob diese Ausbildung etwas für dich ist, hängt vielleicht auch davon ab, was für ein Lerntyp du bist und welches Ziel du hast. Diese Ausbildung deckt viele relevante Themen ab. Was der Inhalt des ersten Blocks war, werde ich im nächsten Teil vorstellen.

 

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Der Ursprung von Raku aus Sicht der westlichen Wissenschaft

Der Ursprung von Raku aus Sicht der westlichen Wissenschaft

Willkommen zum vorerst letzten Teil der Artikelserie “Historisches Raku”. In den Blogartikeln zuvor habe ich mich bereits mit den Eigenheiten, der Herstellung und der Geschichte aus japanischer Sicht auseinandergesetzt. Solltest du diese Artikel noch nicht gelesen haben, könnte es nützlich sein, zunächst mit diesen anzufangen.Bevor ich die wissenschaftliche Perspektive aufgreife, ist es nötig, einen Blick auf die japanische Geschichtsschreibung zu werfen.

Wer schreibt die Teegeschichte in Japan?
Die japanische Teegeschichte speist sich aus vielen Erzählungen, Geheimschriften, Mythen und Manuskripten. Bis ins 17. Jahrhundert war die Teekultur dynamisch und keinesfalls so linear, wie sie heute dargestellt wird. Erst mit der Anerkennung der Autorität der Sen-Schulen im späteren Verlauf der Geschichte, wurde die Teegeschichte so geschrieben, wie wir sie heute kennen. Sie ist linear und endet quasi bei Sen no Rikyû, dem großen Teemeister Japans, der heute als Begründer des japanischen Tee-Wegs gilt. Die Sen-Schulen, gegründet durch die Enkel Rikyûs, reichen seine Lehren weiter und haben die Deutungshoheit, weil sie die mächtigste Institution auf diesem Gebiet sind und sich viele Quellen in ihrem Besitz befinden. Die Historiker, die sich mit der Teegeschichte auseinandersetzen, arbeiten häufig mit den Sen-Schulen zusammen und lassen sich von Ihnen beraten. Nicht zuletzt Sen Shôshitsu selbst schreibt regelmäßig Bücher und Artikel zu diesem Thema,

Problematische Quellen
Rikyû war sicherlich ein großer Teemeister und er hatte viele Schüler und einflussreiche Begegnungen. Weil er zu Lebzeiten eine sehr hohe Autorität genoss, gibt es zwar viele Berichte und Schriften, die auf ihn Bezug nehmen, aber keine einzige Teeschrift von ihm selbst verfasst, in der er seinen Teeweg erklärt. Da solche Originalquellen fehlen, müssen sich die Sen-Schulen aber auch die Wissenschaft mit Quellen aus zweiter oder gar dritter Hand begnügen. Und hier fängt das Problem schon an. Welcher Quelle kann ich vertrauen? Die Wissenschaft hat im Westen lange Zeit nur das nachgeplappert, was japanische Autoren zu diesem Thema zu sagen hatten. Und das ist im Großen und Ganzen der Standpunkt der Sen-Schulen.

Der Paradigmenwechsel
Erst Morgan Pitelka (2005) untersuchte mit seinem Werk „Handmade Culture“ die Entstehungsgeschichte des Hauses Raku, die angeblichen Zusammenhänge von Sen no Rikyû und die zahlreichen Mythen und legte die Schwächen dieser Behauptungen offen. Ferner konnte er zeigen, dass es neben Chôjirô noch andere Töpfer gab, die ganz ähnliche Keramiken herstellten, die erst durch Funde in den letzten beiden Jahrzehnten von der Forschung berücksichtigt werden konnten. Ich folge seiner Argumentation und gebe kurz die wesentlichen Argumente wieder.

Es gibt keine stichfesten Quellen
Im letzten Artikel habe ich bereits den japanischen Standpunkt wiedergegeben, nach dem Rikyû Chôjirô beauftragt habe, die ersten Teeschalen herzustellen. Wenn das wirklich der Fall gewesen sein sollte, würde es Rikyû zum geistigen Vater dieser Keramikgattung machen. Doch obwohl diese Verbindung zwischen Rikyû und Chôjirô in Japan als unumstößlich gilt, gibt es keine einzige zeitgenössische Quelle, nicht mal einen Brief, der einen Zusammenhang zwischen Rikyû und Chôjirô herstellt. Raku-Keramik gibt es vermutlich schon seit den 1570ern, Rikyû ist erst 1591 gestorben. Es ist schwer vorstellbar, dass in dieser langen Zeit keine Geheimschrift, kein Teeprotokoll und kein Brief die Urheberschaft von Rikyû erwähnt.
Das Nanbôroku z.B., auf welches sich gerne berufen wird, enthält ein Tee-Protokoll, in dem Rikyû ein Frischwassergefäß und eine Räucherwerkdose von Chôjirô benutzt habe. Dieses Teeprotokoll ist allerdings nur in dem Nanbôroku enthalten, welches erst 100 Jahre nach dem Tod Rikyûs “entdeckt” wurde.

Es gibt zu viele Raku-Teeschalen
Das Zentrum der japanischen Teekultur war zweifellos Kyôto und die damalige Hafenstadt Sakai, die heute ein Teil von Ôsaka ist und nicht weit entfernt von Kyôto liegt. In beiden Städten wird viel gebaut und immer wieder werden bei Bauarbeiten verschiedene Dinge ausgehoben, die in frühere Epochen fallen. Heute weiß man, dass es nicht nur den einen Raku-Betrieb gegeben haben kann. Die gefundenen Teeschalen sind einfach zu zahlreich, um nur von einem Betrieb hergestellt worden sein zu können. Dafür ist Raku zeitlich zu aufwendig und der Ofen viel zu klein. Eine Massenproduktion ist unmöglich.

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Dies ist eine Nachbildung einer historischen Raku-Teeschale

Die Raku-Teeschalen fallen zu unterschiedlich aus
Zwar sagt man heute, dass Raku-Teeschalen nicht auf der Töpferscheibe geformt wurden, doch archäologische Funde belegen, dass einige durchaus auf diese Weise entstanden sind. Und obwohl die Raku-Familie felsenfest behauptet, dass ihre Teeschalen schon immer nur freihändig hergestellt wurden, sieht Pitelka, der ebenfalls ein erfahrener Töpfer ist, zumindest bei einigen frühen Stücken, die Chôjirô zugeschrieben werden, Merkmale eines Töpferscheibeneinsatzes.
Heute versucht die Raku-Familie immer noch, aus dem alten Fundus eine “Handschrift” Chôjirôs zu rekonstruieren. Pitelka ist da weitaus kritischer und sieht in der Vielfalt einen deutlichen Hinweis darauf, dass nicht alle Teeschalen von einer einzigen Person stammen können.

Die Sache mit den Tee-Protokollen
Im letzten Blog habe ich erwähnt, dass es auch authentische Tee-Protokolle gab. In zwei Protokollen hat Rikyû eine schwarze Teeschale eingesetzt. Als man Jahrhunderte später anfing, die Teegeschichte zu schreiben, hat sich die Raku-Familie als einzige mit dieser Art der Teeschalen durchgesetzt und andere Betriebe haben aufgehört zu produzieren und sind in Vergessenheit geraten. Rückwirkend hat man daher angenommen, dass als schwarze Teeschalen nur die von Chôjirô aus dieser Zeit gemeint sein können. Es gab zwar noch die schwarzen Teeschalen aus Mino, die damals Seto genannt wurden (heute Seto-guro), aber da Seto in Teeprotokollen üblicherweise namentlich benannt wurde (die Teemeister wussten den Ursprung häufig zu unterscheiden), ging man davon aus, dass mit diesen Teeschalen Raku gemeint sei und übersah dabei aus Unwissenheit, dass es noch andere Töpfer gab, die diese Art von Teeschalen herstellten.

Doch so einfach ist das nicht. An dieser Stelle taucht nämlich der Begriff imayaki auf. Das bedeutet so viel wie “zeitgenössische Keramik”. Die aufkeimende Tee-Kultur hatte eine starke Nachfrage nach Tee-Utensilien ausgelöst und in vielen verschiedenen Töpferorten wurden Teeschalen gebrannt, die alle in diese Kategorie fielen. Nur weil die Teeschale schwarz war, heißt es also noch lange nicht, dass sie auch von Chôjirô getöpfert wurde. Die Schale kann genauso gut von einem anderen Töpfer aus Sakai gemacht worden sein oder auch aus Mino stammen.

Ein weiteres Protokoll erwähnt eine Teeschale mit dem Namen Kimamori (Hüter des Baums). Interessanterweise befindet sich eine Raku-Schale mit diesem Namen noch heute in Familienbesitz der Raku-Familie. Der Nachweis ist die dazugehörige Holzschachtel, die diesen Namen trägt. Die Handschrift soll die von Rikyû sein. Das Problem dabei ist nur, dass man nicht prüfen kann, seit wann diese Schachtel existiert, ob die Handschrift echt ist und ob Kimamori nicht vielleicht ursprünglich eine ganz andere Teeschale war, als die, die bis heute tradiert wird. Zudem wurde erst Jahrzehnte später durch den Enkelsohn Rikyûs die Handschrift als echt befunden.

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Die Holzschachtel (tomobako) gehört zu der oben gezeigten Teeschale

Holzschachteln liefern keine Beweise
Es gibt weitere Utensilien, deren Name, Hersteller und Vorbesitzer auf den dazugehörigen Holzschachteln dokumentiert wurden. Vor allem nach dem Tod Rikyûs tauchten viele Utensilien auf, von denen die Besitzer behaupteten, dass sie einst Rikyû gehörten. Dieser Boom hatte einen materiellen Grund, denn Rikyûs Utensilien waren sehr gefragt. Das positive Urteil eines bedeutenden Teemeisters hatte einen sehr großen Einfluss auf den Wert eines Utensils. Diese Tatsache ist sehr gut dokumentiert. Nach dem Tod von Rikyû behaupteten viele Teepraktizierende, dass ihre Utensilien einst Rikyû gehörten. Nachprüfen lies sich die Behauptung nicht mehr so leicht und die beschrifteten Holzschachteln halfen dabei, die Behauptung zu untermauern.

Fazit
Dank Morgan Pitelkas kritischer Herangehensweise ist man zu neuen Erkenntnissen gelangt. Wer sich ernster mit dieser Thematik auseinandersetzen möchte, sollte unbedingt seine beiden Bücher lesen (Quellenangaben findet ihr oben unter Buchempfehlungen). Geht es nach ihm, ist Raku eine Reaktion auf die gestiegene Nachfrage nach unterschiedlichen Tee-Utensilien.

Interessanterweise hat Pitelkas Ansatz kein nennenswertes Echo in Japan verursacht. Es mag daran liegen, dass sowohl die Sen-Schulen als auch die Raku-Familie von der Legende zu sehr profitieren, als dass sie ernsthaftes Interesse daran hätten, diese zu hinterfragen. Denn Raku ist die einzige Keramikgattung, die sich in Japan auf einen namhaften Teemeister berufen kann (bei Oribe ist das anders!). Davon profitiert die Familie noch heute durch eine enge Verzweigung mit den Sen-Schulen. Und die Sen-Schulen malen ein glorreiches Bild ihres Urahnen, dessen Genialität sich in den selbst entworfenen Raku-Schalen widerspiegelt. So bleibt in Japan vorerst alles beim Alten und wir dürfen selbst entscheiden, welcher Version der Geschichte wir lieber vertrauen mögen.

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Zehn gute Gründe, weswegen Tee auch für dich ein lebensbereicherndesGetränk sein kann

Zehn gute Gründe, weswegen Tee auch für dich ein lebensbereicherndesGetränk sein kann

Vielleicht stellst du dir die Frage, ob Tee ein Getränk für dich wäre. Möglicherweise hast du bereits erste Erfahrungen mit diesem Getränk gemacht, die dich nicht vom Hocker gehauen haben oder du verbindest mit Tee ein Getränk, welches man bei einer Erkältung trinkt. Als Genussmittel kam Tee noch nicht für dich infrage.

Eines muss ich vorweg schreiben, damit im weiteren Verlauf keine Missverständnisse entstehen. Wenn ich Tee sage, dann meine ich damit Blätter der Camellia Sinensis und nicht Früchte- oder Kräutertee. Einen guten Artikel über die Pflanze findest du beim Tee-Fokus. Als Einstieg kann ebenfalls der Wikipedia-Artikel empfohlen werden.

Nun aber zum Thema. Vielleicht hast du dir ja auch schon mal folgende Fragen gestellt: Warum sollte ich unbedingt Tee probieren und nicht bei Kaffee bleiben? Ist Tee nicht zu kompliziert und aufwendig? Lohnt sich die Auseinandersetzung mit diesem Thema wirklich und was habe ich davon?

 

Hier nun meine zehn Gründe, die ich für mich am überzeugendsten finde.

 

1. Geschmackliche Vielfalt
Vielleicht hast du es ja schon gehört, aber zur Sicherheit schreibe ich es nochmal, damit auch Neueinsteiger es wissen. Es gibt sechs Kategorien, die Tee nach Produktionsart unterscheiden. Hierzulande kennen wir vor allem den Schwarzen und Grünen Tee. Doch daneben gibt es außerdem noch Gelben, Blauen (auch: Oolong), Dunklen (Pu Erh) und Weißen Tee. Natürlich gibt es in jeder Kategorie diverse Sub-Kategorien. Ein Schwarzer Tee aus Indien schmeckt anders als einer aus China, Japan oder Kenia. Diese enorme Vielfalt mag auf den ersten Blick erschlagend wirken. Andererseits garantiert dir diese Vielfalt, dass es in diesem breiten Spektrum einen Tee gibt, der dir auf jeden Fall schmeckt. Und das Tolle an Tee ist, dass nicht nur absolute Profis die Geschmacksunterschiede schmecken. Sie sind so offensichtlich, dass wirklich jeder sie bemerken würde! Nicht umsonst ist Tee nach Wasser das meistgetrunkene Getränk der Welt (Quelle).
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Ein Gelber Tee, der schnell mit einem Schwarzen Tee verwechselt werden kann

2. Gesundheit
Keine Sorge, ich werde hier nicht behaupten, dass Tee Heilkräfte besitzt. Allerdings ist es interessant zu wissen, dass Tee zunächst als Heilpflanze entdeckt wurde. Vor allem den Catechinen sagen manche Wissenschaftler eine krebsvorbeugende Wirkung nach. Daraus darf man aber nicht den Umkehrschluss ziehen, dass Teetrinker keinen Krebs bekommen können.

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Junge Blätter eines Strauchs in Japan

Für mich ist ein anderer Aspekt entscheidender. Tee ist nicht gesundheitsschädlich und man kann davon auch nicht zu viel trinken, solange man die empfohlene Flüssigkeitsaufnahmemenge einhält. Es ist also ein Genussmittel, welches man nicht mit Vorsicht genießen muss. Das ist bei Kaffee und alkoholhaltigen Getränken anders. Wer allerdings auf Koffein empfindlich reagiert, sollte auch bei Tee gesunde Vorsicht walten lassen.

3. Belebende Wirkung
Camellia Sinensis ist die einzige Kamelie, die Koffein produziert. Das Koffein wird zusammen mit Gerbstoffen vom Körper aufgenommen. Die Gerbstoffe verhindern allerdings, dass man nach dem Koffein-Flash in ein tiefes Loch fällt. Von der anregenden Wirkung hat man also länger etwas.
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Das Blatt eines Darjeeling-Schwarztees

Noch effektiver ist es, wenn man den Tee “isst”, also das ganze Blatt zu sich nimmt. Im Matcha sind neben dem Koffein auch Aminosäuren wie das L-Theanin enthalten. Dies hat eine beruhigende und konzentrationsfördernde Wirkung. Daher eignet sich Tee auch wunderbar zur Erhaltung der geistigen Arbeitskraft.

4. Entschleunigung
Wir leben in einer Welt, in der uns Vieles nicht schnell genug gehen kann. Instant-Produkte, Automaten und Schnellrestaurants sind sichtbare Kennzeichen unserer schnelllebigen Gesellschaft.
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Junge Knospen eines Schwarzen Tees aus China

Manche Dinge brauchen einfach Zeit. Ein guter Wein muss sorgfältig hergestellt werden. Anschließend wird er noch in einem Eichenfass ausgebaut. Whisky benötigt ebenfalls viele Jahre im Eichenfass, damit ein rundes Geschmacksprofil entsteht.

Wer selbst kocht, wird vermutlich nur in Ausnahmefällen zu Instantprodukten greifen. Ein gutes Essen braucht ebenfalls seine Zeit bzw. gut Ding will Weile haben.
So ist es auch mit Tee. Das fängt schon mit der Produktion an, aber darum soll es heute nicht gehen. Aber du sollst wissen, dass sich auch beim Tee ein Mehraufwand vom Erzeuger in deiner Tasse widerspiegelt.
Doch das ist noch nicht das fertige Produkt!
Das fertige Getränk entsteht erst durch dich! Du wirst den Unterschied schnell merken, wenn du den Tee “irgendwie” oder sorgfältig zubereitest. Keine Sorge, es ist keine Raketenwissenschaft. Die normale Zubereitung dauert nicht länger als fünf Minuten, schau mal oben in der Menuleiste meine Zubereitungsvorschläge an.
Betrachte die Zubereitung als eine Auszeit, die du dir gönnst. Schalte ab, vergiss den Stress und leere deinen Kopf. Es tut gut, sich nur auf den Genuss und die Zubereitung zu konzentrieren. Den Moment kannst du auskosten, wenn du dir die Blätter anschaust, den Geruch aufnimmst und deinen Lieblingsbecher oder -Kanne verwendest, zu dem es vielleicht eine persönliche Geschichte gibt, die du dir bewusst machen kannst.

 

5. Sammelleidenschaft
Viele Teeliebhaber (und meine Ehefrau) werden mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass man Tee sammeln kann. Dadurch, dass Tee so vielfältig ist, bietet es sich an, mehrere Sorten im Haus zu haben. So kannst du je nach Lust und Laune den perfekten Tee für deine Tagesform auswählen.
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Viele verschiedene Utensilien ergeben ein stimmungsvolles Bild

 

Es soll sogar Teefreunde geben, die Utensilien für die Zubereitung sammeln (mich eingeschlossen *hust*). Sie können dir für jede Kombination aus Tee, Jahreszeit, Sternkonstellation und dem Gemütszustand deiner Katze das perfekte Setup zusammenstellen. Ob du das auch möchtest, entscheidest du allein. Es ist vollkommen in Ordnung minimalistisch zu bleiben, es geht schließlich immer noch um ein Getränk.

 

6. Haltbarkeit
Wenn man Tee fachgerecht lagert (möglichst wenig Luftkontakt, trocken), dann kann man Tee fast unendlich lang lagern. Denn Tee verändert sich zwar, jedoch nicht immer negativ.
Tatsächlich gibt es nur wenige Teesorten, die man schnell bzw. innerhalb eines Jahres aufbrauchen sollte. Dazu gehört in erster Linie Matcha, da er durch die Vermahlung eine viel höhere Angriffsfläche für die Oxidation hat als herkömmlicher Tee. Auch japanische Shincha oder First Flushs aus Darjeeling verlieren ihre Frische nach und nach.
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Matcha-Qualitäten im Vergleich

Das bedeutet allerdings noch lange nicht, dass sie nach einem Jahr ungenießbar sind! Vielleicht schmecken sie dir dann ja sogar noch besser als vorher?

7. Bildung
Keine Sorge, du musst keine Teeschule besuchen, um Tee wertschätzen zu können. Interessanterweise wird Tee auf allen Kontinenten außer der Antarktis angebaut. Dadurch hast du die Möglichkeit viel über Land und Leute zu lernen. Es ist immer wieder spannend zu sehen, wie einfach und natürlich Volksstämme in China leben oder in welch traumhaften Umgebungen Plantagen existieren. Gerade durch das Internet sind Informationen nur noch einen Klick entfernt. Es liegt an dir, ob und wie viel du über Tee und andere Länder lernen möchtest. Vielleicht schaust du dir eines Tages sogar eine Plantage an?

 

8. Trinkkultur
Auch wenn Tee relativ einfach und schnell zubereitet werden kann, gibt es Zubereitungsmethoden, die es dir erlauben das Maximum aus den Blättern zu holen. Es ist sogar ohne Weiteres möglich, sich stundenlang mit einem einzigen Tee zu beschäftigen. Wenn du es magst, dich in Dinge zu vertiefen, dann wirst du erstaunt sein, was mit Tee möglich ist.
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Kleine japanische Einhandkanne mit ca. 150ml Fassungsvermögen

 

Und mit Matcha steht es dir offen, sogar Tee als Zutat zu verwenden. Sehr einfach ist es, beispielsweise leckere Kekse damit zu backen. Und deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

 

9. Geringe Kosten
Du wirst erstaunt sein, was ein Liter Tee im Gegensatz zu einer Dose Cola kostet. Hier habe ich ausgerechnet, wie hoch die Kosten einer 100g Packung gemessen am Output tatsächlich sind.

 

10. Nachhaltigkeit
Jedes Agrarprodukt verschlingt während der Herstellung Energie und Wasser. Vielleicht wird es dich interessieren, dass bei einer Gegenüberstellung von Tee und Kaffee, der Anbau von Tee viel weniger (acht mal!) Wasser verbraucht. Auch sonst kommt Utopia zu dem Schluss:
Tee liegt daher eindeutig vorne, wenn es um Wassernutzung und Umweltverträglichkeit geht. Dadurch, dass Informationen zu Emissionen noch nicht sehr verbreitet sind, ist nur anzunehmen, dass Tee auch hier gewinnen wird.
(Quelle).
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So wird eingelegter Tee in Myanmar in verschiedenen Varianten gegessen: Laphet (Lahpet)

Im Dezember habe ich zwei Tees aus Myanmar in diesem Blog vorgestellt und zu dieser Gelegenheit auch darauf hingewiesen, dass in Myanmar Tee kulturell fest verankert ist. Doch ein großer Unterschied zur restlichen Welt ist, dass Tee eben auch gegessen wird. Und das schon seit sehr langer Zeit.Teeblätter haben aufgrund der natürlich enthaltenen Catechine und des Koffeins einen herben Geschmack. Herbe bzw. Bitterkeit kann auch sehr appetitlich sein. Wir kennen hierzulande Magenbitter oder auch Biere, die gerne wegen des herben Geschmacks getrunken werden. Mangold und Chicoree sind auch gute Beispiele für herbe und beliebte Lebensmittel. Es verwundert daher nicht, dass in Myanmar offenbar Teeblätter eingelegt und dann zusammen mit anderen Zutaten verspeist werden.

Auf eine solche Variante hat der Leser Herminator hingewiesen. Das Gericht heißt Laphet bzw. Lahpet, praktischerweise hat er dieses Gericht in einem Video auf Youtube vorgestellt und nachgekocht. Leider ist die Übertragung des Essens durch das Internet noch nicht erfunden, aber ich kann mir aufgrund der Zutaten schon sehr gut vorstellen, dass es schmeckt. Vielen Dank, lieber Herminator, für diesen Hinweis!

 

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Was ist historisches Raku aus japanischer Sicht?

Was ist historisches Raku aus japanischer Sicht?

Heute widme ich mich wieder dem Thema Raku. Die Frage nach der Herkunft von Raku ist spannend und es gib in Japan verschiedene Versionen der Entstehungsgeschichte. Ich halte mich an die in Japan übliche Version. Neueinsteigern möchte ich die beiden vorausgegangenen Artikel ans Herz legen:

Wenn man Artikel oder gar Bücher über den japanischen Teeweg (chadô 茶道) liest, dann stößt man unweigerlich auf den mutmaßlichen Begründer bzw. Vollender des Teewegs, Sen no Rikyû (1522–1592). Rikyû, der aus Sakai stammte, gilt heute als bedeutendster Teemeister in der japanischen Geschichte. Es ist kein Zufall, dass Rikyûs Stellung hervorgehoben wird, denn die bedeutenden Teeschulen Japans, die sogenannten “Drei Sen-Schulen” (san-senke) berufen sich auf seine Lehren und beziehen daraus ihre Legitimität und Authentizität.

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Wer war eigentlich Sen no Rikyû?
Rikyû ging aus einer wohlhabenden Familie hervor, die im Fischgroßhandel tätig war. Er hinterließ keine Tagebücher oder schriftlichen Anweisungen über seinen Teestil. Von Rikyû ist aber bekannt, dass er sowohl den shoin-Tee* der Aristokratie und des Kriegeradels als auch den sôan-Tee* praktizierte, der zu dieser Zeit bereits als wabi-Tee* bezeichnet wurde. Drei Teeschulen berufen sich auf Rikyû, wurden aber erst von späten Nachfahren im 17. Jahrhundert gegründet. Zu ihnen gehören die Urasenke, die den rustikalen wabi-Tee, die Omotesenke, die den shoin-Tee tradieren, und die Mushakôjisenke. Rikyû, der u.a. unter Takeno Jôô Tee lernte, erreichte als Teemeister eine besondere Bedeutung unter den Regenten Oda Nobunaga (1534–1582) und Toyotomi Hideyoshi (1537–1598). Seine Aktivitäten und Geräte-Expertise sind teilweise in den Teetagebüchern und Aufzeichnungen seiner Anhänger dokumentiert. Eine wichtige Quelle für das Verständnis von Tee-Konventionen ist das Yamanoue Sôji-ki, dessen Verfasser Yamanoue Sôji selbst Schüler von Rikyû war und als ein großer Verfechter seiner Lehren gilt. In Anlehnung an Jôô und Rikyû werden darin Regeln für Teemeister formuliert und Rikyûs Radikalisierung des wabi-Tees am Beispiel eines sehr kleinen Anderthalb-Tatami-Teeraums beschrieben. Trotz dieser Quellen ist die Quellenlage problematisch, da die Korrektheit der Überlieferungen nie garantiert werden kann. Aus diesem Grund sind auch spätere Aufzeichnungen und Anekdoten, in denen Rikyû zitiert wird, stets als kritisch zu bewerten.

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Ihôan – japanisches Teehaus in Kyôto auf dem Gelände des Kôdai-ji

*Der shoin-Tee bezeichnet den “Tee im Studierzimmer”. Bei diesem Stil wurden ausschließlich kostbare Utensilien aus China verwendet. Der sôan-Tee hingegen wurde in einem schlichten Teehaus abgehalten. Das Teehaus wird einer idealisierten Einsiedlerklause nachempfunden. In diesem Modus wurden neben chinesischen auch japanische und koreanische Utensilien verwendet.

Schöpfungsmythos der Raku-Keramik
In der japanischen Literatur und chadô-Forschung besteht bis in die jüngste Zeit weitreichende Einigkeit darüber, dass Chôjirô, eigentlich ein Dachziegelbrenner chinesischer Abstammung, diese Keramik nicht allein, sondern unter Anleitung des großen Teemeisters der japanischen Tee-Geschichte, Sen no Rikyû, angefertigt hat. Gestützt wird diese Ansicht durch das eigene Verständnis der Raku-Töpfer über ihre tradierte Herkunft und die Einigkeit über die Entstehung der Raku-Keramik mit den Drei Sen-Schulen. Es gibt zahlreiche Publikationen, in denen diese Verbindung zwischen Rikyû und Chôjirô immer wieder behauptet wird und so verwundert es nicht, dass diese Entstehungslegende in westliche Literatur Einzug gehalten hat.

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Rotes Raku

Der japanischen Tee-Geschichte folgend soll Rikyû auf der Suche nach einer schlichten dekorlosen Teeschale auf den Dachziegeltöpfer Chôjirô, der am Bau des Schlosses Jurakudai mitarbeitete, gestoßen sein und sein Talent erkannt haben. Er beauftragte Chôjirô mit der Herstellung von roten und schwarzen Teeschalen, die später der Mittelpunkt der Raku-Tradition werden sollten. Darüber hinaus soll Chôjirô von Toyotomi Hideyoshi eine Auszeichnung mit der Aufschrift tenka ichi (der Weltbeste) für die hervorragende Qualität seiner Teeschalen erhalten haben, obwohl auch Versionen dieser Geschichte existieren, nach denen Hideyoshi Chôjirôs schlichte Teeschalen wenig schätzte. Für all diese Anekdoten gibt es keine historischen Belege. Heute geht auch Raku Kichizaemon XV. davon aus, dass das Raku-Siegel, welches als Signatur auf die Teeschalen gedrückt wird, nicht von Hideyoshi verliehen wurde, sondern das Siegel dazu benutzt wurde, um die hauseigenen Teeschalen von denen der Mitbewerber besser unterscheidbar zu machen.

Historische Quellen, die eine Brücke von Chôjirô bis Rikyû darstellen, sind die Teeschrift Nanbôroku und das sogenannte chakaiki. Als chakaiki werden Teeprotokolle bezeichnet, in denen verschiedene Angaben zu einer Tee-Zusammenkunft dokumentiert sind. Dazu gehören die Gäste, die dargereichten Speisen, konkrete Abläufe und verwendete Tee-Utensilien.

Im Falle des Nanbôroku handelt es sich vermutlich um eine Aufzeichnung eines Zen-Mönches namens Nanbô Sôkei (Lebensdaten unbekannt) aus dem Nanshûji. Diese gilt innerhalb des Tee-Kanons als eine der umstrittensten Schriften. In dieser Schrift sind zwei Tee-Protokolle von Rikyû enthalten, wovon eines ein Frischwassergefäß und ein weiteres eine Räucherwerkdose von Chôjirô erwähnt. Die Glaubwürdigkeit dieses Dokuments steht in einem zweifelhaftem Licht, weil es erst 1690 – ca. 100 Jahre nach Rikyûs Tod – “entdeckt” wurde und einige darin enthaltene Informationen stehen im Widerspruch zu Informationen aus vertraulicheren Quellen.

Aber auch außerhalb vom Nanbôroku lassen sich aus japanischer Sicht Hinweise für Rikyû als Urheber der Raku-Keramik finden. Es gibt drei überlieferte Tee-Protokolle, deren Echtheit unbestritten ist. In zwei Protokollen mit Rikyû als Gastgeber wurde jeweils eine schwarze Teeschale vermerkt. Da es damals nur wenige schwarze Teeschalen gab und für die bereits Bekannten Namen existierten, geht man bis heute davon aus, dass mit dieser Bezeichnung nur Raku gemeint sein kann. Das dritte Protokoll erwähnt eine Teeschale mit dem Namen Kimamori. Diese Teeschale sei von Rikyû an seine Nachkommen weitergegeben worden und soll heute ein wichtiger Schatz der Familie sein.

Ein weiterer Hinweis ist die sôeki-gata chawan (Teeschale in Sôeki-Form).* Diese taucht im Jahre 1586 in einem Protokoll von Matsuya Hisamasa (?–1598) bei einer Tee-Veranstaltung eines Beamten aus Nara auf. Der Begriff deutet eine Verbindung zu Rikyû zwar an, kann aber nicht eindeutig interpretiert werden. Tee-Forscher gingen seit Langem davon aus, dass es sich bei dieser Form um eine von Chôjirôs Schalen handeln müsse und diese Rikyûs Geschmack entsprochen haben soll.

*Sôeki ist der damalige Name von Sen no Rikyû.

Neben diesen Hinweisen gibt es sogenannte hakogaki (Inschriften von Holzschachteln), die belegen sollen, dass Rikyû eine Vielzahl dieser Schalen besessen hat. In Holzschachteln wurden wertvolle Tee-Utensilien zum Schutz aufgehoben. Diese Aufbewahrungsart setzte im 16. Jahrhundert ein und im 17. Jahrhundert wurde es üblich, die Geschichte der darin aufbewahrten Objekte zu dokumentieren. Es gibt eine Reihe von Objekten, die auf diese Weise Rikyû als Besitzer bzw. Chôjirô als Hersteller zugeschrieben werden.

Fazit
Nimmt man all diese Hinweise zusammen, scheint es eine Verbindung zwischen Rikyû und Chôjirô gegeben zu haben, auch wenn nicht sicher ist, wie genau diese ausgesehen hat. War Rikyû einfach nur Kunde von Chôjirô oder hat er ihn tatsächlich beauftragt? War Chôjirô tatsächlich der einzige Töpfer, der solche Teeschalen brannte? Auf diese Fragen werde ich im nächsten Teil Antworten aus Sicht der Wissenschaft geben.

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Es ist Zeit, danke zu sagen: Aged High Mountain Oolong

Es ist Zeit, danke zu sagen: Aged High Mountain Oolong

Vor eineinhalb Jahren war ich zum ersten und bisher einzigen Mal im Berliner Teesalon und habe hier darüber berichtet. Von meinem langjährigen Freund Milosz habe ich zwei Tees spendiert bekommen, von denen ich einen vorstellen möchte.
Taiwan ist vor allem für seine Oolong-Spezialitäten bekannt. Der heutige ist ein Hochland-Oolong, der zehn Jahre gelagert und nachgeröstet wurde. Mehr Informationen gibt es nicht. Was mich an diesem Oolong so reizt, ist die überaus intensive Röstung, doch dazu gleich mehr.Obwohl Taiwan-Tee heute einen bedeutenden Platz in der Tee-Welt eingenommen hat, ist die Geschichte des Anbaus (nicht des Konsums!) überschaubar. Erst im späten 18. Jahrhundert wurde der erste Strauch in der Nähe der heutigen Hauptstadt Taipeh gepflanzt. Ausgerechnet ein Brite sollte ein Jahrhundert später das Potenzial taiwanesischer Oolong erkennen und begann, sie als “Formosa Oolong” zu vermarkten. Da in Taiwan zu dieser Zeit fast ausschließlich Oolong hergestellt wurden, wurde der Begriff fast wie ein Synonym für taiwanesischen Tee benutzt. Schon damals gehörten Dong Ding, Paochung und High Mountain Oolong zu den gehandelten Tees. Als High Mountain werden Tees klassifiziert, die in über 1000m Höhe geerntet wurden.Zubereitung
Gong-Fu-Style, kurze Ziehzeiten, länger werdend, 90-100°C heißes Wasser.

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Aussehen
Die Blätter sind zu Kugeln gerollt und wirken wie schwarze Perlen. Diese Intensität ist erstaunlich. Ich habe zwar schon einige geröstete Oolong gesehen und probiert, dieser übertrifft die zuvor gesehenen an Röstungsgrad bei Weitem!

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Aroma
Bereits im trockenen Zustand verströmen die Blätter einen sehr starken gerösteten Duft. Da ist wieder der Duft von Sauna-Kabine, den ich von Shu-Pu Erh kenne. Parallelen zu Nori-Blättern lassen sich ebenfalls finden.
Im warmen Zustand kommen Erinnerungen an alte japanische Holztempel aus Zedernholz auf. Auch Räucherstäbchen passen dazu, aber eher dezente.

Geschmack
Der erste Schluck offenbart eine leichte Würze, vielleicht auch Zimt. Schon bald wird der Eindruck von Lakritz bzw. Süßholz verdrängt. Die Röstaromen erinnern Frau P. außerdem an einen Maronenstand.

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Schon der zweite Aufguss zeigt sich etwas rauchiger, aber sehr angenehm, wie ein gemütlicher Abend vor dem Kamin. Im weiteren Verlauf dominiert die ganze Zeit über das Süßholz. Durch diese dicke Wand dringt ab und zu Karamell, später Kakao oder auch Schokolade. Es ist aber schwer, noch etwas hinter dem lakritzigen Süßholz zu schmecken.

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Selbst nach über acht Aufgüssen noch schwarze Blätter!


Fazit
Ich mag Oolong sehr gerne und auch dieser hat mir gefallen. Der hohe Röstungsgrad hat die Vorfreude vielleicht etwas zu sehr beflügelt, denn der Tee war mir leider nicht abwechslungsreich genug, was vielleicht daran liegen mag, dass die Röstung die feinen Nuancen zu weit zurückgedrängt hat. Vielen Dank an Milosz für diesen Tee, der mich wieder um eine Erfahrung reicher gemacht hat.

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Es ist Zeit, danke zu sagen: Tee aus Myanmar

Es ist Zeit, danke zu sagen: Tee aus Myanmar

Einen schönen dritten Advent! Heute geht es weiter mit dem zweiten Teil der Reihe “Es ist Zeit, danke zu sagen”. Wer sich den ersten Teil durchlesen möchte, klicke bitte hier. Dort geht es um einen Darjeeling Phuguri Golden Tips, der eine echte Rarität ist.

Erlaubt mir einen kurzen Rückblick, bevor ich direkt ins Thema einsteige. Als Student habe ich recht früh angefangen, in der Bibliothek (Teilbereich Japanologie) zu arbeiten. Später, als ich anfing meine Magisterarbeit zu schreiben, war ich regelmäßig sechs Tage die Woche dort. Irgendwann fühlte ich mich da fast mehr zuhause als in der eigenen Wohnung, in der es damals aufgrund der Nachbarn sehr unruhig war. Wenn man so häufig und lange in der Bibliothek ist, dann lernt man viele Leute kennen. Einer davon ist J.D., der Thaiistik studierte, um sich gleich danach an die Promotion zu wagen. Mit ihm habe ich viele fruchtbare Gespräche über meine Arbeit geführt, außerdem haben wir uns auch über Tee ausgetauscht.
Da J.D. zu Forschungszwecken häufiger nach Thailand flog, brachte er mir Tee von dort mit. Hier habe ich mal über einen Tee von ihm geschrieben. In der Zwischenzeit war er wieder unterwegs und es verschlug ihn nach Myanmar. Gleich mehrere Packungen hat er für mich erstanden, heute soll es um zwei Tees davon gehen.
Myanmar ist kein besonders prominentes Teeland. Trotzdem gibt es eine recht lange Teekultur, die einer Legende nach mindestens bis ins 12. Jahrhundert zurückgehen soll. Neben Grünem Tee wird vermehrt Schwarzer Tee angebaut. Francois-Xavier Delmas, der Gründer von Palais du Thés, ist ein Globetrotter, der gerne Anbaugebiete bereist. Er war auch schon in Myanmar, hat dort wohl aber noch nichts Interessantes gefunden. Er hat auch einen eigenen Blog, in dem er kurze Berichte schreibt. Demnach soll Namshan das Hauptanbaugebiet sein.
Auffällig ist die regionale Nähe zu Yunnan, “der Wiege des Tees”. Heute ist man sich einig, dass der Tee in China entdeckt wurde. Tatsächlich ist die Entdeckung der Teepflanze gut dokumentiert. Einträge, die zweifelsfrei belegen, dass wirklich Blätter von der Camellia Sinensis als Medizin verwendet wurden, stammen aus dem 4. Jahrhundert. Doch die Sträucher bzw. Bäume wachsen und wuchsen natürlich über die Grenzen Chinas hinaus. Auch in Assam und Myanmar gibt es bei ethnischen Gruppen eine Teekultur, die deutlich von der chinesischen abweicht. So werden frische Blätter bis heute nicht nur als Medizin, sondern auch als Lebensmittel, etwa als Zutat für Salate verwendet. Einige Ethnien tragen immer Samen mit sich, wenn sie in eine neue Gegend ziehen. Es ist gut möglich, dass diese undokumentierten Bräuche sogar älter sind als die chinesische Teekultur (mehr dazu gibt es bei Laura Kelley).Nara Green
Der Nara Green ist ein Grüner Tee aus dem Norden Myanmars, dem Kachin-Staat. Interessanterweise finden sich viele Informationen auf Englisch zu diesem Tee und dessen Anbaugebiet. Jährlich werden 10t in 1200m Höhe hergestellt und man verzichtet sogar auf Pestizide. Die Verarbeitungsmethode erinnert an japanische Sencha, er wird nämlich gedämpft und anschließend gerollt. Mit “health claims” geht man in Myanmar offensichtlich entspannter um. So steht unter “healthy benefits”, dass der Tee unter anderem vor Krebs schütze.

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Nara Green – Grüner Tee aus Myanmar

Zubereitung
2g auf 100ml, ca. 80°C, kurze Ziehzeiten: 60/10/30/40

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Blatt
Die Blätter sind etwas gekräuselt und erinnern optisch sehr an Tamaryokucha, der ja auch rund und nicht zu Nadeln gerollt wird. Das Grün wirkt stellenweise etwas blass. Positiv ist, dass die Blätter gut von Stängeln und Holz getrennt wurden.

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Nara Green sieht Tamaryokucha ähnlich


Aroma
Die trockenen Blätter riechen süßlich-würzig, deswegen kommt Frau P. zunächst auf Schokolade. Ich muss aber auch ein bisschen an polnische Gurkensuppe denken. Vielleicht wegen der Säure?
Warm riecht es verblüffenderweise etwas schwächer. Direkt nach dem ersten Aufguss kommen Kräuter (Thymian?) hervor.

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Geschmack
Der erste Aufguss erinnert mich an meine ersten Erfahrungen mit Grünem Tee. So schmeckt doch auch der Gunpowder. Er wirkt etwas trocken. Zusammen mit der Säure wirkt er ein bisschen wie ein trockener Weißwein.

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Jetzt dominieren wieder die Kräuter. Ein ungewohnter und doch vertrauter Geschmack. Vielleicht Spuren von Salbei. Später entwickeln sich Parallelen zu Tamaryokucha und Pu Erh. Im vierten Aufguss zeigt er sich fruchtiger und süßer, baut aber auch etwas ab.

Mother’s Love
Leider gibt es zum Mother’s Love keine weiteren Informationen. Zumindest nicht auf Englisch. Auf der Rückseite sind nur ein paar englische Sätze zur gesundheitlichen Wirkung gedruckt, die in die selbe Richtung gehen, wie beim zuvor genannten Nara Green (bei dem Namen muss ich immer an Soylent Green denken, hehe).

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Zubereitung
Zubereitet wird der Tee wie der Soylent ääh Nara Green.

Blatt
Dieser Tee wurde offenbar ganz anders verarbeitet. Wir sehen große lange, nadelige Blätter, gut intakt. Häufig wurden die Stiele dran gelassen, weswegen die Blätter noch länger wirken. Solche Verarbeitungsarten habe ich schon einige Male gesehen, ein wilder Tee, den ich mal von Markus bekommen habe, hat gewisse Ähnlichkeit, doch am meisten erinnert er an klassischen Maocha, den ich von Tea Urchin probieren durfte.

Aroma
Die Blätter reichen von süß und würzig. Beim Mother’s Love geht die Würze allerdings eher ins Krautige. Das mag ich bei Pu Erh i.d.R. nicht so gerne. Hier ist es aber so dezent, dass es harmoniert und nicht negativ auffällt.
In der warmen shiboridashi dann die Überraschung: es duftet nach getrockneten Aprikosen und süßem Pfeifentabak. Diese Beschreibung habe ich schon oft von anderen Teefreunden gelesen, wenn sie Pu Erh beschrieben haben. Dies habe ich selten nachempfinden können, zu häufig wurden diese Aromen von Rauch, Sauerampfer oder Tabak überdeckt. Hier ist das anders!

Geschmack
Der Tee ist unkompliziert, süffig und süß. Eine ganz leichte krautige Note ist dabei, aber in dieser Konzentration nicht unangenehm. Schon beim zweiten Aufguss kehrt die Aprikose zurück, hält sich aber im Hintergrund. Erinnerungen an Maocha und den wilden Tee von damals kommen auf.

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Danach wird der Mother’s Green würziger, ganz leichte Röstnoten kommen durch wie bei einem Huangshan Maofeng? Die Süße nimmt zu, er bleibt süffig, wir haben unseren Spaß.

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Im weiteren Verlauf ändert sich die Süße, sie ist erst im Nachhall zu schmecken, kommt erst, nachdem man den Tee schon geschluckt hat. Auch die Würze wird vielschichtiger und ich denke an Muskat.

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Fazit
Das sind zwei sehr interessante Tees aus Myanmar, von denen ich viel lernen konnte. Myanmar gehört zu den ärmeren Ländern des asiatischen Raumes und ich war ein bisschen skeptisch gegenüber diesen Tees. Sie gehören zwar nicht zu den besten Tees, die ich je getrunken habe, aber vor allem der Mother’s Love schmeckt viel besser als so mancher Pu Erh, den ich probiert habe. Vielen Dank J.D. für diese Tees und für die Gelegenheit etwas über Myanmar und seine ethnischen Gruppen zu lernen.

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Es ist Zeit, danke zu sagen: Darjeeling Phuguri Golden Tips

Es ist Zeit, danke zu sagen: Darjeeling Phuguri Golden Tips

Wenn man sich mit Teefreunden austauscht, bekommt man hier und da auch mal einen Tee geschenkt. Manchmal sind es Proben, nicht selten sogar ganze Packungen. Ich gehöre zu den Personen, die sich für besondere Tees einen besonderen Moment herbeisehnen, um diese Tees auch wirklich würdigen zu können. Und so bleiben sie Tage, Wochen, Monate, sogar Jahre in einer Teekiste liegen.

Ich habe mich entschlossen eine Tradition zu beginnen. Es passt zur Weihnachtszeit (ja, ich bin ein Weihnachtsfan), diese besonderen Adventstage mit ebenso besonderen Tees zu würdigen. Es ist eine gute Gelegenheit, den Menschen danke zu sagen.
Heute möchte ich mich bei meinem Teefreund Gero bedanken. Ich weiß nicht mehr genau, zu welcher Gelegenheit es war, aber es muss vor ca. einem Jahr gewesen sein, als ich in der TeeGschwendner-Zentrale war und er mich freundlicherweise empfing. Oder es war an meinem Geburtstag, an dem ich zufälligerweise wieder bei TeeGschwendner war und wir an diesem Tag zusammen ein paar Tässchen Tee bei ihm zuhause getrunken haben. Ich wollte ihn mit meinem Geburtstag nicht in Verlegenheit bringen und habe ihm nichts erzählt. Im Nachhinein hat er es natürlich trotzdem erfahren, weil er im Internet-Forum, in dem wir beide angemeldet sind, meinen Geburtstag gesehen hat. Dann wäre es ein unbewusstes Geburtstagsgeschenk gewesen.
Nun denn, dieser Tee ist in mehrfacher Hinsicht etwas ganz Besonderes. Es ist ein Schwarztee aus Darjeeling und das ist auch schon das einzige, was er mit Darjeeling gemeinsam hat. Der Darjeeling Phuguri Golden Tips passt in keine der typischen Darjeeling-Kategorien. Und das sieht, riecht und schmeckt man auch (dazu gleich mehr). Zudem war dieser Darjeeling niemals bei TeeGschwendner Deutschland im Verkauf. Die eingekaufte Menge reichte gerade mal dazu, die Mitarbeiter zu Weihnachten mit dieser Kostbarkeit zu beschenken. Gero schaffte es, “auf dem Schwarzmarkt” zumindest eine weitere Tüte zu besorgen und die bekam dann ich.
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Darjeeling Phuguri Golden Tips
Aussehen
Von Darjeeling gibt es häufig eine sehr grün ausfallende Variante des First Flush und eine deutlich dunklere des Second Flush. Die Blattstruktur ist selten intakt und die Tips sind silbrig grün. Dieser Phuguri hat goldene Tips, dadurch ist er näher an einem Assam oder chinesischen Klassikern wie dem Golden Monkey. Gero hat noch einen guten anderen Vergleich gezogen, denn dieser Tee hat erstaunliche Ähnlichkeit zu einem Gelben Tee, den ich hier mal beschrieben habe und der erst seit kurzem zu haben ist. Die Blätter dieses Darjeeling sind erstaunlich filigran gerollt und leicht gebogen.
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Aufwärmen der Mumyoi-Kanne
Aroma
Beim Riechen der Blätter muss ich zunächst daran denken, wie witzig es wäre, Tea-Taster mit solchen Exoten in die Irre zu führen. Der Phuguri riecht nach allem, aber nicht nach Darjeeling. Ein bisschen Schokolade, grenzenlose Tiefe, dunkle Brotkruste und Malz. Das riecht vielversprechend.
Viel amüsanter ist der Duft in der aufgewärmten Kanne. Ich muss schmunzeln, denn ich weiß schon jetzt, dass ein J.D. aus H. zu den folgenden Zeilen eine Bemerkung machen wird. Frau P. denkt zunächst an Tabak, ich denke an Heu, dann an eine Scheune. Es kommen Erinnerungen an meine Kindheit hoch, Besuche bei meiner Familie auf dem Land, ich bin in einem Schweinestall und versuche, die süßen Nasen der Schweine zu berühren. Schweine sind einfach die tollsten Tiere der Welt!
*Räusper* zurück zum Thema. Der oben beschriebene Geruch verfliegt nach dem ersten Aufguss sofort. Der Duft erinnert jetzt an einen nebligen Herbsttag im Wald, es riecht sehr süß, sind das Bucheckern? Eine weitere Komponente fällt mir auf, die ich schon häufig gerochen und mit Waldhonig assoziiert habe. Gero hatte aber mal etwas von einem Rosenduft gesagt, den er auch bei diesem Tee festgestellt hat. Das könnte passen!
Zubereitung
Ich verwende wieder die Methode für hochwertigen Schwarztee. Auf ca. 150ml kochendes Wasser kommen 3g Teeblätter. Die Ziehzeiten betragen in Sekunden: 30/10/20/40
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Geschmack
Schon der erste Aufguss schmeckt sehr intensiv. Das ist Kakao, ohne Zweifel. Der Geschmack verteilt sich schon im Mund, eine Spur Malz und Brotkruste ist auch dabei. Viel präsenter ist jedoch angedunkelte Kuchenkruste. Sehr schmackhaft!
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Der erste Aufguss hat eine schöne bernsteinfarbene Tasse
Der darauffolgende Aufguss überrascht uns beide mit einer fast schon extremen Süße. Wozu einen Likör trinken, wenn es diesen Tee gibt? Ein bisschen Malz und Kakao schwingt noch mit, die Süße dominiert jedoch bei Weitem!
Nun geht die Süße zurück, der Phuguri ist jetzt süffiger, anstelle von Kakao tritt nun Karamell. Ich muss mich eben vergewissern, dass es auch wirklich der Darjeeling ist, den ich da gerade trinke.
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Die folgenden Tassen wurden immer heller
Einen Aufguss machen wir noch und sind froh, diesen nicht verpasst zu haben. So muss flüssiger Kuchen schmecken! Es erfüllt mich wirklich mit Dankbarkeit, so einen Tee probiert haben zu dürfen.
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An den nassen Blättern sieht man, dass überwiegend junge Knospen verwendet wurden
Fazit
Was soll ich noch dem bereits Geschriebenen hinzufügen? Kaufen kann man den Tee ja leider nicht. Vielen herzlichen Dank, lieber Gero, für diesen Tee. Vielleicht magst Du ein gutes Wort bei Deinen Kollegen für diesen Tee einlegen und sie überreden, neuen zu besorgen. Scheinbar gibt es jedoch Restmengen von diesem Tee bei der Wiener Außenstelle Schönbichler. Schöne Grüße an dieser Stelle!
Übrigens ist es nicht so, dass dieser Darjeeling die oben beschriebenen Eigenschaften für sich allein beansprucht. Dieser Gelbe Tee hat durchaus interessante Parallelen, aber auch der Yunnan Golden Buds geht in diese Richtung.
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Verkostung des Phoenix Dan Cong Premium

Verkostung des Phoenix Dan Cong Premium

Der letzte Dan Cong war ein guter Einstieg ins Thema und nachdem ich mich ein bisschen für den Artikel eingelesen habe, stieg mein Interesse an diesem speziellen Oolong so sehr, dass ich es kaum abwarten konnte, die anderen beiden, die ich hier liegen habe, zu probieren.

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Heute geht es um den Premium Dan Cong, den ich im Blog davor erwähnt habe. Er ist jetzt zwar etwas älter, aber das tut ihm keinen Abbruch. Man kann davon ausgehen, dass er in der luftdichten Verpackung vor sich hinreifte. Es sollten bestimmt an die 2-3 Jahre sein, die er dazugewonnen hat, und diese Charge wird man wohl inzwischen nicht mehr kaufen können. Dafür kann man sich in Kwok Yings Sortiment sicher einen adäquaten Ersatz empfehlen lassen.

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Der Dan Cong Premium verfügt über lange filigrane Blätter mit dezenten Krümmungen


Blatt
Die Blätter scheinen etwas größer zu sein als beim vorherigen Dan Cong. Vor allem sind sie weniger verkrümmt und “nadeliger”, filigraner. Optisch kommt der “Premium-Charakter” überzeugend rüber. Es kommt Vorfreude auf.

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Das Vorwärmen des Gaiwan

Geruch
Wieder bemerken wir die dunkle Brotkruste und dunkle Schokolade. Die Fruchtnoten sind deutlicher und vielfältiger: Mango, Maracuja, und Multivitaminsaft sind sogar ohne viel Fantasie zu erschnuppern. Im warmen Gaiwan kommen sie sogar noch intensiver zur Geltung, die anderen Aromen verlieren sich jedoch und kommen gegen diese geballte Frucht nicht mehr an.

Zubereitung
Wie zuvor gehe ich intuitiv vor: 5g, 100ml, 90-100°C, kurze Ziehzeiten immer länger werdend.

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Die Farbe des Dan Cong bewegt sich anfangs im Spektrum zwischen Gelb und Gold


Geschmack
Anfangs müssen wir beide feststellen, dass der Geschmack ein bisschen mit Pu Erh gemein hat. Oder ist das nur Einbildung? Was diesen Dan Cong von einem Pu Erh unterscheidet, ist die hervorstechende Süße, die fast schon an Likör erinnert. Auch jetzt kommt die Mango wieder durch. Ein Zitat von Frau P., welches ich Euch nicht vorenthalten möchte: “Irgendwie rieche ich gerade nur Wäsche”.

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Schon beim zweiten Aufguss wird der Premium Dan Cong mineralisch. Das sagt man ja den klassischen Yancha nach, die auf felsigen Böden wachsen. Ein Merkmal, welches auch auf diesen Dan Cong zutreffen könnte.

Die Süße nimmt immer mehr zu und die Frucht ist erstaunlich. So süffig, dass man ihn schon fast als Fruchtsaft verkaufen könnte!

Wir sind jetzt schon beim fünften Aufguss aufwärts und noch immer hat der Tee Ausdauer und Wandlungsfreude. Es zeigen sich die am Anfang wahrgenommenen Schokoladennoten. Ein schöner langer Nachgeschmack lädt zum Verweilen ein. Selbst beim Atmen ist er präsent. Nachher kommen noch Spuren von Passionsfrucht hinzu, was will ich mehr an einem grauen Sonntag?

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Später wandelt sich die Farbe des Dan Cong Premium in Richtung gelb-grün

Mit dem siebten Aufguss wird der Tee süffiger. Der Tee hat uns aufgewärmt, vergessen ist die Kälte des hereingebrochenen Herbstes. Es kommen uns sogar so verrückte Ideen, dass man den Premium Dan Cong auf Eis trinken könnte. Dabei war uns vor unserer kleinen Tee-Auszeit noch ziemlich kalt.

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Die Größe der Blätter wird auch in der Nachlese deutlich

Fazit
Den Zunamen Premium hat sich dieser Dan Cong redlich verdient. Es wurde deutlich, weswegen vor allem die Frucht und Süße ein wesentliches Merkmal dieser Sorte darstellen. Mit Bitterkeit habe ich überhaupt keine Probleme gehabt. Wahrscheinlich ist dies so ein Tee, der jedem schmeckt, es sei denn, der- oder diejenige hat eine Aversion gegen Fruchtnoten wie Mango und Maracuja.

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Was ist ein Phoenix (Fenghuang) Dan Cong?

Was ist ein Phoenix (Fenghuang) Dan Cong?

Phoenix Dan Cong ist ein Tee, auf den ich vor Jahren gestoßen bin, als ich bei der “Kunst des Tees” herumstöberte. Ich habe mir damals eine Probe von einem sehr hochwertigen Exemplar gesichert, aber bis heute habe ich mich nicht getraut, diesen Tee zu verkosten und hebe ihn mir für eine besondere Gelegenheit auf. Dan Cong ist ein Oolong, der aus dem Fenghuang (Phoenix) Gebirge stammte. Daher trägt dieser Tee oft den Namen “Fenghuang Dan Cong”. Auch wenn es heute sicher nicht mehr auf alle Dan Cong zutrifft, Premium Dan Cong sollte ein echter Felsentee sein, d.h. in felsigen Gebirgen mehr oder weniger wild wachsen.
Plantagentee vs. Teebaum
Obwohl Dan Cong mittlerweile als Plantagentee produziert wird, ist “echter” Dan Cong von einzigartigen Teebäumen geerntet. Einzigartig deshalb, weil diese Bäume wild wachsen und nicht zurückgeschnitten werden. Dan Cong bedeutet nämlich nichts anderes als “individueller Teestrauch”. Das hat den Hintergrund, dass früher die Pflanzen noch durch Samen vermehrt wurden und jeder Baum ein individuelles Erbgut hat, was dazu führt, dass Eigenschaften wie Blattgröße und Geschmack von Baum zu Baum variieren. Auch das Alter und die Lage eines Baums spielen eine große Rolle.
Damit diese Charakteristika nicht nivelliert werden, kategorisiert man die Bäume und stellt kleine, limitierte Lots her, die sich voneinander unterscheiden. Doch auch innerhalb einer bestimmten Kategorie gibt es qualitative Unterschiede und so ist es zu erklären, dass ein bestimmter Typ eines Dan Cong ein paar oder gleich mehrere hundert Euro kosten kann.

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Den Dan Cong lagere ich in einer Keramikdose von Andrzej Bero

Geschmack und Effekt
Den Phoenix Dan Cong zeichnet vor allem sein fruchtiger Geschmack aus. Das Aroma und der Geschmack sollen lange anhalten. Süße ist ein weiteres Markenzeichen, Bitterkeit hingegen nicht. Wenn letzteres doch auftritt, hängt das wohl auch mit der Zubereitungsweise zusammen. Eine andere Ursache ist, dass der Tee im Sommer geerntet wurde. Akira Hojo hat außerdem noch Folgendes festgestellt:

When you drink very high-end Phoenix Dan Cong oolong, your body feel warm, your face becomes red or pink and you feel very relax.



Reifung
Wie andere Oolong auch (z.B. der Paochung bzw. Baozhong) eignet sich der Dan Cong zur Nachreifung. Dabei soll der Geschmack noch süßer werden. Wichtig dabei ist, dass man dem Tee nicht viel Sauerstoff lässt, sonst fängt er an zu oxidieren. Je weniger Sauerstoff desto besser, denn selbst wenig Oxidation verändert das Aroma. Aus diesem Grund werden Dan Cong traditionell nachgeröstet, um das unerwünschte Aroma wieder zu neutralisieren. Folglich ist die beste Art, Dan Cong zu reifen, ihn einfach in vakuumisierten Beuteln aufzubewahren. 

Ich habe mir zum Einstieg einen Dan Cong vom Hamburger Teespeicher geholt. Laut Beschreibung handelt es sich hierbei nicht um einen Plantagentee.

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Dieser Dan Cong enthält dunkle und leicht gekrümmte Blätter mittlerer Größe

Zubereitung
Diesen Tee habe ich ganz intuitiv zubereitet:

5g, 100ml, 90-100°C, kurze Ziehzeiten immer länger werdend.

Einen Versuch wert ist sicherlich auch die Methode von Akira Hojo, durch die man einen gleichmäßigeren Geschmack erhält.


Geruch
Die trockenen Blätter riechen verführerisch nach dunkler Brotkruste, Milchschokolade und würzigem Zimt. Im warmen Gaiwan vernehme ich wieder Trockenfrüchte.

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Die Farbe des Dan Cong erinnert an Bernstein

Geschmack

Der Dan Cong ist von Beginn an vollmundig. Er hat einen Grundcharakter, der sich über die Zeit wenig verändert. Man merkt ihm die Röstung auf jeden Fall an. Dunkle Schokolade ist sehr dominant, auch Fruchtnoten von Mango blitzen immer wieder mal auf. Am Ende wird der Dan Cong noch einmal malzig. Nicht wie ein Assam, viel mehr wie Malzbier.
Fazit
Inwiefern dies ein typischer Dan Cong ist, vermag ich an dieser Stelle nicht zu schreiben. Gemessen an seinem Preis ist dies ein hervorragender Oolong, den ich vorbehaltlos empfehlen kann, vor allem jenen, die sich einen risikolosen Einstieg in die Welt der Oolong wünschen. Es warten weitere Dan Cong auf eine Verkostung, die ich gerne mit diesem vergleichen werde.
Hier geht es zur Verkostung des Premium Dan Cong.
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